Asylbewerberinnen und ihren Familien steht neben Hebammenleistungen das Recht auf eine verständliche Aufklärung zu. Foto: © Michael Plümer

Viele Hebammen begleiten geflüchtete Frauen und ihre Familien. Asylbewerberinnen haben einen Anspruch auf Hebammenhilfe. Die öffentlichen Leistungen, insbesondere bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt, richten sich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Welche Leistungen stehen ihnen zu und wie werden sie abgerechnet? 

Die aktuelle Flüchtlingssituation ist nicht neu. Bereits 1992 wurden über 430.000 Asylanträge in Deutschland gestellt, was zur damaligen Änderung des Asylverfahrensgesetzes mit erheblichen Einschränkungen für die BewerberInnen und den europaweiten „Dublin-Verfahren” geführt hatte. Nach der Dublin-Verordnung müssen die Verfahren auch heute noch in dem EU-Land durchgeführt werden, in dem die AsylbewerberInnen erstmals den „Schengen-Raum” betreten. Insbesondere diese Regelung hat in den Jahren 2005 bis 2010 dazu geführt, dass jährlich nur noch rund 30.000 Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland geprüft wurden.

Zu dem rasanten Anstieg der Asylbewerberzahlen in den vergangenen Wochen und Monaten hat nicht zuletzt das Außer-Kraft-Setzen des „Dublin-Abkommens” durch die Bundesregierung geführt: Viele AsylbewerberInnen wandern vom Mittelmeerraum durch andere EU-Staaten unter Umgehung der Vorschriften des Dublin-Abkommens direkt in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Rechtliche Grundlagen

Maßgeblich für die Rechtssituation von AsylbewerberInnen und Flüchtlingen sind neben der Genfer Flüchtlingskonvention das Aufenthaltsgesetz und das Asylgesetz.

Aufenthaltsgesetz

Das Aufenthaltsgesetz wurde zuletzt durch Gesetz vom 28. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1802) aufgrund der aktuellen Geschehnisse geändert. Es regelt in erster Linie das Erfordernis eines Aufenthaltstitels für AusländerInnen, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen von Aufenthaltstiteln, die Arten von Aufenthaltstiteln, Aufenthaltszwecke, die Ausweisungsvoraussetzungen, die Begründung und Durchsetzung einer Ausreisepflicht sowie Verwaltungsverfahrensvorschriften.

Asylgesetz

Aus dem „Asylverfahrensgesetz” wurde durch eine Gesetzesänderung im Oktober 2015 das Asylgesetz. Dort sind unter anderem das Asylverfahren und die Prüfung der Asylgründe vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg, Fragen der Aufenthaltsbeendigung, der Unterbringung und Verteilung der AsylbewerberInnen in Deutschland, die Regelungen eines Asylfolgeantrags und des Gerichtsverfahrens festgelegt.

Asylbewerberleistungsgesetz

Auch das Asylbewerberleistungsgesetz ist zuletzt im Oktober 2015 geändert worden. Es regelt vor allem, welche öffentlichen Leistungen AsylbewerberInnen während des Asylverfahrens oder nach Erteilung einer Duldung erhalten, insbesondere auch bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt (§ 4 AsylbLG).

Gang des Asylverfahrens

Das Asylverfahren sollte mit einer Asylantragstellung beim BAMF beginnen. Aufgrund der Vielzahl der einreisenden Asylsuchenden ist die sofortige Bearbeitung eines Asylantrags derzeit nicht gewährleistet. In den vergangenen Wochen und Monaten wurde daher der Asylantragstellung ein „Registrierungsverfahren” vorgeschaltet, in dem zunächst die Identität der Asylsuchenden erfragt, ihre Daten registriert, eine Gesundheitsüberprüfung auf Tuberkulose und eine erkennungsdienstliche Behandlung mit Abnahme der Fingerabdrücke durchgeführt wird.

Wenn es danach zu einem Asylantrag gekommen ist, findet zunächst eine Anhörung über den Reiseweg statt, um entscheiden zu können, ob die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Andernfalls müssen die BewerberInnen in den EU-Staat zurück geschickt werden, in dem sie bei ihrer Ersteinreise nach Europa ihren Asylantrag hätten stellen müssen. In diesem Fall erfolgt eine Überstellung an diesen Drittstaat. Ergibt sich die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland, findet eine Anhörung zu den Fluchtgründen statt.

