Durch die Kündigung der Haftpflichtversicherung seitens der Versicherer fühlen sich viele Hebammen existenziell bedroht. Werdende Mütter stellen sich die Frage, ob sie zukünftig Hebammen für die Schwangerenvorsorge, Geburt und im Wochenbett finden werden. Wo sehen Frauen, Hebammen, ExpertInnen und die Gesellschaft Lösungen für das Problem? Eine Studienarbeit an der Hochschule Osnabrück im Bereich Hebammenwissenschaften hat sich dieser Frage angenommen

Die Nürnberger Versicherung gab im Februar ihren Ausstieg aus der Gruppenhaftpflichtversicherung der Hebammen bekannt. Eine Studiengruppe des fünften Semesters im Studiengang Hebammenwissenschaften an der Hochschule Osnabrück ergriff dieses Thema für eine Situationsanalyse. In einer Forschungsübung befragte sie drei Untergruppen zur Haftpflichtproblematik: die Bevölkerung, Hebammen sowie ExpertInnen aus unterschiedlichen Fachbereichen.

Die Ausgangslage

Seit circa zehn Jahren entwickelt sich die Einkommenssituation der freiberuflichen Hebammen zunehmend zu ihrem finanziellen Nachteil. Als Grund für die Verschlechterung nennen die Berufsverbände vor allem die rapide angestiegenen Berufshaftpflichtprämien und die mangelnde Anpassung der Vergütung für ambulante Hebammenleistungen (Albrecht et al. 2012: 1).

2010 zeigte sich, dass inzwischen die Ausgaben für die Haftpflicht der Hebammen im Vergleich zu 1998, als die Prämie noch 394 Euro betrug, um das Zehnfache angestiegen waren, nämlich auf 3.689 Euro. Aktuell liegen die Beiträge bei 5.091 Euro (DHV 2014). Die Zahl der freiberuflichen Hebammen, die mit einer Gruppenversicherung über den Deutschen Hebammenverband (DHV) in der Geburtshilfe tätig sind, ging seit 2008 zunächst leicht, ab dem 1. Januar 2010 deutlich zurück (Albrecht et al. 2012: 127). Seitdem bieten 79 Prozent der freiberuflichen Hebammen keine Geburtshilfe mehr an (Albrecht et al. 2012: 117). Für 1998 liegen keine Zahlen über die Anzahl der freiberuflichen Hebammen vor, die Geburtshilfe angeboten haben. Somit verbleiben 2010 von 15.145 freiberuflich tätigen Hebammen lediglich 3.180 Hebammen, die Geburtshilfe betreiben. Die Anzahl der Hebammen kommt über die Institutionskennziffern (IK) zustande, über die mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet wurde (Albrecht et al. 2012: 34).

Zum 1. Juli 2015 kündigte die Nürnberger Versicherung den Ausstieg aus der Gruppenberufshaftpflichtversicherung der Hebammen an. Trotz der aktuellen Zusage eines weiterführenden Versicherungsschutzes bis 2016, ist dieses Problem eines der wichtigsten im Hebammenwesen. Langfristige Lösungen wurden derzeit noch nicht umgesetzt (BMG 2014: 4).

Befragung der Bevölkerung

Das Thema der Berufshaftpflichtversicherung stößt in den Medien und in der Öffentlichkeit auf große Resonanz. Die durchgeführte Befragung sollte den Stellenwert von Hebammen in der Bevölkerung und somit die Relevanz einer Lösung anhand eines standardisierten Fragebogens strukturiert erheben. Um eventuell differierende Ansichten der unterschiedlich Betroffenen darzustellen, wurden zwei unterschiedliche Gruppen der Bevölkerung befragt: Eine Gruppe bestand aus zufällig ausgewählten PassantInnen, die in der Osnabrücker Innenstadt befragt wurden. Die andere Gruppe umfasste Nutzerinnen der Hebammenleistungen, also Schwangere, Wöchnerinnen und Mütter sowie deren Partner. Für die Forschungsübung wurden je Gruppe 30 Fragebögen angestrebt. Der Feldzugang der Nutzerinnen erfolgte über hebammengeleitete Kurse, während die Gruppe der PassantInnen in der Osnabrücker Innenstadt befragt wurde. Die Bereitschaft, in hebammengeleiteten Kursen die Befragung durchzuführen, war sehr hoch. Es wurden Fragebögen nachgedruckt und die Rekrutierung bei 56 ausgefüllten Fragebögen (168 Prozent) beendet.

