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Darf ein als medizinisch notwendig erscheinender Kaiserschnitt auch gegen den Willen der Gebärenden vorgenommen werden, wenn nur dadurch das Leben von Mutter und Kind gerettet werden kann? Eine Reflexion aus juristischer Sicht.

Rund 87 % aller Gebärenden in Deutschland wünschen sich eine normale Geburt. 2017 gab es in Deutschland 785.000 Lebendgeburten. Davon waren 232.505 Kaiserschnittgeburten, das sind 30,5 %, so die Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Die Gründe für die enorme Sectiorate sind ebenso vielfältig wie umstritten. Es wird immer wieder der Vorwurf erhoben, dass der Anstieg der Kaiserschnittgeburten darauf zurückzuführen sei, dass die GeburtsmedizinerInnen zu schnell darauf drängen würden. Gerade dieser Vorwurf führt immer wieder dazu, dass die Gebärenden ihre Einwilligung in eine Kaiserschnittentbindung auch dann noch verweigern, wenn diese aus medizinischen Gründen, die sich oftmals erst während der Geburt ergeben, notwendig indiziert ist.

Diese Verweigerungshaltung bringt Hebammen und ÄrztInnen in große Bedrängnis und begründet ein erhebliches Haftungs- und Strafbarkeitsrisiko. Insbesondere stellt sich die Frage, ob der Kaiserschnitt notfalls auch gegen den Willen der Gebärenden vorgenommen werden darf, wenn nur dadurch das Leben von Mutter und Kind gerettet werden kann.

Mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung sind diese Fragen von hoher aktueller Relevanz. Denn die Zahl der Risikoschwangerschaften ist signifikant angestiegen (Deutscher Bundestag 2016). Und damit sind auch vermehrte Kaiserschnitte verbunden, zum Beispiel bei adipösen Schwangeren (Stubert et al. 2018).

Der Notkaiserschnitt

Ein Notkaiserschnitt ist ein Kaiserschnitt, dessen medizinische Notwendigkeit sich erst während der Geburt ergibt, also nach Beginn der zervixwirksamen Wehentätigkeit beziehungsweise nach dem Blasensprung. Von allen Kaiserschnittgeburten sind rund 50 % sekundäre Sectiones und 4,5 % sind Notkaiserschnitte (IQTIG 2017). 2017 waren dies immerhin 10.241 von 226.149 Kaiserschnitten (IQTIG 2017).

Die medizinischen Gründe, die einen Notkaiserschnitt erforderlich machen, sind vielfältig. Zu nennen sind akuter Sauerstoffmangel des Kindes, der Kopf des Kindes passt wider Erwarten nicht durchs mütterliche Becken, Abfallen der kindlichen Herztöne, Geburtsstillstand, Bluthochdruck der Mutter, vorzeitige Plazentalösung und damit verbundene starke Blutungen, Uterusruptur (zum Beispiel nach einem vorangegangenen Kaiserschnitt), Fieber oder Infektionen bei der Mutter nach dem Blasensprung. Alle diese Umstände stellen für Hebammen und GeburtsmedizinerInnen eine medizinische Herausforderung dar. In der Regel ist ein schnelles, überlegtes und vor allem dem aktuellen fachmedizinischem Standard entsprechendes Handeln zwingend erforderlich, um einerseits die Risiken für Mutter und Kind und zugleich das eigene Haftungsrisiko zu minimieren.

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm mahnt die rechtlichen Folgen an, wenn sie vom gynäkologischen Standard abweichen sollten: Jedes »Abweichen von demjenigen Verhalten, das von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt in der konkreten Behandlungssituation aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs im Zeitpunkt der Behandlung erwartet werden kann, also ein Abweichen von demjenigen Standard der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der ärztlichen Erfahrung, der zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat, wird in der Regel als grober Behandlungsfehler mit den entsprechenden haftungsrechtlichen und unter Umständen auch strafrechtlichen Folgen gewertet (OLG Hamm, U. v. 4.4.2017; AZ.: I-26 U 88/16).

