Die Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) übt Kritik an der aktuellen Versorgungslage von Frauen mit gestörter Frühschwangerschaft und einem verhaltenen Abort (Missed Abortion). Letzterer liegt vor, wenn der Embryo oder Fetus im frühen Schwangerschaftsverlauf im Mutterleib keine Lebenszeichen im Ultraschall zeigt, ohne dass es zu einer sofortigen Blutung oder Ausstoßung kommt. Oft bemerken Betroffene zunächst keine Symptome und die Diagnose wird erst bei einer Ultraschalluntersuchung gestellt.

»Obwohl die aktuelle Leitlinie ›Früher Schwangerschaftsverlust im 1. Trimenon‹ ausdrücklich drei gleichwertige Therapieoptionen empfiehlt – Abwarten, medikamentöse Behandlung und chirurgischen Eingriff – wird nach wie vor überwiegend die operative Methode durchgeführt«, kritisierten die Delegierten.

Ein wichtiges Hindernis für die medikamentöse Therapie sei, dass Medikamente wie Mifepriston und Misoprostol, die laut Leitlinie die empfohlene Kombination für eine medikamentöse Ausstoßung darstellten, für diese Indikation nicht offiziell zugelassen seien. Ihr Einsatz erfolge daher im Off-label-Use. Alternative Produkte seien nur per Import aus dem Ausland erhältlich und nicht in der geeigneten Dosierung verfügbar. Hinzu komme, dass das Medikament Mifepriston nur über einen Sondervertriebsweg erhältlich sei.

Recht auf umfassende Information

»Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Frauen in einer ohnehin hochbelastenden Situation wie einer Fehlgeburt keine echte Wahlfreiheit haben, weil eine leitliniengerechte Behandlung nicht in der Regelversorgung abgebildet werden kann«, kritisierte der Präsident der Landesärztekammer, Edgar Pinkowski. Die Delegierten der Ärztekammer fordern daher, die medikamentöse Therapie und ärztliche Betreuung in die Regelversorgung aufzunehmen und sicherzustellen, dass betroffene Frauen umfassend über alle drei Behandlungsoptionen informiert werden. Die Ärztekammer rief insbesondere die Pharmaindustrie auf, geeignet dosierte und in Deutschland regulär zugelassene Präparate für die medikamentöse Behandlung von Fehlgeburten bereitzustellen.

»Die medikamentöse Therapie als niedrigschwellige, wirksame und für viele Frauen präferierte Option soll ohne rechtliche und wirtschaftliche Hürden angeboten werden können«, appellierte die Delegiertenversammlung.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 7.4.2025 · DHZ