»Gebären – Geburtshilfe – Mutterschaft in Geschichte und Gegenwart« war der Titel einer interdisziplinären Tagung der Otto von Guericke Universität in Magdeburg. Am 20. und 21. April ging es dort um sich wandelnde Konzepte vom Gebären und Mutterwerden seit dem 16. Jahrhundert – und um veränderte Rollenzuschreibungen und Reglementierungen der Hebammengeburtshilfe. Eine multiperspektivische, transdisziplinäre Zusammenschau.

Wie entwickelten sich Vorstellungen, Praktiken und Regelungen im Spektrum von Gebären und Geburtshilfe in der Zeitspanne vom 16. Jahrhundert bis heute? Wie prägten sie wissenschaftliche Ideen und Konstrukte? Eine transdisziplinäre Zusammenschau aus Rechts-, Kultur-, Geistes- und Lebenswissenschaften – der Blick auf Brüche und Kontinuitäten von Denk- und Handlungsweisen in Bezug auf Natalität und den Wandel von Geburtskulturen – sei das Ziel der Tagung in Magdeburg, erläuterte die Historikerin Prof. Dr. Eva Labouvie von der Otto von Guericke Universität Magdeburg zur Eröffnung. Gemeinsam mit Dr. Tina Jung, Politikwissenschaftlerin und derzeit Gastprofessorin in Magdeburg, hatte sie die Tagung mit Schwerpunkten in drei Sektionen geplant:

  1. Fertilität, Natalität, Schwangerschaft
  2. Geburt, Gebären, Mutterschaft
  3. Beistand in Kindsnöten, Hebammenkunst, Geburtshilfe.

Die mit 130 Anmeldungen sehr gut besuchte Hybridveranstaltung bot eine Fülle inspirierender Vorträge.

Prof. Dr. Lisa Malich spricht über die Wissensgeschichte des Nestbauinstinkts in der Schwangerschaft. Fotos: © Birgit Heimbach

Wissensgeschichte des »Nestbauinstinkts«

In ihrer Analyse »Frauen, Vögel, Hausarbeit. Zur Wissensgeschichte des Nestbauinstinkts in der Schwangerschaft« beschäftigte sich die Medizinerin, Medizinhistorikerin, Psychologin und Psychotherapeutin Prof. Dr. Lisa Malich, Universität zu Lübeck, mit dem Konzept des »Nestbauinstinkts« als Beispiel für die Generierung von Wissen um Schwangerschaft und Reproduktion. Eindrucksvoll zeigte sie an Beispielen aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Ratgeberliteratur vom 18. Jahrhundert bis heute die enge Verflechtung und Zirkulation zwischen wissenschaftlichem und populärem Wissen bei der Konstruktion des »Nestbau­instinkts« als »natürliche Existenz«.

Deutlich wurde dabei auch der Einfluss der jeweils dominanten Vorstellungen von Geschlechterrollen und Weiblichkeitsidealen und die Tendenz zur Sexualisierung psychischer und sozialer Phänomene. »Was als körperlich bedingt gilt, ist von gesellschaftlichen Entwicklungen abhängig«, so Malich, die über die Jahrhunderte fünf Wissensmuster des Nestbautriebs beschrieb. Von Mitte des 18. bis zum frühen 19. Jahrhundert in der frühen Instinktlehre bei Tieren, wo nach Darwin der Instinkt als genetisch bedingt galt, über die Beobachtungen des Ethologen Konrad Lorenz, der den Nestbauinstinkt nur bei weiblichen Tieren beobachtete, zu der Bestärkung dieser Theorie in den 1930er Jahren durch die Endokrinologie, zeigte sie die Somatisierung und Feminisierung des Nestbaus auf. Auf dieser Basis sei die Idee des Uterus als »Nest« des Embryos entstanden, manifestiert im Begriff der »Nidation«.

