Obwohl zu den Erfahrungen von Vätern nach der Geburt bereits eine Vielzahl qualitativer Studien publiziert wurde, fehlte bislang eine umfassende Übersicht der damit zusammenhängenden Datenlage. Kürzlich wurde hierzu eine systematische Übersichtsarbeit durchgeführt.
Eingeschlossen wurden 24 qualitative Studien mit Einblicken zur Erfahrung von Vätern bei der Unterstützung der Mutter und des Neugeborenen nach der Geburt. Die Studien stammten aus 14 Ländern und berücksichtigten die Erfahrungen von 461 Vätern von Kindern, die zwischen 37+0 bis 42+0 SSW geboren wurden. Die Studien wurden mit moderater bis hoher Qualität beurteilt.
Aufgezeigt wurden 18 Kategorien und 127 Einzelergebnisse zu fünf Erkenntnissen:
1. Bereitschaft zur Unterstützung für Mutter und Kind
Die meisten Väter äußerten ihren Willen, die Mutter und das Kind während der Wochenbettszeit zu unterstützen und hierbei deren Bedürfnisse über ihre eigenen zu stellen. Ein Vater äußerte Verständnis gegenüber seiner Frau und deren körperlichen Veränderungsprozessen: »Meine Frau war nicht einfach… dieser Zeitraum ist sehr kritisch und ihr Körper muss sich ausruhen.«
2. Vielfalt der geleisteten Unterstützung
Väter zeigten eine Vielzahl verschiedener Formen der Unterstützung auf, die emotionale, praktische und finanzielle Aspekte beinhalteten. Grund dafür waren unterschiedliche Rollenbilder oder Absprachen der Eltern. So teilte ein Vater mit: »Meine Frau konzentrierte sich auf die Kinder, während ich mich mehr um den Haushalt, die Einkäufe und das andere kümmerte.« Ein anderer Vater gab Einblicke: »Ich lernte viel über das Thema Stillen, das Anlegen und Techniken hierbei zu helfen…«
3. »Bittersüße« Erfahrungen
Väter teilten auch ambivalente Erfahrungen, die sie einerseits in Form zutiefst erfüllender Begegnungen und andererseits als Stress, Angst und Überforderung wahrnahmen. »Dieser kleine Mensch. Ich verstand plötzlich die Verantwortung als Vater…« Manche Väter brachten auch Eifersucht auf die Fähigkeiten der Mutter zum Ausdruck, zum Beispiel: »Ich kann sie einfach nicht beruhigen… muss sie meiner Frau geben… das ist solch ein Gefühl der Hilflosigkeit.«
4. Herausforderungen und Bewältigungsstrategien
Väter erlebten verschiedene Herausforderungen, beispielsweise die Erfahrung, für eigene Hobbys weniger Zeit zur Verfügung zu haben oder auch, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Das Hauptproblem vieler Väter umfasste den Umgang mit einem schreienden Kind sowie die gleichzeitige Konfrontation mit den Bedürfnissen der Mutter und des Kindes. Ein Vater brachte zum Ausdruck, dass er das Stillen unterschätzt hatte: »Manchmal scheint es, das Baby trinkt nichts… es ist komplizierter, als ich dachte…« Als Bewältigungsstrategien wurden Freunde, Internet und Austausch genannt: „Ich studierte Webseiten und ich fragte Freunde mit Erfahrungen… und meine Verwandten…“ Ein Vater äußerte Bedenken gegenüber der Glaubwürdigkeit verschiedener Informationen aus dem Internet.
5. Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem
Verschiedene Erfahrungen umfassten, dass Väter Empfehlungen aus dem Gesundheitssystem Vertrauen schenkten: »Ich wusste, dass diese Information von Fachkräften stammte, das war für mich glaubwürdig.« Gleichzeitig erlebten sie auch Unsicherheit: »Der eine Arzt empfahl Milchpulver, die Hebamme die Steigerung der Milchmenge…«
Die Vielfalt väterlicher Erfahrungen wird anhand dieser qualitativen Übersichtsarbeit zum Ausdruck gebracht. Aus Sicht der Autor:innen wird deutlich, dass Väter in postpartale Versorgungsangebote des Gesundheitssystems eingebunden werden sollten. Die väterliche Kompetenz zur Unterstützung der Mutter und des Kindes in der postpartalen Versorgung sollte gestärkt werden. Außerdem die Bedürfnisse von Vätern umfassender nach dem Ansatz einer familienzentrierten Betreuung während der Wochenbettszeit berücksichtigt und weiter erforscht werden.
Quelle: Li, Q., S. Yang, Y. Wang and N. Sansiriphun (2025). “Fathers’ experience in supporting the mother and infant during the postpartum period: a qualitative systematic review.” Midwifery. https://doi.org/10.1016/j.midw.2025.104429 ∙ Beate Ramsayer/DHZ