Gerade der Zeitfaktor spielt in diesem Kontext eine große Rolle. In vielen Fällen wird die Haftung dadurch begründet, dass nicht schnell genug gehandelt wurde, entgegen dem, was nach dem medizinischen Standard in der konkreten Behandlungssituation geboten war (Martis & Winkhardt-Martis 2016). Zu nennen sind folgende Fallbeispiele:

  • Die Schwangere wurde zu spät in ein Perinatalzentrum überwiesen, obwohl mehrere Risikomerkmale vorlagen (KG Berlin, U. v. 4.4.2011, AZ.: 20 U 111/08; LG Dortmund, U. v. 1.10.2014, Az.: 37 Ks 3/11).
  • Befunde wurden nicht oder zu spät weitergeleitet, gesichtet und überprüft (OLG Hamm, U. v. 19.3.2018, AZ.: I-3 U 63/15).
  • Erfahrene, leitende GeburtsmedizinerInnen oder FachärztInnen wurden zu spät informiert oder hinzugezogen (OLG Stuttgart, U. v. 8.7. 2003, AZ.: 1 U 104/02; OLG Hamm, U. v. 14.9.2009, AZ.: I-3 U 9/08).
  • Die Hebamme hat die Schwangere zu spät in die Geburtsklinik überwiesen (OLG Düsseldorf, U. v. 9.6.2011, AZ.: I-8 U 154/10).
  • Die Sectio wurde zu spät durchgeführt, die Entscheidungs-Entwicklungs-Zeit (EE-Zeit) wurde überschritten. (OLG Hamm, U. v. 4.4.2017, AZ.: I-26 U 88/16; LG Köln, U. v. 12.12.2007, Az.: 25 O 592/01; Brandenburgisches Oberlandesgericht, U. v. 26.4.2007, Az.: 12 U 125/06).

GeburtsmedizinerInnen können zwar jederzeit einen medizinisch nicht indizierten Wunschkaiserschnitts ablehnen (OLG Köln, U. v. 17.6.2015, Az.: I-5 U 91/14). Aber bei gegebener medizinischer Indikation ist die schnelle Durchführung des Notkaiserschnittes zwingend. Dabei kommt es auf jede Minute an, denn sowohl nach derzeitigem fachmedizinischen Standard als auch nach der Rechtsprechung der Obergerichte darf die EE-Zeit in der Regel nicht länger als 20 Minuten betragen (OLG Hamm, U. v. 19.3.2018, Az.: I-3 U 63/15; OLG Hamm, U. v. 4.4.2017, Az.: I-26 U 88/16; OLG München, U. v. 23.12.2011, Az.: 1 U 3410/09; LG Bonn Urt. v. 28.1.2013, Az.: 9 O 266/11).

Oftmals ist es sogar geboten, die EE-Zeit von 20 Minuten deutlich zu unterschreiten (Polzer et. al. RdM 2011, 123-130; OLG München, U. v. 23.12.2011, Az.: 1 U 3410/09).

Ethisches und rechtliches Dilemma

Wie jede ärztliche Behandlung, bedarf auch ein Notkaiserschnitt grundsätzlich der Einwilligung der Schwangeren nach vorheriger Aufklärung. Regelmäßig wird diese Einwilligung auch erteilt. Wenn eine Schwangere indes trotz Aufklärung über die dringende medizinische Notwendigkeit nicht in den Kaiserschnitt einwilligt, stehen Hebamme und vor allem GeburtsmedizinerInnen vor einem ethischen und rechtlichen Dilemma. Sofern ein weiteres Zuwarten aus medizinischen Gründen nicht hinnehmbar ist, stellt sich die Frage, ob der Kaiserschnitt auch gegen den Willen der Schwangeren durchgeführt werden darf. Muss die Verweigerung der Schwangeren unter allen Umständen respektiert werden? Darf oder muss sogar der Kaiserschnitt gegen den Willen der Schwangeren durchgeführt werden? Welche rechtlichen Konsequenzen haben beide Handlungsalternativen?

In Großbritannien, den USA und anderen Ländern wurden Schwangere bereits durch Gerichtsbeschluss gegen ihren Willen zur Durchführung eines Kaiserschnitts gezwungen (High Court of Justice in Großbritannien 1992-10-12; The Independent Law Report 1992). Wäre dies auch in Deutschland möglich?

Das Recht der Mutter

In der rechtswissenschaftlichen Literatur im deutschsprachigen Raum wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Entscheidung der Schwangeren »als Ausfluss ihres verfassungsrechtlich garantierten Persönlichkeitsrechts und Rechts auf körperlicher Unversehrtheit« zwingend zu respektieren sei (Artikel 1, Absatz 2 Grundgesetz). Die gegen den Willen der Schwangeren durchgeführt Notsectio sei eine strafbare Körperverletzung (§ 223f. StGB). Selbst wenn man unterstelle, dass die Behandlungsverweigerung der Schwangeren rechtswidrig ist, bedeute dies nicht, dass eine Behandlung gegen ihren Willen erlaubt wäre (Polzer et al. RdM 2011, 123–130).

