
Illustration: © Birgit Heimbach
Darwi – wie bitte? Ich bleibe an diesem sperrigen Wort hängen, während ich mich auf eine Klausur im Fach Personalmanagement vorbereite. Der Saarbrücker BWL-Professor Christian Scholz hat das Wort »Darwiportunismus« geschaffen und will damit eine gewisse Haltung ausdrücken, die heutigen ArbeitgeberInnen und -nehmerInnen zu eigen sei: auf der einen Seite der Arbeitgeber, der ganz darwinistisch die Zahlen und nicht mehr den Mitarbeiter in den Mittelpunkt des Interesses stelle und ohne Rücksicht auf Verluste heraushole, was zu kriegen sei – der opportunistische Arbeitnehmer auf der anderen Seite, der sich dank geringer Unternehmensidentifikation und eigenem Karrierebestreben so lange beschäftigen lasse, bis ihm oder ihr etwas Besseres über den Weg laufe.
Ob das auf Hebammen auch zutrifft? Wenn ich mir die durchschnittliche Berufsverweildauer ansehe und die Sorgen von Kolleginnen höre, benimmt sich so mancher Arbeitgeber ausgesprochen darwinistisch. Schwarze Zahlen werden produziert auf dem Rücken und zu Lasten auch von Hebammen. Die Kolleginnen brennen aus bei dem Versuch, allen und allem gerecht zu werden. Wenn ich aber den Aufruf des Deutschen Hebammenverbandes höre, dass sich immer noch nicht genügend Hebammen an der IGES-Umfrage des Gesundheitsministeriums zu den Arbeitsbedingungen in Anstellung und im Belegsystem beteiligt haben, frage ich mich, ob eine Spur mehr Selbstliebe, Selbsterhaltungstrieb oder Opportunismus helfen könnte. Es geht doch darum, wieder Bedingungen herzustellen, zu denen Hebammen zufrieden, würdig und frauenorientiert arbeiten können. Dass wir es uns nicht leisten können, dazu zu schweigen, liegt auf der Hand.
Gestern dann der Jahresabschluss mit den Partnerinnen in unserer Hebammengemeinschaftspraxis. Zufriedenheit auf ganzer Linie, perfekte Synergieeffekte durch die Zusammenarbeit und gemeinsame Nutzung der Infrastruktur mit mehr als einem Dutzend Hebammen. Und das Ganze finanziell absolut tragfähig. Faire und individuell flexible Arbeitsbedingungen für Hebammen wie Angestellte. Geteilte Verantwortung und flache Hierarchien. Lange Verweildauer im Team und hohe Rückkehrquoten nach Mutterschaft oder Studium. Da lohnt es sich, Wissen und Zeit in junge Kolleginnen zu investieren. Wenn ich´s recht betrachte: Keine Spur von Darwiportunismus! An welchem Arbeitsort auch immer – denkt groß, selbstbewusst und mutig!
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