Verstorbene und sterbende Kinder sind im Hebammenalltag nicht selten, aber nicht alle Hebammen sind für dieses Ereignis ausreichend ausgebildet. Die Autorinnen liefern Handlungsempfehlungen für den Umgang und die Kommunikation mit betroffenen Eltern, für Trauerbegleitung in Hebammenstudium und -arbeit sowie für die Selbstvorsorge.

Eltern, die ihr Kind vor, während oder kurz nach der Geburt verabschieden müssen, befinden sich von jetzt auf gleich in einer absoluten Ausnahmesituation (siehe Abbildung 1). Meistens haben sie und ihr Umfeld wenig bis keine Erfahrung mit einem vergleichbaren Ereignis. Ihr Sicherheitsempfinden ist stark eingeschränkt und macht sie unsagbar sensibel. Daher sind die sogenannten Sternenkindeltern durch ihre Fassungslosigkeit und primäre Handlungsunfähigkeit noch stärker als andere Eltern von einer ganzheitlichen und individuellen Beratung von Expert:innen abhängig. Beim begleitenden Fachpersonal gibt es enorme Unterschiede in der Qualifikation im Umgang mit trauernden Eltern.

Abbildung 1: Situation der Eltern und der Familie Abbildung: in Anlehnung an Rutz, 2021, S.45 ff.

Entscheidend ist, dass sich die trauernden Eltern auch als solche gesehen fühlen möchten. Der größte Irrtum ist, dass mit der Geburt alles vorbei sei. Im Gegenteil, mit der Geburt fängt alles erst richtig an: Sie müssen ihr Elternwerden und Elternsein mit allen Sinnen fühlen und begreifen – dies kann und soll ihnen niemand anderes abnehmen. Gleichzeitig müssen sie begreifen, dass ihr Kind tot ist – niemand kann es ihnen ersetzten. Hinzu kommt, dass sie Entscheidungen treffen müssen, über die sie sich bisher keine Gedanken gemacht haben und auch nicht machen wollten. Oftmals bleibt ihnen durch mangelnde oder gar fehlende Aufklärung keine Wahl zu einzelnen Schritten im weiteren Vorgehen. Die begleitenden Fachpersonen raten häufig aus eigener Unsicherheit und fehlendem Fachwissen – und nicht aus Boshaftigkeit – zu einer schnellen Beendigung der Schwangerschaft, zum Beispiel zu Curretage oder medikamentöser Einleitung.

Insbesondere im Wochenbett und noch darüber hinaus fangen trauernde Eltern oftmals an zu realisieren, dass ihr Alltag nicht mehr so wird wie bisher. Es gibt nur noch eine Zeit »davor« und eine Zeit »danach«. In dieser Phase wird ihnen dann spätestens klar, dass sie fachliche Unterstützung benötigen.

Bedürfnisse der Eltern

Nach gesicherter Diagnose, unabhängig ob das Kind bereits tot ist oder lebenslimitierende Merkmale aufweist, bricht für die Eltern ihr kompletter Zukunftstraum weg. In der Praxis ist zu beobachten, dass Eltern nach dieser unerwarteten Diagnose von »dem Kind« sprechen, statt wie vorher von »ihrem Kind«. Die Verbindung löst sich durch die Abgrenzung scheinbar auf. Diese Verbindung ist für die kommende Trauerarbeit und das Weiterleben mit einem toten Kind aber bedeutsam. Umso wichtiger ist es, sie spüren zu lassen, dass das Fachpersonal weiß, was zu tun ist, und ihnen Sicherheit vermitteln (siehe Abbildung 2).

Betroffene Eltern können sich so darauf verlassen, dass sie die Situation vorerst irgendwie überstehen, weil sie sich begleitet fühlen – sie sind nicht allein. Besonders ratsam ist ein sensibler Umgang, insbesondere eine wertfreie und wertschätzende Kommunikation, welche wiederum das Sicherheitsgefühl verstärkt, gut begleitet zu werden. Dazu zählen verbindliche Ansprechpartner:innen. Für Sternenkindeltern ist es hilfreich zu wissen, an wen sie sich wenden können. Das entscheidende ist eine verlässliche und dauerhafte Begleitung. In Studien wird unverarbeitete Trauer häufig mit einem erhöhten Risiko für Depressionen, posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und sogar einem erhöhten Sterberisiko der Eltern in Zusammenhang gebracht (Helps, 2020; Youngblut, 2015; Burden et al., 2016). Grundsätzlich beschreiben Eltern eine fehlende kontinuierliche Begleitung als belastend (Meier Magistrotti, 2019).

Abbildung 2: Bedürfnisse der Eltern und ihrer Familien

Mütter und deren Familien sollen den Raum und die Zeit bekommen, sich zu sortieren und die Situation anzunehmen. Hierzu gehört insbesondere eine intensive Aufklärung und Beratung über mögliche Optionen zum weiteren Procedere sowie zum Geburtsverlauf (abwartendes Management, Einleitung oder Curretage). Nur so können die Eltern selbstbestimmte Entscheidungen über den weiteren Schwangerschaftsverlauf treffen und das Erlebte verarbeiten. Diese Erfahrung wird sie ihr Leben lang begleiten und gegebenenfalls beeinflussen.

