Die Überlebensleistung geflüchteter Frauen zu würdigen, fördert ihre Selbstermächtigung im fremden Alltag. Foto: © Michael Plümer

Für eine traumasensible Unterstützung von Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, hat eine Therapeutin mit der deutschen Frauen- und Hilfsorganisation medica mondiale eine Fortbildung und Leitfäden für Hebammen entwickelt: Es gilt, eine Vertrauensbeziehung aufzubauen, die die Würde der Frauen schützt oder wieder herstellt und zur Selbst­ermächtigung verhilft. Eine traumasensible Haltung stärkt auch Hebammen darin, eigene Grenzen wahrzunehmen und Erschöpfung vorzubeugen.

Die Hebamme hat eine Schlüsselrolle in der Begleitung von schwangeren Frauen, die traumatische Erfahrungen erlebt haben. Das sind zunehmend auch geflüchtete Frauen. Manche wurden in ihren Heimatländern in Kriegen oder auf der Flucht nach Europa vergewaltig, mussten die Folter von Angehörigen mit ansehen oder sind selbst gefoltert worden. Da die Beziehung zwischen Hebamme und Frau oft ein existenzielles Vertrauensverhältnis ist, kann diese Begegnung für viele Frauen den Raum öffnen, ihre schmerzhaften Erfahrungen zu erinnern oder sie mit einer Vertrauensperson zu teilen.

Hebammen als erste Anlaufstelle

Auch im Rahmen des „Aktionsplans der Bundesregierung zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt” nehmen Hebammen eine wichtige Rolle ein. Sie stehen im engen Kontakt zu den Frauen und können eine erste Anlaufstelle sein für diejenigen, die in ihrer Beziehung Gewalterfahrungen machen oder gemacht haben. Bereits 2010 hob der Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF) hervor: „Ärztinnen und Ärzte und das Pflegepersonal in Arztpraxen, Krankenhäusern und Krisenambulanzen sind oftmals die ersten, bei denen Frauen offen oder verdeckt Hilfe suchen. Das heißt, dass das Personal in der Gesundheitsversorgung Einfluss auf den Verlauf der Hilfe und die Prävention von Gewalt nehmen kann. Die überwiegende Mehrzahl des medizinischen und pflegerischen Personals hat sich bisher mit dieser Problematik gar nicht oder nur unzureichend auseinandersetzen können. Eine erfolgreiche Behandlung gewaltbetroffener Frauen hängt aber von dem Wissen über die Ursachen der Erkrankung oder Verletzung und sensibler und kompetenter Hilfe ab.” Erkrankungen in diesem Sinne sind zum Beispiel gynäkologische Beschwerden, Geburtskomplikationen oder psychosomatische Leiden als Folge von sexualisierter Gewalt. Handlungsleitend für die Hebamme sollte sein, ein Behandlungssetting zu schaffen, das der Schwangeren, Gebärenden oder Wöchnerin ein Gefühl von Sicherheit, Vertrauen und Kontrolle über ihre Situation vermittelt. So kann die Gefahr der Reaktualisierung von Gefühlen der Ohnmacht und Hilflosigkeit reduziert werden.

Die Trauma-Dynamik erkennen

Die Schulung der eigenen Haltung im Umgang mit Menschen, die von den Folgen von Gewalt und Trauma betroffen sind, steht im Zentrum der Fortbildung „Umsetzung einer traumasensiblen Haltung in der Hebammenarbeit”, bestehend aus fünf Modulen. Seit Oktober 2014 wird sie vom Deutschen Hebammenverband (DHV) angeboten. Neu in diesem Jahr gibt es auch zweitägige Fortbildungen in verschiedenen Regionen, fokussiert auf den Umgang mit Geflüchteten im klinischen Setting. Durch die Vermittlung von Fachwissen einerseits und praktischen Handlungsmöglichkeiten andererseits sollen Hebammen befähigt werden, die Grundmuster einer Trauma-Dynamik zu erkennen. So lernen sie das Verhalten und die Bedürfnisse einer Frau innerhalb ihrer Lebenssituation und ihrer Erfahrungen – soweit bekannt – zu lesen und auf die spezifische Situation (Krankenhaus oder Geburt) zu beziehen. Dieser Blick auf die ganze Person und das Wissen um eigene Empfindsamkeiten im Umgang mit Gewalt und Trauma bestimmen ihr professionelles Handeln. Zu den theoretischen Inhalten der Fortbildung gehören daher Themen wie geschlechtsspezifische Gewalt, Grundlagen der Psychotraumatologie, Bindungskompetenz und -störung sowie transgenerationale Traumatisierung.