Die SachbearbeiterInnen beim BAMF haben aufgrund ihrer Einschätzung des Ergebnisses der Anhörung und gegebenenfalls weiteren Dokumenten zu entscheiden, ob dem Asylantrag stattzugeben ist oder nicht. In einem rechtsmittelfähigen Bescheid wird dann durch das Bundesamt festgestellt, ob die BewerberInnen als asylberechtigt anerkannt werden, ob ihnen „nur” Abschiebeschutz gewährt wird (der in regelmäßigen Abständen wieder überprüft werden kann) oder ob der Asylantrag abgelehnt wird. In diesem Fall können Rechtsmittel zum örtlich zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden, das dann über eine mögliche Asylberechtigung, gegebenenfalls Abschiebeschutz oder die Ablehnung des Asylantrags entscheidet.

Asyl oder Duldung

Wird dem Asylantrag stattgegeben, erhält der Flüchtling einen Aufenthaltstitel für einen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Wird der Asylantrag abgelehnt, wird eine kurze Frist verfügt, innerhalb derer der Asylbewerber oder die Asylbewerberin die Bundesrepublik Deutschland freiwillig zu verlassen hat. Andernfalls muss er oder sie mit Abschiebung ins Heimatland rechnen. Das setzt jedoch voraus, dass Reisedokumente vorhanden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, wird eine „Duldung” erteilt, das heißt die Abschiebung wird ausgesetzt, weil sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann.

Dieser Fall ist in der Regel auch gegeben, wenn zum Beispiel eine Asylbewerberin hochschwanger ist und ihr aus gesundheitlichen Gründen Abschiebemaßnahmen nicht zuzumuten sind. Das gilt beispielsweise ab dem Zeitpunkt, zu dem eine Flugreise für eine Schwangere mit Risiken verbunden wäre. Wochenbett und/oder Stillzeit stellen hierfür keine Begründung dar. Auf diese rechtliche Situation sollten Hebammen Asylbewerberinnen zu ihrem Schutz hinweisen. Dies beruht insbesondere auf dem Gedanken, dass die Beratung durch eine Hebamme nicht nur auf geburtshilflichen Rat im engeren Sinn beschränkt ist, sondern auch soziale und seelische Faktoren zu berücksichtigen sind (so zum Beispiel § 2 Abs. 3 HebBO NRW).

Falls über den Asylantrag positiv entschieden wurde, bestehen gegebenenfalls Ansprüche auf Kindergeld, Unterhaltsvorschuss, Erziehungsgeld und Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), Grundsicherung für Arbeitssuchende bei Erwerbsfähigkeit (Arbeitslosengeld II) nach SGB II, Sozialhilfe bei nicht bestehender Erwerbsfähigkeit nach SGB XII oder auf Ausbildungsförderung. Darüber hinaus kann die Möglichkeit des Nachzugs von Familienangehörigen bestehen.

Hinweise für Hebammen

Abrechnungsfragen

Die öffentlichen Leistungen für AsylbewerberInnen, insbesondere bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt, richten sich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG, § 4). Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind insbesondere AsylbewerberInnen, die eine Aufenthaltsgestattung (Aufenthaltstitel nach dem Asylgesetz), eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen oder einen Asylfolgeantrag gestellt haben (§ 1 AsylbLG). Auch wenn sie noch nicht im Besitz einer Aufenthaltsgestattung sind, sondern meist lediglich eine „Registrierbescheinigung” haben, darf für geduldete Asylsuchende, die noch keinen förmlichen Asylantrag gestellt haben, nichts anderes gelten.

AsylbewerberInnen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, sind nicht gesetzlich versichert und verfügen daher nicht über eine Krankenversicherungskarte. In diesem Fall kommt die jeweilige Gemeinde, der die Asylbewerber zugewiesen sind, für die Leistung auf. In Gemeinschaftsunterkünften ist es das jeweilige Bundesland. Allerdings dürfen seit einigen Monaten auch AsylbewerberInnen nach einer kurzen Wartezeit einer Arbeit nachgehen. Sofern sie im Rahmen dieser Tätigkeit gesetzlich krankenversichert sind, kann eine Abrechnung der Hebammengebühren über die gesetzliche Krankenversicherung erfolgen. Dies muss die Hebamme jedoch im Vorfeld sorgfältig prüfen.