Zwei existenzielle Dinge müssen die Eltern gleichzeitig aufnehmen und begreifen: 1. das Elternsein und 2. den Tod ihres Kindes. Eltern verabschieden ihr Kind, sie haben es nicht verloren. Nur so können sie den Prozess des Verstehens und Annehmens beginnen. Es geht darum, für sie da zu sein, damit sie Ruhe und Kraft für selbstbestimmte Entscheidungen finden. Alles braucht seine Zeit, die den Eltern unbedingt zugestanden werden soll.

Trauerbegleitung im Hebammenstudium

Das Hebammengesetz (HebG, 2019) und das dort integrierte Studienziel (§ 9) sieht vor, dass künftige Hebammen – auch oder gerade im Zusammenhang mit trauernden Eltern:

  • belastende Lebenssituationen und psychosoziale Problemlagen bei Frauen und deren Familien erkennen und möglichst erforderliche Unterstützung anbieten (HebG, (4) 1. d), 2019)
  • Frauen und Familien bei Totgeburten und Fehlgeburten sowie bei Schwangerschaftsabbrüchen nach der 12. Woche betreuen und begleiten (HebG, (4) 1. g), 2019)
  • (…) die Mutter nach der Geburt und im Wochenbett untersuchen, pflegen und deren Gesundheitszustand überwachen (HebG, (4) 1. o), 2019)
  • über Fragen der Familienplanung angemessen aufklären und beraten (HebG, (4) 1. p), 2019)
  • die angewandten Maßnahmen dokumentieren (HebG, (4) 1. q), 2019)
  • interprofessionell mit anderen Berufsgruppen fachlich und effektiv zusammenarbeiten. Hierzu zählt ebenso die gemeinsame individuelle, multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungsfindung, insbesondere bei regelwidrigen Schwangerschafts-, Geburts- und Wochenbettverläufen, und diese teamorientiert umsetzen (HebG, (4) 3., 2019).

In welchem Rahmen und Umfang diese Ziele in das jeweilige Curriculum der Hochschulen eingebettet wird, hängt von den Lernorten der Studierenden ab und variiert nach Interessenschwerpunkten der Studiengangsleitungen. Nach einer durchschnittlichen achtwöchigen theoretischen Einführung gehen Hebammenstudierende in ihren ersten praktischen Einsatz – wie auch ihre Vorgänger:innen in der Hebammenausbildung. Dort werden sie in der Schwangerenambulanz, im Kreißsaal und auf der Wochenstation mit werdenden sowie jungen Eltern und allen damit verbundenen Eventualitäten des Lebens konfrontiert. Neben dem Wunder des neuen Lebens gehören auch Sterben, Tod und Trauer dazu.

Abbildung 3: Begleitbogen für Sternenkindeltern Abbildung: eigene Darstellung

Durch eine in Deutschland verbreitete vermeidende Trauerkultur haben viele der Studierenden bislang keinerlei Berührungspunkte zu sterbenden und/oder trauernden Menschen gehabt. Eine fachliche und persönliche Vorbereitung auf diesen bedeutenden Teil der Hebammenarbeit ist insbesondere zu Studienbeginn wünschenswert. Entsprechende Aspekte können zum Beispiel in Gruppenpraxisanleitungen, an Praxisreflexionstagen oder in der Lehre in die Module und/oder Wahlpflichtseminare integriert werden. So werden mögliche Berührungsängste und Unsicherheiten vorab genommen und Fragen geklärt.

Die Erfahrung aus einem Workshop mit einer kleinen Peergruppe von Hebammenstudierenden im Marienkrankenhaus Hamburg hat gezeigt, wie wertvoll die Informationen über eine ganzheitliche und individuelle Begleitung von Sternenkindeltern für die Studierenden ist. Zumal sie aus eigener Sicht das Thema als »stiefmütterlich behandelten Teil der Hebammenarbeit« beschreiben. Jede der acht Teilnehmer:innen eines höheren Semesters gab an, bereits beruflich mindestens eine Tot- oder Fehlgeburt während des Studiums in der Klinik miterlebt zu haben. Dabei erfuhren sie »zu wenig Wissen des Personals« und wünschten sich allgemein »mehr Fokus« auf das Thema, sowohl im Studium als auch im Hebammenalltag.

Besonders von dem geschützten Raum und der kleinen Gruppe profitierten sowohl die Studierenden als auch die Referentinnen. Ganz neu war für die Studierenden der Aspekt Wahrnehmung und Relevanz der Selbstfürsorge beziehungsweise das Risiko der Sekundärtraumatisierung bei fehlendem (kollegialen) Austausch. Nach dem Workshop fühlten sich alle Teilnehmer:innen wesentlich besser auf entsprechende Situationen vorbereitet, empfanden weniger Berührungsängste und konnten Werkzeuge für ihre eigene Copingstrategien mitnehmen.

