Die Einnistung der Schwangerschaft in die Sectionarbe kann unbehandelt zu Komplikationen wie Fehl- oder Frühgeburt, Uterusruptur und lebensbedrohlichen Blutungen führen. Illustration: © Birgit Heimbach
Die Sectiorate ist in den vergangenen Jahrzehnten international signifikant gestiegen. Daraus ergeben sich kurz- und langfristige perinatalmedizinische Folgen. Kurzfristig können dies Infektionen, die Notwendigkeit einer Bluttransfusion, Verletzungen oder postoperative Beschwerden sein. Langfristig können es Folgen für die Fertilität, eine ektope Gravidität, Uterusruptur und Plazentationsstörungen im Sinne einer Plazenta praevia und/oder abnorm invasiven Plazenta sein (Ecker & Frigoletto 2007). Eine außergewöhnliche Komplikation stellt hierbei die Implantation der Folgeschwangerschaft in die Uterotomie-Narbe dar, die »Schwangerschaft in der Sectionarbe« (englisch: Cesarean scar pregnancy/CSP). Dabei kommt es nach der Befruchtung zur Implantation des Gestationssackes (GS) in die Uterotomie-Narbe innerhalb des Myometriums (Timor-Tritsch & Monteagudo 2012).
Erstmals beschrieben wurde die CSP von J. Larsen und M. Solomon im Jahr 1978. Bis 2002 wurden insgesamt nur 19 Fälle einer CSP publiziert. Seitdem sind mit dem Anstieg der Sectiorate auch deutlich mehr CSP-Berichte zu verzeichnen (Fylstra 2012). Das CSP-Risiko beträgt 1:1.800 bis 2.200 (Wörnhardt & Heidegger 2013). Die CSP ist mit einem hohen Risiko für Mutter und Feten vergesellschaftet. Häufig begleitet von Placenta accreta spectrum disorders – einer Plazenta-Adhärenz im Sinne einer Plazenta accreta, increta oder percreta – kann die CSP unbehandelt zu Komplikationen wie einer Fehl- oder Frühgeburt, einer Uterusruptur und lebensbedrohlichen Blutungen führen, die eine Hysterektomie erforderlich machen (Timor-Tritsch et al. 2014).
Pränatal wird eine CSP mittels transvaginalen Ultraschalls (TVUS) diagnostiziert. Durch die Fortschritte im Bereich der Ultraschalltechnik lässt sich die Zunahme der Diagnosestellung erklären (Gilmandyar 2013). Liegt eine Einnistung der Schwangerschaft in die Sectionarbe vor, so lässt sich im TVUS bei positivem Schwangerschaftstest intracavitär kein Gestationssack (GS) darstellen. Das Endometrium ist hochaufgebaut. Im anterioren Teil des Isthmus uteri zeigt sich der GS mit einer typischen Doppelringstruktur. Der GS inklusive Embryonalstruktur (mit oder ohne Herzaktion) wird dabei eingeschlossen von Myometrium und dem fibrotischen Anteil der Uterotomie-Narbe ohne erkennbare Verbindung zum Endometrium oder zu den Adnexen. Das Myometrium zeigt sich typischerweise neben der Harnblase ausgedünnt (Seow et al. 2004).
Die Diagnose Cesarean scar pregnancy (CSP) ist nicht immer leicht zu stellen, so dass viele CSP als frühe Fehlgeburten oder auch als intrauterine Schwangerschaften verkannt werden. Dies lässt das Risiko der höhergradigen Blutung mit der Folge einer Notfall-Hysterektomie ansteigen (D’Antonio et al. 2016).
Bislang existiert keine Leitlinie zu Therapie und klinischem Management der CSP. Die Empfehlungen reichen vom abwartenden Verhalten bis hin zur Hysterektomie bei lebensbedrohlichen Blutungen.
Bislang stellte das exspektative (abwartende) Vorgehen nur eine Ausnahmesituation bei individueller Entscheidung gegen eine Therapie dar. Es wurde bereits über eine erfolgreiche Fortsetzung der CSP bis zur 37. Schwangerschaftswoche berichtet, wenn sich der GS in Richtung Fundus entwickelt, wobei starke Blutungen und eine adhärente Plazenta im Zusammenhang mit der Geburt letztlich auch zu einer Hysterektomie führten (Bartmann et al. 2012).Eine jüngst veröffentlichte Metaanalyse von G. Cali und KollegInnen untersuchte ein konservatives Management von 69 Fällen von CSP im Hinblick auf erfolgreich ausgetragene Schwangerschaften und damit verbundene Risiken. Bei CSP mit positiver Herzaktion des Embryos zeigte sich eine erhöhte maternale Morbidität bei fortgeschrittener Gravidität im Sinne von schwerwiegenden Blutungen (39,2 %), erhöhter Uterusruptur- (10,2 %) und Hysterektomie-Rate (60,6 %). Trotz dieser verheerenden Komplikationen schritten circa 76,9 % der CSP mit positiver Herzaktion bis ins dritte Trimester fort. Von Seiten der AutorInnen wurde deshalb die Risikoabwägung einer erfolgreichen Austragung der CSP mit potenziell lebensfähigem Frühgeborenem unter Berücksichtigung der mütterlichen und neonatalen Morbidität und Mortalität diskutiert. Bei den CSP ohne Herzaktion ergab ein konservatives Management ein insgesamt niedriges Risiko für Hysterektomien oder schwerwiegende Blutungen (Cali et al. 2018).