Auch in der ständigen Rechtsprechung der deutschen Obergerichte ist anerkannt, dass grundsätzlich die Schwangere die alleinige Entscheidungshoheit über die Durchführung des Entbindungsweges hat.

Die Entscheidung über das ärztliche Vorgehen ist zwar primär Sache der ÄrztInnen selbst. Gleichwohl ist die Entscheidung des die Geburt leitenden Arztes oder der Ärztin, ob diese vaginal oder mittels Kaiserschnitt durchgeführt werden soll, eine ärztliche Maßnahme, die der Einwilligung der Schwangeren bedarf, die vorher über die Alternativen aufzuklären ist.

Die Entscheidungszuständigkeit der werdenden Mutter folgt daraus, dass der Geburtsablauf immer auch sie selbst und ihre körperliche Befindlichkeit betrifft. Darüber hinaus ist sie in dieser Phase die natürliche Sachwalterin der Belange ihres Kindes. Die erforderliche Einwilligung der Mutter entfaltet nach dieser Rechtsprechung daher zugleich Rechtswirksamkeit auch im Hinblick auf die Risiken des Geburtsablaufs für das Kind. Ist die Frau mit einer bestimmten Art der Entbindung rechtswirksam einverstanden, kann auch eine Beeinträchtigung des Kindes, die sich aus diesem Geburtsablauf ergibt, dem geburtsleitenden Arzt oder der Ärztin nicht als rechtswidrige Körperverletzung angelastet werden. Fehlt dagegen ihre Einwilligung, können die ÄrztInnen auch für Verletzungen des Kindes bei der Geburt haftbar sein (BGH, U. v. 12.11.1991, AZ.: VI ZR 369/90; BGH, U. v. 6.12.1988, AZ.: VI ZR 132/88; OLG Stuttgart, U. v. 11.1.2000, AZ.: 14 U 14/99 OLG Köln, U. v. 26.1.1995 , AZ.: 5 U 40/94; OLG Braunschweig, U. v. 19.12.1986, AZ.: 2 U 102/86 ).

Danach ist die Weigerung der Schwangeren, in eine Not-Sectio einzuwilligen, also grundsätzlich hinzunehmen. Kommt es zu einer Schädigung des Kindes wegen der verweigerten Einwilligung der Schwangeren, begründet dies keine Haftung der GeburtsmedizinerIn oder der Hebamme (OLG München, U. v. 8.1.1998, AZ.: 1 U 1614/97).

Allerdings verlangt die Rechtsprechung, dass sowohl Hebamme als auch GeburtsmedizinerIn in einer solchen Situation mit maximalem Druck auf die Schwangere einwirken müssen, um deren Widerstand gegen die gebotene Entbindung zu überwinden. Wörtlich heißt es: »Gebietet es die Weigerung der Patientin, sich in die Klinik zu begeben, mit maximalem ›Druck‹ auf die Patientin einzuwirken, um deren Widerstand gegen eine Entbindung in der Klinik zu brechen und umgehend den Transport in das Krankenhaus zu organisieren, handelt die Hebamme nicht sachgerecht, wenn sie nicht mit der maximalen ‚Druckentfaltung‘ auf die Schwangere einwirkt, sondern sich auf unzureichende Überredungsversuche beschränkt.« (OLG Düsseldorf, U. v. 9.6.2011, Az.: I-8 U 154/10; KG Berlin U. v. 4.4.2011, Az.: 20 U 111/08).

Das Recht des Kindes

Diese Rechtsprechung wird dem verfassungsrechtlich garantierten Lebensschutzrecht des Ungeborenen indes nicht gerecht. Bereits in seinem ersten Urteil zum sogenannten Abtreibungsparagrafen § 218 StGB vom 25. Februar 1973 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass »der Lebensschutz der Leibesfrucht grundsätzlich für die gesamte Dauer der Schwangerschaft Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren genießt« (BVerfG, U. v. 25.2.1975, Az.: 1 BvF 1/74).

Dieses Dictum hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. Mai 1993 noch einmal wiederholt (BVerfG Urt. v. 28.5.1993, Az.: 2 BvF 2/90).