Der Vergleichbarkeit wegen wurde eine ähnliche Rücklaufquote für die Passantenbefragung angestrebt. Hier wurden 66 Fragebögen beantwortet. Um den Stellenwert von Hebammentätigkeiten sowie die Lösung dieser Problematik aus Sicht der Bevölkerung zu erfassen, erfragten die Studentinnen den Grad des Informationsstandes, die Relevanz der Hebammentätigkeiten und den soziodemografischen Hintergrund. Weiterhin wurde ermittelt, wen die Menschen in der Verpflichtung sehen, eine Lösung umzusetzen.

Der Informationsstand über die Auswirkungen einer fehlenden Versicherung auf das Angebot von Hebammenleistungen zeigt sich widersprüchlich: 96,4 Prozent der Nutzerinnen und 72,3 Prozent der PassantInnen geben an, über die Problematik der Berufshaftpflicht informiert zu sein. Jedoch können sie Leistungen, die ohne Versicherung nicht mehr ausgeführt werden könnten, nicht deutlich benennen. Die Relevanz von Hebammenleistungen sehen sowohl die Nutzerinnen als auch die PassantInnen als „sehr wichtig” und „wichtig” an. So bewerten 75 Prozent der Nutzerinnen und 67 Prozent der PassantInnen die Betreuung in der Schwangerschaft durch eine Hebamme als „sehr wichtig”. Die Begleitung während der Geburt sehen 87,5 Prozent der Nutzerinnen und 77,3 Prozent der PassantInnen als „sehr wichtig” an. Während die Nutzerinnen die Wochenbettbetreuung zu 94,6 Prozent als „sehr wichtig” erachten, sind lediglich 53 Prozent der PassantInnen derselben Meinung. Keine der Gruppen erachtet die Leistungen von Hebammen als „unwichtig”.

Eine Lösung des Problems bewerten sowohl die Nutzerinnen als auch die PassantInnen mit rund 80 Prozent als „sehr wichtig”. Beide Gruppen sehen den Staat zu über 90 Prozent für die Problemlösung verantwortlich. Bereits 52,7 Prozent der Nutzerinnen haben sich mit der Teilnahme an Petitionen oder Demonstrationen aktiv für die Hebammen eingesetzt. Die Gruppe der PassantInnen zeigt sich mit 14 Prozent weniger aktiv.

Befragung der Hebammen

Die Befragung der Hebammen erfolgte anhand eines standardisierten Fragebogens, der ebenfalls Möglichkeiten zur freien schriftlichen Begründung enthielt (Netemeyer et al. 1996). Er ging an freiberufliche Hebammen. Von den ursprünglich 60 ausgegebenen Fragebögen wurden 35 (58,3 Prozent) zurückgeschickt. Erfragt wurden die Auswirkungen, die Arbeitsbelastung, die Arbeitsgestaltung und die Lebensqualität von freiberuflichen Hebammen im Hinblick auf die Versicherungsproblematik.

Die Ergebnisse zeigen, dass 71,4 Prozent (n=25) die Existenz ihres Berufsstandes bedroht sehen, wobei lediglich 25,7 Prozent (n=9) über einen Berufsausstieg nachdenken. 57,1 Prozent (n=20) meinen, dass der Wegfall der Versicherung ihre Berufsausübung negativ beeinflusse. Die genauen Auswirkungen wurden nicht weiter erläutert.

