Weniger Pflegeprodukte
Junge Eltern versorgen ihre Babys heute mit allerhand Dingen, die sehr wichtig erscheinen, für das Baby aber keine Bedeutung haben oder sogar unangenehm sind. Wir machen das, weil wir glauben, das müsste so sein, obwohl es uns jede Menge Arbeit, Stress und Kosten verursacht. Dazu gehören auch unzählige Pflegeprodukte. Die meisten dieser Produkte sind vollkommen unnötig, einige sogar schädlich.
Gerade konventionelle (Baby-)Produkte enthalten zum Beispiel Mineralöle, die die Hautregulation stören und austrocknen, Duftstoffe, Farbstoffe und Konservierungsmittel, die Schleimhäute und Immunsystem angreifen und die Allergien auslösen können, und sogar Stoffe, die mit Krebs in Verbindung gebracht werden. Konsequent auf Naturkosmetik zu setzten, ist ein guter Schritt. Noch sinnvoller ist es, ganz wegzulassen, was nicht gebraucht wird.
Babyhaut braucht keine Seife, keine Waschlotion und schon gar kein Shampoo. Diese tensidhaltigen Mittel zerstören die natürliche Selbstregulierung. Mein Sohn ist heute sechs Jahre alt und hat noch nie Shampoo benutzt. Da wir seine Haare nie daran gewöhnt haben, von außen entfettet zu werden, braucht er es auch nicht. Spätestens in der Pubertät wird sich das vielleicht ändern, aber bis dahin sparen wir uns die Arbeit und den Stress, ihn gegen seinen Willen einzuseifen und dabei händeringend darauf zu achten, dass bloß nichts in die Augen kommt.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt von weniger oder sogar gar keinen Tensiden auf der jungen Haut ist, dass weniger Hautirritationen entstehen und das Kind auch nicht eingecremt werden muss. Wenn doch mal eine trockene Stelle auftaucht – unser Sohn hatte das manchmal hinter den Ohren – dann ist reines Bio-Pflanzenöl die beste Pflege. Die Notwendigkeit, einen wunden Windelpo zu behandeln, tendiert mit Stoffwindeln und erst recht mit Abhalten gegen Null. Wir hatten trotzdem zweimal leicht rote Pobacken, die waren aber nach etwas Bio-Pflanzenöl schnell beseitigt.
Feuchttücher
Feuchttücher haben sich weitestgehend durchgesetzt und mancherorts zur Plage entwickelt. Der berühmteste verstopfte Abfluss stammt aus Großbritannien: Ein etwa einen Meter breiter Kanal war komplett verstopft, weil Feuchttücher mit anderen Hinterlassenschaften im Klo eine undurchdringliche Verstopfung produziert hatten. Spielplätze und andere Naturräume sind auch oft von benutzen Feuchttüchern gesäumt. Sie sehen vielleicht wie harmloses Papier aus, doch das sind sie nicht. In der Regel bestehen sie komplett oder zum Teil aus Kunstfasern, die sich nicht biologisch abbauen. Sie gehören also weder in die Toilette noch in die Natur.
Meiner Meinung nach gehören sie auch weder an Pos noch an Hände. Denn nicht nur enthalten sie Rohstoffe, die unnötig verschwendet werden, sondern auch gesundheitsschädliche oder bedenkliche Inhaltsstoffe wie Konservierungsmittel, Duftstoffe, Rückstände von Bleichmitteln, Filmbildner und Co.
Wir haben immer nur Waschlappen benutzt, die wir bei Bedarf angefeuchtet haben. Dann sind auch keine Konservierungsmittel nötig. Am Waschbecken haben wir den Po oft allein mit unseren Händen und Wasser gereinigt, die sich im Anschluss sehr gut waschen lassen.
An dieser Stelle kommt gerne der Einwand, dass es ja nicht ökologisch sein könne, so viel zu waschen. Dieses Argument, das wahrscheinlich von der Windelindustrie gestützt wird, lässt sich jedoch leicht aushebeln. Denn die Produktion von Einwegprodukten braucht genauso Wasser, Energie und Chemikalien und zudem noch nicht regenerative Inhaltsstoffe, die für immer verschwendet sind. Waschen ist also definitiv ökologischer. Zudem können wir unser Waschverhalten optimieren. Nicht jedes Pipi muss mit der Waschmaschine herausgewaschen werden und schon gar nicht bei 60° C. Oft reicht ein kurzes Ausspülen mit der Hand aus. Zudem läuft eine Waschmaschine nicht nur mit einzelnen Waschlappen oder Windeln. Sie werden in der normalen Wäsche mitgewaschen.
Um müllfrei unterwegs zu sein, sind Wetbags (Nasstaschen) ein geniales Accessoire. In diesen Taschen verschwinden alle benutzen Windeln, Waschlappen und nassen Klamotten wasserdicht und geruchssicher verschlossen. Ob Zero Waste oder nicht, so eine Tasche ist für alle Eltern eine sinnvolle Anschaffung.
