Die Entscheidung einer Frau, ihr Kind mindestens sechs Monate zu stillen, wird maßgeblich durch ihre Stillabsicht, ihre Selbstwirksamkeit und die Qualität der erhaltenen Unterstützung beeinflusst. Foto: © Elroi/stock.adobe.com

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, Neugeborene während der ersten sechs Lebensmonate ausschließlich zu stillen. Trotz vieler bekannter Vorteile gelten weltweit die Stillraten nach sechs Monaten als »suboptimal«.

So zeigen aktuelle Daten aus Australien, dass sich zwar 96 % aller Frauen nach der Geburt für das Stillen entscheiden, mit sechs Monaten jedoch lediglich noch 15 % der Mütter ihr Neugeborenes ausschließlich stillen. Bereits im Jahr 2010 wurden zentrale Einflussfaktoren für eine längere Stilldauer identifiziert: die bewusste Entscheidung der Frau zu stillen, ihre erlebte Selbstwirksamkeit sowie die erfahrene Unterstützung beim Stillen.

Diese Gründe wurden kürzlich umfassender im Kontext sozialer Veränderungsprozesse der vergangenen Jahre untersucht. Hierzu wurde eine integrative Literaturübersicht unter Publikationen durchgeführt, die seit 2010 veröffentlicht wurden: Welche Interventionen und veränderbaren Faktoren beeinflussen in heutiger Zeit die Entscheidung einer Frau, nach der Geburt, ihr Kind bis zum Alter von sechs Monaten zu stillen?

Eingeschlossen wurden 56 Publikationen (38 Beobachtungsstudien, 18 randomisiert-kontrollierte Studien) mit Ergebnissen gesunder Mütter und gesunder Neugeborener. Es zeigten sich verschiedene Einflussfaktoren und Interventionen, die sich positiv auf die Stillrate mit sechs Monaten auswirkten.

Einflussfaktoren

Die Stillabsicht der Mutter erwies sich als entscheidender Einflussfaktor für eine Stilldauer von mindestens sechs Monaten. Dabei zeigte sich, dass diese Absicht häufig auf bereits während der Schwangerschaft erworbenem Wissen sowie bewussten Entscheidungen der Frauen basiert.

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die mütterliche Selbstwirksamkeit: Frauen mit einem hohen Maß an innerer Zuversicht in ihre Fähigkeit zu stillen, zeigten eine größere Bereitschaft, auftretende Schwierigkeiten aktiv zu bewältigen und Lösungen zu finden. Darüber hinaus zeigten die Studien Hinweise darauf, dass nicht rauchende Frauen mit einem gesunden Body-Mass-Index (BMI) ihr Kind mit größerer Wahrscheinlichkeit auch nach sechs Monaten noch stillten – im Vergleich zu rauchenden Frauen mit einem ungesunden BMI.

Weitere positive Einflussfaktoren waren soziale und praktische Unterstützung, sowohl aus dem familiären und freundschaftlichen Umfeld als auch durch Fachpersonen im Gesundheitswesen.

Interventionen

Drei zentrale Elemente wurden in den analysierten Interventionsstudien identifiziert: Ausbildung, Beratung und Unterstützung.

Ausbildung

Besonders wirksam erwiesen sich Ausbildungsangebote, wenn sie sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Zeit nach der Geburt angeboten wurden. Weniger erfolgreich waren hingegen einmalige oder wenige Angebote mit großen zeitlichen Abständen. Effektive Angebote wurden entweder im Rahmen einer individuellen Eins-zu-eins-Betreuung in Präsenz oder digital durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass kombinierte Formate, insbesondere unter Einbeziehung sozialer Medien und virtueller Kommunikationsmittel, höhere Stillraten nach sechs Monaten begünstigten.

Beratung

Im Bereich der Beratung ließen sich drei wirkungsvolle Strategien identifizieren:

  • Förderung der intrinsischen Motivation: Durch offene Fragen wurden Frauen angeregt, eigene Ambivalenzen zu erkennen und selbst zu reflektieren. Die Beratung unterstützte sie dabei, ohne Druck eine informierte und eigenständige Entscheidung zu treffen.
  • Stärkung der Selbstwirksamkeit: Frauen wurden ermutigt, ihr Wissen auszubauen, eigene Einstellungen zu hinterfragen und soziale Normen kritisch zu reflektieren. Dies erhöhte ihre Zuversicht, mit Herausforderungen beim Stillen eigenständig umzugehen.
  • Kognitive Verhaltenstherapie: In diesem Ansatz wurden hinderliche Denk- und Verhaltensmuster identifiziert und bearbeitet. Alternative Sichtweisen und Handlungsstrategien wurden entwickelt, die langfristig unterstützend auf das Stillverhalten wirkten.

Unterstützung

Im Bereich der Unterstützung zeigten sich verschiedene effektive Ansätze. Telefonate, SMS, Videogespräche oder Kommunikation über soziale Medien erwiesen sich als erfolgreich. Diese Strategien waren besonders wirksam, wenn sie individuell an die Bedürfnisse der Frauen angepasst wurden.

Auf einen Blick

Die Entscheidung einer Frau, ihr Kind mindestens sechs Monate zu stillen, wird maßgeblich durch ihre Stillabsicht, ihre Selbstwirksamkeit und die Qualität der erhaltenen Unterstützung beeinflusst. Besonders bedeutsam zeigten die Ergebnisse der Literaturrecherche, dass Wissen und Haltung zur Stillzeit bereits während der Schwangerschaft gebildet werden und langfristige Auswirkungen auf das Stillverhalten haben.

Interventionen scheinen dann besonders wirksam, wenn sie frühzeitig beginnen, kontinuierlich fortgeführt und individuell auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten werden.

Quelle: Whittaker, X., Meedya, S., & Capper, T. (2025). Factors and interventions that positively influence breastfeeding rates at six months postpartum: An integrative literature review. Women and birth : journal of the Australian College of Midwives, 38(3), 101904. Advance online publication. https://doi.org/10.1016/j.wombi.2025.101904 ∙ Beate Ramsayer/DHZ

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