Trauerarbeit im Hebammenalltag

Neben den im Hebammengesetzt erwähnten Kompetenzen von Hebammen, stellt der Betreuungsbogen nach Friederike zu Sayn-Wittgenstein das besondere und ganzheitliche Leistungsspektrum von Hebammentätigkeit dar (Sayn-Wittgenstein, 2007). Als Fachpersonen unterstützen Hebammen Frauen und deren Familien rund um die Lebensphasen Familienplanung, Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit. Die einzelnen Phasen fließen ineinander über und bedingen sich gegenseitig. Der Betreuungsbogen trifft ebenso für Sternenkindeltern zu, er sollte um die Trauerarbeit von Diagnosestellung bis in eine mögliche Folgeschwangerschaft ergänzt werden (siehe Abbildung 3).

Hebammen – im besten Fall mit einer Weiterbildung für Trauerbegleitung – können während der Diagnosestellung und Entscheidungsfindung über den weiteren Schwangerschaftsverlauf begleitend und unterstützend zur Seite stehen. Eine ganzheitliche evidenzbasierte Aufklärung sowie individuelle, bedarfsorientierte und empathische Begleitung sind in dieser besonderen Situation für die trauernden Eltern äußerst bedeutsam. Ziel ist es, Zuversicht und Vertrauen wieder aufzubauen und zu bestärken.

Eine Frau ist so lange schwanger, bis sie vollständig geboren hat. In diesem Zeitraum können Hebammen die Begleitung nach der Hebammengebührenordnung unter Beschwerden in der Schwangerschaft abrechnen. Auch kleine Geburten (Fehlgeburten) vor der 12. Schwangerschaftswoche können Hebammen eigenständig ambulant begleiten und abrechnen, ohne dafür eine Haftschutzversicherung für Hausgeburten abzuschließen.

Unabhängig, ob die Frau im ambulanten Setting oder in einer Klinik gebärt, die Begleitung kleiner und stiller Geburten ab der 12. SSW bedarf zusätzlicher Sensibilität gegenüber den Müttern und Familien. Das für die weitere Trauerbewältigung entscheidende gleichzeitige Kennenlernen und Verabschieden vom Kind soll in einem zeitlich und räumlich individuell angemessenen Rahmen der Eltern stattfinden. Genauso wichtig ist die Wochenbettzeit, in der die körperliche Regeneration (Rückbildung) und psychische Adaption an die neue Familiensituation fällt.

Wünschenswert für betroffene Frauen und Familien ist eine entsprechend qualifizierte Hebamme für die Begleitung in einer möglichen Folgeschwangerschaft, um potenzielle Ängste, Sorgen und Trigger aufzufangen. Um fachliche Wissenslücken zu kompensieren, kommt bei Bedarf eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit angrenzenden Berufsgruppen hinzu, wie mit Gynäkolog:innen, Neonatolog:innen, Psycholog:innen, Therapeut:innen, Trauerbegleiter:innen, während einzelner Phasen oder über die gesamte Begleitungszeit.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Der Kontakt zu Sternenkindeltern kommt sowohl in Kliniken als auch im ambulanten Setting häufiger vor, als man denkt. Da medizinisches Fachpersonal überwiegend schlecht oder gar nicht für diese Begegnungen geschult oder vorbereitet wurde, fallen aus Unsicherheit und Überforderung schnell gut gemeinte Trostversuche ins verletzende Gegenteil. Kleine Veränderungen lassen sich recht einfach in den Praxisalltag integrieren:

Diagnose

Die Frauen gehen meistens mit einem »komischen« Gefühl, abnehmenden oder fehlenden Kindsbewegungen sowie körperlichem Unwohlsein in die Klinik oder gynäkologische Praxis, um die Symptome abklären zu lassen. Es gibt jedoch auch Zufallsbefunde bei einem Routinetermin zur Schwangerenvorsorge. Beides sind Situationen, in denen die werdende Mutter noch Hoffnung in sich trägt, schnellstmöglich von der Unversehrtheit ihres Kindes überzeugt zu werden. Wenn dann beim CTG-Schreiben oder im Ultraschall keine kindlichen Herzaktivität gefunden wird, bedeutet dies häufig sowohl für die werdende Mutter/werdenden Eltern als auch für die betreuende Fachpersonen erst einmal Stress. Hier heißt es, selbst Ruhe bewahren und keine Diagnose vorwegnehmen.

Wichtig für die Eltern ist, dass die Kommunikation aufrechterhalten wird. Sätze wie »Ich würde gerne eine Kollegin/einen Kollegen dazu holen« oder »Ich veranlasse jetzt einen Ultraschall« klingen der Situation angemessen und informieren die Frau über die nächsten Schritte. Die Herztöne könnten aus vielerlei Gründen nicht abgeleitet werden – neben dem bereits verstorbenen Kind kann es auch am Gerät selbst liegen.

Es gilt, in einer vermeintlich existenziellen Krisensituation zu unterstützen, zum Beispiel zum ruhigen Atmen anzuleiten. Aufrechte, klare und wertfreie Kommunikation ist in dieser Situation entscheidend, um das weitere Vorgehen gemeinsam mit den betroffenen Eltern abzustimmen. Im Fokus stehen die Bedürfnisse der Mutter/Eltern. Fragen wie »Was brauchst du jetzt« oder »Was kann ich jetzt für dich tun?« können für den ersten Moment hilfreich sein.

