Das Poster

Verbessert eine kontinuierliche Betreuung durch ein Hebammenteam die Zufriedenheit der Frau? Auf dem 1. DHZCongress stellte die Studentin der Hebammenkunde an der Hochschule für Gesundheit in Bochum die Ergebnisse ihrer Literaturstudie zu dieser Frage vor. Sie hat dafür drei Studien in den Blick genommen, die eine frau-zentrierte Betreuung, Kontinuität, Kontrolle und Wahlmöglichkeiten untersuchen. 

Kontinuierliche Betreuung gilt als ein wesentlicher Aspekt in der Hebammentätigkeit. Sie fördert die Zufriedenheit der Frauen nach der Geburt ihres Kindes (Bauer et al. 2011). Das nebenstehende Poster befasst sich mit drei verschiedenen Konzepten kontinuierlicher Betreuung durch ein Hebammenteam.

Grundlage der kontinuierlichen Begleitung bietet der Betreuungsbogen (Sayn-Wittgenstein 2007), der von der Familienplanung über Schwangerschaft und Geburt bis hin zum Ende der Stillzeit reicht. Hebammen können demnach eine umfassende und durchgängige Betreuung der Familien bieten. Dabei sollten die Frauen und ihre Bedürfnisse in der reproduktiven Lebensphase im Mittelpunkt stehen. Im Konzept der frau-zentrierten Betreuung wurden dafür folgende vier Komponenten ausgearbeitet:

  • Being with Women: partnerschaftliche Betreuung
  • Continuity: Kontinuität durch eine oder mehrere bekannte Betreuungspersonen
  • Control: persönliche Kontrolle, Mit- und Selbstbestimmung
  • Choice: Wahlmöglichkeiten und informierte Entscheidungen (Bauer et al. 2011).

Dieses Betreuungskonzept kann als Alternative zur bisherigen klinischen Geburtshilfe gesehen werden. Die Kontinuität wurde in einer Literaturstudie exemplarisch genauer betrachtet. Denn es ist davon auszugehen, dass diese Komponente die anderen drei begünstigt und fördert.

Das Konzept der „Changing Childbirth Initiative“ wurde schon 1993 in Großbritannien entwickelt, um die hebammengeleitete Betreuung zu fördern und somit Müttern Wahlmöglichkeiten, Kontrolle und Kontinuität durch partnerschaftliche Betreuung von der Schwangerschaft bis ins Wochenbett zu ermöglichen. Das Prinzip der Continuity ist aber nur vereinzelt umgesetzt und vorrangig in der außerklinischen Geburtshilfe, im Belegsystem und ansatzweise in Hebammenkreißsälen vorzufinden. Dabei muss unterschieden werden, ob sich die Kontinuität auf die begleitende Person (Betreuung durch ein und dieselbe Person während der Phasen des Betreuungsbogens) oder das Betreuungskonzept (Betreuung durch ein Team mit einem einheitlichen Konzept) bezieht. Vor diesem Hintergrund wurde ein Review aufgrund des Vergleichs mehrerer Studien durchgeführt, das die Auswirkungen der kontinuierlichen Betreuung durch ein Hebammenteam auf die Zufriedenheit der Frau betrachtet. Das beiliegende Poster basiert auf diesem Review, in dem drei Studien beschrieben und analysiert werden.

Die Studien

In den für das Hebammenwesen relevanten Datenbanken wurde zunächst eine systematische Recherche durchgeführt. Anhand der im Poster aufgezeigten Kriterien wurden drei der acht identifizierten Studien ausgewählt.