Eben aus diesem Grund ist die Abtreibung grundsätzlich strafbar und nur ausnahmsweise ein Recht der Schwangeren zur Abtreibung gegeben. Darüber hinaus ist der Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Einklang damit der Ansicht, dass eine schwangere Frau verpflichtet ist, für einen für das Kind möglichst sicheren Geburtsverlauf zu sorgen. Deshalb muss sie fremde Hilfe in Anspruch nehmen, wenn absehbar ist, dass bei der Geburt Gefahren für Leib oder Leben des Kindes entstehen können. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, macht sie sich wegen fahrlässiger Tötung strafbar (BGH, U. v. 12.11.2009, Az.: 4 StR 227/09; BGH, Beschluss vom 15.3.2016, Az.: 5 StR 68/16).

Verweigert die Schwangere einen medizinisch indizierten Notkaiserschnitt, der das Leben des ungeborenen Kindes retten könnte, ist dies als eine vergleichbare Pflichtverletzung anzusehen. Dies gilt umso mehr, da ein Notkaiserschnitt regelmäßig zu einem Zeitpunkt des Geburtsverlaufs medizinisch indiziert ist, zu dem die Eröffnungswehen bereits begonnen haben. Mit dem Beginn der Eröffnungswehen wird die ungeborene Leibesfrucht zum Menschen im Sinne der Tötungsdelikte (BGH, U. v. 22.4.1983, Az.: 3 StR 25/83; BGH, U. v. 7.12.1983, Az.: 1 StR 665/83).

Daraus folgt, dass in einer Situation, in der das Leben des ungeborenen Kindes gefährdet ist, dem Schutz dieses Lebens Vorrang vor dem Recht der Schwangeren auf körperliche Unversehrtheit einzuräumen ist, jedenfalls dann, wenn der medizinisch notwendige Eingriff das Leben der Schwangeren nicht gefährdet. Einen Notkaiserschnitt gegen den Willen der Schwangeren vorzunehmen, wäre daher nicht rechtswidrig. In jedem Fall wäre es nach § 34 StGB gerechtfertigt.

Derzeit entspricht diese Rechtsauffassung nicht der herrschenden Rechtsprechung.

Rechte des Kindes
Die UN-Konvention zu den »Rechten des Kindes” war im Jahr 2000 ein historischer Schritt, weil jedem Kind seine eigenen Rechte zuerkannt wurden. Es wurde nicht länger als ein Noch-nicht-Erwachsener gesehen, sondern als eigenständige menschliche Person mit einem Recht auf Versorgung, Schutz, Sicherheit und Mitsprache.

»Rechte des Kindes« vor, während und nach der Geburt

  1. Jedes Kind hat das Recht, schon vor der Geburt als eigene Person geachtet und respektiert zu sein.
  2. Jedes Kind hat das Recht auf eine sichere vorgeburtliche Beziehung und Bindung.
  3. Jedes Kind hat das Recht darauf, dass während der Schwangerschaft und Geburt seine Erlebens-Kontinuität beachtet und geschützt wird.
  4. Jedes Kind hat das Recht darauf, dass medizinische Interventionen von Anfang an immer auch auf ihre seelische Auswirkungen hin reflektiert und verantwortet werden.
  5. Jedes Kind hat das Recht auf Hilfen für einen liebevollen und bezogenen Empfang in der Welt, der ihm eine sichere nachgeburtliche Bindung erlaubt.
  6. Jedes Kind hat das Recht auf eine hinreichend gute Ernährung vor und nach der Geburt. Jedes Kind sollte nach Möglichkeit gestillt werden.
  7. Mit den Kinderrechten ist es ein Recht der künftigen Generationen, dass die Gesellschaft ihnen die Möglichkeit gibt, ihre eigenen Potenziale als Paare und Eltern zu entwickeln.
  8. Mit diesem Recht auf Entwicklung elterlicher Kompetenz ist das Recht des Kindes auf verantwortliche, feinfühlige und bezogene Eltern oder Ersatzpersonen verbunden.
  9. Um diese Rechte des Kindes zu gewähr­leisten, haben die gesellschaftlichen Instititutionen die Pflicht, die Eltern bei der Bewältiung ihrer Auf­gaben zu unterstützen.