Im ambulanten Setting kommt es vor, dass die Frauen ihre Hebamme anrufen, nachdem sie von einem/r Gynäkolog:in den Tod ihres Kindes bestätigt bekommen haben, sie mit extremen Blutungen schon unter der Geburt sind oder erst einmal Abweichungen registrieren. Auch hier heißt es, Ruhe bewahren und nach den Bedürfnissen der Frau fragen, bevor das weitere Procedere abgestimmt wird.

Abbildung 4: Betroffene versus Begleiter:innen Abbildung: in Anlehnung an Rutz, 2021 & Cardinal, 2022

Geburt
Nach gründlicher Aufklärung und Beratung sollte eine vaginale Geburt immer präferiert werden. Das Geburtserlebnis ist für die Eltern ein prägendes Ereignis für die anschließende Trauerverarbeitung. Es spricht nichts dagegen, dass die Frau und ihr/e Partner:in nach Hause fahren und dort abwarten oder sich noch einmal Zeit für Gedanken und den Abschied nehmen. Abgesehen von klinischen Standards nimmt man an, dass 90 % der toten Kinder innerhalb von 14 Tagen spontan geboren werden würden (Maurer, 2020).

In Kliniken geschieht die medikamentöse Geburtseinleitung durch Zervixreifung mit Prostaglandinen oder Oxyocin (Maurer, 2020). Dort können während der Geburt schmerzerleichternde Medikamente großzügig eingesetzt werden, wobei eine mögliche protrahierende Beeinflussung des Geburtsverlaufes berücksichtigt werden sollte. Vorbereitende Maßnahmen, um den Sternenkindeltern die Geburt ihres Kindes in der Klinik so angenehm wie möglich zu gestalten, können sein:

  • ein kennzeichnendes Türschild von außen anhängen. So wissen alle Mitarbeiter:innen, dass in diesem Raum eine ganz besonders schützenswerte Geburt stattfindet und besondere Ruhe angebracht ist (z.B. ein Stern, ein Schmetterling etc.)
  • Eine Erinnerungsbox kann den Eltern schon zu Beginn der Geburt überreicht werden (fertige Boxen werden von verschiedenen Vereinen kostenlos bereitgestellt, z.B. Hope’s Angels)
  • Eltern über externe Begleitungsmöglichkeiten informieren, wie Klinikseelsorge, Sterbe- und Traueramme, Sternenkindfotograf:in
  • Der/die Partner:in bleibt je nach Bedarf. Eine Begleitperson wird von der Krankenkasse stationär übernommen bei dem Vermerk »medizinische Indikation – psychologische Gründe« (vgl. §11 Abs. 3 SGB V).

Auch für kleine Geburten zu Hause oder in einer hebammengeleiteten Einrichtung (hgE) ist für die Frau eine ruhige Atmosphäre förderlich. Diese kann durch ruhiges und leises Sprechen, gegebenenfalls Musik und Verdunkeln des Raumes geschaffen werden, um sich auf die Geburt einzustellen und loszulassen. Ein Entspannungsbad mit aromatischen Badezusatz kann zudem beruhigen.

Gleichzeitig Kennenlernen und Verabschieden

Entscheidend für die Begleitung nach der Geburt ist, was der Frau/dem Elternpaar wichtig ist. Dabei gilt es, die Kommunikation aufrecht zu erhalten und von eigenen Vorstellungen, was wohl das Beste für die Frau wäre, Abstand zu nehmen. Eltern haben nicht immer sofort das Bedürfnis, ihr Kind zu sehen oder auf den Arm zu nehmen. In diesem Moment steht das Kennenlernen im Vordergrund und nicht der Tod.

Fehlbildungen machen den Eltern zusätzliche Sorgen – wichtig ist, das Ausmaß der Fehlbildungen zu besprechen und das Kind in Begleitung anzusehen. Mögliche Fehlbildungen können auf Wunsch mit einem Tuch bedeckt werden. Das elterliche Gehirn versteht beim Anblick unbewusst, warum dieses Kind nicht leben durfte. Dabei soll der Blick auf das Positive beim Kind gelenkt werden, zum Beispiel lange Wimpern, schöne Haare und anderes, so etwas prägen sich die Eltern ein.

Für viele Sternenkindeltern ist es von Bedeutung, das Geschlecht ihres Kindes zu kennen. In ganz frühen Wochen ist dies nicht immer möglich. Trauerarbeit ist Gefühlsarbeit – die meisten Mütter und auch einige Väter haben direkt von Anfang an ein Gefühl für ein Geschlecht. Dieser Vorahnung sollten Hebammen Aufmerksamkeit schenken und die Eltern darin bestärken.

Wenn nicht schon vor oder unter der Geburt über den Namen des Kindes gesprochen wurde, ist die Frage nach dem Namen beim Kennenlernen des Kindes passend. Ein Namensbändchen und das Kind mit seinem Namen anzusprechen sind dann obligatorisch. Namen sind wichtig für die Integration des Kindes in das weitere Familienleben und die Verarbeitung des Geschehens. Dies kann bereits bei der Geburt(seinleitung) angesprochen werden, um so die Bindung zum Kind wiederherzustellen, die oftmals durch eine unerwartete Diagnose erst einmal beeinträchtigt sein kann.

