
»Wer sich auf Rückmeldungen einlässt, schafft eine Kultur des Lernens und Wachsens.« Foto: © Oostendorp/peopleimages.com7/stock.adobe.com
Für Hebammen gehört es zur Kernkompetenz, Rückmeldungen zu ihrer Arbeit einzuholen und zu bekommen – sowohl von werdenden Eltern wie im geburtshilflichen Team und unter Kolleg:innen. Die innere Haltung, einige Sprachregeln und eine erprobte Methode sorgen dafür, dass ein Feedback konstruktiv und nachhaltig wirken kann.
Sätze wie diese hat wohl jede:r schon einmal gesagt oder gehört: »Du musst schneller machen. Siehst du nicht, was hier los ist? Du setzt die Prioritäten falsch.« Oder: »Schon wieder liegen die Sachen an der falschen Stelle.« Vielleicht auch: »Wie oft muss ich es dir denn noch erzählen? Was haben sie dir denn im Studium beigebracht?« Oder: »Leg doch endlich das Handy weg.«
So bekannt sie klingen, so offen bleibt, was diese Sätze mit dem Gegenüber machen. Stressbelastete Situationen im Arbeitsalltag führen häufig zu sehr kurzen Rückmeldungen, die möglicherweise härter empfunden werden, als sie gemeint sind. Mit einfachen Feedbackregeln können Missverständnisse vermieden werden.
Was ist Feedback?
Feedback geben bedeutet, dem Gegenüber eine Rückmeldung anzubieten. Es geht um eine Reaktion auf das, was die Person gesagt, ausgedrückt oder vermittelt hat. Das Ziel der oder des Feedbackgebenden ist, ein gewünschtes Verhalten bei der anderen Person zu bewirken. Für den oder die Feedbacknehmende ist es das Angebot eines Spiegels, der aufzeigt, wie die Zusammenarbeit funktioniert und wo Verbesserungsmöglichkeiten liegen.
In der Hebammenpraxis umfasst Feedback mehrere Ebenen und kann in unterschiedlichen Settings stattfinden: Das geht von der Betreuung der Frau über die Zusammenarbeit im Hebammen- oder interprofessionellen Team bis hin zur Anleitung von Studierenden.
Feedback stammt etymologisch von »füttern, Nahrung geben« ab. Feedback kann eine Nahrung sein, die guttut und im eigentlichen Wortsinn nährt. An manchem Feedback haben die Empfänger:innen aber auch zu knabbern – oder es ist sogar unverdaulich.
Was ist der Wert von Feedback?
Feedback ist ein wertvolles Werkzeug, das die Qualität der Arbeit verbessern kann. Es ermöglicht nicht nur eine Anerkennung guter Arbeit, sondern auch die Identifizierung von Bereichen, die verbessert werden können. Wer sich auf Rückmeldungen einlässt, schafft eine Kultur des Lernens und Wachsens. Grundsätzlich gilt, dass eine offene und klare Feedbackkultur die Möglichkeit des Wachstums, der Stärkung von Fähigkeiten, der Arbeitszufriedenheit und natürlich auch der Sicherheit für betreute Frauen und Kinder bietet. Sowohl das Geben als auch das Empfangen von Feedback erfordern eine gewisse Empathie und Offenheit.
In der Betreuung werdender Mütter ist es selbstverständlich, sich über Fragen offen auszutauschen und den Frauen Feedback zu geben. Neben der medizinischen Fachkompetenz handelt es sich dabei für Hebammen um eine Kernkompetenz (Nowak et al., 2022). Die Rückmeldung gibt Sicherheit und Orientierung im Elternwerden und -sein. Die innere Haltung ist bei dieser Art des Feedbacks auf die Aspekte der Sicherheit und Orientierung ausgerichtet. Die Hebamme beobachtet die Eltern und das Kind oder während der Geburt die kindlichen Herztöne, zieht ihre Schlüsse daraus und verstärkt das Handeln mit einem positiven Feedback. Ist eine Veränderung nötig, gibt sie entsprechende Unterstützung (Dixon et al., 2023). Das heißt: Die Funktion des Feedbacks ist in der Beziehung zwischen Hebamme und werdender Mutter auf Informieren, Lenken und Motivieren ausgerichtet.
Auch bei der Anleitung von Studierenden gehört es dazu, als erfahrene Hebamme Rückmeldung zu geben und den Lernenden dadurch eine Struktur zu ermöglichen, Positives zu verstärken und Hinweise zu geben, an welchen Stellen sie noch üben müssen.