In Studie 1 vergleichen C.S. Homer und KollegInnen (2002) anhand eines Fragebogens das Konzept der kontinuierlichen Hebammenbetreuung mit der Standardbetreuung. Der Fokus wird auf das Geburtserlebnis und die Zufriedenheit der betreuten Frauen gelegt. Untersuchungsparameter sind beispielsweise die erlangte kontinuierliche Betreuung und ihre Auswirkungen.  Bei dieser Studie wurde ein innovatives Betreuungssystem namens „St. George Outreach Maternity Project (STOMP)“ getestet. Hierbei betreuen zwei Teams mit sechs in Vollzeit arbeitenden Hebammen jeweils 25 Frauen pro Monat. Eine Hebamme pro Team wird in einer gynäkologischen Arztpraxis eingesetzt, um die Frauen schon während der Schwangerschaft zu begleiten. In der Geburtsklinik arbeitet das Team in Zwölfstundenschichten. Somit ist immer eine Hebamme des Teams im Kreißsaal anwesend und ebenso für telefonische Fragen erreichbar. Die Wochenbettbetreuung wird klinisch und außerklinisch ebenfalls von Hebammen des Teams durchgeführt (Homer et al. 2002).

In Studie 2 von C. Hicks, P. Spurgeon und F. Barwell aus dem Jahr 2003 wird die Eingliederung des Changing Childbirth Konzeptes in ein bestehendes Betreuungssystem für werdende Mütter betrachtet. Das Hauptziel der Studie ist die Erarbeitung der Vor- und Nachteile dieses Konzeptes. Die Daten wurden mittels Fragebogen erhoben. Das Changing Childbirth Konzept bietet neun Schwangerschaftsvorsorgen für Erstgebärende und sechs für Mehrgebärende an. Die acht Hebammen des Interventionsteams arbeiten für Geburten und Notfälle in Früh- und Spätdienst. Daneben gibt es nachts eine Rufbereitschaft. Die klinische und außerklinische Wochenbettbetreuung führen ebenfalls die Hebammen des Teams durch.

Die Frauen der Kontrollgruppe werden von einer Beleghebamme betreut, die sich um Schwangerschaftsvorsorge und Wochenbettbetreuung im häuslichen Setting kümmert sowie die Frau ins Krankenhaus zur Geburt begleitet (Hicks, Spurgeon & Barwell 2003).

In Studie 3 vergleichen M. A. Biró und seine KollegInnen ebenfalls 2003 ein weiteres hebammengeleitetes Modell der Maternity Care in Australien – der Betreuung der Frau innerhalb des Betreuungsbogens von Sayn-Wittgenstein – mit einer Standardbetreuung in Bezug auf die Zufriedenheit der Mütter. In der Interventionsgruppe übernehmen hauptsächlich die sieben Hebammen des Hebammenteams die Schwangerenvorsorge. Darüber hinaus sind drei Vorsorgetermine in einer gynäkologischen Praxis vorgesehen. Die Schichten des Hebammenteams in der Geburtsklinik sind länger als bei Standardbetreuung und darüber hinaus steht die Hebamme nach dem Dienst in Rufbereitschaft. Eine Hebamme des Teams ist pro Tag in einer der drei Schichten auf der Wochenbettstation eingeteilt. Die Frauen der Kontrollgruppen werden in der Schwangerschaft in gynäkologischen Arztpraxen betreut, während der Geburt im Krankenhaus, im klinischen Wochenbett durch die Wochenbettstation und außerklinisch von freiberuflichen Hebammen (Biró et al. 2003).

Ergebnisse

Homer et al. gehen bei in ihren Ergebnissen eher auf die Untersuchungsparameter ein als auf den direkten Vergleich zwischen Interventions- und Kontrollgruppe. Hicks, Spurgeon & Barwell hingegen ziehen stark den Vergleich der Betreuungsmodelle in den Vordergrund und weniger die Zufriedenheit der Frauen. Biró et al. vergleichen einzelne Aspekte der Betreuung zwischen beiden Gruppen und versuchen damit die gesteigerte Zufriedenheit in der Interventionsgruppe zu begründen. Die Ergebnisse hinsichtlich des Konzeptes der frau-zentrierten Betreuung können wie folgt zusammengefasst werden:

Continuity

Frauen der Interventionsgruppe haben in allen drei Studien signifikant häufiger eine ihnen bekannte Hebamme bei der Geburt (p<0.001). Dies erleichtert es der Hebamme, mit der Frau partnerschaftlich umgehen zu können, da der Kennenlernprozess schon abgeschlossen ist und die Beziehung nun schneller vertieft werden kann.