Abbildung 5: Qualitäten der Begleitung

Fotos vom und mit dem Kind sind von großer Bedeutung. Die Eltern haben ein Recht darauf zu erfahren, wie wichtig die Fotos sind und in Zukunft für sie sein können. In der Praxis ärgern sich viele Eltern im Nachhinein, dass ihnen die Wichtigkeit der Fotos nicht ausdrücklicher nahegelegt wurde. Es gibt nur diese eine Möglichkeit, wertvolle Erinnerungen zu schaffen. Sollten Eltern vorerst keine Fotos von ihrem Kind sehen wollen, ist es nach Rücksprache ratsam, Fotos in einem verschlossenen Umschlag mitzugeben oder in der Akte abzulegen. Die Eltern bestimmen den Zeitpunkt selbst, wann sie die Fotos ansehen. Zu den Erinnerungsstücken zählt auch die Geburtskarte mit Fußabdrücken. In einer vorgefertigten Erinnerungsbox liegt immer eine Geburtskarte dabei. Hat das Kind lange oder viele Haare, kann man die Eltern fragen, ob sie eine Strähne behalten möchten.

Zum Kennenlernen und gleichzeitigem Verabschieden gehört – sofern es umsetzbar ist – auch das Baden, Wickeln und Anziehen des Kindes. Viele Eltern möchten gern ein einziges Mal diese »alltäglichen« Dinge mit ihrem Kind erleben.

Eine Segnung, bei Lebendgeburt eine Taufe, gibt Eltern die Möglichkeit für etwas Frieden in der Situation. Segnen darf jede:r, Taufen nur Pastor:innen. Im Falle einer Bestattung, unabhängig von der Bestattungspflicht nach der Personenstandsgesetzes (§ 31 PStV, 2022), können die Eltern das Bestattungsinstitut frei wählen. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich Bestatter:innen oftmals mit den Eltern auf eine Bezahlung außerhalb der geläufigen Gebühren einigen oder diese ganz erlassen.

Persönliche Kompetenzen

Die Geburtshilfe an sich ist ein sehr sensibler (Arbeits-)Bereich mit intensiv emotionaler Anteilnahme. Verstirbt ein Kind vor, während oder nach der Geburt, potenziert sich die Emotionalität noch einmal. Hier liegt die Krux, mit der einzelne Fachpersonen durch persönliche Kompetenzen und eigene Erfahrungen unterschiedlich zurechtkommen. Folgende Frage sollte sich medizinisches Personal grundsätzlich stellen: Bin ich Betroffene:r oder Begleiter:in? Kann ich mich abgrenzen oder bin ich zu sehr (emotional) involviert? Trifft letzteres zu, ist es ratsam, die Begleitung von Sternenkindeltern an Kolleg:innen abzugeben.

Besonders in Ausnahmesituationen funktioniert der Automatismus, mit dem viele Beschäftigte im Gesundheitswesen ihre Arbeit bewältigen, nur bedingt oder gar nicht. Hier kommt die sogenannte professionelle Distanz ins Spiel. Die Betroffenen unterscheidet von den Begleiter:innen, dass sie selbst an dem Geschehen beteiligt sind, was tiefe Gefühle auslöst und sie häufig erst einmal handlungsunfähig macht. Betroffene können sich schlecht oder gar nicht abgrenzen und suchen nach Halt (siehe Abbildung 4). Im Gegensatz dazu sind Begleiter:innen nicht direkt selbst beteiligt und empfinden keine tiefen Gefühle. Hierdurch können sie sich (im besten Fall) gut abgrenzen und bleiben handlungsfähig. Statt Mitleid empfinden sie Mitgefühl, das ihnen durchaus erlaubt, den Eltern gegenüber Emotionen offen zu zeigen. Wenn die Begleiter:innen selbst oder im persönlichen Umfeld vergleichbare Ereignisse erlebt haben, besteht das Risiko, sich nicht professionell abgrenzen und die Eltern nicht bedarfsgerecht begleiten zu können. Zudem kann es durch mangelnde oder fehlende Copingstrategien zu einer Sekundärtraumatisierung führen (vgl. Daniels, 2010).

Qualitäten der Begleitung

Medizinisches Fachpersonal wird von den Eltern als »Rettungsanker« gesehen und wahrgenommen. Daher ist es wichtig, dass direkte Ansprechpartner:innen in ihrem Auftreten und Verhalten kongruent, wertschätzend und wertfrei bleiben. Nützlich sind aktives Zuhören und eine ressourcenorientierte Gesprächsführung (siehe Abbildung 5). Um die Bedarfe der Eltern richtig einzuschätzen, werden alle vier Ohren genutzt – Sachohr, Apell-Ohr, Beziehungsohr und Selbstkundgabe (nach Schulz von Thun, 2015). Die Eltern sollen in dem Moment 100 % der Aufmerksamkeit erfahren.

Trost mit den passenden Worten auszusprechen, fällt nicht immer leicht. Die Eltern und ihre Familien möchten in ihrer Trauer und ihrem Schmerz wahrgenommen werden. Wir alle wissen, dass man einen Menschen nicht ersetzen kann. Es geht um die Anerkennung und die Existenz der Kinder. Dazu gehört es, die Situation anzunehmen, auszuhalten und wahrzunehmen. Es geht darum, die Heilung zu unterstützen, nicht das Ereignis ungeschehen zu machen. Eine Wortlosigkeit darf gegenüber den Eltern zugegeben werden. In manchen Gesprächen stehen Empathie und Mitgefühl im Vordergrund, statt fachliche Logik.

