Illustration: © Melanie Garanin

Heute Morgen begann mein Tag voller guter Laune. Das frühe Aufstehen macht mir nichts aus, seit wir in einem gut begleiteten Prozess unser Konzept im Kreißsaal und auf den angrenzenden Stationen umgekrempelt haben. Ich liebe diese Arbeit mit den Frauen und Paaren, die früh in der Latenzphase bei uns »eintrudeln«. Seit sie mit einem Dutzend Familienzimmern einen eigenen Bereich bekommen haben, wo sie die Stunden oder Tage in gemütlichen Zimmern und der Gemeinschaftsküche verbringen können, macht mir die Betreuung dieser Phase richtig Spaß.

Alle Zimmer haben eine eigene geschützte Terrasse und einen Zugang zum Klinikpark, den die Paare oft zum Spazierengehen nutzen. Das Highlight aber sind die Badezimmer zu jedem Zimmer, die mehr wie ein kleiner Spa-Bereich aussehen – mit Whirlpool und großer Dusche. Wenn du reinkommst, fühlst du dich gleich wie im Urlaub! Die Paare zahlen dazu, aber sie tun das gerne, denn für ihre Ferien geben sie ja meist noch viel mehr aus. Und für Leute, die es sich nicht leisten können, gibt es einen Fonds, in den wohlhabendere Eltern oft großzügig spenden.

So betreue ich im Dienst oft fünf bis zehn Paare, die vor allem Zuspruch brauchen oder mal einen Tipp, wie sie mit den Kontraktionen, der Unsicherheit des Wartens oder der Müdigkeit umgehen können.

Dazwischen besuche ich die Schwangeren auf ihrer kleinen Station, die wir »das Nest« nennen. Sie ist klein, warm und gemütlich. Hier steht schon mal ein CTG-Gerät rum oder ich gehe mit Blutdruckgerät und Hörrohr durch die Zimmer. Aber auch da sind vor allem Zuwendung und Gespräche wichtig. Wir versuchen täglich, die Frauen ein wenig in Bewegung zu bringen, soweit es ihr Zustand zulässt – mit leichten Übungen, einem kurzen gemeinsamen Spaziergang durch den Park oder einer Runde leichter Bewegungen zu Musik im Gruppenraum. So senken wir das Thromboserisiko, fördern die Durchblutung der Plazenta und heben vor allem die Stimmung der Frauen. Wenn eine von ihnen »durchhängt«, kann sie sich mir oder einer der psychologischen Beraterinnen anvertrauen. Der Austausch untereinander aber ist das, was sie am meisten stärkt. Vielleicht ist es Zufall, aber seit der Umstellung ist die Rate an Depressionen, Frühgeburten und anderen Komplikationen spürbar gesunken. Vor allem aber geht’s auch uns Hebammen viel besser – die Arbeit ist befriedigend und macht einfach Freude.

7:30 Uhr, der Wecker klingelt – ich muss aufstehen. Noch immer spüre ich die Euphorie, die dieser Traum in mir ausgelöst hat. Stell dir vor, er wäre Wirklichkeit!

Zitiervorlage
Franke, T. (2022). Wie im Urlaub. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 74 (1), 108.

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