Wie fühlt sich gutes Feedback an?
Bei einer Reflexionsrunde nach dem ersten Praxiseinsatz erzählte eine Studierende der Hebammenwissenschaft, dass sie mit einer Frau während ihrer Wehen mitgeatmet habe. Die Hebamme habe sie dann aufgefordert, in die Pause zu gehen, um bei der Geburt wieder dabei sein zu können. Kaum war die Studierende im Pausenraum angekommen, rief die Hebamme sie zurück, da die Frau gebeten habe, ob sie nicht wiederkommen könnte: Es habe ihr so gutgetan, mit ihr gemeinsam zu atmen. Für die Studierende war dies eine sehr nährende Rückmeldung. Sie wurde noch verstärkt durch das Feedback der Mitstudierenden, die darauf mit positiven Empfindungen und Aussagen reagierten.
In der Lernsituation zwischen Praxisanleitung und Studierenden geht es auch um das Korrigieren. Wo wurde die Hygiene nicht beachtet? Hat eine Studierende vielleicht wieder auf das Handy geschaut, anstatt Verantwortung zu übernehmen und Aufgaben selbstständig zu erkennen?
Im Kritikgespräch kommt es auf die genaue Formulierung an. »Jetzt hast du schon wieder den Kreißsaal falsch aufgeräumt und ich finde gar nichts mehr«, wäre ein Satz, mit dem die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch ist, dass sich Studierende entweder falsch behandelt fühlen oder an wenigen Punkten ansetzen können, was das nächste Mal anders sein müsste. Das Statusgefälle wird deutlich und die Studierenden werden belehrt anstatt auf Augenhöhe angesprochen (Berne, 2002. S.38). Es kostet sie mehr Mut zu fragen, was denn genau falsch war. Diese Kraftanstrengung und auch das negativ haftende Gefühl kann durch eine andere Formulierung umgangen werden. So ist es besser, Feedback als konstruktive Kritik zu formulieren: »Heute lagen nach deiner Schicht die Utensilien an einer anderen Stelle im Kreißsaal. Das kann im Ernstfall Zeit kosten. Bitte schau dir nochmal genau unsere Standards an und sprich mich bei Fragen gerne an.«
In der Zusammenarbeit im Team und unter Kolleg:innen ist Feedback ein wichtiges Instrument und kann nicht nur zur Sicherheit der Frau und des Kindes beitragen, sondern auch zur Arbeitszufriedenheit und zur eigenen Wirksamkeit. In dieser Art des Gebens und Nehmens von Feedback erfordert es auf verschiedenen Ebenen eine erhöhte Sensibilität. Erst einmal ist es wichtig, sich selbst zu fragen, aus welcher Motivation das eigene Ich gerade Feedback geben will und was die andere Person durch ihr Handeln in einem selbst auslöst: Sollen Arbeitsprozesse verbessert werden? Soll eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werden? Soll die Außenwirkung reflektiert werden? War die Handlung irritierend oder sollte am Ende einfach nur Dampf abgelassen, sollten eigener Stress und eigene Unzufriedenheit weitergegeben werden?
Auch die Frage der Erwartung an die Reaktion muss überprüft werden. Ein unfundiertes Feedback ist keine konstruktive Rückmeldung und hat nichts mit dem Gegenüber zu tun – wesentlich mehr sagt es über ein mögliches Unvermögen bei den Feedbackgebenden aus. Das ist eine Frage der Projektion. Was projiziert die eine auf die andere Person und was hat diese Projektion mit ihr selbst zu tun? Oder stört jemanden dieses Verhalten, weil es der Person selbst schwerfällt, bei Zusatzdiensten Nein zu sagen? Für die Zusammenarbeit im Team ist Feedback ein entscheidender Treiber für die persönliche Weiterentwicklung und das gegenseitige Verständnis von individuellen Umständen. Es sichert die Funktionsfähigkeit des Teams.
Es gilt also, Formulierungen zu finden, die die Empfänger:innen dabei unterstützen, Feedback anzunehmen. Wäre eine der folgenden Formulierungen dabei wirklich zielführend?