Um zu erfahren, ob Hebammen, die mit 41 bis 60 Stunden pro Woche viel arbeiten, von ihrem Einkommen unbeschwert leben können, wurde der Arbeitsaufwand in Relation zum Verdienst gesetzt. Hierbei gaben 57,1 Prozent (n=20) der Hebammen an, dass sie von ihrem monatlichen Einkommen nicht unbeschwert leben könnten, während 42,9 Prozent (n=15) angaben, dass sie dies könnten.

Es zeigte sich, dass 71,4 Prozent (n=25) derzeit zufrieden mit ihrem Beruf sind, wobei die Haftpflichtproblematik bei 57,2 Prozent (n=20) negative Auswirkungen auf das Privatleben hat. Auch hier lässt sich nur eine Vermutung aufstellen, wie diese negativen Auswirkungen konkret aussehen, denn Gründe oder Veränderungen gaben die Hebammen größtenteils nicht an. Lediglich eine Hebamme gab an, dass sich durch den Berufsausstieg einiger Kolleginnen ihr Arbeitspensum erhöht habe, da ein vermehrter Bedarf an Hebammenbetreuung existiere.

Befragung der ExpertInnen

Anhand eines Leitfadeninterviews (Bortz & Döring 2008) befragten die Studentinnen verschiedene ExpertInnen aus unterschiedlichen Fachbereichen zu Ursachen, Auswirkungen, Handlungsspielräumen sowie Lösungsansätzen zur Haftpflichtproblematik. Eine Vertreterin des Deutschen Hebammenverbandes (DHV), eine Professorin der Hebammenwissenschaften, eine Hebamme des Hebammengremiums in Österreich und eine in den Niederlanden tätige Hebamme wurden interviewt. Zudem wurden ein Vertreter der Versicherungsbranche, eine Redakteurin einer Fachzeitschrift für Hebammenwesen sowie ein Redakteur der Mitgliederzeitschrift einer Krankenkasse befragt.

Die Ursachen

Die befragten ExpertInnen erklären unter anderem die Politik der letzten 20 bis 30 Jahre verantwortlich für die Situation der Hebammen. Sie betonen, die Situation hätte sich „nie so zugespitzt”, wenn die gesetzlichen Krankenversicherungen die Anpassung der Bezahlung der Hebammen nicht über Jahrzehnte vernachlässigt hätten. Ebenso nennen sie die kurze Amtszeit der PolitikerInnen als Problem. Die Entlassung der Hebammen in die Selbstverwaltung im Jahr 2007 sehen die ExpertInnen für die in Verhandlungen noch ungeübten Hebammenverbände als Grund für die momentane Vergütungssituation. Vermutlich lasse sich die Asymmetrie der Verhandlungsmacht auch auf die Situation zwischen den Hebammenverbänden und Versicherungskonzernen übertragen.

Für die hohen Haftpflichtsummen sei die Schadensinflation verantwortlich, die unter anderem aufgrund der hohen Regressforderungen der Sozialkassen entstehe. Die Tendenz, auf „Risikosuche” zu gehen, sowie die „Medikalisierung” der Geburtshilfe seien eng mit der Forensik und Rechtsprechung verknüpft. Ebenso beeinflussten die Interessen der Privatwirtschaft, wie beispielsweise Gewinninteressen Dritter in Aktiengesellschaften, den Anstieg der Versicherungssummen.

Die Auswirkungen

Zu den Folgen der Haftpflichtproblematik zählten die ExpertInnen, dass für Frauen und Familien niedrigschwellige Betreuungsangebote durch Hebammen mit einem präventiven und salutogenetischen Ansatz verloren gehen würden. Der Wegfall der Wahlmöglichkeit des Geburtsortes und weiterer Betreuungsangebote durch Hebammen hätten große Auswirkungen auf die Betreuungsintensität, das Wohlbefinden und das Selbstvertrauen der Frauen. Die Arbeit der Hebammen setze vor allem darauf, die geistigen und körperlichen Ressourcen der Frau zu stärken, was letztlich eine gesunderhaltende Funktion habe.

