
Das Öl aus den Samen der Rizinuspflanze wird seit der Antike zur Einleitung der Geburt verwendet. Die Wirkung ist wissenschaftlich belegt und die Anwendung unter bestimmten Voraussetzungen sicher. Foto: © ogurisu/stock.adobe.com
Unter den biochemischen Substanzen sind Prostaglandine besonders anpassungsfähig in ihrer Wirkung – auch vor, während und nach der Geburt. Welche werden zur Geburtseinleitung eingesetzt? Inwiefern ist die Wirkung von Rizinusöl vergleichbar und welche Aspekte sollten bei der Anwendung berücksichtigt sowie weiter erforscht werden?
Prostanglandine spielen bei der weiblichen Reproduktion eine zentrale Rolle, aber auch bei Schmerzen und Fieber sowie für eine Vielzahl weiterer Funktionen im Körper. Sie sind mit teils ergänzenden, aber auch konträren Wirkungen in vielfältige biochemische Körperprozesse involviert. Man könnte sie als Chamäleons unter den biochemischen Substanzen bezeichnen. Erstmals wurden sie 1935 von dem schwedischen Physiologen Ulf von Euler im Sperma entdeckt und isoliert, worauf ihre Bezeichnung (altgriechisch: προστάτης ›prostátēs‹ = Vorsteher, Vordermann; lateinisch: glandula = Drüse) noch hinweist – man nahm an, dass sie in der Prostata gebildet würden, was allerdings ein Irrtum war.
Entgegen dieser Bezeichnung werden sie nicht wie klassische Hormone von endokrinen Drüsen gebildet und in die Blutbahn abgegeben, um die Aktivität eines anderen Körperbereichs mittels spezifischer chemischer Prozesse zu regulieren. Prostaglandine gehören zu den Eicosanoiden, hydrophoben hormonähnlichen Substanzen, die aus Eicosapentaensäure gebildet werden. Sie gehören zu den Gewebshormonen – ebenso wie die biogenen Amine (zum Beispiel Serotonin oder Histamin) sowie die Peptidhormone (etwa Angiotensin oder Bradykinin). Sie werden aglandulär, also parakrin gebildet und unmittelbar von Zellen ins umliegende Gewebe freigesetzt, um dort lokal zu wirken.
Prostaglandine in drei Serien
Die Ausgangssubstanz für die Bildung von Prostaglandinen stellen drei verschiedene aus dem Fettstoffwechsel entstammende mehrfach ungesättigte C20-Fettsäuren dar (Pape et al., 2019). Die aus Arachidonsäure gebildeten Enzyme Cyclooxygenasen (COX-1 und COX-2) bilden aus diesen die Prostaglandine, welche entsprechend der jeweils zugrunde liegenden Fettsäure in drei Serien unterteilt werden (Funk, 2001).
Prostaglandine der Serie I tragen die Indexzahl 1 in ihrer Bezeichnung und werden aus der beispielsweise bei der Verstoffwechselung von Nachtkerzenöl freigesetzten Dihomogammalinolensäure (DGLA) gebildet (Mustonen & Nieminen, 2023; Timoszuk et al., 2018). Zu ihnen zählen unter anderem die Prostaglandine A1 (PGA1) und E1 (PGE1). Sie sind antiinflammatorisch, das heißt, sie bewirken eine starke Entzündungshemmung und verringern die Blutgerinnung.
Die größte Gruppe bilden die aus der Arachidonsäure gebildeten Serie-II-Prostaglandine mit der Indexzahl 2, die primär eine entzündungsfördernde Wirkung haben (Calder, 2020; Khanapure et al., 2007). Zu ihnen gehören die Prostaglandine D2 (PGD2), die geburtshilflich bekannten Prostaglandine E2 (PGE2) und F2α (PGF2α) sowie Prostaglandin F2β (F2β) und G2 (PGG2), welches eine Vorstufe des Prostaglandin H2 (PGH2) darstellt, das wiederum selbst Ausgangssubstanz unter anderem für die Bildung von Prostaglandin I2 (PGI2) ist. PGI2 wird in Endothelzellen gebildet und ist auch unter dem Namen Prostacyclin bekannt. Je nach Literaturquelle zählen auch die Thromboxane (TXA) zu den Prostaglandinen, da Thromboxan A2 (TXA2) enzymatisch aus Prostglandin H2 gebildet wird .