Eine bundesweit einheitliche Gesundheitskarte für AsylbewerberInnen zur Teilnahme an der gesetzlichen Krankenversorgung wird diskutiert. Zuständig sind die einzelnen Bundesländer (§ 264 SGB V n.F.). In Nordrhein-Westfalen werden solche Karten aufgrund einer Rahmenvereinbarung mit den gesetzlichen Kassen bereits an solche AsylbewerberInnen ausgegeben, die die Gemeinschaftseinrichtungen verlassen haben und den einzelnen Gemeinden zugewiesen sind. Brandenburg zum Beispiel will die elek­tronische Gesundheitskarte zum 1. April 2016 ausgeben.

Gesundheit und Existenzminimum

Nach § 3 AsylbLG werden Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts gewährt. Der notwendige Bedarf kann auch durch Sachleistungen gedeckt werden. Die Höhe der Geldleistungen richtet sich ebenfalls nach § 3 AsylbLG und hängt unter anderem davon ab, ob die AsylbewerberInnen in einer Aufnahmeeinrichtung oder außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen untergebracht sind.

Nach § 4 AsylbLG sind zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. Zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten werden Schutzimpfungen und die medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen des SGB XII erbracht. Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, sofern dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist. Auch posttraumatische Belastungsstörungen werden behandelt. Sie können auch ein Abschiebehindernis sein.

Diese Regelungen entspringen dem Sozialstaatsprinzip und sollen allen in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen das Existenzminimum sichern. Eine kostenlose Behandlung sämtlicher bereits bestehender, beispielsweise chronischer Erkrankungen, ist nicht vorgesehen. So wird auch Abschiebeschutz aus Gesundheitsgründen verbunden mit einer Duldung in der Regel nur gewährt, wenn es sich um eine dringend behandlungsbedürftige Erkrankung und eine unaufschiebbare Behandlung handelt, insbesondere wenn diese im Heimatstaat nicht gewährleistet ist.

Nach § 4 Abs. 2 AsylbLG sind werdenden Müttern und Wöchnerinnen ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verbands- und Heilmittel zu gewähren.

Nach § 6 Abs. 1 AsylbLG können sonstige Leistungen gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind. Die Leistungen sind vorrangig als Sachleistungen, bei Vorliegen besonderer Umstände als Geldleistung zu gewähren.

Aufschiebbare Behandlungen können daher nur über § 6 AsylbLG beantragt werden. In der Regel wird das Gesundheitsamt oder der Amtsarzt ergänzend um eine Einschätzung zur Behandlungsbedürftigkeit gebeten.

Nach § 9 Abs. 1 AsylbLG erhalten LeistungsempfängerInnen neben den genannten Leistungen keine weiteren Leistungen nach SGB XII (Sozialhilfe).

Der Umfang der einzelnen Leistungen kann bei Behörden in den Ländern und Gemeinden vor dem Hintergrund gegebenenfalls verschiedener Auslegungen des Begriffs des Existenzminimums unterschiedlich ausfallen. Daher empfiehlt es sich, von der zuständigen Behörde, der Ausländerbehörde und dem Sozialamt, vor der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung oder Kostendeckungszusage einzuholen. Grundsätzlich ist dafür die Asylbewerberin zuständig. Es bleibt der Hebamme jedoch unbenommen, sich auch selbst mit der – je nach landesrechtlichen Regelungen – zuständigen Ausländerbehörde oder dem Sozialamt in Verbindung zu setzen. Wer zuständig ist, erfährt die Hebamme über das Sozialamt.

Eine Notfallbehandlung muss vorgenommen werden, da anderenfalls eine strafrechtliche relevante unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) vorliegen kann, und wird im Nachhinein abgerechnet.

Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Behandlungsgebühren ist das Asylbewerberleistungsgesetz. Die Höhe der einzelnen Gebühren ergibt sich als Privatrechnung aus den Privat-Gebührenordnungen der Bundesländer. Aus dem Gedanken der Sicherung des Existenzminimums ergibt sich, dass zunächst der einfache Satz abzurechnen ist. Falls eine Kostendeckungszusage der Behörde jedoch aufgrund besonderer Schwierigkeit und zeitlichen Umfangs der Behandlung eine Erhöhung vorsieht, kann auch diese entsprechend abgerechnet werden. Die Hebamme sollte daher im Rahmen der Verhandlungen über die Kostendeckungszusage diesen Gedanken mit ins Spiel bringen. Wie auch bei Privatpatientinnen besteht keine Quittierungspflicht im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Aus Gründen des Nachweises der erbrachten Leistungen empfiehlt sich jedoch (wie im übrigen auch bei Privatpatientinnen), die Leistungen von der Asylbewerberin schriftlich bestätigen zu lassen. Ein Nachweis der erbrachten Leistungen durch Zeugen oder die Dokumentation ist dann nicht mehr erforderlich.