Ab den 1970er Jahren, komme es zur Popularisierung des »Nestbautriebs und -instinkts«, der nun in der Ratgeberliteratur für Schwangere auftauche. Weibliche Hormone würden ab jetzt für alles verantwortlich gemacht. Das »Nest« einzurichten, spreche aber gleichzeitig auch die Schwangere als Konsumentin an. Während Machtbeziehungen in der Geburtshilfe thematisiert werden, alternative Geburtskonzepte entstehen sowie feministische Kritik bezüglich Gender und Care-Arbeit lauter werden, halten gleichzeitig naturalistische Konzepte Einzug in den Diskurs, wie die Idee der »guten Natur«, die der Medikalisierung entgegengesetzt werde, oder auch alte Geschlechterbilder, orientiert an der Vorstellung einer »Natürlichkeit« von Geschlechterrollen.

Auf der Basis dieses Backlashs der 1980er Jahre zeigte Malich die paradoxe Wirkung des »Nestbauinstinkt«-Konzepts auf den Feminismus. Obwohl wissenschaftlich ohne nachweisbare Evidenz, etabliere sich im 21. Jahrhundert eine Nestbau-Psychologie erfolgreich in der Ratgeber-Literatur, wie etwa bei Ingeborg Stadelmann, die von einer Parallele zwischen Nestbauinstinkt und Putzen spreche.

Eindrucksvoll zeigte Malich, dass die Produktion von Wissen in diesem Bereich von drei Prinzipien geprägt ist: der engen Verflechtung und Zirkulation von wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Wissensfeldern, der Somatisierung des Erhaltens und Erlebens der Schwangerschaft und dem Einfluss der jeweils dominanten Ideen von Geschlechterrollen und Weiblichkeitsidealen.

Prof. Dr. Lotte Rose beschreibt, wie Geburtsvorbereitungskurse Eltern in Rollenbilder von Nichtwissenden verweisen können.

Geburtsvorbereitungskurse und Qualifikationsansprüche

Ein Kind auf die Welt bringen, sei heute ein Projekt, bei dem die Frau verantwortlich sei, dies für sich und ihr Kind erfolgreich zu managen. Dabei müsse sie nicht nur gut informiert sein, sondern eigene Vorstellungen entwickeln, sich selbst körperlich und psychisch optimieren und die richtigen Entscheidungen auf dem Markt der Geburtshilfe treffen. Auf dem Hintergrund dieser Beobachtungen rekonstruierte Prof. Dr. Lotte Rose, die Soziale Arbeit und Gesundheit an der Frankfurt University of Applied Sciences lehrt, in ihrem Vortrag »Gebären als Bildungsprojekt. Einblicke in eine Ethnografie zu Geburtsvorbereitungskursen«, wie Geburtsvorbereitungskurse als Bildungsangebote für werdende Eltern fungieren und dabei sogenannte »Qualifikationsansprüche« definieren.

In den Kursen erhielten die Eltern vielfältige Instruktionen, die teilweise Double-Bind-Botschaften beinhalteten. Die Informationen sollen befähigen, Gesundheitsrisiken zu vermeiden, durch Anleitungen zur genauen Körperbeobachtung sollen diagnostische Kompetenzen vermittelt werden (»Wann beginnt die Geburt?«). Der Körper werde für die Geburtsarbeit geschult und bearbeitet, und es würden Regiekompetenzen für die Geburt vermittelt. Dabei werde auch der Vater in den Blick genommen. Ihm würden spezielle Verantwortlichkeiten übertragen wie etwa als Chauffeur, Krisenhelfer und Verteidiger der mütterlichen Interessen. Dabei werde die väterliche Krise tabuisiert und es gebe keinen Raum für väterliche Schwäche.

Roses Befund: Die erwartete Rolle von Müttern und Vätern als Macher:innen überfordere die Eltern, gebe ihnen widersprüchliche Botschaften und verdränge die Krisenrealität des Geburtsgeschehens. Dies erzeuge zwangsläufig Schuldgefühle, wenn die Mutter sich überwältigt fühle oder der Vater den zugewiesenen Verantwortlichkeiten nicht gerecht werde.