Die medikamentöse Behandlung der CSP erfolgt mit dem Ziel, die Schwangerschaft zu beenden. Dafür wird das Zytostatikum Methotrexat (MTX) eingesetzt. Für die systemische Applikation (Einmaldosis von 50 mg i.m.) werden in der Literatur spezielle Voraussetzungen beschrieben: Hämodynamisch stabile, schmerzfreie Patientin vor der 8. Schwangerschaftswoche (SSW) mit einer Myometriumdicke < 2mm zwischen Fruchthöhle und Harnblase, einem ß-hCG-Wert im Serum < 5.000 IU/L, einem GS < 2,5 cm und/oder bei negativer Herzaktion des Embryos (Peng et al. 2015). Bei ausbleibendem ß-hCG-Abfall kann eine erneute MTX-Gabe erwogen werden (Hofmeyr et al. 2008).
Kombiniert mit der systemischen Verabreichung oder isoliert kann MTX lokal transvaginal entweder bei einer Hysteroskopie oder als Ultraschallkontrolliertes Verfahren appliziert werden (Li et al. 2012). Hierbei wird eine Einmalgabe MTX transvaginal oder transabdominell mittels 20–22 G Nadel unter Lokalanästhesie gegeben (Li et al. 2012).
Eine lokale Anwendung ergibt meist höhere MTX-Konzentrationen an der CSP und bewirkt so ein schnelleres Ansprechen (Timor-Tritsch et al. 2015). Die Ultraschall-gesteuerte transvaginale Nadelaspiration und anschließende lokale MTX-Gabe wird als weitere Möglichkeit beschrieben (Wang et al. 2009).
Die Kürettage kann als Therapieoption gewählt werden, allerdings muss mit einer lebensbedrohlichen Blutung und Notwendigkeit der Hysterektomie gerechnet werden. Der Eingriff wird Ultraschall-gesteuert (transrektal oder abdominell) in Vollnarkose durchgeführt durch stumpfes Ausschaben des Uterus (Weilin & Li 2014).
Die Hysteroskopie scheint eine gute Option bei CSP mit Progression in das Uteruscavum oder die Harnblase zu sein. Hierbei wird, wiederum Ultraschall-gesteuert, der GS von der Gebärmutterwand gelöst und intraoperative Blutungen mittels Elektrokoagulation sowie postoperativer Einlage eines Ballonkatheters behandelt (Yang et al. 2009).
Die Laparoskopie kann bei CSP-Befunden mit Progression in die Harnblase sinnvoll sein. Hierbei wird die Harnblase freipräpariert und die Sectionarbe inklusive Gravidität reseziert (Wang et al. 2014).
Die Embolisation der uterinen Blutgefäße kann mit Hilfe von interventionellen Radiologen unter Lokalanästhesie durchgeführt werden. Der dabei verwendete transfemorale Zugang kann auch zur zusätzlichen Applikation von MTX genutzt werden (Zhang et al. 2012). Dieses Verfahren ist nicht reversibel, doch die Komplikationen beziehungsweise Spätfolgen sind in den meisten Fällen gering. Bei der Embolisation werden gelatinehaltige Schwammpartikel verwendet (Li et al. 2011). Dieser Prozess ist minimal-invasiv und wirksam, jedoch irreversibel und sollte in Anbetracht einer noch nicht abgeschlossenen Familienplanung überdacht werden (Kohi & Spies 2018).
Bei allen Behandlungsoptionen besteht das größte Risiko in einer schwerwiegenden Blutung schlimmstenfalls mit einer Hysterektomie. I. E. Timor-Tritsch und KollegInnen konnten zeigen, dass eine zervikale Foley-Balloneinlage nach lokaler oder systemischer MTX-Applikation das Risiko für Blutungen erheblich verringern konnte, so dass die Applikation des Foley-Ballons nach Wahl einer geeigneten Therapie erwogen werden sollte (Timor-Tritsch et al. 2015; Timor-Tritsch et al. 2017).
Die Einnistung der Schwangerschaft in der Sectionarbe ist eine seltene, jedoch potenziell lebensbedrohliche Diagnose die eines besonderen klinischen Managements bedarf. Sowohl Diagnostik als auch Therapie stellen für die Schwangere und den behandelnden Gynäkologen beziehungsweise die Gynäkologin eine Herausforderung dar. Bislang existiert keine einheitliche Empfehlung zu Therapie und klinischem Management der CSP. Das Therapiespektrum reicht dabei vom exspektativen Vorgehen über die isolierte medikamentöse Behandlung (MTX systemisch und/oder lokal) oder in Kombination mit operativen Verfahren (Kürettage, Gebärmutter- oder Bauchspiegelung) bis hin zur interventionellen Behandlung mittels uterin-arterieller Embolisation.
Ein abwartendes Verhalten mit dem Versuch, die Schwangerschaft auszutragen, muss angesichts schwerwiegender Komplikationen bei der Mutter und den Folgen einer Frühgeburt kritisch betrachtet werden. Neue Ansätze wie die prophylaktische zervikale Balloneinlage zeigen den Bedarf eines standardisierten Vorgehens. Die Entwicklung eines evidenzbasierten optimalen Managements der CSP, welches international einheitlich angewandt werden kann, sollte angesichts der steigenden Sectiorate und einer hohen mütterlichen Morbidität mit Nachdruck vorangetrieben werden.
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