
Pressekonferenz nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD. Foto: © Tobias Koch
Das Hauptziel der angestrebten nächsten Regierung aus CDU/CSU und SPD ist die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Aber was sieht der Koalitionsvertrag für Familien und Frauengesundheit vor? Ein Überblick.
Lohngleichheit bis 2030
Die künftige Koalition will nach eigenen Angaben die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Alltag beenden. So soll etwa bis Ende des Jahrzehnts mit der ungleichen Bezahlung Schluss sein.
Frauen und Männer sollen in Bereichen wie Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Politik oder Medien eine gleichberechtigte Teilhabe erfahren, heißt es im Entwurf des Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD, der noch der Bestätigung durch die Parteien bedarf.
Dem Statistischen Bundesamt zufolge haben Männer in Deutschland im vergangenen Jahr durchschnittlich 4,10 Euro/Stunde mehr als Frauen verdient. Knapp zwei Drittel der Lohnlücke erklären die Statistiker:innen mit höheren Teilzeitquoten bei Frauen und geringeren Gehältern in Berufen, die Frauen typischerweise ergreifen. Es bleibt aber ein bereinigter Lohnabstand von 1,52 Euro oder rund 6 % des Brutto-Stundenlohns ohne eindeutige Erklärung.
Ziel sei es auch, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Unternehmen, die sich nicht an gesetzliche Vorgaben zum Frauenanteil in Führungspositionen halten, sollen künftig »konsequent und spürbar« sanktioniert werden.
Elterngeld »spürbar« erhöhen
Laut den Koalitionär:innen sollen sowohl der Mindestsatz von derzeit 300 Euro als auch der Höchstsatz von 1.800 Euro angehoben werden. Wie hoch die Steigerung künftig ausfallen soll, blieb zunächst unklar. Geplant ist auch die Einführung eines Elterngelds für Pflegeeltern.
Fachleute halten eine Reform des Elterngelds seit längerem für überfällig. Seit seiner Einführung 2007 wurden der Mindest- und der Höchstsatz nicht erhöht. Wegen des fehlenden Inflationsausgleichs hat die Leistung seitdem rund 38 % an Kaufkraft verloren, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gezeigt hatte.
Mutterschutz für Selbständige
Union und SPD wollen für selbstständige Frauen, die ein Kind zur Welt bringen, einen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutz schaffen. Ziel sei es, »zeitnah umlagefinanzierte und andere geeignete Finanzierungsmodelle« zu prüfen, um auch selbstständigen Müttern künftig die vollen Mutterschutzleistungen zu ermöglichen.
Die neue Regierungskoalition plant hier nach eigenen Angaben einen engen Austausch mit der Versicherungswirtschaft. Gemeinsam mit der Branche solle es Konzepte »für die Absicherung der betroffenen Betriebe« geben, heißt es. Außerdem sei eine Aufklärungskampagne zum Thema Mutterschutz geplant.
Erst vor wenigen Monaten hatte die zuletzt regierende Minderheitsregierung aus SPD und Grünen mit Hilfe der Union den Anspruch auf Mutterschutz ausgeweitet. Ab Juni dieses Jahres können auch Frauen Mutterschutzleistungen beziehen, die ab der 13. Woche eine Fehlgeburt erleiden.
Die Neuregelung sieht einen gestaffelten Anspruch vor: je später die Fehlgeburt, desto länger der Anspruch auf Mutterschutz. Bei einer Fehlgeburt nach der 20. Schwangerschaftswoche kann eine Frau demnach bis zu acht Wochen bei vollem Lohnausgleich pausieren.
Kostenübernahme bei Schwangerschaftsabbruch?
Gesetzliche Krankenkassen sollen künftig die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche häufiger als bisher übernehmen. »Für Frauen in Konfliktsituationen wollen wir den Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung ermöglichen. Wir erweitern dabei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus«, heißt es im Entwurf.
Ob das künftig eine vollständige Kostenübernahme für alle betroffenen Frauen bedeutet, blieb zunächst unklar. Mit einer Neuregelung will die künftige Koalition Hürden für betroffene Frauen abbauen. Auch die medizinische Weiterbildung zu Schwangerschaftsabbrüchen wollen die Koalitionär:innen laut ihrer Vereinbarung stärken.
Zugleich verankern Union und SPD in ihrem Vertrag den Willen, ungewollt schwangere Frauen zu »unterstützen«, um »das ungeborene Leben bestmöglich zu schützen«, wie es weiter heißt.
Längere Kostenübernahme bei Verhütungsmitteln?
Um die Nutzung von Verhütungsmitteln zu fördern, sollen »die Möglichkeit einer kostenlosen Abgabe von ärztlich verordneten Verhütungsmitteln für Frauen um weitere zwei Jahre bis zum 24. Lebensjahr« geprüft werden. Bislang übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel in der Regel nur bis zum 22. Lebensjahr.
Was ändert sich noch?
Statt des Acht-Stunden-Tags könnte es künftig einen wöchentlichen Arbeitszeitrahmen geben. Außerdem soll ein Mindestlohn von 15 Euro in der Stunde angepeilt werden.
Flüchtende und Bürgergeldempfänger:innen sind hingegen die Leidtragenden: Die Bürgergeldbedingungen sollen verschärft werden, im Extremfall soll ein »vollständiger Leistungsentzug« möglich sein. Eine Umbenennung in »Grundsicherung für Arbeitssuchende« ist ebenfalls vorgesehen.
Asylsuchende sollen an Grenzen häufiger abgewiesen werden. Flüchtende mit Schutzstatus dürfen frühestens nach zwei Jahren ihre Familien nachholen. Die beschleunigte Einbürgerung der Ampelkoalition soll wieder abgeschafft werden.
Das heutige Rentenniveau von 48 % soll bis 2031 gesetzlich festgeschrieben werden. Die Kosten dafür sollen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die Mütterrente soll mit drei Rentenpunkten für alle gelten, unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder. Auch das soll aus der Steuerkasse gezahlt werden.
Quelle: dpa, 9.4.25 · Moritz Rödle (tagesschau), 10.4.25 · DHZ