Die Geburt als Care-Anlass werde verdrängt. Ebenso würden auch die Bildungsungleichheiten von Eltern nicht in den Blick genommen. Der Vortrag löste große Emotionen bei Hebammen und Geburtsvorbereiterinnen aus, die sich teilweise angegriffen fühlten. Das Fazit aus Vortrag und Diskussion: Jede soziale Entwicklung durchläuft Ambivalenzen und schafft neue Narrative, die kritikwürdig sind, wie hier das Narrativ der Ermächtigung, das eben auch erdrückend wirken kann. Hier sollten die verschiedenen Akteur:innen gemeinsam darüber nachdenken und die Care-Verantwortung wieder von den Eltern wegnehmen.

Prof. Dr. Tina Jung und Prof. Dr. Eva Labouvie eröffnen die Tagung an der Otto von Guericke Universität in Magdeburg.

Geburtshilfe als gegenseitige Hilfe unter Frauen

In ihrem Vortrag »Erlebnisraum Geburt. Kulturhistorische Überlegungen zum Gebären vom 16.–19. Jahrhundert« beschrieb Prof. Dr. Eva Labouvie die Stationen der Entwicklungen um Geburt und Gebären. Dabei vermittelte sie ein anschauliches und lebendiges Bild der Vorstellungen vom Frauenkörper und vom Ungeborenen sowie der sozialen, religiösen und rituellen Bedeutung der Geburt als öffentliches Ereignis in der Gemeinschaft der Frauen als Not-, Hilfs- und Festgemeinschaft um die Gebärende. Deren Wissen war in ein komplexes Bedeutungsnetz eingebunden und es gab präventive Rituale, um Gefahren abzuwenden.

Labouvie beschrieb die Phasen der Geburt aus der Perspektive der Gebärenden, der Hebamme und der helfenden Frauen. Die Geburt sei als fließender Prozess verstanden worden, Geburtshilfe als gegenseitige Hilfe unter Frauen. Der Umgang mit dem Prozess und der Frau sei durch eine besondere Ethik geprägt gewesen, deren Handlungscode Vermeiden von Gewalt und unnötigem Schmerz, Vertrauen untereinander und Mitleiden als zentrale Elemente auszeichnete. Beispielsweise sei die Gebärende nie alleine gelassen worden und es wurden Rituale durchgeführt, die das Körperempfinden veränderten. Der Schmerz war eingebunden in das kollektive Geschehen und das Mitleiden der Anwesenden.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die »Wehemutter« als eine Frau des Dorfes oder als von der Gemeinde öffentlich gewählte Geburtshelferin von ihrer Vorgängerin ausgebildet. Ab etwa 1800 sprachen jedoch Ärzte und Obrigkeit der traditionellen Hebamme jegliche Kompetenz ab und verboten das Praktizieren. Fortan sollten Hebammen von Medizinern in anatomischen Kursen und später in Hebammenschulen theoretisch ausgebildet und approbiert werden, was auf heftigen Widerstand stieß.

Dasselbe galt für weitere Reglementierungen der traditionellen Geburtshilfe im Kreis der helfenden Frauen, wie etwa das Verbot von Ritualen und Praktiken oder der Geburt im Stehen, die sich zum Teil bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts erhielten. Anhand einer Fülle von Quellen zeigte Labouvie den enormen Wissensstand der frauenzentrierten Geburtshilfe, der von den obrigkeitsstaatlichen Hebammenordnungen und durch Verbote ignoriert und marginalisiert wurde.

Dr. Julia Böcker zeigt, wie sich der Blick auf das Thema Schwangerschaftsverlust seit den 1980er Jahren gewandelt hat.

Umgang mit dem verlorenen Kind

In ihrem Vortrag »Schwangerschaftsverluste, stille Geburt und ›Sternenelternschaft‹ in der Gegenwart« behandelte die Kultursoziologin Dr. Julia Böcker von der Leuphana-Universität Lüneburg ein im Bereich der Soziologie von Schwangerschaft und Geburt lange vernachlässigtes Thema. In ihrer preisgekrönten Dissertationsstudie hatte Böcker mittels narrativer Interviews die Verlusterfahrung der Eltern erforscht. Deutlich wurde dabei, dass der Versachlichung des Verlusts im medizinischen und öffentlichen Bereich die privaten Gegenentwürfe der Eltern gegenüberstehen.