Handlungsspielräume

Die ExpertInnen führen verschiedene Lösungsansätze an: Positiv sehen sie, dass das Berufsbild der Hebamme, das Thema Geburtshilfe und die Versicherungsproblematik zum Gesprächsthema in der Öffentlichkeit geworden sind. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Problematik und die Aktualität des Themas als Chance genutzt werden sollten, um mit Hilfe der Öffentlichkeit den Druck auf die Politik zu erhöhen. Die Berufsgruppe der Hebammen müsste durch weitere Öffentlichkeitsarbeit – mit Hilfe von großen und langfristigen (Aufklärungs-)Kampagnen – die Bevölkerung über Bedeutung und Tätigkeitsbereiche von Hebammen sowie über den „normalen” Prozess des Elternwerdens aufklären.

Die Hebammenverbände sollten ihre Forderungen noch deutlicher in die Öffentlichkeit tragen und vor der Politik vertreten. Kennzeichnend für deren Unterlegenheit und mangelnde Durchsetzungskraft seien die bisher erzielten Vergütungsergebnisse. Diese Ergebnisse rührten aber auch daher, dass die Verhandlungsposition der Verbände dadurch geschwächt gewesen sei, dass meist keine Einigung der Parteien erreicht werden konnte und die fachfremde Schiedsstelle dann im Sinne der Krankenkassen entschied.

Auch die Möglichkeit der Regressminderung durch die Krankenkassen nennen die ExpertInnen als Lösung sowie die Regressverkürzung von 30 auf 10 Jahre. Sie sprechen auch den Regressverzicht der Sozialversicherungsträger an, da die steigende Schadenslast die hohen Prämien bedingt. Ein fester Regressbetrag bei der Sozialversicherung würde die Schadensbelastung der Haftpflichtversicherung stabilisieren. Auf der Angebotsseite der Versicherer würden im Umkehrschluss mehr Unternehmen zur Verfügung stehen, die das „Risiko” versichern würden. Auch sollte die berufliche Haftpflichtversicherung nach Meinung einer Expertin ein staatliches Angebot werden, so dass die Beitragshöhe nicht mehr von der Privatwirtschaft bestimmt würde.

Als langfristige und nachhaltige Lösung heben vor allem die beiden ausländischen Vertreterinnen sowie die Redakteurin einer Fachzeitschrift die Umstrukturierung des deutschen Gesundheitssystems hervor. Der Blick solle allgemein auf einen salutogenetischen Ansatz gerichtet werden. Die Professorin der Hebammenwissenschaft fordert als Voraussetzung für Veränderungen im System eine steuerfinanzierte Leitlinienerstellung mit evidenzbasierten Studien sowie nutzerinnenorientierten Analysen.

Auch der Wunsch nach mehr Struktur des Hebammenwesens wurde geäußert. Dies könne zum Beispiel in Form eines Hebammenregisters oder einer Kammer mit festen Verantwortlichkeiten geschehen. So entstehe eine einheitliche Vertretung nach außen, die eine bessere Lobbyarbeit und eine politische Ansprechbarkeit mit geklärten Zuständigkeiten ermögliche.

Konsens unter den ExpertInnen ist, dass die PolitikerInnen die Verantwortung für die Lösung der Haftpflichtversicherungssituation übernehmen sollten. Es sei ihre Pflicht, zügig Lösungsansätze umzusetzen.

Bei einer staatlichen Verantwortlichkeit in der Haftpflichtsituation wäre die Versorgung der Geschädigten gesichert, da der Staat im Gegensatz zu der einzelnen Hebamme über die finanziellen Mittel verfüge.

Diskussion der Ergebnisse

Von der Versicherungsproblematik fühlen sich rund drei Viertel der befragten Hebammen existenziell bedroht. Im Widerspruch dazu geben sie jedoch eine hohe Arbeitszufriedenheit an. Dieses Maß an Arbeitszufriedenheit wird ebenfalls für angestellte Hebammen beschrieben (Kabakis et al. 2012: 61). Die Ergebnisse der Hebammenbefragung sind mit Einschränkungen zu betrachten. Zum einen wurde nur eine geringe Rücklaufquote erzielt und zum anderen haben die Befragten die Möglichkeit der freien schriftlichen Begründung der subjektiven Empfindungen nicht wahrgenommen.