Gebraucht statt neu
Auch beim Spielzeug stand bei uns Minimalismus im Vordergrund. Einerseits, um Ressourcen einzusparen, andererseits aber auch, um den zarten Babygeist nicht zu überfrachten. Denn Frustrationstoleranz und Kreativität bilden sich vor allem auch dadurch, dass nicht alles immer im Überfluss zur Verfügung steht.
Ein Baby findet nicht nur speziell designtes Spielzeug interessant, sondern alles, was es findet, je nach Entwicklungsstand. Gerade Küchenutensilien bieten sich hervorragend dafür an. Das absolut genialste Spielzeug für Babys, die schon anfangen zu greifen, ist Zwiebellaub. Unser Sohn ist geradezu in meditative Trance eingetreten beim Zerpflücken der Gemüseabschnitte in unserer Kompostschale. Wie wir Jahre später erfuhren, ist Zwiebellaub auch schon früher bei der Babybeschäftigung sehr hoch im Kurs gewesen, als es noch keinen Spielzeugüberfluss gab.
Seien es Spielzeug, Möbel oder Kleidung: Es macht wenig Sinn, neu produzierte Sachen zu kaufen. Eines der Hauptprinzipien von Zero Waste ist: gebraucht vor neu. Also Secondhand einzukaufen, zu tauschen, zu leihen oder zu teilen, besonders für Babys. Denn Babys und Kinder wachsen so schnell aus den Dingen heraus, dass es den Aufwand unverhältnismäßig macht. Sowohl, was Ressourcen angeht, als auch die Finanzen. Ein Baby mit gebrauchter Ausstattung und ohne Einwegprodukte verursacht nur einen Bruchteil der Kosten eines »Standardbabys«.
Nach gebrauchter Kinderkleidung muss man nicht lange suchen. Es gibt sie auf Flohmärkten, Internetplattformen, Tauschveranstaltungen und in Secondhand-Läden. Viele Eltern freuen sich sogar, wenn sie anderen einen ganzen Karton voll gut erhaltener Kleidung schenken können – Hauptsache weg damit. Das gilt übrigens auch für Umstandskleidung.
Muttermilch und Beikost
Babys Lieblingsnahrung ist natürlich die Muttermilch. Wie wichtig Stillen für Gesundheit und Bindung zum Baby ist, weiß jede Hebamme. Dazu kommt der praktische Nutzen: Ich habe Mütter beobachtet, die erst noch Milch anrühren und warm machen mussten, wenn das Kind schon schrie. Die ganzen Sachen, die man immer mitschleppen muss, um künstliche Milch anzurühren, sind nicht nur aufwendig, sondern auch abfallintensiv und teuer. Während die Mutter im Idealfall die perfekte Nahrung in der idealen Temperatur immer dabei hat. Ich habe es sehr genossen, mein Baby immer und überall stillen zu können, wenn es das brauchte.
Schon vor dem ersten Lebensjahr ist bei uns zusätzlich Beikost aufgetischt worden. Jegliche Lebensmittel in die gleiche sämige Konsistenz zu bringen, fühlte sich für uns jedoch nicht erstrebenswert an. Orientiert am »Baby lead weaning«, also dem Baby-geführten Abstillen und Beifüttern, haben wir Angebote verschiedenster Konsistenzen gemacht. Dabei steht nicht die Nahrungsaufnahme an sich im Vordergrund, sondern die Selbstbestimmung des Kindes und die Sinneswahrnehmungen verschiedener Konsistenzen. Das kann eine zerdrückte Kartoffel oder Banane sein, es darf aber auch eine Scheibe Banane sein, eine unpürierte Nudel und auch mal ein Stück Apfel, das vielleicht nur gelutscht wird.
Selbstbestimmung trauen leider nur noch wenige Menschen ihren Kindern zu. Dabei haben diese oft ein deutlich klareres Empfinden dafür, was sie gerade brauchen und wann es genug ist. Das findet sich auch in der Kleidungsfrage wieder. So werden Babys und Kinder in der Regel eher zu warm eingepackt und die Vorstellung, dem Baby im Winter draußen die Hose herunterzuziehen, um es abzuhalten, führt nicht selten zu Frösteln. Dabei haben Babys eine eingebaute Heizung, die so viel Wärme produziert, dass es ihnen überhaupt nichts ausmacht und sie sich nur freuen, dass sie frei pinkeln dürfen.
Für die nächste Generation
Ich betreibe seit neun Jahren Zero Waste und seit sechs Jahren bin ich Mutter eines Sohnes. Meine Überzeugungen zur Müllvermeidung hat mein Sohn nur bestärkt. Mit jedem Blick in seine strahlenden Augen, weiß ich wofür ich das mache: um ihm eine möglichst lebenswerte Welt zu hinterlassen.