Vor allem das längliche, y-förmige Bifidobacterium longum subspecies infantis hat ein einzigartiges genetisches Repertoire entwickelt, das die vollständige Verdauung nahezu aller HMOs begünstigt. Die dabei entstehenden Stoffwechselprodukte versorgen in Form von Fettsäuren u.a. die Darmzellen mit Energie. B. infantis produziert ebenso Aminosäuren und in kleiner Menge einige Vitamine, darunter B 12. Einige Metaboliten wie auch die produzierten Polysaccharide geben dem Säugling wichtige Signale für die Entwicklung des Immunsystems.
Illustration: © Birgit Heimbach
Die reduktionistisch geprägte Wissenschaft hat die Muttermilch in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und erforscht, aus welchen Bestandteilen die Milch sich zusammensetzt. Diese Art von Wissenschaft reicht jedoch keineswegs aus, um die komplexe Wirkungsweise der Muttermilch zu verstehen. Erst in Kombination mit anderen Faktoren, wie beispielsweise dem kindlichen Darm, wird klar, wie die Symbiose aus Mutter und Kind funktioniert.
Der Laktationsprozess ist ein bemerkenswertes biologisches Ernährungssystem. Sein Produkt, die Milch, bringt seit etwa 300 Millionen Jahren entscheidende Vorteile für Säugetiere. Der Ursprung der Laktation liegt in der Ausdehnung und Vermehrung epithelialer Schweißdrüsen bei einem Vogelvorfahren, um weichschalige Eier zu hydratisieren und zu schützen. Seitdem steht die Laktation – zunächst einfacher Schutz, später umfassende Ernährung – unter unerbittlichem darwinistischen Selektionsdruck. Dieser Druck, buchstäblich Leben und Tod, Generation für Generation, ist die Geschichte, die zur heutigen Laktation und Säuglingsernährung beim Menschen geführt hat. Wissenschaftler:innen haben sich schwergetan, die Prozesse der Laktation und die Funktionen der Milch zu verstehen, teils aufgrund ihrer Komplexität, teils, weil die wissenschaftliche Gemeinschaft Milch nicht als wichtiges Forschungsobjekt anerkannt hat. Das wird sich mit dem Aufkommen moderner Analytik und Big-Data-Berechnungen, der sogenannten generativen künstlichen Intelligenz (KI), ändern.
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