Ich erinnere mich, dass es anfangs ganz normal war, dass Schüler:innen oder auch neue Kolleg:innen zumindest einen kurzen Einsatz im Kreißsaal hatten. Als die Klinik dann Praxispartner für einen neuen Studiengang für Hebammenwissenschaft wurde, änderten sich die Bedingungen und Anforderungen an die Hebammen im Kreißsaal, so dass der Austausch zwischen Kreißsaal und Wochenbettstation gänzlich abgeschafft werden musste, da sonst keine Kapazität für die Hebammenstudentinnen geblieben wäre.
»Kannst du bitte nochmal kommen und die Patientin untersuchen? Ich bin mir unsicher, ob die vaginale Blutung und der Uterus so in Ordnung sind.« »Klar Jenny, bin gleich da.« Glücklicherweise war das meist die Antwort, die ich bekommen habe. Gemeinsam für das Wohl der Mutter. Leider musste ich aber oft erleben, dass Unterschiede gemacht werden, je nachdem wer um Hilfe bittet. Wichtig ist, dass hier die Führungskräfte der betreffenden Abteilungen gefragt sind. Auch wenn es mehrere Berufsgruppen sind und die Abläufe sehr stark voneinander abgegrenzt sind, ist es dennoch Teamarbeit und hier darf nicht die persönliche Sympathie entscheiden. Eine wertschätzende Kommunikation benötigt Übung und muss von der Führungsebene vorgelebt werden. Dabei steht das Wohl von Mutter und Kind im Mittelpunkt.
Fürs Verständnis einer guten Kommunikation ist das Vier-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun aus dem Jahr 1981 sehr hilfreich (siehe Kasten). Mit der richtigen Kommunikation wird dafür gesorgt, dass es zu weniger Missverständnissen und Konflikten kommt. Sollte ein Team mit der Kommunikation größere Schwierigkeiten haben, empfiehlt es sich, solche Fälle gemeinsam mit Kommunikationstrainer:innen zu besprechen und aufzuarbeiten.
Geburtshilfe ist Teamarbeit
Um als Team gut zu funktionieren, sind die Rahmenbedingungen entscheidend. In großen Kliniken habe ich bisher zwei unterschiedliche Strukturen kennengelernt.
Wenn die Hebammen direkt in der Klinik angestellt sind, sind sie gebundener in die Strukturen und müssen auch auf der Wochenstation arbeiten oder in anderen geburtshilflichen Bereichen der Klinik. Wenn diese direkte Anbindung nicht besteht und sie im Belegsystem arbeiten oder zum Beispiel auf selbstständiger Basis Visiten und Wochenbettbesuche durchführen, sind sie nicht so gebunden an die Strukturen, müssten die Abläufe und Notfallmechanismen aber genauso beherrschen und kennen. Egal nach welchem Modell gearbeitet wird, Notfalltraining für das ganze Team ist eine perfekte Übungsvariante für Notfallsituationen. Notfalltraining wird zum Beispiel als sogenannte Simulation durchgeführt. Es gibt verschiedene Szenarien, die durchgespielt werden, und nicht immer sind alle Berufsgruppen beteiligt. Die Simulation kann in einer »Laborsituation« durchgeführt werden (alle Beteiligten wissen, dass es eine gestellte Situation ist) oder in einen normalen Kreißsaal oder Stationsbetrieb integriert sein. Dieses Training dient dazu, Abläufe zu prüfen und zu verbessern, Wissen zu aktualisieren, um im wirklichen Notfall effektiver agieren zu können.
Außer den Pflegekräften im Wochenbett sind alle genannten Berufsgruppen tagtäglich gewöhnt, schnell handeln zu müssen: Eine Notsectio durchzuführen, einen Säugling zu intubieren, auf schwindende Herztöne zu reagieren – all das sind Beispiele, die schnelles Handeln notwendig machen. Im Wochenbett auf einer Station geht es meistens ruhiger zu, eine postpartale Blutung oder ein anderer Notfall kommen eher selten vor.
Deshalb ist es umso wichtiger, solche Situationen zu üben. Genauso wie ein reines Reanimationstraining sollten geburtshilfliche Simulationen regelmäßig stattfinden, speziell für postpartale Notfälle.
Durch gute Einarbeitung aller Berufsgruppen, eine klare (Schnittstellen-)Kommunikation und regelmäßige Notfallsimulationen sind alle Beteiligten in der Lage zu handeln. Dann kann die Wöchnerin trotz hoher Routine, Stress und vielen zwischenmenschlichen Ereignissen nicht nur in Notfallsituationen adäquat und sicher betreut werden – von einem wirklichen Team.