Böcker verwies auf den kulturellen Wandel, der seit den 1980er Jahren und insbesondere zu Beginn der 2000er Jahre diesbezüglich stattgefunden habe: von der Tabuisierung zur Sichtbarkeit bis zur Personalisierung des verlorenen Kindes. Veränderte Praktiken und Routinen, rechtliche Änderungen, neue Formen von Trauer sowie Räume für die Trauer und mediale Sichtbarkeit führten zu einer »Verschiebung der autoritären Norm«. Während stillgeborene Kinder bis in die 1980er Jahre den Eltern vorenthalten und leibliche Bindung ignoriert wurde, gebe es heute die gesellschaftliche Erwartung einer elterlichen Bindung.

Eine kurze Geschichte der Gewalt

Berichte über Gewalt in der Geburtshilfe gibt es bereits seit dem 16. Jahrhundert. Neu allerdings sei die Art und Weise, wie das Thema heute in der Öffentlichkeit und in wissenschaftlichen Diskursen verhandelt werde, so Dr. Tina Jung in ihrem Vortrag »Eine kurze Geschichte der Gewalt: Perspektiven auf Gebären und Geburtshilfe«.

Der mulitperspektivische Blick der Politologin richtete sich auf die Geschichte des Phänomens und das Ausmaß durch Zeiten, Kontinente und Geburtshilfesysteme, auf Entstehung und Ursachen als auch auf die mit der Gewalt verbundenen Elemente wie beispielsweise »Respektlosigkeit« oder »Missbrauch«. Dieser Blick verdeutliche, dass Gewalt unter der Geburt eingebunden sei in gesellschaftliche Systeme von Ungleichheit und Herrschaft wie Rassismus, Kolonialismus, Sklaverei und Diskriminierung. Er zeige gleichzeitig, dass es immer auch Vorschriften, Anleitungen und Empfehlungen für den Schutz der Würde der Gebärenden, für ihre Begleitung und für Schmerzlinderung gab.

Prof. Dr. Marita Metz-Becker betrachtet die traurige Rolle der Acchouchieranstalten und ihre Stärkung der originären Hebammenarbeit auf der anderen Seite.

Zeit des Umbruchs

Als »Kopernikanische Wende« in der Geburtshilfe bezeichnete Prof. Dr. Marita Metz-Becker, Philipps-Universität Marburg, das Ergebnis der Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert, als das Handwerk der Hebamme ebenso wie zahlreiche weitere medizinische Berufe verwissenschaftlicht und zur universitär gelehrten Disziplin wurden. Geburtshilfe wurde fortan nicht nur von Hebammen, sondern auch von Ärzten ausgeübt, die gleichzeitig die Ausbildung von Hebammen in sogenannten »Acchouchieranstalten« übernahmen und deren Wissen reglementierten.

In ihrem Vortrag »Zeit des Umbruchs. Von der Geburtshilfe zur Geburtsmedizin im Kontext der Aufklärung« schaute Metz-Becker auf diese folgenschwere Umstrukturierung, den Verlust der Autonomie der Hebamme und ihre Degradierung zur Weisungsempfängerin des Arztes in der Entbindungsanstalt unter männlicher Leitung. Zielgruppe in diesen Anstalten waren arme Schwangere, die ihre Körper als Übungsobjekte den Studenten zur Verfügung stellen mussten – mit verheerenden Folgen für die Müttersterblichkeit.

Ebenso wie Labouvie verwies auch Metz-Becker auf den Widerstand sowohl auf Seiten der Hebammen als auch der Schwangeren und Gebärenden. So führte die Gründung von Entbindungsanstalten nicht, wie häufig dargestellt, zur Verdrängung der Hebammen. Bis in die 1880er Jahre waren in Deutschland Hebammen in der häuslichen Geburtshilfe dominant, es herrschte großes Misstrauen gegen die Acchouchieranstalten und später auch gegen Kliniken. So habe zum Beispiel 1914 nur 1 % der Geburten in Kliniken stattgefunden. Auf dem Land habe sich eine große Ambivalenz gegenüber der Klinik als Geburtsort sehr lange erhalten. So ging beispielsweise in Hessen eine auf dem Land lebende Frau bis in die 1960er Jahre nur in die Klinik, wenn die Hebamme eine Indikation stellte. Dies habe sich erst 1968 mit dem Mutterschutzgesetz geändert, als die Klinikgeburt für alle Frauen ohne Indikation von der Krankenkasse bezahlt wurde.

