Maria Hipp verstarb Ende März 2015 im Alter von 95 Jahren in Freiburg Foto: privat

Mit Maria Hipp hat am 15. März 2015 eine bedeutende Hebamme, Lehrerin, Pionierin der Verbandsarbeit und eine starke Frau diese Welt verlassen. Ein Nachruf.

Ihre Ausbildung zur Hebamme absolvierte Maria Hipp, die am 13. Oktober 1919 geboren wurde, von 1940 bis 1941 in Stuttgart. In Berlin, der damals für sie „großen weiten Welt”, arbeitete sie in verschiedenen Häusern, unter anderem auch zusammen mit Professor Willibald Pschyrembel. Beide hatten ein starkes Interesse an einer besseren Hebammen-Ausbildung und so entstand 1952 die erste Ausbildungs- und Prüfungsordnung nach dem Krieg für die damalige DDR. Organisationstalent und pädagogische Interessen führten Maria Hipp kurzzeitig als leitende Hebamme nach Göppingen, dann von 1956 bis 1966 an die Universitätsfrauenklink mit Hebammenschule nach Heidelberg. Von 1966 bis 1979, dem Ende ihres eigentlichen Berufslebens, arbeitete sie als Lehr- und Oberhebamme an der Universitätsfrauenklinik Freiburg mit angeschlossener Hebammenschule. Der Schwerpunkt ihrer Leitungstätigkeit lag immer in der Aus- und Fortbildung von Hebammen. Dafür erhielt Maria Hipp auf Veranlassung der Universität Freiburg 1977 das Bundesverdienstkreuz.

Der Ruhestand ab 1979 gestaltete sich als Unruhestand und Maria Hipp bewies auch weiterhin ihr vorausschauendes Denken und ihre Weitsicht im Einsatz für Familien und Hebammen. Nachdem bereits seit Längerem der Bedarf eines intensiveren Hebammeneinsatzes für Neugeborene und Säuglinge erkannt worden war, gab es 1979 die Bewilligung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales für ein Modellprojekt zur Weiterqualifizierung mit Kostenübernahme von 25 Hebammen zu „Familienhebammen”. Maria Hipp hat mit großer Energie die Ausbildung der Kolleginnen und die Umsetzung des Projekts geleitet und koordiniert. Nach der neunmonatigen Vollzeitausbildung an der Medizinischen Hochschule Hannover wurden die Kolleginnen dann an sieben Stützpunkten in Bremen, Bremerhaven sowie in Hannover eingesetzt. Das über die Jahre sprichwörtlich gewordene und als Lehrbeispiel dienende „Bremer Modell” war geboren. Die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts wurde von Dr. Jürgen Collatz und seinen Mitarbeiterinnen in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) geleistet. Für die weitere Verankerung der Arbeit der Familienhebammen vor Ort war Maria Hipp dann noch zwei Jahre als Mentorin der Familienhebammen tätig. Auf Betreiben des Bremer Senates erhielt Maria Hipp für ihre herausragenden Leistungen 1982 den „Silbernen Roland”.

Bereits seit etwa 1970 war auch die Verbandsarbeit stark geprägt durch ihre Visionen und politischen Ziele. Maria Hipp war als angestellte Hebamme Mitglied im damaligen Verband Deutscher Anstaltshebammen (VDA) und wurde 1972 dessen Vorsitzende. Von ihr in dieser Zeit angestrebte Ziele waren vorrangig die Verbesserung der Hebammenausbildung und die Entwicklung eines starken Hebammenverbandes durch das Zusammenführen der bis dahin getrennten Verbände der angestellten und der freiberuflichen Hebammen. Hipp hatte bei Studienaufenthalten in Großbritannien von den Kolleginnen des Royal College of Midwives, die bis heute häufig beispielgebend sind, die Bestätigung bekommen, dass nur große Verbände Veränderungen bewirken können und schlagkräftiger sind. Deshalb hat sie die Zusammenführung der Hebammenverbände sehr energisch betrieben. Dieses wirklich zukunftsweisende Vorhaben hat circa zehn Jahre gedauert und sie hatte immer wieder mit vielen Vorbehalten zu kämpfen.

Für das Ziel eines starken und wirksamen Berufsverbandes war die Einrichtung einer zentralen Geschäftsstelle mit einer professionell arbeitenden Geschäftsführerin zur Mitgliederverwaltung und als Ansprechpartnerin für alle Hebammenfragen von zentraler Bedeutung. 1982 wurde mit Ersparnissen aus Mitgliedsbeiträgen des VDA in Karlsruhe eine Wohnung gekauft und die Geschäftsstelle mit Jutta Koberg als Geschäftsführerin und einer weiteren Mitarbeiterin eröffnet. Maria Hipp hat mit ihrer Überzeugungskraft in dieser Zeit Ursula Schroth als erster Präsidentin des nunmehr einheitlich auftretenden Bundes Deutscher Hebammen (BDH) zur intensiven Verbandsarbeit motiviert, nachdem sie wesentliche Schritte für die Professionalisierung eines erfolgreichen Berufsverbands initiiert hatte. Damit hatte Maria Hipp ihr Ziel erreicht.

Getragen wurde das alles durch die vitale und auf vielen Gebieten interessierte Privatfrau, die ihre Interessen nach dem Ende der Berufstätigkeit intensiv weiter verfolgt hat. Ab 1984 vertiefte Maria Hipp Themen wie Kunst und Literatur durch ein Studium an der Senioren-Universität Freiburg. Die Freude am Wandern und Reisen konnte sie noch für einige Jahre umsetzen. Ihre Liebe zu klassischer Musik mit vielen Konzertbesuchen hat lange Krankheiten und Schicksalsschläge überdauert und sie bei der Bewältigung unterstützt. Maria Hipp war über sehr viele Jahre dialysepflichtig, was sie tapfer durchstand. Als nun mit 95 Jahren ihre Kraft dafür nicht mehr ausreichte, hat sie eine klare und bewusste Entscheidung getroffen und konnte sich in einem Hospiz ruhig verabschieden.

So stürmisch wie das Wetter zum Zeitpunkt der Trauerfeier war, so stürmisch verlief phasenweise das Leben von Maria Hipp.

Mit großem Dank trauern wir um eine dynamische, streitbare, zuverlässige, politische und voraus denkende Frau und Kollegin.

Zitiervorlage
Staschek B, Schroth U: Abschied von Maria Hipp. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2015. 67 (5): 80
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