Zu den mit der Indexzahl 3 gekennzeichneten und aus der Eicosapentaensäure gebildeten Prostaglandinen der Serie III gehört das Prostaglandin E3 (PGE3). Es wird diskutiert, ob PGE3 für eine mögliche Prävention der Entstehung von Krebs durch EPA und DHA eine relevante Funktion hat.
Spezifische Rezeptoren
Im Gewebe binden Prostaglandine überwiegend an spezifische Prostaglandinrezeptoren, die zu den G-Protein-gekoppelten Membranrezeptoren gehören. Ihre Bezeichnung mit «P» wird durch ein Präfix ergänzt, das die Präferenz des Rezeptors für ein spezifisches Prostaglandin angibt. Wenngleich die Rezeptoren auch durch andere Prostaglandine aktiviert werden können, wurden sie entsprechend ihrer primären Empfindlichkeit gegenüber den fünf primären Prostaglandinen der Gruppe II benannt.
Von ihnen wiederum sind die vier Subtypen der Rezeptoren für PGE2 am besten untersucht, da PGE2 sowohl bei Menschen als auch bei Säugetieren das am häufigsten verbreitete und am vielfältigsten wirksame Prostaglandin ist. Entsprechend werden die Rezeptoren für PGE2 mit EP1, EP2, EP3 und EP4 bezeichnet. Über diese verschiedenen Rezeptoren kann PGE2 unterschiedliche Wirkungen im Körper haben (Sugimoto et al., 2015; Hata & Breyer, 2004).
Bedeutung und Wirkung
Von den vielfältigen klinischen Bedeutungen der Prostaglandine durch Bindung an spezifische Rezeptoren seien im Folgenden einige wenige skizziert, die relevant für die Geburtshilfe sind. Prostaglandin E1 (PGE1) der Serie I wirkt einerseits antikoagulativ und bindet andererseits an Rezeptoren in der Muskelschicht von Blutgefäßen, wodurch es vasodilatativ wirkt. Dies wird medizinisch sowohl zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit sowie von erektilen Dysfunktionen als auch in der neonatologischen Notfallmedizin eingesetzt, um postpartal den Ductus arteriosus Botalli beispielsweise im Falle einer Transposition der großen Arterien offenzuhalten, bis weitere Therapien initialisiert werden können (Gortner, 2018).
PGD2 der Serie II wirkt ebenfalls vasodilatatorisch, zugleich bronchokonstriktorisch (Fajt et al., 2010), senkt die Körpertemperatur (Wang et al., 2019), wirkt schlaffördernd (Simmons et al., 2004) und scheint beim erblich bedingten Haarausfall bei Männern eine Bedeutung zu haben (Garza et al., 2012).
Das generell am vielfältigsten vorkommende und ebenso vielfältig wirkende Prostaglandin ist das Prostaglandin E2 (PGE2), das an die Rezeptoren EP1 bis EP4 bindet. Im Rahmen von lokalen Entzündungen kommt es über eine lokal erhöhte Ausschüttung von COX-2 zur lokalen Bildung von PGE2. Zusammen mit PGF2α ist es am stärksten in inflammatorische Reaktionen involviert, indem es durch Bindung an EP1 über die akute Sensibilisierung von nozizeptiven Nervenendigungen den durch andere Entzündungsmediatoren hervorgerufenen Schmerz verstärkt und durch Bindung an EP2 den arteriellen Gefäßwiderstand senkt und damit zur typischen Rötung beiträgt (Simmons et al., 2004). PGE2 ist ebenfalls an der Entstehung von Fieber beteiligt, indem es durch andere Entzündungsmediatoren an Gefäßen im Hypothalamus freigesetzt wird und den EP3-Rezeptor dort aktiviert. Damit ist es dort ein Gegenspieler zum temperatursenkenden PGD2.
Von den Magenschleimhautzellen gebildet, induziert PGE2 in diesen über Bindung an EP3-Rezeptoren die Freisetzung von viskösem Schleim sowie Bikarbonat, um die Magenschleimhaut vor Reizung durch Magensäure zu schützen.