Schweigepflicht

Die Regelungen über die Schweigepflicht gelten selbstverständlich auch gegenüber Asylbewerberinnen. Auch hier ist zwischen dem medizinischen und außermedizinischen Bereich zu unterscheiden. Auch Einzelheiten des Asylverfahrens oder des Verfolgungsschicksals unterliegen somit der Schweigepflicht und dürfen durch die Hebamme insbesondere gegenüber Behörden, Polizei und Gerichten nicht weitergegeben werden. Dies gilt auch bei minderjährigen schwangeren Asylbewerberinnen, wenn sie ausreichend einsichtsfähig und sich der Bedeutung der Schwangerschaft und der Mutterschaft bewusst sind. Oftmals handelt es sich um unbegleitete schwangere minderjährige Asylbewerberinnen, die unter der Aufsicht des örtlich zuständigen Jugendamts stehen. Die Hebamme sollte im Einzelfall sehr sorgfältig prüfen, ob sie dem Jugendamt gegenüber Angaben über den Gesundheitszustand und das Verfolgungsschicksal der Schwangeren machen kann. Es ist denkbar, dass dies zur Abwendung schwerwiegender Gefahren für die Schwangere nach Durchführung einer Interessenabwägung erforderlich und zulässig ist.

Haftungsfragen

Hier gelten gegenüber Asylbewerberinnen oder Geduldeten keine Besonderheiten. Im Rahmen der medizinischen Aufklärung und der Erfüllung von allgemeinen Informationspflichten ist zu beachten, dass die Hebamme für Übersetzung zu sorgen hat, wenn die betreute Frau die deutsche Sprache nicht versteht. Ein Anspruch darauf ist gesetzlich nicht geregelt, ergibt sich jedoch aus der gesetzlichen Aufklärungsverpflichtung und der Tatsache, dass die Hebamme dafür sorgen muss, dass die Patientin die Aufklärung nicht nur akustisch hört, sondern auch inhaltlich versteht. Die Kosten dafür trägt die Hebamme erst einmal selbst. Wenn vor Ort keine qualifizierte Übersetzung zu finden ist, kann die Hebammen eventuell dennoch die Betreuung übernehmen, da dann möglicherweise keine Aufklärung möglich ist. Nach § 630e Absatz 3 BGB ist eine Aufklärung beispielsweise entbehrlich, wenn eine Maßnahme unaufschiebbar ist. Nur durch Aufklärung wird die Frau in die Lage versetzt, ordnungsgemäß in die Durchführung einer Behandlung einwilligen zu können.

Nachgefragt

Katja Baumgarten: Wie ist die Situation von nicht registrierten Flüchtlingen in Notunterkünften, die noch nicht erfasst werden konnten? Wie können die Hebammen in solchen Fällen abrechnen und wie sind die Rechte der nicht registrierten Schwangeren oder Mütter? Welche Leistungen können sie in Anspruch nehmen?

>>Matthias Diefenbacher: Ich denke, dass mittlerweile alle mindestens registriert sein sollten. Bayern behauptet, das heute schon an der Grenze zu erreichen. Falls das dennoch künftig nicht erreicht werden sollte, muss für die noch nicht registrierten Menschen, die zweifelsfrei zum Ausdruck bringen, einen Asylantrag stellen zu wollen, mindestens das Gleiche gelten wie für geduldete abgelehnte Asylbewerber.

Steht einer geflüchteten Schwangeren oder Mutter beziehungsweise ihrer Familie in einer Notunterkunft auch Hilfe durch eine Familienhebamme zu? Das dürfte davon abhängen, ob bereits eine Zuständigkeit einer Gemeinde und nicht mehr des Landes mit einer Landesaufnahmeeinrichtung besteht. Familienhebammen sind in der Regel im Rahmen der Frühen Hilfen nach dem „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)” auf Gemeindeebene tätig, das heißt nur in der Kommune bestehen entsprechende Ansprüche.