Durch Schulung der Selbstreflexion lernen die Hebammen das theoretische Wissen auf ihre eigene Geschichte zu beziehen. Ein ressourcenorientierter Blick hilft ihnen, eigene Potenziale im Umgang mit Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, zu erkennen. Gleichzeitig bildet diese Selbstreflexion die Grundlage für ein individuelles Konzept der Selbstfürsorge – eine unabdingbare Voraussetzung für die Arbeit mit Menschen, die an den Folgen von traumatischen Ereignissen leiden. Andererseits können so Übertragungsphänomene in der Beziehung zwischen Fachkraft und Betroffener erkannt und reflektiert werden. Themen wie Mitgefühlserschöpfung, indirekte Traumatisierung, Burnout-Prophylaxe oder Förderung der Resilienz werden in diesem Zusammenhang besprochen.

Der psychosoziale Rahmen

Bereits die Definition und die Zuordnung des Trauma-Begriffes wirken sich entscheidend auf die Haltung der Fachkräfte aus. Vor dem Hintergrund einer feministischen Gesellschaftsanalyse wird in der Fortbildung Gewalt gegen Frauen und Kinder als Menschenrechtsverletzung definiert und dementsprechend in einen psychosozialen Handlungsrahmen gesetzt.

Die klinische Definition von Trauma nach DSMV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) wird erweitert, indem die gesellschaftliche Ursache – Gewalt gegen Frauen – als ein Zerstörungsprozess benannt wird. Damit werden die Folgen und die Bewältigungsmöglichkeiten nicht nur in den individuellen Handlungsrahmen gesetzt. Die Verarbeitung und Integration von traumatischen Erfahrungen hängt weitgehend davon ab, ob die Betroffene in ihrer sozialen Umgebung unterstützt oder ausgeschlossen wird, ob die Tat gesetzlich geächtet wird oder nicht, und ob eine psychosoziale Versorgungsstruktur mit einem niederschwelligen Angebot ausreichend finanziert ist oder nicht.

In der Fortbildung werden die Hebammen mit systemischen und institutionellen Dynamiken von Gewalt und Trauma vertraut gemacht. Sie eignen sich Wissen über Spaltungsdynamiken an und lernen, wie sie neben individuellen auch soziale Ressourcen, zum Beispiel im Kontext der frühen Hilfen, miteinbeziehen können. Sie werden über Selbsthilfegruppen oder Netzwerke informiert, die im Anschluss an die Hebammenbetreuung Unterstützung und Hilfe für die betroffenen Frauen anbieten.

Die Überlebensleistung würdigen

Die Frauen werden nicht als Opfer gesehen, sondern vielmehr ihre Überlebensleistung gewürdigt. Deshalb bezeichnen sie sich selbst auch als Überlebende. Angesichts von höchster Angst, Demütigung und verletzter Würde überlebt zu haben, diese Erfahrung macht sie zu Expertinnen ihres Lebens, die wissen, was sie brauchen, was ihnen guttut und was sie vermeiden müssen, um nicht überwältigt zu werden von ihren Erinnerungen. Mit anderen Worten: Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung sind keine Krankheiten, sondern es sind psychophysiologische Bewältigungsstrategien, die dem Schutz vor weiterem Ausgeliefertsein dienen und ein Leben nach dem Trauma ermöglichen. Diese Grundhaltung macht deutlich, dass eine solche Beziehung immer darauf abzielt, die Würde des Gegenübers zu schützen beziehungsweise die Möglichkeit zu schaffen, verloren gegangene Würde wieder herzustellen. In Betroffenen selbst die Expertinnen ihres Lebens zu sehen, heißt darauf zu vertrauen, dass eine sensible, professionell und emphatisch geführte Beziehung es ihnen in den meisten Fällen ermöglicht, selbst zu wissen, welche Unterstützung sie zur Entlastung ihrer traumatischen Stressreaktionen benötigen. Deshalb wird auf die Selbstermächtigung (Empowerment) der Frauen gesetzt.

Dazu macht die Fortbildung die Hebammen zunächst mit dem Konzept des Empowerment vertraut. Daneben wird der Ansatz der Psychoedukation vorgestellt. Dieser kann Menschen, die unter Trauma-Folgestörungen leiden, dabei helfen, ihr verändertes Verhalten zu verstehen und damit umgehen zu lernen. Es werden Interventionen zur Entlastung bei akuten traumatischen Stressreaktionen eingeübt, beispielsweise die Reorientierung in Zeit und Raum oder Atemübungen, um die Körperpräsenz zu stärken.