Geburtshilflich kommt PGE2 jedoch bereits bei der Konzeption eine wichtige Rolle zu: Schon bei der Reifung der Oozyten im Follikel, der Ovulation, Fertilisation und auch der Reifung der fetalen Ovarien zwischen der 8. und 20. Schwangerschaftswoche spielt PGE2 eine zentrale modulierende Rolle. Im Verlauf der Schwangerschaft trägt PGE2 – vermutlich unter anderem über Bindung an EP2 – zu einer gelingenden Adhäsion, Proliferation und Invasion des Trophoblasten bei der Implantation des Embryos im Endometrium bei (Ye et al., 2020). Zugleich ist eine übermäßige Bildung von PGE2 in den Follikeln mit dem polyzystischen Ovarialsyndrom und verschiedene Abweichungen von PGE2-Konzentrationen sowie der Prostaglandinrezeptoren mit unterschiedlichen Pathologien während der Schwangerschaft wie wiederholten frühen Schwangerschaftsverlusten, fetaler Wachstumsrestriktion und Gestationsdiabetes assoziiert. Deren genaue Pathophysiologie ist jedoch noch wenig erforscht (Ye et al., 2020).
Zum physiologischen Ende der Schwangerschaft oder bei Frühgeburtlichkeit spielt PGE2 zusammen mit PGF2α eine entscheidende Rolle in komplexen physiologischen Abläufen, die durch unterschiedliche Mechanismen mittels positiver Rückkopplungen den Geburtsbeginn fördern. Einerseits führen die in der Schwangerschaft vermehrten Östrogene zur vermehrten Bildung von Oxytocinrezeptoren im Myometrium, die unter Einwirkung fetalen Oxytocins erste zarte Kontraktionen verursachen. Diese führen zur Freisetzung von Arachidonsäure als Voraussetzung der PGE2-Synthese.
Andererseits ermöglicht die nach und nach ausreifende fetale Hypothalamus/Hypophysen-Nebennierenachse (HNNA) im dritten Trimenon unter anderem eine zunehmende Bildung von Cortisol, welches im Amnion die Expression des Enzyms Prostaglandin-H-Synthase (PGHS) induziert, das Arachidonsäure zu PGH2 umwandelt (Sun et al., 2003). Die PGH2 werden dann andererseits durch die ebenfalls im Amnion gebildete Cyclooxygenase-2 (COX-2) zu PGF2α sowie PGE2 umgewandelt, das wiederum EP1- und EP2-vermittelte Kontraktionen auslöst sowie die Bildung weiterer Oxytocinrezeptoren im Myometrium stimuliert – insbesondere auch während der Geburt, so dass eine positive Rückkopplung entsteht (Allport et al. 2001). So wird über Bindung an EP1 und EP3 die Kontraktilität und über Bindung an EP2 und EP4 mit relaxierender Wirkung die Reifung der Zervix gefördert (Challis et al., 2002).
Dies bedingt zugleich auch über Hemmung der PGE2-Synthese im Magen die unzureichende Freisetzung des schützenden Schleims, was unter anderem zu Magenulcera führen kann und die pharmakologische Unterstützung der Säureneutralisation und Schleimbildung bei Gabe von NSAR erfordert (Graefe et al., 2016). Zur Inhibition der Bildung von Magensäure im Rahmen der Behandlung von Ulcera im Magen-Darmtrakt wurde das Prostaglandin-E1-Analogon Misoprostol als Cytotec auf den Markt gebracht (Habermehl, 2008).
Die genauen Auswirkungen der Prostaglandinsynthesehemmung durch NSAR auf Zervixreifung und Uteruskontraktionen ist bisher kaum erforscht.
Prostaglandine in der Geburtshilfe
In der Geburtshilfe finden Prostaglandine eine breite Anwendung (Kainer et al., 2013). Im Rahmen von Schwangerschaftsbeendigungen werden PGE1-Analoga (Gemeprost oder Misoprostol) angewandt ( DGGG, 2023), vereinzelt wird auch das PGE2-Derivat Sulproston (Nalador®) eingesetzt (DGGG, AGMFM, 2023).