Und wie sind die genauen Bedingungen für die Hilfe für Familien in „Landesaufnahmeeinrichtungen”? Mir ist bekannt, dass in einigen Landesaufnahmeeinrichtungen Hebammen auf der Basis von mit dem Land abgeschlossenen Dienstverträgen arbeiten und auf Honorarbasis vergütet werden. Spezielle gesetzliche Grundlagen hierfür existieren nicht.

Haben nicht alle Frauen und ihre Kinder, die sich in Deutschland befinden, ein Recht auf Hebammenhilfe? Grundsätzlich schon. Gesetzlich Versicherte haben dies über die Regelungen der §§ 24c ff. SGB V, Asylbewerberinnen über die Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes.

In verschiedenen Regionen arbeiten Hebammen notgedrungen ehrenamtlich, um den Familien zu helfen, weil anscheinend die Kostenübernahme oft nicht klar ist. Beispielsweise beim Women’s Health Projekt in Hamburg, über das in dieser Ausgabe berichtet wird. Deren Hebammen- und ärztliche Arbeit ist für das 40-köpfige Team bislang nicht finanziert (siehe Seite 16ff.). Könnten die Hebammen und Ärztinnen dort die Vergütung ihrer Leistungen durchsetzen? Die Träger und das Personal der Einrichtungen, die Zelte und Container werden ja auch finanziert … Das gilt für Gesundheitskosten nur nach den gesetzlichen Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Danach bieten sich Härtefallanträge nach § 6 AsylblG an.

Muss die Hebamme von ihrer geringen Vergütung für ihre Arbeit die Kosten für eine Dolmetscherin tatsächlich selbst tragen, wie Sie es in Ihrem Artikel beschreiben, oder kann sie sie der Krankenkasse in Rechnung stellen? Es existiert bislang keine ausdrückliche Gebührenregelung, wonach Dritte die Dolmetscherkosten übernehmen müssten. Allerdings hat der Gesetzgeber in der Begründung zum Patientenrechtegesetz (dort zu § 630e BGB) ausgeführt, dass „bei Patienten, die nach eigenen Angaben oder nach der Überzeugung des Behandelnden der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, die Aufklärung in einer Sprache zu erfolgen hat, die der Patient versteht. Erforderlichenfalls ist eine sprachkundige Person oder ein Dolmetscher auf Kosten des Patienten hinzuzuziehen.” Problematisch wird es jedoch, wenn der Patient keinen vertrauenswürdigen Dolmetscher stellen oder finanzieren kann. Dann bleibt diese Frage an der Hebamme „hängen”.

Ist die Hebamme juristisch angreifbar, wenn es Verständnisschwierigkeiten bei der Betreuung zwischen ihr und der betreuten Familie gibt? Sie schreiben im Artikel, die Hebamme kann „eventuell” die Betreuung übernehmen, wenn keine Übersetzungsmöglichkeit vorhanden ist. Was sollte die Hebamme zu ihrer Absicherung tun? Ein Verhalten ist dann angreifbar, wenn die Hebamme sehenden Auges die Aufklärungsregeln verletzt, weil sie beispielsweise für die Patientin nicht verständlich aufklärt, wie dies § 630e Abs. 2 Nr. 3 BGB verlangt. Nur nach erfolgter Aufklärung kann die Patientin eine ordnungsgemäße Einwilligung erteilen. Der Aufklärung bedarf es nach dem Gesetz nicht, wenn diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere, wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist oder die Patientin auf die Aufklärung (beispielsweise aufgrund vorhandener Vorkenntnisse) ausdrücklich verzichtet hat (§ 630e Abs. 3 BGB). In diesen Fällen, und das ist mit „eventuell” gemeint, dürfte auch ohne Aufklärung behandelt werden.

Der Absicherung der Hebamme dienen eine sorgfältige Dokumentation und gegebenenfalls eine schriftliche Bestätigung der erfolgten Aufklärung durch die Patientin. Wenn rechtswidrig keine Aufklärung stattgefunden hat, findet eine Beweislastumkehr statt. Die Hebamme muss dann beweisen, dass sie entsprechend den Anforderungen des § 630 e BGB aufgeklärt hat. Dieses Risiko trägt die Hebamme – außer in Notfällen – insbesondere immer dann, wenn eine verständliche Kommunikation mit den Geflüchteten nicht möglich ist.

Zitiervorlage
Diefenbacher M: Asylrecht: Hebammenhilfe steht allen zu. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2016. 68 (3): 46–49
https://staudeverlag.de/wp-content/themes/dhz/assets/img/no-photo.png