Bei einer bilaterialen Salpingo-Oophorektomie werden beide Eileiter und Eierstöcke entfernt. Forscher:innen beobachteten, wann dieser Eingriff das Sterberisiko nach einer Brustkrebserkrankung halbieren könnte. Abbildung: © 7activestudio/stock.adobe.com

Eine bilaterale Salpingo-Oophorektomie (BSO) soll Frauen, bei denen anlässlich einer Brustkrebserkrankung die Risikogene BRCA1 und/oder BRCA2 nachgewiesen wurden, vor einem drohenden tödlichen Ovarialkarzinom schützen. Eine Analyse der englischen Patientenregister in The Lancet Oncology ermittelt eine Halbierung des Gesamtsterberisikos.

Pathogene Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 verhindern, dass die Reparaturenzyme der Zellen Mutationen beseitigen, die Krebserkrankungen auslösen können. Bei Frauen ist ein Mammakarzinom häufig die erste Krebserkrankung, die lange vor der Menopause auftreten kann. Es drohen weitere Krebserkrankungen: Das Risiko, nach einem Mammakarzinom an einem Ovarialkarzinom zu erkranken, beträgt für BRCA1-Trägerinnen etwa 33 % (95-%-Konfidenzintervall 19-57 %) und für BRCA2-Trägerinnen 12 % (7-22 %).

Da es keine zuverlässige Früherkennung gibt, raten die Leitlinien zu einer beidseitigen Entfernung von Ovarien und Eileitern. Die bilaterale Salpingo-Oophorektomie (BSO) sollte bei Frauen mit BRCA1-Mutationen im Alter zwischen 35 Jahren und 40 Jahren und bei BRCA2-Trägerinnen im Alter zwischen 40 Jahren und 45 Jahren erfolgen.

Eine Folge der Operation ist eine frühzeitige Menopause, die bei Patientinnen mit östrogenrezeptor-positivem Mammakarzinom nicht durch eine Hormonersatztherapie ausgeglichen werden darf.

Der Nutzen der BSO ist niemals in einer randomisierten Studie untersucht worden, da es unethisch wäre, die Operation einigen Patientinnen aus wissenschaftlichen Gründen vorzuenthalten. In dieser Situation bleibt nur eine Beobachtungsstudie, die immer anfällig für Verzerrungen bleibt.

Ein Team um Antonis Antoniou von der Universität Cambridge konnte einige »Confounder« (Störgrößen) vermeiden, weil die Patientinnenregister Angaben zum Alter bei der Diagnose, dem Diagnosejahr, der Art der BRCA-Mutationen, zum Östrogenrezeptor- und zum HER2-Status, zum Tumorgrad sowie zur Behandlung (Radio-, Chemo-, Hormontherapie) enthielten.

Die Forscher:innen konnten auch die Deprivation (etwa Einkommen, Bildung, Versichertenstatus), die ethnische Zugehörigkeit und andere Krebsdiagnosen berücksichtigen. Sie haben versucht, einige systematische Fehler (»Bias«) auszuschließen, darunter den »immortal time bias« durch Todesfälle vor der BSO oder den »cancer-induced testing bias« durch zusätzliche Tests bei den nicht-operierten Frauen. Andere systematische Fehler, etwa ein »detection bias« durch eine intensivere Betreuung nach der BSO lassen sich allerdings nicht vermeiden.

Die Ergebnisse von epidemiologischen Studien bleiben deshalb in ihrer Evidenz eingeschränkt. Die Ergebnisse von Antoniou sind jedoch eindeutig. Die Epidemiolog:innen identifizierten in den Jahren 1995 bis 2019 insgesamt 1.674 Brustkrebspatientinnen mit pathogenen BRCA1-Mutationen und 1.740 mit pathogenen BRCA2-Mutationen. Bei weiteren 9 Patientinnen lagen Defekte in beiden Genen vor.

Von den 3.423 Patientinnen hatten 1.855 im Alter von median 48 Jahren die BSO durchführen lassen. Antoniou ermittelt für die mediane Nachbeobachtungszeit von 5,5 Jahren eine Hazard Ratio des Gesamtsterberisikos von 0,52, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,41 bis 0,64 signifikant war.

Die Frauen starben nach einer BSO seltener an Brustkrebs: Hazard Ratio 0,62 (0,42-0,92) für BRCA1 und 0,48 (0,34-0,68) für BRCA2. Außerdem kam es seltener zu anderen Krebserkrankungen: Hazard Ratio 0,59 (0,37 – 0,94) für BRCA1 und BRCA2.

Die Entfernung der beiden Ovarien hatte keinen Anstieg von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hazard Ratio 0,73; 0,53 – 1,01), von ischämischen Herzerkrankungen (Hazard Ratio 1,04; 0,48 – 2,26) oder zerebrovaskulären Erkrankungen zur Folge (Hazard Ratio 0,32; 0,11 – 0,90).

Auch die nicht brustkrebsspezifische Sterblichkeit (Hazard Ratio 0,72; 0,45 – 1,16) war nicht erhöht und es kam nicht häufiger zu einem kontralateralen Mammakarzinom (Hazard Ratio 1, 18; 0,64 – 2,16) oder zu Depressionen (Hazard Ratio 0,94; 0,62 – 1,42). Frühere Studien hatten hier teilweise Hinweise auf ein erhöhtes Risiko gefunden.

Die Ergebnisse stützen damit die Empfehlungen der Leitlinien, die in England von den verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedlich angenommen werden. Frauen mit afrikanischen oder asiatischen Wurzeln entschieden sich seltener für BSO. Dasselbe traf auf Frauen mit einer höheren sozialen Deprivation zu.

Quelle: Hassan, H., Allen, I., Rahman, T., Allen, S., Knott, C., Huntley, C., Loong, L., Garrett, A., Walburga, Y., Morris, E., Hardy, S., Torr, B., McRonald, F., Vernon, S., Lüchtenborg, M., Pethick, J., Santaniello, F., Goel, S., Eccles, D. M., Turnbull, C., … Antoniou, A. C. (2025). Long-term health outcomes of bilateral salpingo-oophorectomy in BRCA1 and BRCA2 pathogenic variant carriers with personal history of breast cancer: a retrospective cohort study using linked electronic health records. The Lancet. Oncology, S1470-2045(25)00156-1. https://doi.org/10.1016/S1470-2045(25)00156-1 · aerzteblatt.de, 21.5.2025 · DHZ