Eine Studie untersuchte die möglichen Einflüsse auf Sehstörungen im Kindesalter bei Frühgeborenen. Quelle: © Tobilander/stock.adobe.com

Frühgeborene können nicht nur eine Frühgeborenenretinopathie (retinopathy of prematurity, ROP) bekommen, sondern haben vielfach auch im Kindesalter Sehstörungen wie Myopie, Astigmatismus, Anisometropie und Strabismus.

Im Rahmen der Gutenberg Prematurity Eye Study (GPES) wurde evaluiert, welchen Einfluss Gestationsalter (GA), Hypo- und Hypertrophie sowie eine ROP und deren Behandlung auf die Sehfunktion haben.

Neben der Retinopathie erwies sich dabei ein Gestationsalter von 28 Wochen und jünger als wesentlicher Risikofaktor für eine Amblyopie, eine irreversible Schwachsichtigkeit. Die Odds Ratio (OR) betrug  2,92 (95 %-Konfidenzintervall; 1,04 – 7,77).

Sechs Vergleichsgruppen

Die GPES ist eine prospektive Observationskohortenstudie mit einer großen Stichprobe von 949 Kindern im Alter von vier bis 17 Jahren, die zwischen 2003 und 2018 als Früh- und Terminkinder geboren wurden. Die Teilnehmenden wurden in sechs Gruppen eingeteilt, basierend auf dem GA und dem Vorhandensein von ROP.

Gruppe 1 umfasste termingeborene Kinder mit einem Gestationsalter von 37 Wochen oder mehr. Gruppe 2 umfasste Frühgeborene mit einem GA von 33 bis 36 Wochen, die keine ROP aufwiesen. Gruppe 3 bestand aus Kindern mit einem GA von 29 bis 32 Wochen ohne ROP, während Gruppe 4 Teilnehmende mit einem GA von 28 Wochen oder weniger umfasste, ebenfalls ohne ROP. Gruppe 5 bestand aus Kindern mit einem GA von 32 Wochen oder weniger und nicht behandelter ROP und Gruppe 6 umfasste ebensolche Frühgeborenen mit behandelter ROP.

Ergebnisse

Während das frühe Gestationsalter ein deutliches Amblyopierisiko darstellte, hatte ein moderates oder spätes GA keinen signifikanten Einfluss auf die Prävalenz dieser Sehschwäche, die definiert war als ein bestkorrigierter Visus von nicht mehr als 0,63.

Die Insuffizienz der Plazenta hingegen erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer Amblyopie um mehr als das Dreifache (OR 3,84 ; 95-%-KI; 1,25 – 10,32). Das Risiko einer Amblyopie bei therapierter ROP war 15-mal höher als ohne Behandlung (OR 15,71; 95-%-KI; 3,61 – 86,95), während die ROP selbst auf die Prävalenz der Amblyopie keinen signifikanten Einfluss hatte.

Kinder mit einer behandelten ROP waren wesentlich häufiger kurzsichtig. Bei den Teilnehmenden in Gruppe 6 lag ein durchschnittliches sphärisches Äquivalent von -2,52 Dioptrien vor, während dieser Parameter in den anderen Gruppen unauffällig war.

Bei den wegen ROP behandelten Kindern lagen auch häufiger Linsentrübungen vor. Eine Anisometropie, ein Unterschied zwischen der Brechkraft der beiden Augen von einer Dioptrie und mehr, war vor allem mit einem Gestationsalter von 28 Wochen und jünger deutlich assoziiert.

Die Autor:innen um Norbert Pfeiffer fassen zusammen: »Die Amblyopieprävalenz wurde hauptsächlich durch extreme Frühgeburtlichkeit (GA ≤ 28 Wochen), ROP-Behandlung und Plazentainsuffizienz beeinflusst. Auch bei den Refraktionsfehlern zeigten sich mehrere Assoziationen mit perinatalen Parametern.«

Und weiter: »Die Perzentile des Geburtsgewichts war in unseren univariablen Modellen nicht mit Amblyopie, sphärischem Äquivalent oder Anisometropie assoziiert, woraus wir schließen, dass eher extreme Frühgeburtlichkeit und ROP sowie die ROP-Behandlung eine Rolle bei der Entwicklung von Amblyopie spielen als perinatale Hypo- oder Hypertrophie.«

Die Ergebnisse unterstreichen nach Einschätzung der Forschenden die Notwendigkeit einer umfassenden ophthalmologischen Nachsorge, um eine frühzeitige Intervention bei Kindern mit Frühgeburt und ROP in der Vorgeschichte sowie Plazentainsuffizienz zu ermöglichen.

Quelle: Fieß, A., Gißler, S., Hartmann, A., Mildenberger, E., Elflein, H., Laspas, P., Korb, C., Stoffelns, B., Pfeiffer, N., Grabitz, S., & Schuster, A. K. (2025). Visual acuity, amblyopia and refractive error in preterm children with and without retinopathy of prematurity – Results from the Gutenberg Prematurity Study Young (GPSY). Acta ophthalmologica, 10.1111/aos.17515. Advance online publication. https://doi.org/10.1111/aos.17515 · Deutsches Ärzteblatt, 2.7.25 · DHZ