- »Wir sind zu wenige Leute und haben viel zu viel zu tun und Zeit haben wir schon gar nicht für solchen Quatsch.«
- »Du musst schneller machen. Siehst du nicht, was hier los ist? Du setzt die Prioritäten falsch.«
- »Schon wieder liegen die Sachen an der falschen Stelle.«
Die Antwort: Solche Feedbacks tragen nicht zu einer gelingenden Zusammenarbeit bei. Unabhängig von der sachlichen und konstruktiven Formulierung löst jede Rückmeldung emotionale Reaktionen aus. Menschen haben das Bedürfnis, akzeptiert und in ihrer Leistung anerkannt zu werden. Negative Gefühle entstehen durch Kritik und können das Selbstwertgefühl angreifen. Wenn eine Person sich betroffen, entmutigt, wütend, unzufrieden oder hilflos fühlt, führt dies zu emotionalen Blockaden. Diese Blockaden erschweren das eigentliche Ziel des Feedbacks – die Initiierung eines Lernprozesses und die Förderung positiver Veränderungen. Aufgrund der natürlichen Neigung des Gehirns, negative Informationen stärker zu gewichten, kann konstruktive Kritik nicht in ihrer Gesamtheit verarbeitet werden. Obwohl die Absicht positiv ist, löst die Nachricht dennoch eine negative emotionale Reaktion aus. Dieser natürliche Widerstand wird abgebaut durch eine ausschließlich wertschätzende Wortwahl bei der Formulierung von Feedback (Bärtschi, 2023).
Deshalb sollte Feedback konstruktiv, spezifisch, regelmäßig, zeitnah, knapp und realisierbar sein (siehe Kasten).
Grundsätzlich gilt, dass Formulierungen mit vernichtenden und unkonkreten Signalwörtern wie »nie«, »immer«, »schon wieder« oder »alle« schwierig anzunehmen sind und keine Kommunikation auf Augenhöhe darstellen.
Spezifisch: Die Wirksamkeit des Feedbacks erhöht sich durch eine konkrete Benennung von Situationen oder Verhaltensweisen.
Regelmäßig: Feedback sollte nicht auf bestimmte Anlässe beschränkt sein, sondern regelmäßig stattfinden. Dies schafft eine offene Kommunikationskultur und ermöglicht es, Entwicklungen im Laufe der Zeit zu verfolgen.
Zeitnah: Das Gehirn kann nur aus Situationen lernen, die zeitnah geschehen sind, so dass eine Verknüpfung stattfinden kann.
Knapp: Je knapper und klarer das Feedback, desto größer die Chance der Umsetzung. Dabei darf die Aussage jedoch nicht so kurzgefasst sein, dass sie als Anweisung missverstanden wird.
Realisierbar: Ein Feedback muss im Handlungsspielraum der anderen Person liegen.
Eine gute Feedback-Methode
Eine empfehlenswerte Methode ist »www-feedback-de«. Dahinter verbirgt sich eine Eselsbrücke, die leicht im Gedächtnis bleibt und dabei unterstützt, in einer zu sich selbst ehrlichen Haltung ein konstruktives Feedback an eine andere Person zu geben. Anders als andere Feedback-Methoden berücksichtigt die Methode beide Seiten, also Geber:in und Nehmer:in. Person A ist zuständig für die ersten drei Ws, die das inhaltliche Feedback ergeben. Person B für die Buchstaben DE, den wertschätzenden Abschluss des Feedback-Gesprächs.
Das erste W steht für Wahrnehmung und hierbei ist es wichtig, bei dem wirklich Beobachtbaren zu bleiben. Anstelle von »Du bist schon wieder so gestresst« würde es lauten: »Du hast in den letzten zwei Minuten drei Mal auf die Uhr geblickt.«
Das zweite W steht für die Wirkung, also dafür, was in einem selbst ausgelöst wird. Dabei wird von den Geber:innen große Ehrlichkeit sich selbst gegenüber verlangt. Wurde Frust ausgelöst? Herrscht ein Gefühl der Sprachlosigkeit? Fühlen sich die Feedback-Geber:innen gesehen? Zu beachten ist bei diesem W, keine versteckten Du-Botschaften auszusenden. Anstatt »Du hast mich verletzt« könnte »Ich fühle mich nicht gesehen« verwendet werden. Mit diesem W wird die Chance gegeben, offen zu kommunizieren, wie die Wirkung auf das eigene Ich ist, gleichzeitig gibt es der anderen Person die Chance auf einen inneren Abgleich ihrer Motivation zur Handlung oder zum Gesagtem.
Das dritte W steht schließlich für den Wunsch beziehungsweise die Lösung. Wie könnte eine persönliche Alternative aussehen, wie wünschen es sich die Geber:innen oder was haben sie vorzuschlagen?