Praxistauglichkeit prüfen

Im Rahmen der Fortbildung werden die folgenden Leitlinien für die Umsetzung einer traumasensiblen Arbeit auf ihre Praxistauglichkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst:

  1. Sicherheit für die GeburtshelferInnen: Hebammen müssen sich in der Begegnung mit Frauen, die traumatische Erfahrungen erlebt haben, zunächst selbst sichern. Empathie und eine gesunde Abgrenzung sind der erste Schutz gegen aufkommende Widerstandsgefühle oder kalten Zynismus. Selbstreflexion und Supervision sind dabei entscheidend für ein Arbeitsklima, das vor indirekter Traumatisierung schützen kann.
  2. Reduktion des traumatischen Stresses für die Überlebenden von sexualisierter Gewalt durch Vermittlung von Sicherheit: Bei jeder Anamnese und bei der Aufnahme im Krankenhaus sollte gefragt werden, was der jeweiligen Frau – aus eigener Erfahrung – in Krisensituationen hilft. Ebenso sollten alle medizinischen Maßnahmen erklärt werden, um einem Gefühl des Ausgeliefertseins vorzubeugen. Schwangere und Gebärende müssen als Expertinnen ihres eigenen Körpers geachtet werden. Äußern sie ein Nein oder Stopp, muss dies als Notreaktion und nicht als Widerstand betrachtet und ernst genommen werden. Medizinische Maßnahmen müssen infolgedessen abgewogen werden: Sind sie zwingend notwendig oder bergen sie womöglich die Gefahr einer Retraumatisierung?
    Vertraulichkeit ist ein wichtiges Mittel, um Sicherheit für die Frauen herzustellen. Es sollte darauf geachtet werden, dass keine Untersuchungsergebnisse oder Ähnliches ohne Zustimmung an Angehörige weitergegeben werden. Sollte der Einsatz von Übersetzerinnen notwendig sein, ist es wichtig darauf zu achten, dass diese nicht aus dem familiären Umfeld der Frau kommen, um die Frau vor Stigmatisierung zu schützen. Übersetzerinnen müssen auf Standards wie zum Beispiel Einhaltung der Schweigepflicht und die Wahrung eines professionellen Settings zum gegenseitigen Schutz verpflichtet werden (beispielswiese kein persönlicher Kontakt mit der Klientin).
  3. Vermeidung der Reaktivierung von Traumasymptomen und/oder einer Retraumatisierung: Dies kann am besten dadurch garantiert werden, dass die Hebamme Augenkontakt hält, mit ruhiger Stimme spricht und die Frau nicht ohne Vorankündigung berührt. Aufkommende Stresssymptome wie Schwitzen oder Blässe müssen beachtet werden.
  4. Empowerment/Selbstermächtigung: Traumatische Stressmuster sind Überlebensmuster des Körpers und keine Widerstands- oder Krankheitssymptome! Die Frauen sollten erfahren, dass sie ihre körperlichen Symptome beeinflussen können, etwa durch konzentriertes Atmen oder gezielt eingesetzte Körperübungen. Für die Zeit nach der Geburt ist es hilfreich, Übungsanleitungen zu geben, die sie unabhängig von medizinischer oder psychosozialer Betreuung auch zu Hause durchführen können. Und es ist zwingend notwendig, die Frauen über die Angebote im Rahmen der Frühen Hilfen und andere psychosoziale Beratungsangebote aufzuklären. Sie sollen wissen, dass es Menschen gibt, die sie unterstützen und denen sie vertrauen können.
  5. Keine Ausübung von „Gewalt” durch die GeburtshelferInnen: Im Rahmen der Selbstreflexion sollten sich Hebammen darüber bewusst werden, dass Besserwisserei, Bevormundung (und damit die Einordnung der Frau als Opfer) und ein autoritäres Auftreten bereits als Angriff auf die Autonomie verstanden werden können. Alle medizinischen Maßnahmen sind dementsprechend mit besonderer Vorsicht auszuführen. Der Gebärenden dürfen ihre Vorerfahrungen oder ihre Verletzungen unter keinen Umständen abgesprochen werden, das daraus resultierende Verhalten ist als „normale Antwort auf ein nicht normales Geschehen” zu deuten. Diese Sichtweise trägt zur Stärkung von Kompetenz und zur Wiedererlangung von Selbstwert bei.

