Über die Jahrhunderte vermaß man das Becken der Schwangeren mit sehr speziellen inneren und äußeren Pelvimetern.

Illustration: © Birgit Heimbach

Die Kieler geburtshilfliche Beckensammlung ist ein bestürzendes Relikt der akademischen Geburtshilfe im 19. Jahrhundert. Die Präparate bieten heute viele Ansatzpunkte für historische Forschungsfragen, die zu aktuellen medizin- und museumsethischen Problemstellungen hinführen. Eine vielbeachtete Ausstellung in Kiel hat ihre Besucher:innen mit diesen Herausforderungen konfrontiert.

Am Vormittag des 26. August 1834 fand die 25-jährige Dorothea Catharina Schütte hochschwanger Aufnahme in der »Königlich-dänischen Hebammenlehr- und Gebäranstalt zu Kiel«. Im Aufnahmeregister der Anstalt sind noch heute die Befunde der Erstuntersuchung nachzulesen, die der Arzt und Geburtshelfer Gustav Adolf Michaelis (1797–1848) am selben Tag niederschrieb. Nichts an der Patientin erregte Verdacht. Die »gesunde Erstgebärende« war »wohlgewachsen« (Michaelis, 1851, 388). Laut eigener Angabe hatte sie nie an Rachitis gelitten.

Die Wehen setzten am Abend des 6. September ein. Unerwartet verlief die Geburt äußerst schleppend und kam schließlich zum Stillstand. Nach über 90 Stunden wurde die Zange angelegt, aber der Kopf ließ sich nicht durch das Becken führen. Erst jetzt wurde ein verengtes Becken erkannt. Der Kopf wurde manuell in eine Querstellung gebracht und abermals die Zange angelegt. Erst nach über 45 Minuten und vielen »sehr kräftigen Tractionen« (Michaelis, 1851, 390) war der Kopf durchgetreten.

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