Manche Hebammen empfinden es so, dass die Menschen, die sie betreuen, zunehmend ungeduldiger werden. Gerade beim ersten Kind herrschen oft unrealistische Vorstellungen davon, wie lang eine Geburt dauern kann. Die Latenzphase, wo lange scheinbar »nichts« passiert, überrascht und überfordert viele werdende Eltern.
Wir können es ihnen nicht verübeln, denn das Lebens- und Arbeitstempo hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter beschleunigt. Etwas aushalten müssen, sich zu langweilen oder etwas auszusitzen, sind keine Alltagsanforderungen mehr – immer gibt es schnelle Lösungen, digitale Beschleunigung, fast alles ist Tag und Nacht zu bekommen. Straßenverkehr, Handys, digitale Medien, E-Mails – alles beschleunigt, drängelt und »pusht« uns voran.
Wir konsumieren immer mehr, immer schneller, immer intensiver. Die Schulzeit braucht eher 12 statt 13 Jahre – jedenfalls bei den meisten. Zufußgehen war gestern, für kurze Distanzen haben wir ja E-Roller. Kopfschmerztabletten werben mit sofortigem Wirkungserfolg. Und wer bei einer leichten Erkrankung nicht sofort einen Termin bei Arzt oder Ärztin bekommt, begibt sich immer häufiger in die Notaufnahme der Kliniken – und erhöht dort zwangsläufig den Stress und das Arbeitstempo.
Vieles hat unser Leben leichter gemacht, wir Älteren würden manches vielleicht gerne zurückdrehen – aber es geht immer nur: voran.
Außer beim Gebären. Sicher, auch hier wurde das Tempo deutlich angezogen. Viel mehr und frühere Geburtseinleitungen, zu frühe Diagnosen protrahierter Geburten, Dauer-CTGs zu immer früheren Zeitpunkten und nach der Geburt die immer frühere Entlassung, selbst nach Kaiserschnitt.
Aber die Körper der Frauen und ihrer Kinder haben weiter das alte biologische Uhrwerk. Sie sind keine Maschinen, deren Drehzahl wir beliebig hochfahren können. Gewebe, Muskelzellen, Hormone und Psyche brauchen genauso lange wie früher. Nur haben wir und die werdenden Eltern oft nicht mehr die Geduld dafür.