Nun wendet sich die Methode Person B zu. D steht für den Dank. Auch wenn ein »Danke« manchmal nicht direkt möglich ist, wird hier die innere Haltung des Empfangens abgebildet: das Erkennen, gerade ein Feedback zu erhalten. Das E steht für Entscheidung. Die Entscheidung wird immer im Stillen für sich alleine getroffen und bezieht sich auf die innere Entscheidung: »Gehört das Feedback mir? Hat es etwas mit mir zu tun? Wie möchte ich damit umgehen?«
Diese Mündigkeit, das Gegenüber mitzudenken oder auch diese Haltung für sich zu bewahren, ist wichtig. Zielführende Formulierungen nach dieser Struktur könnten also beispielsweise so lauten: »Du hast mich in der Teamsitzung gestern drei Mal unterbrochen. Das macht mich sprachlos. Ich würde dich bitten, mich auch meine Gedanken formulieren zu lassen.«
»Heute hast du mit kurzen und klaren Sätzen die Frau angeleitet. Das hat ihr Sicherheit gegeben. Es war nur etwas leise, bitte sprich das nächste Mal lauter.« Hier hat die Formulierung eine ganz andere Wirkung als ohne die www-Struktur: »Hat gepasst, das nächste Mal lauter bitte.«
Aber auch im Positiven unterstützt die Methode, die andere Person noch mehr zu wertschätzen: »Vergangene Woche hast du nach deiner Fortbildung direkt das Wissen mit dem Team geteilt. Das motiviert mich enorm, mich selbst weiterzubilden. Ich wünsche mir, dass deine Freude, neue Dinge zu lernen, noch lange bleibt.«
Diese Methode hilft dem Team, eine ressourcenschonende Umsetzung und eine wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe umzusetzen.
Das Ziel beim Feedback ist es, langfristige Lernprozesse bei den Gesprächspartner:innen anzustoßen. Dies geschieht durch freiwillige Veränderungen im Denken und Verhalten, die aus innerer Überzeugung kommen. Motivation ist dabei entscheidend, denn Angst oder Druck können das Potenzial hemmen und sich negativ auswirken. Die Freude am Lernen ist somit der Schlüssel für persönliches Wachstum. Wie können nun die eingangs beschriebenen Sätze und ähnlich negative Aussagen aufgelöst werden?
- »Du warst gerade lange auf Station, ich habe hier sehr viel Arbeit alleine bewältigt. Bitte lass uns gemeinsam die Prioritäten für unseren Dienst durchsprechen.«
- »Nach deiner Schicht lagen die Moltex im falschen Schrank. Das kostet mich Zeit. Bitte achte darauf, dass die Moltex immer rechts im Schrank liegen.«
- »In diesem Klinikum haben wir diesen Ablauf als Standard festgelegt. Bei anderen Behandlungen sind wir freier in der Reihenfolge. Wir können den Standard bei einer Überarbeitung gerne noch mal anschauen.«
- »Du hast in der vergangenen Stunde mehrmals auf dein Handy geschaut. Das irritiert mich. Schaust du Fachbegriffe nach oder gibt es einen anderen Grund?«
Fazit
Die Kunst eines Feedbackgesprächs besteht darin, die Offenheit für das Zuhören aufrechtzuerhalten, selbst wenn unangenehme Themen angesprochen werden. Das erfordert eine soziale Fähigkeit, ein feines Gespür für Menschen und eine klare innere Einstellung zu sich selbst. Diese Fähigkeiten und diese Offenheit bieten eine große Chance für vielseitig geforderte Hebammen, ihre eigenen Grenzen zu setzen und im Sinne einer gesunden und wirksamen Zusammenarbeit ehrliche Rückmeldung zu geben.
Dass das nicht immer einfach ist, bestätigt ein Zitat des französischen Literaten François de la Rochefoucauld (1613–1680): »Gut zuzuhören und gut zu antworten ist eine der größten Künste, die man in einem Gespräch erreichen kann.«
Berne, E. (2002). Spiele der Erwachsenen. Psychologie der menschlichen Beziehungen. 21. Auflage. Reinbek. Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Dixon, L, Daellenbach, S, Anderson, J, Neely, E, Nisa-Waller, A. Lockwood, S. (2023). Building positive respectful midwifery relationships: An analysis of women’s experiences of continuity of midwifery care in Aotearoa New Zealand. Women And Birth, 36(6), e669–e675. https://doi.org/10.1016/j.wombi.2023.06.008
Nowak, A. C., Kolip, P. & Razum, O. (2022). Gesundheitswissenschaften / Public Health. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i061-2.0