Selbstfürsorge

Sobald wir mit anderen Menschen interagieren, sie begleiten oder in jeglicher Form kommunizieren, nehmen wir immer unbewusst Emotionen aus dieser Interaktion mit auf. Begleitung ist nie einseitig (vgl. Spiegelneuronen, z.B. Hickok, 2015). Mit Menschen in Extremsituationen zu arbeiten, bringt immer ein Nähe-Distanz-Verhältnis mit sich. Sich dem hinzugeben und sich auf Situation und Menschen einzulassen, gehört für medizinisches Fachpersonal zum Arbeitsalltag. Mindestens genauso wichtig ist es jedoch, auf die eigene innerliche Grenze zu achten. Es ist also von enormer Bedeutung, dass wir lernen, unser persönliches Stresssystem herunterzufahren, unsere Kraftquellen zu kennen und zu nutzen, um die eigenen Ressourcen zu stärken. Neben ausreichend Bewegung oder Sport, ausgewogener Ernährung und genügend Schlaf, gibt es unzählige individuelle Strategien, um abzuschalten und Kraft zu tanken. Energiequellen können sein: in die Natur gehen, Sport treiben, Freunde treffen oder über das Erlebte sprechen. Eine zusätzliche Maßnahme ist regelmäßige Teamsupervision, die allerdings auch als solche genutzt werden sollte und nur in einer vertrauensvollen, geschützten Teamrunde möglich ist. Unverarbeitete Emotionen setzen sich im Körper fest. Wenn diese dort nicht wieder gelöst werden, komprimieren und potenzieren sie sich zu unerwarteten Blockaden und Erkrankungen.

Um regelmäßig mit sich selbst in Kontakt zu treten und die eigenen Bedürfnisse zu kennen, sind kleine Routinen zur Selbstfürsorge im Alltag zu empfehlen. Zwei Beispielübungen hierfür sind: 1. Ruhiges und bewusstes Atmen und In-sich-Hineinfühlen, wo es gerade im Körper zu Spannungen kommt. Diesem Gefühl nachgehen und in der entsprechenden Körperregion für Entspannung sorgen. 2. Sich selbst Fragen stellen: Was brauche ich gerade am meisten? Auch hier gilt es, die entsprechende Ressource zu aktivieren, um für sich selbst zu sorgen.

