Werden Familien schon im Krankenhaus dabei unterstützt zu stillen, nimmt das Risiko für eine Verzögerung der Meilensteine oder Störungen der Entwicklung des Kindes ab. Foto: © olgahalizeva/stock.adobe.com

Kinder, die längere Zeit oder ausschließlich gestillt werden, fallen in Israel bei den Vorsorgeuntersuchungen seltener durch eine verzögerte Entwicklung oder neurologische Störungen auf. Dies kam in einer landesweiten Kohortenstudie in JAMA Network Open heraus.

Israel hat einheitliche Vorsorgeuntersuchungen für Kinder. Ärzt:innen und speziell ausgebildete Krankenpflegekräfte untersuchen die Kinder im Alter von 1, 2, 4, 6, 9, 12, 18, 24, 36, 48 und 60 Monaten. Bei den ersten Terminen werden die Mütter nach der Ernährung der Kinder befragt und ob sie noch stillen.

Es wird auch notiert, wann die Kinder drei motorische und drei sprachlich-soziale Meilensteine der Entwicklung erreicht haben. Wenn sie deutlich zurückgeblieben sind, erhalten sie eine Förderung, die in den Abrechnungsdaten der Versicherung vermerkt wird.

Dies ermöglichte es Inbal Goldshtein vom »KI Research Institute« in Kfar Malal bei Tel Aviv und weiteren Mitarbeitenden den Einfluss des Stillens auf die kindliche Entwicklung zu untersuchen.

Die Forscherin konnte dabei eine Reihe von Faktoren bei der Mutter berücksichtigen, die die Entwicklung des Kindes ebenfalls beeinflussen könnten wie Alter, Geburtsland, Nationalität, Bildungsniveau, Beruf, Ehestand oder postnatale Depressionen. Auch Merkmale des Kindes oder der Schwangerschaft wie Geschlecht, Schwangerschaftsdauer, Apgar-Score, Geburtsgewicht, Art der Geburt, Mehrlingsschwangerschaft oder Dauer des Krankenhausaufenthaltes wurden betrachtet.

Vergleich von Geschwisterkindern

Um den Einfluss des familiären Umfelds auszuschließen, verglich Goldshtein in einer zweiten Analyse Geschwisterkinder. Beide Analysen ergaben, dass Kinder, die mindestens sechs Monate gestillt wurden, die Meilensteine der Entwicklung früher erreichten.

Die erste Analyse basierte auf 570.532 Kindern, die in den Jahren 2014 bis 2020 geboren wurden. Goldshtein ermittelte eine adjustierte Odds Ratio (AOR) von 0,73 für ausschließliches Stillen und wobei die Assoziationen statistisch signifikant waren.

Die zweite Analyse beruhte auf 37.704 Geschwisterpaaren. Die AORs betrugen 0,91 für das Erreichen der Meilensteine und 0,73 für die Diagnose neurologischer Entwicklungsstörungen. Auch hier waren die Assoziationen statistisch signifikant.

Das Risiko auf eine Verzögerung der Meilensteine oder eine neurologische Entwicklungsstörung nahm in den ersten Monaten des Stillens ab und erreichte nach zehn bis zwölf Monaten ein Plateau. Ein sicherer Einfluss war nur auf die sprachlichen und sozialen Fähigkeiten nachweisbar, nicht aber auf die motorische Entwicklung.

Kritisches Resümee

Die Ergebnisse sprechen nach Ansicht von Goldshtein dafür, das Stillen bereits im Krankenhaus zu fördern – etwa nach den Empfehlungen der »Baby-Friendly Hospital Initiative«.

Viele Mütter hätten heute die Absicht, ihr Kind zu stillen, schafften es aber nicht, dies mit den Erfordernissen in Familie und Berufsleben zu vereinbaren.

Die anfängliche Motivation würde aber auch durch die Lebensmittelindustrie untergraben, die weltweit jährlich 55 Milliarden US-Dollar für die Werbung ihrer Produkte ausgebe, schreibt Goldshtein.

Quelle: Goldshtein, I., Sadaka, Y., Amit, G., Kasir, N., Bourgeron, T., Warrier, V., Akiva, P., Avgil Tsadok, M., & Zimmerman, D. R. (2025). Breastfeeding Duration and Child Development. JAMA network open, 8(3), e251540. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2025.1540 · Deutsches Ärzteblatt, 11.04.2025  · DHZ

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