PGF2α-Präparate werden in einigen Ländern zur Abortinduktion eingesetzt, sind in Deutschland für diese Indikation jedoch nicht mehr zugelassen.
Zur Geburtseinleitung bei lebenden Kindern wird ebenfalls das PGE1-Analogon Misoprostol angewandt, das in angepasster, erheblich geringerer Dosierung als Angusta® vertrieben wird.
Eine größere Bandbreite an Präparaten steht mit dem PGE2-Analogon Dinoproston zur Verfügung. Es gilt als das Mittel der ersten Wahl zur Geburtseinleitung bei unreifem Zervixbefund und kann vaginal oder intrazervikal als Gel sowie vaginal als Tablette oder Insert angewendet werden. Aus den oben skizzierten Bindungen von PGE2 an die Rezeptoren EP1 bis EP4 ergeben sich dabei sowohl erwünschte als auch unerwünschte Wirkungen: Über die Bindung an EP1 kommt es zu Uteruskontraktionen. Inwiefern die Bindung an EP1 als schmerzverstärkender Rezeptor auch für die von Frauen geäußerte stärkere Schmerzhaftigkeit der Wehen verantwortlich ist, ist nicht abschließend geklärt. Mit der Bindung an EP2 geht über die muskelrelaxierende Wirkung von PGE2 an glatter Gefäßmuskulatur das bekannte Risiko eines Blutdruckabfalls bei der Schwangeren einher (Pfizer Corp. Austria GmbH, 2021; Simmons et al., 2004).
Durch die Bindung an EP3 werden wiederum Kontraktionen induziert. Die Bindung an EP4 trägt ebenso wie die Bindung an EP2 über die Adenylatzyklase und eine Erhöhung des intrazellulären cAMP (second messenger Signalstoff) zur Zervixreifung bei.
Rizinusöl zur Geburtseinleitung
Rizinusöl wird seit der Antike zur Geburtseinleitung angewandt. Nach oraler Einnahme wird es von intestinalen Lipasen in Glycerin und Rizinolsäure aufgespalten. Für Rizinolsäure konnte eine Bindung an die Prostaglandinrezeptoren EP3 und EP4, nicht aber an EP1 und EP2 nachgewiesen werden. Insofern kann Rizinusöl mit Einschränkungen als ein phytotherapeutisches PGE2-Analogon bezeichnet werden.
Die fehlende Bindung an EP1 könnte daher mit einer weniger starken uteruskontrahierenden Wirkung einhergehen, zugleich über die fehlende schmerzverstärkende Wirkung aber auch dafür verantwortlich sein, dass Frauen nach einer Geburtseinleitung mittels Rizinusöl seltener über besonders schmerzhafte Wehen klagten und in einer nicht repräsentativen Erhebung insgesamt zufriedener waren (Schwarz et al., 2016; König-Bachmann et al., 2017a). Die fehlende Bindung an EP2 könnte erklären, warum im Zusammenhang mit der Anwendung von Rizinusöl kein Risiko für Hypotonie beschrieben wird. Das vermeidet zugleich das Risiko einer fetalen Bradykardie aufgrund einer bei ausgeprägter akuter Hypotonie eintretenden Minderperfusion der Plazenta.
Aufgrund der Bindung von Ricinolsäure an EP3 zur Förderung der Kontraktionen und EP4 zur Zervixreifung ohne die Bindung an EP1 und EP2 könnte daher für Schwangere eine schmerzärmere und sowohl für sie als auch fürs Kind sicherere Alternative zu PGE2 darstellen. Daher sollten die Modalitäten einer effektiven und sicheren Anwendung von Rizinusöl zur Geburtseinleitung im Kontext der Prostaglandinwirkungen vor und während des Geburtsbeginns erforscht werden; nicht zuletzt, da Frauen sich mehr Auswahl alternativer Methoden zur Geburtseinleitung wünschen (König-Bachmann et al., 2017b).
Alkohol im Rizinuscocktail?