Übergang von der Haus- zur Klinikgeburt

Um den Übergang von der Haus- zur Klinikgeburt und die Reglementierung und Strukturierung des ländlichen Hebammenwesens ging es auch im Vortrag »Von Hebammen, Chyrurgis, Medicis und dem Frauenvolke – ein sich seit dem 18. Jahrhundert veränderndes Beziehungsgeflecht um die Gebärenden im Fricktal/Schweiz« von Sophie Fäs, Universität Basel. Eindrucksvoll zeigte sie, wie die Institutionalisierung des Hebammenwesens das Beziehungsgefüge um die Gebärende und insbesondere die Beziehung zwischen Hebamme und Gebärender veränderte – eine Entwicklung, die in großen Teilen von Europa, in Neuseeland und auch in den USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu beobachten gewesen sei.

Physiologie als Wissensrepertoire

Hebammenspezifisches Wissen und Handeln im Unterschied zu geburtsmedizinischer Versorgung standen im Fokus des Vortrags »Die Physiologie als Hebammenkunst. Eine praxeologische Untersuchung hebammenspezifischer Wissensformen« von Prof. Dr. Annekatrin Skeide, Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Unter der Forschungsfrage »Wie wird die Unterscheidung zwischen Physiologie und Pathologie überhaupt getroffen?« führte sie Interviews mit Hebammen und erforschte die »Physiologie als Wissensrepertoire«.

Ihr Ergebnis: Das Herstellen von Physiologie – das Anpassen von Verläufen an Normen und umgekehrt – ist eine gemeinschaftliche Arbeit, die als »Nichtintervention« verstanden wird. Um diese Praktiken zu untersuchen, brauche es neue Konzepte wie beispielsweise das der Physiologie nicht als einer Tatsache (»matter of fact«), sondern einer Dimension der Fürsorge (»matter of care«).

Wer steht im Mittelpunkt?

Im abschließenden Vortrag »Die reproduktive Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett in der Gegenwart: Wer steht im Mittelpunkt?« richtete Prof. Dr. Nicola H. Bauer, Universität zu Köln, den Blick auf die derzeitige Situation rund um Geburten, Geburtsorte und Hebammenarbeit sowie die Akademisierung. In ihrem Überblick, der zugleich Analyse und Ausblick war, stellte sie Daten und Fakten sowie Faktoren des Wandels in der Versorgung vor.

Von dort aus schaute sie auf derzeitige Brennpunkte und Machtverhältnisse. Der notwendige Wandel brauche ausreichend Fachpersonen, hebammengeleitete Versorgungsmodelle, Akademisierung, Evidenzbasierung und interprofessionelle Zusammenarbeit.

Verkörperte Prozesse

Die Abschlussdiskussion der Tagung wurde eingeleitet durch einen Kommentar von Michèle Kretschel-Kratz, Doktorandin am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität Berlin. Sie verwies auf die Bedeutung des trans- und des interdisziplinären Blicks auf Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett als verkörperte Prozesse in ihren Konstanten und Brüchen – auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Erwartungen. »Wer ist mit wem, wann und wie geboren worden« und »Was entsteht noch, während geboren wird?« Ihr Fazit: »Gute Geburten müssen gemeinsam mit anderen sozialen Bewegungen politisch erkämpft werden«, wurde von den Teilnehmenden und den Veranstalterinnen bestärkt. Es brauche mehr Interdisziplinarität in der Forschung und im kulturellen Wandel.

»Es ist viel passiert und es gibt noch viel Luft nach oben«, so Dr. Tina Jung, und Prof. Dr. Eva Labouvie fügte hinzu: »Dieser Anfang, den wir hier gemacht haben, muss fortgesetzt werden«.

Zitiervorlage
Ensel, A. (2023). Interdisziplinäre Tagung in Magdeburg: Brüche und Beständigkeit. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 75 (8), 67–71.
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