Katja Dörner, stellvertretende Bundestags-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen: „Eine flächendeckende verlässliche Versorgung mit Hebammen ist unabdingbar.“ Foto: © Beatrice Treydel

Regelmäßig treffe ich in meiner Heimatstadt Bonn junge Familien, sei es auf dem Spielplatz, beim Kinderturnen mit meinem Sohn oder in meiner Bürgersprechstunde im Wahlkreisbüro. Als Mutter und Bundestagsabgeordnete kommt das Gespräch schnell auf die Herausforderungen, die junge Eltern zu meistern haben: einen Kita-Platz finden, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und sehr oft kommt das Thema Geburtshilfe zur Sprache. Es geht um die Situation im Krankenhaus während der Geburt, aber vor allem werde ich auf Ihre Situation, die der Hebammen, angesprochen. Viele werdende Eltern berichten mir, dass es schwierig ist, eine Hebamme zu finden – und das, obwohl wir in Bonn und Umgebung eine gute Versorgung haben. Noch schwieriger ist es für Eltern mittlerweile geworden, eine Hebamme für die Begleitung einer Hausgeburt zu finden. Damit ist das Wahlrecht der Eltern in Gefahr. Die Geburtshilfe steht insgesamt vor großen Herausforderungen. Aktuell kämpfen wir in St. Augustin bei Bonn gegen die Schließung der Geburtshilfestation und Neonatologie der Asklepios-Klinik.

Landauf, landab fehlen Hebammen, die Situation spitzt sich zu: in Krankenhäusern, bei außerklinischen Geburten, in der Vor- und Nachsorge. Eine Situation, die Sie selbst am besten kennen, wie auch die Gründe dafür: Geburtsstationen werden geschlossen, eine Hebamme muss immer mehr Gebärende betreuen und die seit Jahren steigenden Haftpflichtprämien erschweren den beruflichen Alltag.

Als Politikerin der grünen Bundestagsfraktion ist mir, ist uns der Beruf der Hebamme sehr wichtig. Wir wissen um die wertvolle Arbeit für werdende Familien, Mütter, Väter und vor allem für die Kinder. Diese unverzichtbare Arbeit braucht gute Rahmenbedingungen.

Als ehemalige kinder- und familienpolitische Sprecherin meiner Fraktion habe ich die Einführung des Bundeskinderschutzgesetzes mit den Frühen Hilfen und der Stärkung der Familienhebammen intensiv begleitet. Mir war und ist es ein großes Anliegen, für werdende und junge Eltern die Expertise von Hebammen umfassend sicherzustellen. Da, wo Familienhebammen in einem guten Netzwerk arbeiten können, leisten sie eine wertvolle Unterstützung für junge Mütter und im Bereich Kinderschutz. Hebammen sind für mich daher auch unverzichtbar für mehr Kinderschutz in Deutschland. Umso dringlicher brauchen wir endlich nachhaltige und tragfähige Lösungen für Familienhebammen, wie auch für die klinische Geburtshilfe.

Die grüne Bundestagsfraktion hat im Sommer 2016 im Deutschen Bundestag Vorschläge hierzu eingebracht. Wir wollen eine umfängliche Lösung für die steigenden Haftpflichtprämien im Gesundheitsbereich insgesamt. Wir möchten den Hebammenberuf stärken und aufwerten. Hierzu gehört für uns der hebammengeleitete Kreißsaal, in dem nur im Bedarfsfall eine Ärztin oder ein Arzt hinzugezogen wird, die gesunde Geburt aber von einer Hebamme begleitet wird. Zu einer guten Vor- und Nachsorge gehört für uns auch eine flächendeckende verlässliche Versorgung mit Hebammen. Hier plädieren wir für Anreize, damit auch in unterversorgten Regionen Hebammen tätig werden. Für die klinische Geburtshilfe schlagen wir ein verbindliches, bundesweites Personalbemessungsinstrument vor, das den tatsächlichen Betreuungsaufwand angemessen darstellt. Damit eine ausreichende Zahl von Hebammen in Krankenhäusern angestellt ist und eine Hebamme nicht gleichzeitig mehrere Gebärende betreuen muss.

Die Geburtshilfe ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir brauchen dringend Lösungen für die drängendsten Herausforderungen: Denn sind Strukturen einmal weggebrochen, können sie nur schwer wiederaufgebaut werden. Auch im Jahr 2017 werde ich mich für die Situation der Hebammen einsetzen – es ist Zeit, Entscheidungen zu treffen, um die Geburtshilfe nachhaltig abzusichern!

Zitiervorlage
Dörner K: Familien brauchen Hebammen. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2017. 69 (1): 1

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