Dazu gehört auch die Erforschung der Wirkungen von Alkohol als Bestandteil des Rizinuscocktails. Untersuchungen an Sportlern zeigten eine Beeinträchtigung des kardiovaskulären Systems und vermehrte Unfälle beim Sport bereits nach geringen Mengen Alkohol (Lecoultre und Schutz 2009). Da Schwangere am Termin lange gar keinen Alkohol getrunken haben, ist zudem mit einer ausgeprägten Sensitivität für dessen Wirkungen zu rechnen. Da dem maternalen, vor allem aber dem fetalen kardiovaskulären System während der Geburt über lange Zeit Höchstleistungen beispielsweise in der ständigen Anpassung der Herzfrequenz an die Ressourcen und Belastungen abverlangt werden, scheint ein Verzicht auf jeglichen Alkohol aus klinischen Überlegungen geboten.
Es versteht sich von selbst, dass experimentelle Studien hierzu aus ethischen Gründen keinesfalls anzustreben sind. Die häufig angeführte Funktion von Alkohol als Emulgator in einem Rizinuscocktail kann problemlos durch Mandelmus ersetzt werden. Eine gründlich verrührte Mischung von Rizinusöl mit einem Mehrfachen der Menge an Mandelmus ermöglicht nicht nur eine gute Löslichkeit in Aprikosensaft, sondern trägt auch zu einem angenehmen Geschmack des gebursteinleitenden Trunks bei.
Eisenkrautöl im Rizinsucocktail
Die Anwendung von Eisenkrautöl in diesem Zusammenhang ist ebenso kritisch zu hinterfragen (siehe auch Seite 44ff.). Zum einen besteht Verwechslungsgefahr mit anderen Eisenkrautölen, zum anderen ist das echte Eisenkrautöl teuer und schwer zu bekommen und zum dritten liegen über dessen kontraktionsfördernde und gegebenenfalls die Effekte der Rizinolsäure modulierende Wirkung keine ausreichenden Evidenzen vor.
Anwendung von Rizinus zur Geburtseinleitung
Nicht zuletzt sind auch zum Rizinusöl Dosierung sowie sichere Anwendungsschemata weiter zu untersuchen und sowohl Indikationen als auch Kontraindikationen sind zu definieren. Als Synthese aus Literatur, empirischen Daten zur Anwendungspraxis von Rizinusöl durch Hebammen (Hünig, 2024), klinischen Überlegungen und praktischer Erfahrung scheint es sinnvoll, die Anwendung unter fachlicher Kontrolle und nach dem folgenden, bisher nur auf Erfahrungen basierten Schema zu untersuchen.
- Anwendung ausschließlich bei gesunder Frau und zu erwarten gesundem Kind
- Anwendung unter fachlicher Kontrolle und mit CTG-Kontrolle unmittelbar vor jeder Gabe
- Mischung aus 20 ml Rizinusöl, verrührt mit 3-4 EL Mandelmus und aufgelöst mit ca. 350 ml Aprikosensaft
- Orale Anwendung von einem Drittel dieser Mischung; gegebenenfalls Gabe des zweiten und selten des dritten Drittels im Abstand von mindestens einer Stunde.
Bei reifem Befund (insbesondere bei Blasensprung) ist die Gabe des ersten Drittels oft ausreichend, gelegentlich das zweite und fast nie das dritte Drittel nötig. Sollte nach Anwendung der gesamten Menge keine ausreichende Wehentätigkeit eintreten, so liegt in der Regel ein unreifer Befund vor, auf welchen die Rizinolsäure ebenso wie Dinoproston eine zervixreifende Wirkung zu haben scheint (Moradi et al., 2022).
Resümee für die Praxis
Prostaglandine entfalten mittels Bindung an verschiedene Rezeptoren vielfältige Wirkungen vor, während und nach der Schwangerschaft und der Geburt. Sie sind Teil komplexer biochemischer Vorgänge, deren Beeinflussung durch bio-psycho-soziale Faktoren nicht nur einen weiteren Artikel füllen würde.
Die Wirkungen sowohl von Prostaglandinen als auch Rizinusöl in der Geburtshilfe sollten weiter erforscht werden. In der Auseinandersetzung mit diesem Wissen vertiefen wir als professionell Handelnde unser Verständnis der komplexen Vorgänge der Geburt. Diese Komplexität weist uns zugleich auch immer auf das große Wunder hin, das bei jeder Geburt geschieht: mehr als 130 Millionen Mal in jedem Jahr, vier Mal in jeder Sekunde.
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