Eigene Grenzen erkennen

Die Geburt oder der anschließende Krankenhausaufenthalt sind nicht unbedingt der richtige Anlass, um Gewalt­erfahrungen vertiefend und detailliert besprechen oder behandeln zu können. Mit dem Erlernen einer traumasensiblen Haltung soll die Rolle der Geburtshelferin nicht überfrachtet werden und schon gar nicht soll sie noch mehr Aufgaben „aufgebürdet” bekommen. Es geht darum, die Hebamme in ihrer Arbeit mit der Frau zu unterstützen. Sie soll darin gestärkt werden, eigene Grenzen wahrzunehmen und damit Erschöpfungserscheinungen vorzubeugen. Das erlangte Fachwissen macht Hebammen sicherer im Umgang mit Frauen und Familien, die an den Folgen von Gewalt und Trauma leiden. Sie können ihre Hilfe und ihre Kommunikation viel gezielter ausrichten, Geburtsverläufe können effektiver und komplikationsärmer verlaufen. Sie wissen, wie sich traumatische Erfahrungen auf das Geburtsgeschehen und das Bindungsverhalten von Mutter und Kind auswirken können und vor allem, wie sie die Frauen unterstützen können – ohne dabei die medizinisch oder geburtshilflich notwendigen Maßnahmen zu vernachlässigen. Schließlich können sie der Gebärenden das geben, was sie in dieser existenziellen Phase am meisten braucht: eine würdevolle Behandlung, die – im besten Falle – ihre traumatischen Erfahrungen lindern und das Vertrauen in sich und andere Menschen stärken kann.

Schließlich kann die Hebamme durch die Aneignung einer traumasensiblen Haltung ihre Hilflosigkeit und die daraus resultierende Belastung im Umgang mit betroffenen Frauen mindern. Die erlernten Fertigkeiten erhöhen ihre Handlungsfähigkeit, sie fühlt sich durch die neuen Kompetenzen auch schwierigen Situationen gewachsen. Gleichzeitig kann sie die fachlichen und persönlichen Grenzen ihres Handelns identifizieren. Dies sind wichtige Voraussetzungen, die Fachkräfte für die eigene Gesundheitsfürsorge brauchen und die sie langfristig befähigen, ihren Beruf mit der notwendigen Professionalität auszuführen.

Professionalität stärken

Die Fortbildung ermöglicht das Erlernen und Einüben einer traumasensiblen Haltung. Ziel ist es, die Kompetenz und die Arbeitszufriedenheit der Hebammen zu stärken und den betroffenen Frauen eine nachhaltige Unterstützung anbieten zu können. Bemerkenswert ist sicherlich, dass die Fortbildungsreihe ursprünglich für und mit Frauen aus Afghanistan und Liberia entwickelt wurde. Damit stellt sie – neben dem fachlichen Ansatz – den psychosozialen und gesellschaftspolitischen Hintergrund von Trauma als Folge von Gewalt gegen Frauen ins Zentrum.

Leitfaden für die Praxis

Maria Zemp hat für den DHV mit Unterstützung der Hebammen Eva Maria Chrzonsz, Ute Petrus und Anja Voß einen Leitfaden für Hebammen für die Betreuung von Frauen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, verfasst. Er bietet Informationen für eine traumasensible Hebammenarbeit mit Geflüchteten und Familien. Der Leitfaden kann als PDF heruntergeladen werden unter https://www.hebammenverband.de/aktuell/fluechtlinge/

Herausforderungen für die Hebammenarbeit
  • Achten Sie bei der Wahl Ihrer Bekleidung darauf, dass es in vielen Ländern weder für Frauen noch für Männer üblich ist, Körperpartien wie Dekolleté, Arme und Beine zu zeigen. Die meisten Menschen aber lieben Farben und schöne Kleidung.
  • Treten Sie männlichen Familienmitgliedern gegenüber in der Rolle der Hebamme klar und parteiisch für die Belange der Frauen und Kinder auf.
  • In vielen Kulturen ist es nicht üblich, über Familienangelegenheiten mit einer fremden Person zu reden. Seien Sie daher nicht erstaunt, wenn die Beziehung mit der zu betreuenden Frau höflich und an der Oberfläche bleibt. Gegebenenfalls schaffen Sie Gelegenheiten, in denen Sie mit der Frau allein sind, was ein offenes Gespräch ermöglichen kann. Solange keine Gefahr für Mutter und Kind besteht, agieren Sie nie gegen das Familiensystem. Achten Sie vielmehr die starke innerfamiliäre Bindung, die oft der einzige Halt ist, der geblieben ist.
  • Lassen Sie sich die gängigen Traditionen im Umgang mit Säuglingen und Wöchnerinnen erklären. Meist sind mit den ersten 40 Tagen nach der Geburt traditionell festgelegte Riten und Vorschreibungen verbunden. Viele zielen darauf ab, dass die Frau sich in dieser Zeit nicht der Öffentlichkeit zeigen soll. Seien Sie daher nicht erstaunt, wenn die Wöchnerin keinen Spaziergang machen möchte.
  • In der muslimischen Kultur ist der Freitag ein Feiertag entsprechend dem christlichen Sonntag. Erklären Sie deshalb, ob sie am Wochenende erreichbar sind oder nicht. Nicht in jedem Land gibt es eine klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben. Werten Sie es deshalb nicht als Unhöflichkeit, wenn dies nicht als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird.
  • Akzeptieren Sie die Frauen vor dem Hintergrund ihrer Traditionen und Lebensgeschichten. Gestatten Sie ihnen auch, ihrer möglichen Frustration Ausdruck zu verleihen. Denn manchmal wurde ihnen das gelobte Land versprochen und es ist schwer für sie, ihre Erwartungen nicht erfüllt zu bekommen. Werten Sie es als positives Zeichen, wenn die Frauen auch Forderungen an Sie stellen und damit aus ihrer oftmals gefühlten Ohnmacht heraustreten. Hüten Sie sich selbstkritisch davor, Dankbarkeit einzufordern.