Die ExpertInnen werten die Aktualität der Problematik als Chance, die politischen Ziele zu erreichen. Die Stellungnahmen und Lösungsansätze sind in dem Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe beschrieben (BMG 2014). Diesen könnte die Politik als Grundlage für Lösungsstrategien nutzen.

Das breite Spektrum der Hebammentätigkeiten und die unterschiedlichen Betreuungsformen sind komplex und scheinen für Außenstehende schwer nachvollziehbar. Dies bestätigt die Befragung der Bevölkerung, die die Hebammenbetreuung als wichtig erachtet, jedoch nicht das umfassende Tätigkeitsfeld benennen kann. Auf dieser Grundlage fordern die ExpertInnen, durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärungskampagnen Hebammenleistungen klar zu deklarieren und deren Relevanz für die Nutzerinnen zu verdeutlichen. Dies könnte zum Beispiel durch Werbespots im Fernsehen oder Radiointerviews erreicht werden. Schließlich ergibt diese Situationsanalyse, dass der Fortbestand von Hebammenleistungen für die Nutzerinnen und auch von Seiten der Gesellschaft erwünscht ist und einen hohen Stellenwert hat.

Es sei jedoch notwendig, dass die Verbände gemeinsam einheitliche Zielsetzungen formulierten, die geschlossen vertreten werden. Um dies langfristig zu erreichen, sei eine Verkammerung zu erwägen. Ebenso forderten die ExpertInnen von den Hebammen, sich selbstbewusst und professionell der Öffentlichkeit zu präsentieren. So seien laut einer Expertin Demonstrationen in Storchenkostümen wenig geeignet, ein professionelles Selbstverständnis in der Öffentlichkeit zu vertreten.

Der Klapperstorch werde den Berufsstand der Hebammen nicht zu einer Lösung führen. Alternativen stellten Streiks oder Selbstanzeigen dar. Für einen Streik müsste die generelle Bereitschaft aller Hebammen bestehen. Nur so könne daraus ein politisches Signal erwachsen. Ziel einer Selbstanzeige wäre das Aufzeigen von Konsequenzen für Geburten, die ohne eine Haftpflichtversicherung durchgeführt werden. Ob eine Hebamme sich selbst anzeigt, sollte sie zuvor kritisch abwägen und diskutieren. Auf das Vorgehen bei einer solchen Selbstanzeige wurde nicht genauer eingegangen.

Die Ergebnisse der Forschungsübung sind eingeschränkt zu betrachten, da sie keine repräsentative Aussage zulassen und deswegen lediglich deskriptiv beschrieben sind. Die Ergebnisse können durch die Haltung der Forscherinnen, die ebenfalls Hebammen sind, beeinflusst sein.

Resümee

Die Komplexität des Themas Haftpflichtproblematik wird durch die Vielschichtigkeit der Ergebnisse deutlich. Auch zeigt sich die Notwendigkeit, auf kurz- und langfristiger Ebene Lösungen zu erzielen.

Kurzfristig könnten Streiks ein politisches Signal nach außen senden, wenn sich viele Hebammen beteiligen. Da die freiberuflichen Hebammen nicht gewerkschaftlich und somit nicht in einer Solidargemeinschaft organisiert sind, ist ein verbindlicher Streik nicht umsetzbar. Der zwischen Politik und den Hebammenverbänden ausgehandelte Sicherstellungszuschlag stellt eine weitere kurzfristige Entlastung für die Hebammen dar. Die genaue Umsetzung muss noch erarbeitet werden.

Eine Absicherung durch einen Fonds könnte die Versorgung mit Hebammenbetreuung mittelfristig sichern, indem sie die Haftung der einzelnen Hebamme begrenzt, aber auch eine angemessene medizinische und finanzielle Versorgung der Geschädigten sicherstellt.