Control

Homer et al. ermitteln in der Gruppe für das innovative Betreuungssystem STOMP ein signifikant stärkeres Gefühl der persönlichen Kontrolle (p<0.005). Danach wird in Studie 2 und 3 nicht explizit gefragt. Allerdings wird in Studie 2 herausgestellt, dass Hebammen des Interventionsteams auf Wünsche und Ansichten der Frauen entgegenkommender reagieren (p<0.001) (Hicks, Spurgeon & Barwell 2003). In Studie 3 wird erkannt, dass Probandinnen der Interventionsgruppe in die Entscheidungsfindung besser einbezogen werden als die der Kontrollgruppe (Biró et al. 2003). Dies lässt auf ein höheres Gefühl der Selbstbestimmung schließen.

Choice

Frauen der Interventionsgruppe von Hicks, Spurgeon & Barwell in Studie 2 sind mit der Informationsvermittlung und dem dadurch erlangten Wissen zufriedener als die Standardgruppe. Bei Homer et al. können insgesamt 76,9 Prozent der Frauen in der Interventionsgruppe im Vorfeld alles mit dem Betreuungspersonal besprechen. Auch die Frauen der Interventionsgruppe in der Studie von Biró et al. sind mit der Kommunikation der Betreuungspersonen zufriedener.

Fazit und Ausblick

In den hier verglichenen Studien wird ersichtlich, dass durch kontinuierliche Betreuung durch ein Hebammenteam aus sechs bis acht Hebammen die Zufriedenheit der Frauen gesteigert werden kann. Die kontinuierliche Betreuung begünstigt das Gefühl der persönlichen Kontrolle und Selbstbestimmung sowie einen ausreichenden Informationsfluss. Die Ergebnisse zur Wochenbettbetreuung zeigen in allen drei Studien zwischen Interventionsgruppe und Kontrollgruppe keine Unterschiede. Sie weisen hauptsächlich negative Ergebnisse der Zufriedenheit mit der Wochenbettbetreuung auf. Diese werden kaum erörtert und somit kann ein erhöhter Forschungsbedarf zur Wochenbettbetreuung gesehen werden. Welche Erwartungen haben Frauen an die Wochenbettbetreuung? Welche Faktoren steigern ihre Zufriedenheit mit der Betreuung?

Die kontinuierliche Betreuung durch ein Hebammenteam mit einem einheitlichen Konzept bietet den Frauen die Möglichkeit zu einem stärkeren Kontrollgefühl sowie einem positiven Geburtserleben und damit zu einer größeren Zufriedenheit. Weiterhin sind die Hebammen erste Ansprechpartnerinnen und somit das Bindeglied zwischen gynäkologischen Arztpraxen und Kliniken. Die beschriebenen Versorgungsmodelle können als zukunftsweisend betrachtet werden.

Zitiervorlage
Leibfritz A: Poster zur kontinuierlichen Betreuung: Drei Studien im Vergleich. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2013. 65 (5): 84–86
Literatur
Bauer, N. H.; Schücking, B.; Pohlabeln, H.; Sayn-Wittgenstein, F.: Alternativen zur üblichen klinischen Geburtshilfe. Deutsche Hebammen Zeitschrift. 12: 16–20 (2011)

Biró, M.A.; Waldenström, U.; Brown, S.; Pannifex, J. H.: Satisfaction with Team Midwifery Care for Low- and High-Risk Women: A Randomized Controlled Trial. Birth. 30 (1): 1–10 (2003)

Hicks, C.; Spurgeon, P.; Barwell, F.: Changing Childbirth: a pilot project. Journal of Advanced Nursing. 42 (6): 617–628 (2003)

Homer, C. S.; Davis, G. K.; Cook, M.; Barclay, L. M.: Women’s experiences of continuity of midwifery care in a randomized controlled trial in Australia. Midwifery. 18: 102–112 (2002)

Sayn-Wittgenstein, F.: Geburtshilfe neu denken. Bericht zur Situation und Zukunft des Hebammenwesens in Deutschland. Huber (2007)

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