Quelle: Leitfaden für Hebammen für die Betreuung von Frauen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen (siehe Kasten), https://www.hebammenverband.de/aktuell/fluechtlinge/

Grenzen wahren – das ABC der Selbstfürsorge

A = Achtsamkeit

Auf eigene Grenzen und auf die eigene Sicherheit zu achten, ist die Voraussetzung dafür, dass Sie als Hebamme Ihre Arbeit fachlich korrekt, menschlich solidarisch und emphatisch leisten können. Erkennen und nutzen Sie Ihre Ressourcen und achten Sie auf Ihre eigenen Bedürfnisse und die Signale Ihres Körpers.

B = Balance

Sorgen Sie für Abwechslung in Ihrem Leben. Richten Sie Ihr Augenmerk auch auf diejenigen Dinge, die Ihnen gut tun und Freude bereiten. Beachten Sie eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit. Ihre Familie und Ihr soziales Netz sollen nicht Ihre Arbeitsüberlastung tragen. Organisieren Sie sich dafür im Arbeitsumfeld kollegiale und supervisorische Unterstützung.

C = Connection

Bleiben Sie in Verbindung mit den Menschen und Dingen, die Ihnen am Herzen liegen! Sie helfen Ihnen, trotz der Begegnung mit menschlichem Leid, Elend und Hilflosigkeit eine positive Lebenseinstellung zu bewahren.

Quelle: Leitfaden für Hebammen für die Betreuung von Frauen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen (siehe Kasten), https://www.hebammenverband.de/aktuell/fluechtlinge/

Abrechnung von Leistungen

Nach dem Asylbewerbergesetz (AsylbLG) haben Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis Anspruch auf Leistungen der Basisversorgung, das beinhaltet auch Schwangerschaft und Geburt. Kostenträger für Leistungen sind die zuständigen Behörden der Landkreise und der kreisfreien Städte. In der Regel müssen die Frauen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, vor der Inanspruchnahme von Leistungen einen Krankenschein beim Sozialamt beantragen. Kritisch ist die Leistungsabrechnung im Notfall, da es im Ermessen der Behörden liegt, ob eine (eilige) Hilfsbedürftigkeit vorlag (siehe auch Seite 46ff.).

Bitte erkundigen Sie sich, wer die zuständige Behörde in ihrem Arbeitsumkreis ist. Versuchen Sie, mit der für die Frauen zuständigen Behörde eine generelle Kostenübernahmeerklärung zu vereinbaren.

Quelle: Leitfaden für Hebammen für die Betreuung von Frauen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen (siehe Kasten), https://www.hebammenverband.de/aktuell/fluechtlinge/


Hinweis: Der Artikel ist zuerst erschienen in Dr. med. Mabuse Nr. 213 (Januar/Februar 2015) im Schwerpunktthema Trauma. Er wurde von der Autorin aktualisiert und vom DHZ-Team redaktionell überarbeitet. Wir danken dem Mabuse-Verlag für die freundliche Abdruckgenehmigung.


Fortbildungsangebote
Weitere Informationen zu Fortbildungsangeboten siehe auch: https://www.hebammenverband.de/fortbildung/dhv-veranstaltungen/
Zitiervorlage
Zemp M: Expertin statt Opfer. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2016. 68 (3): 32–53
https://staudeverlag.de/wp-content/themes/dhz/assets/img/no-photo.png