llustration © Birgit Heimbach

Zum Rotwerden ist das schon manchmal, mit Hebammen beim Abendessen oder in der Kneipe zu sitzen. Wir haben so viel zu tun mit spannenden und stillenden Brüsten, mit Ausscheidungen jeglicher Art, mit Frauen und ihren unterschiedlichen Frisuren im Slip, dass wir es manchmal überhaupt nicht mehr merken, wenn wir beim Feierabendschnack über die wunderbar schleimige Zeichnungsblutung berichten. Oder davon, dass das Neugeborene den ganzen Papa mit seinem Mekonium vollgekackt hat.

Selten haben wir Hemmungen, die Dinge beim Namen zu nennen. Auch nach der Geburt erzählen wir bei der Dammnaht fröhlich, was wir da alles wieder hübsch zusammenbringen und wie toll es heilen wird, weil Frauen schließlich dafür gemacht sind.

Doch es ist an der Zeit, sich von ein paar Irrungen der medizinischen Sprache zu lösen, wenn wir mit Frauen sprechen, nicht zuletzt, weil manche Worte wenig wertschätzend, wenn nicht gar diskriminierend sind. Ist das Schambein – genau, der mons pubis – noch zeitgemäß? Oder wollen wir nicht lieber vom Venushügel sprechen, der gleich viel anmutiger klingt? Hört es sich nicht ein bisschen gruselig an, wenn unser Partner oder unsere Partnerin von »Schamlippen« spricht? Meine Kolleginnen im Team schauen zur Hälfte irritiert, zur Hälfte grinsend, wenn ich »Venuslippen« in den Ring werfe. Oder doch besser das Kleine Latinum und das Graecum zücken und mit der mater über die symphysis und die labiae minorae et majorae parlieren?

Meine beiden Kinder – gerade in der 4. und 6. Klasse und mit den Projekttagen »Sexualerziehung« gesegnet – sollen lehrplanmäßig die korrekten Bezeichnungen der äußeren und inneren männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmale lernen. Das wird im Gespräch mit der Lehrerin klar, die ganz verdutzt ist, als ich anmerke, dass man die Scheide von außen gar nicht sehen kann und die Schwellkörper der Klitoris links und rechts von Labien und Corona denen des Penis nicht unähnlich sind. Ist es noch zeitgemäß, das äußere weibliche Genitale wie den »Behälter für eine Klinge« zu benennen, sinnbildlich einzig dafür geschaffen, ein ebensolches Schwert aufzunehmen?

So jedenfalls überzeichnet es Ella Berlin, die Frauen und Mädchen einlädt, sich ein eigenes, ein schönes, ein passenderes Wort auszusuchen: Vulva + Vagina = Vulvina!

Zitiervorlage
Steinmann J: Vulva + Vagina = Vulvina. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2019. 71 (7): 112

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