Kommentar
Warum Fehlgeburten politisch sind
Von Natascha Sagorski

»Ich kann leider keinen Herzschlag mehr finden«. Ich weiß noch genau, wie sich dieser Satz meines Gynäkologen damals angefühlt hat. Als würde die Welt plötzlich aufhören, sich zu drehen. Aber nicht mit so einem sachten, zögerlichen Ausrollen wie bei einer Roulettekugel. Es war eher eine Art Vollbremsung, wie ein Lederfußball, der gegen eine Scheibe knallt und dabei tausend Risse hinterlässt. Plötzlich ging alles ganz schnell. Im gerade erst stolz erhaltenen Mutterpass stand »Missed Abortion« und ehe ich mich versah, lag ich in einem Operationssaal und wurde so sehr von Weinkrämpfen geschüttelt, dass meine Venen dicht machten und das OPTeam es nicht schaffte, mich in Narkose zu legen. Irgendwie gelang es dann doch und als ich später aufwachte und die behandelnde Ärztin um eine Krankschreibung bat, folgte der nächste Satz, der mich bis heute nicht mehr loslassen sollte. »Eine Krankschreibung brauchen Sie nicht, Frau Sagorski. Sie können morgen wieder ins Büro gehen.« Ich lag da, blutend, mit Schmerzen, weinend und mit leerem Bauch und nahm diese Aussage wahr, die irgendwie so gar nicht zu meiner Realität passte. Ich war nicht mal in der Lage, meine Mutter anzurufen, sollte aber morgen wieder im Büro sitzen und Meetings abhalten? Nie in meinem Leben habe ich mich so falsch und unverstanden gefühlt. Wer hätte mir in dieser Situation helfen können? Vermutlich meine Hebamme, denn ich hatte bereits eine gefunden. Doch ich war ja nicht mehr schwanger. Hatte anscheinend nicht mal das Recht auf eine Krankschreibung. Und so kam ich nicht auf die Idee, mich an meine Hebamme zu wenden. Heute weiß ich, dass es vielen Frauen so geht. Dabei haben werdende Mütter auch im Fall einer Fehlgeburt Anspruch auf eine Hebammenbetreuung. Und ich bin überzeugt, dass unter anderem genau diese Betreuung einen entscheidenden Unterschied bei der Verarbeitung einer Fehlgeburt machen kann. Nur wissen das die meisten Betroffenen nicht und bekommen es auch in den wenigstens Praxen und Kliniken gesagt. Die Aufklärung rund um Fehlgeburten ist nicht nur ein gesellschaftliches Tabu. Auch in der Politik und selbst bei medizinischem Personal gibt es große Lücken, ja sogar Berührungsängste. Irgendwie auch nachvollziehbar, denn Fehlgeburten gehen nahe. Man kann sie nicht weglächeln oder mit einem launigen Spruch aus der Welt schaffen. Und Frauen nach Fehlgeburten gehen nicht auf die Straße und demonstrieren für ihre Rechte. Wenn sie nicht krankgeschrieben werden, dann opfern sie eben ihre Urlaubstage oder gehen schlimmstenfalls einfach wieder arbeiten, als ob nichts geschehen wäre. Denn ein Wochenbett oder Zeit zu Trauern stehen ihnen ja anscheinend nicht zu. Frauen nach Fehlgeburten haben keine Lobby. Das hat mich so wütend gemacht, dass ich eine Petition ins Leben gerufen habe. Bei meinen Recherchen bin ich dank der Sternenkindvereine auf das Konzept des Gestaffelten Mutterschutzes gestoßen. Ein Mutterschutz, der sich entsprechend der Schwangerschaftswochen langsam aufbaut und so Frauen nach Fehlgeburten nicht mehr, wie bisher, ausschließt. Das klang für mich sofort so logisch, dass ich es kaum glauben konnte, dass wir ein solches Gesetz nicht schon haben. Also sammelte ich fleißig Unterschriften, brachte das Thema in die Medien und versuchte mit der Politik ins Gespräch zu kommen. Das klappte am Anfang weniger, mit steigender Zahl der Unterschriften und Medienauftritten, immer besser. Parallel gründete ich mit Mitstreiterinnen einen Verein und zog mit betroffenen Frauen vor das Bundesverfassungsgericht. Denn unser Grundgesetz garantiert Müttern in Artikel 6 Absatz 4 den Schutz und die Fürsorge der Gesellschaft. Und das gilt auch explizit für werdende Mütter, wie das Bundesverfassungsgericht 2015 festgestellt hat. Inzwischen bin ich regelmäßig in Berlin und verfolge das Ziel, eine Einführung des Gestaffelten Mutterschutzes noch in dieser Legislaturperiode, immer weiter. Je mehr Hebammen sich im Bereich der Betreuung von Fehlgeburten weiterbilden und Frauen aktiv begleiten, desto weniger Frauen werden aus ihrem Kindsverlust mit Traumata herausgehen. Natürlich liegt die Verantwortung hier nicht allein bei den Hebammen, vielmehr in der politischen Weichenstellung und natürlich auch bei den Ärzten und Ärztinnen. Aber als Frau, die nicht nur eine Fehlgeburt, sondern auch zwei Schwangerschaften mit »happy end« erlebt hat, weiß ich, wie wichtig und wie bedeutend die Rolle von Hebammen bei der Schwangerenbetreuung ist. Und leider gehören eben auch Fehlgeburten oft zum Schwangersein. Nicht, weil die Frauen irgendetwas falsch machen, sondern weil das leider in der Natur der Sache liegt. Und dieses Wissen müssen wir transportieren, so dass Wissen zu Fehlgeburten (und den medizinischen Möglichkeiten, Stichwort »Abwartendes Management«) Allgemeinwissen wird.

Rechte von Sternenkindmüttern

Für die Mutter ist es von großer Bedeutung, dass der tatsächliche Tod des Kindes dokumentiert wird oder ein Kind mit mindestens einem Lebenszeichen (Nabelschnur pulsiert, Lungenatmung, Herzschlag, vgl. §31 PStV, 2022). Frauen mit einem lebendgeborenen Kind, unabhängig von der Schwangerschaftswoche, haben die gleichen Ansprüche auf Mutterschutz, Mutterschaftsgeld und Kindergeld, wie bei Kindern mit einem Geburtsgewicht über 500 g oder geboren nach der 24. SSW (siehe Tabelle 1). Alle Mütter haben in der Schwangerschaft, während und nach der Geburt ein Anrecht auf Hebammenbetreuung.

Sollten sich die Eltern dafür entscheiden, ihr totes Kind noch einmal mit nach Hause zu nehmen, ist die erlaubte Zeitspanne in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Besteht keine Bestattungspflicht (vgl. §31 PStV), welche auch auf Landesebene entschieden wird, haben die Eltern verschiedene Möglichkeiten. Viele Kliniken oder Friedhöfe bieten eine Sammelbestattung und Trauerfeier für Betroffene an. Eine individuelle Bestattung ist in Absprache mit Bestatter:innen ebenfalls möglich. Der/die Arbeitgeber:in muss nur bei einer Totgeburt informiert werden, da dann auch Mutterschutz und Mutterschaftsgeld anfallen.

Leitliniengestützte, interdisziplinäre Zusammenarbeit

In Kliniken sind häufig individuelle hauseigene Standards für das Procedere verschiedenster Situationen ausgearbeitet. Dennoch fehlt es häufig an einem kompletten, nachvollziehbaren Leitfaden für die Begleitung von Sternenkindeltern, inklusive Anschlussbegleitung und Netzwerk. Hinzu kommt, dass in der Literatur und offiziellen Leitlinienarbeit keine wegweisenden Schriften zu finden sind. Dies führt häufig zu Verunsicherung unter den beteiligten Fachpersonen. Die Folge ist eine unzureichende Beratung und Begleitung von betroffenen Eltern. Umso bedeutsamer ist die begonnene, interdisziplinäre Erstellung der S2k-Leitlinie zur Palliativversorgung und Trauerbegleitung in der Peri- und Neonatologie von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF). Die Fertigstellung ist für Ende Februar 2025 geplant.