Fazit: Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken

Einen medizinisch gebotenen Notkaiserschnitt gegen den Willen der Schwangeren zur Rettung des ungeborenen Kindes durchzuführen, ist nach der derzeitigen Rechtsprechung rechtswidrig und zugleich eine strafbare Körperverletzung. Den Willen der Schwangeren in diesem Fall zu respektieren, birgt indes nicht nur die Gefahr, dass das Kind getötet oder dauerhaft schwer geschädigt wird. GeburtshelferInnen tragen dabei trotzdem Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken, wenn sie nicht nachweisen können, dass sie die Schwangere umfassend aufgeklärt haben: Die Frau muss die dringende medizinische Notwendigkeit des Notkaiserschnittes verstanden und trotz maximaler Einwirkung (Druck) ihre Einwilligung verweigert haben.

Wichtig ist, dass GeburtshelferInnen ihre Dokumentationspflichten erfüllen. Insbesondere die medizinische Indikation für den Notkaiserschnitt, die Aufklärungsinhalte und die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Schwangere zu einer Einwilligung zu bewegen, sind umfassend und lückenlos zu dokumentieren.

PatientInneninformation:
Aufklärung und Einwilligung
»Jeder ärztliche Heileingriff erfüllt nach der aktuellen Rechtsprechung den Tatbestand der Körperverletzung«, heißt es in einem Urteil des Bundesgerichtshofs. »Zu den Heileingriffen zählen nicht nur therapeutische, sondern auch diagnostische Maßnahmen. Bei der Aufklärung ist die Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes, der Autonomie und der Entscheidungsfreiheit der Patientin zu berücksichtigen. Sie haben einen eindeutigen Vorrang vor der medizinischen Auffassung des Arztes. Die Aufklärung der Patientin muss immer durch einen Arzt erfolgen. Eine Delegation an nichtärztliches Personal ist nicht statthaft« (BGH NJW 1974, 604 [605 f.]).

Die Patientin soll anhand aller vermittelten Informationen entscheiden können, wie wahrscheinlich ein Heilerfolg ist und welche Risiken mit der Diagnostik, dem Eingriff oder der Behandlung verbunden sind. So soll sie eine eigenverantwortliche Nutzen-Risiko-Abwägung für oder gegen den medizinischen Eingriff treffen.

An die Patientin stellt dies hohe Anforderungen: »Voraussetzung einer wirksamen Einwilligung ist, dass sie nach Verständnis der Sachlage erteilt wurde und die Einwilligende eine zutreffende Vorstellung vom voraussichtlichen Verlauf und den möglichen Folgen des zu erwartenden Eingriffs hat; sie muss die nötige Urteilskraft und Gemütsruhe besitzen, um die Tragweite ihrer Erklärung zu erkennen und das Für und Wider verständig gegeneinander abzuwägen« (BGHSt 4, 88, 90).

»Die Patientin muss ferner im vollen Besitz der Erkenntnis- und Entscheidungsfreiheit sein, was bei starken Schmerzen eingeschränkt möglich sein kann« (OLG Frankfurt MedR 1984, 194 [196]).

Quelle: Parzeller M, Wenk M, Zedler B, Rothschild M. Aufklärung und Einwilligung bei ärztlichen Eingriffen. Patient Information and Informed Consent before and after Medical Intervention. Dtsch Arztebl 2007. 104(9): A-576 / B-507 / C-488

Zitiervorlage
Robienski J: Recht: Notkaiserschnitt gegen den Willen der Frau? DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2019. 71 (1): 18–22
Literatur
Deutscher Bundestag: Dokumentation. Informationen zu Risikoschwangerschaften und zur Pränataldiagnostik. 2016. https://www.bundestag.de/blob/485814/0e49cd9f15133deb377c0cb1a2c1fd3d/wd-9-056-16-pdf-data.pdf

Martis R, Winkhardt-Martis M: Aufklärungspflichten des Geburtshelfers über die Gebotenheit einer Sectio und Verweigerung geburtshilflich erforderlicher Eingriffe durch die Schwangere. Der Gynäkologe 2016. 386–391. www.mmrj-anwaelte.de/downloads/protected/rechtsprobleme-in-der-gynaekologie-2016.pdf

Stubert J, Reister F, Hartmann S, Janni W: Risiken bei Adipositas in der Schwangerschaft. The risks associated with obesity in pregnancy. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 276–83. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0276. https://www.aerzteblatt.de/archiv/197479/Risiken-bei-Adipositas-in-der-Schwangerschaft. https://www.praxis-depesche.de/nachrichten/adipositas-fuehrt-haeufig-zum-kaiserschnitt/

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