Zentrale CTG-Überwachungssysteme werden in der klinischen Geburtshilfe weit verbreitet eingesetzt: Sie ermöglichen die Darstellung verschiedener CTG-Geräte auf einem Bildschirm und können zum Teil von extern eingesehen werden. Laut Herstellerangaben bewirken sie zusätzliche Sicherheit. Aber wie schätzen Hebammen diese Technik ein? Das Ziel einer qualitativen Studie aus Island bestand darin, Erfahrungen klinisch tätiger Hebammen nach Einführung eines zentralen CTG-Überwachungssystems zu evaluieren (Gottfreethsdottir, Small et al. 2025). Durchgeführt wurde eine qualitativ-deskriptive Studie unter 18 Hebammen in einer geburtshilflichen Abteilung eines isländischen Lehrkrankenhauses. Die Daten wurden über drei Fokusgruppengespräche zwischen April und Juni 2022 erhoben. Zwei Hauptthemen wurden aufgezeigt: »Der Bildschirm beeinflusst alles« und »Die Technik ist gekommen, um zu bleiben«.
Der Bildschirm beeinflusst alles
Die meisten Hebammen erlebten das zentrale CTG-Überwachungssystem als Stressfaktor, weil nicht mehr der Geburtsprozess selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, sondern die Technik. Viele Hebammen berichteten, sich überwacht zu fühlen. Sie erlebten zudem eine Veränderung ihrer Hebammentätigkeit. Dazu gehörte beispielsweise eine andere Dokumentation, um dem Informationsbedarf derer zu entsprechen, die ebenfalls Bildschirmdaten einsehen konnten. Einige beschrieben, dass ihr Mindset bereits vor der ersten Begegnung mit der Gebärenden durch die Bildschirmdaten beeinflusst wurde. Der Einfluss der Bildschirmdaten wirkte sich praktisch auch in Form unangekündigter ärztlicher Visiten aus. Das nahmen besonders die Berufseinsteigerinnen als herausfordernd mit einhergehenden Selbstzweifeln wahr. Die gemeinsame Zuständigkeit für die CTG-Interpretation mit dem ärztlichen Team wurde aber auch positiv erlebt, weil keine alleinige Verantwortung mehr existierte.
Die Technik ist gekommen, um zu bleiben
Die befragten Hebammen dieser Studie akzeptierten die Einführung des zentralen CTG-Überwachungssystem. Die meisten wollten damit weiterarbeiten, obwohl sie deutlich spürten, dass diese Technik weitreichenden Einfluss auf ihre Tätigkeit nahm.
Hebammenarbeit neu definieren
Die Autorinnen geben kritisch zu bedenken: Die Einführung zentraler CTG-Überwachungssysteme kann die Kultur und die Zusammenarbeit einer geburtshilflichen Abteilung durch positive wie auch negative Aspekte verändern. Die Technik kann beeinflussen, wie Hebammen ihre Tätigkeit definieren. Sie kann dazu führen, dass nicht mehr die Gebärende selbst im Fokus der Aufmerksamkeit steht, sondern die Interpretationen der Daten eines zentralen CTG-Überwachungssystems. Hebammen sollten sich dieser Einflussnahme bewusst sein, ein geburtshilflich-technologisches Verständnis kritisch reflektieren sowie klar definieren, welche Aspekte ihre professionelle Hebammenarbeit in diesem Kontext umfasst.
Gottfreðsdóttir, H., Small, K., Helgadóttir, B. P., & Gamble, J. (2025). Who is in the centre? A qualitative study on midwives’ experience of working with central fetal monitoring system. Women and birth : journal of the Australian College of Midwives, 38(2), 101891. https://doi.org/10.1016/j.wombi.2025.101891 · Beate Ramsayer/DHZ