Die ExpertInnen fordern einheitliche Ziele sowie ein gemeinschaftliches Auftreten der Hebammenverbände. Dies würde langfristig die Möglichkeit des Aufbaus einer eigenen Kammer für den Berufsstand bedeuten. Zudem sollte die Politik die Verantwortung für die Sicherstellung der Hebammenversorgung erkennen und eine baldige, nachhaltige Lösung erarbeiten, da dem Bundesministerium für Gesundheit die Macht obliegt, gesundheitspolitische Reformen zu beschließen (Käuper 2012: 26).

Die Ergebnisse der Hebammenbefragung zeigen, dass die Berufsgruppe an ihrem professionellen Auftreten arbeiten sollte, um politisch erfolgreich agieren zu können. Auch müssen die wissenschaftlichen Grundlagen und das Qualitätsmanagement weiter ausgebaut werden, um das professionelle Handeln zu optimieren. Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit der Verbände sind ebenso wichtig wie die Entwicklung von politischem Bewusstsein und politischer Verantwortung der einzelnen Hebamme.


Hinweis: Die diesem Artikel zugrundeliegenden Arbeiten entstanden während des Moduls „Situationsanalysen in autonomen und innovativen Handlungsfeldern des Hebammenwesens” von Studentinnen des fünften Semesters unter Leitung von Nina Knape (Diplom-Kauffrau (FH), Hebamme) an der Hochschule Osnabrück. Wir danken den Befragten für ihr Engagement und ihre Offenheit bei der Befragung. Für die Freigabe der erhobenen Forschungsergebnisse danken die Autorinnen den Teilnehmerinnen des Moduls.


Zitiervorlage
Knape N et al.: Berufshaftpflichtversicherung: “Der Klapperstorch bringt keine Lösung…”. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2014. 66 (9): 74–78
Literatur

Albrecht, M.; Loos, S.; Sander, M.; Schliwen, A.; Wolfschütz, A.: Versorgungs- und Vergütungssituation in der außerklinischen Hebammenhilfe –Ergebnisbericht für das Bundesministerium für Gesundheit. http://www.iges.de/presse07/pressearchiv/pressemeldungen_2012/hebammenhilfe/index_ger.html [Download 2.4.2014] (2012)

Bortz, A.; Döring, N.: Forschungsmethoden und Evaluation. Für Human- und Sozialwissenschaftler. 4. Auflage. Springer, Heidelberg (2008)

Bundesgesundheitsministerium (BMG) (Hrsg.): Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe”. bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Publikationen/Gesundheit/Bericht/Abschlussbericht_IMAG-Gesamt.pdf [Download 14.7.2014] (2014)

Deutscher Hebammenverband (DHV) (Hrsg.): „Haftpflichterhöhung für Hebammen ab Juli 2014″, Noch kein Ausgleich für freiberufliche Hebammen. http://www.hebammenverband.de/aktuell/nachricht-detail/datum/2014/06/30/artikel/haftpflichterhoehung-fuer-hebammen-ab-juli-2014/ [Download 14.07.2014] (2014a)

Deutscher Hebammenverband (DHV): Zahlenspiegel zur Situation der Hebammen 11/2013. PDF (2014b)

Kabakis, S.; Gorschlüter, P.; Hellmers, C.: Arbeitszufriedenheit bei angestellten Hebammen, In: Die Hebamme, 25 (1): 60-63 (2012)

Käuper K.: Der Berufsstand der Hebammen im politischen System Deutschlands – Analyse der Interessen freiberuflicher Hebammen mit außerklinischer Geburtshilfe im politischen Entscheidungsprozess. Master – Thesis. Hochschule für angewandte Wissenschaften. Fakultät Life Sciences. Studiengang Health Sciences (2012)

Netemeyer R.; Boles J.; McMurrian R.: Development and Validation of Work-Family Conflict and Family-Work Conflict Scales. In: Journal of Applied Psychology, 1996, Ausgabe 81. Heftnr. 4, S. 400-410 (1996)

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