Grundlagen und Ziele einer interprofessionellen Zusammenarbeit sollten sein:

  • das Verabschieden von Kindern und die Trauerarbeit mit ihren Eltern als einen selbstverständlichen Teil der Arbeit anzusehen
  • ein Versorgungsnetz, eine Kontaktstelle aufzubauen, wo jederzeit Kapazitäten bereitstehen, um Sternenkindeltern bedarfsorientiert zu begleiten
  • die interdisziplinäre Zusammenarbeit beteiligter Berufsgruppen bereits in den entsprechenden Studiengängen zu fördern (Hebammenwissenschaft, Medizin, Pflege, soziale Arbeit usw.)
  • eine kontinuierliche Begleitung der Familie und Unterstützung auf dem individuellen Weg zu einer lebensbejahenden Trauerbewältigung
  • Abwendung von negativen, psychosozialen Auswirkungen auf das gesamte Familiensystem, um Trauer- und ggf. auch Traumafolgestörungen zu vermeiden
  • Fachpersonal, das einheitlich zur Trauerbegleitung und trauersensiblen Kommunikation ausgebildet ist
  • Austauschmöglichkeiten für Fachpersonal, um selbst über das Erlebte zu sprechen
  • Netzwerk für interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Versorgungslücke

Sternenkindeltern sind auf die Beratungs- und Begleitungskompetenz von Fachleuten angewiesen. In Deutschland fehlen flächendeckend adäquate Betreuungs- und Versorgungsangebote, die Eltern erhalten oftmals eher zufällig Informationen. Zudem gibt es bisher keine institutionelle Erfassung von Fehlgeburten oder kleinen Geburten im ambulanten Setting. Somit liegen keine offiziellen Statistiken oder validen Daten vor.

Eine 2021 von der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. (QUAG) gegründete Projektgruppe erarbeitete einen Fragebogen für medizinisches Fachpersonal, vorrangig für freiberufliche Hebammen im außerklinischen Setting, um Zahlen und Daten rund um kleine und stille Geburten zu erfassen. Diese Daten sollen nach Auswertung Fakten über Fehlgeburten im ambulanten Setting in Deutschland abbilden. Ab Herbst 2023 startet eine Online-Testphase, bevor die Erhebung ab dem 2024 dauerhaft etabliert wird. Vorerst für Hebammen, später auch für Gynäkolog:innen. Erste Ergebnisse, die ab 2025 ausgewertet vorliegen, können wichtige Prozesse für das Betreuungsmanagement, weitere Versorgungsforschung und Erarbeiten von Leitlinien forcieren. Zudem können die Ergebnisse Hebammen und Gynäkolog:innen unterstützen, ihre eigene Arbeit zu reflektieren, sich auszutauschen und mögliche Versorgungslücken erkennen. Mittlerweile erkennen sowohl große Kliniken, Fachpersonal als auch die Politik Handlungsbedarf. Mögliche Schritte, um der Versorgungslücke entgegenzusteuern sind:

  • Einrichtung einer Sternenkindeltern-Ambulanz
  • Rückbildungsgymnastikkurse explizit für Sternenkindmütter
  • Trauergruppen
  • Begleitungen in der Folgeschwangerschaft durch entsprechend geschulten Personals (Hebammen, Gynäkologen, Trauerbegleiter:innnen etc.)
  • offene Sprechstunde für Sternenkindeltern
  • individuelle (Einzel-)Begleitungen/-Coachings
  • regelmäßige Schulungen von Mitarbeiter:innen und Studierenden aller angrenzenden Studiengänge
  • Erstattung von Trauerbegleitung für Sternenkindeltern von den Krankenkassen.
Zitiervorlage
Sagorski, N. & Reitis, N. (2023). Eine Stütze für Sternenkindeltern. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 75 (11), 76–84.
Literatur
Burden, C. et al. (2016). From grief, guilt pain and stigma to hope and pride – a systematic review and meta-analysis of mixed-method research of the psychosocial impact of stillbirth. BMC Pregnancy Childbirth 16, 9. https://doi.org/10.1186/s12884-016-0800-8

Daniels, J. (2008). Sekundäre Traumatisierung. Interviewstudie zu berufsbedingten Belastungen von Therapeuten. Psychotherapeut. 53:100–107 DOI 10.1007/ s00278-008-0585-y.

ESHRE (2022). Recurrent Pregnancy Loss Guideline Developement Group. Guideline of European Society of Human Reproduction and Embryology. Update 2022. www.eshre.eu/guidelines.

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Hickok, G. (2015). Warum wir verstehen, was andere fühlen: Der Mythos der Spiegelneuronen. Übersetzt von Elsbeth Ranke. Carl Hanser Verlag, München 2015, 368 Seiten, ISBN 3446443266. Original: The Myth of Mirror Neurons: The Real Neuroscience of Communication and Cognition, W. W. Norton & Company, 2014, 288 S. ISBN 0393244164.

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