Wann ist die Schwangerschaft erwünscht? Es gibt viele Methoden zur natürlichen Familienplanung, die je nach Intention mehr oder weniger praktikabel sind. Foto: ProstoSvet/stock.adobe.com

Es gibt zahlreiche Methoden zur natürlichen Familienplanung, die sich in ihrer Sicherheit, Praktikabilität und Akzeptanz erheblich unterscheiden. Welche Gesichtspunkte sind für die Praxis entscheidend und sollten einer Beratung zugrunde liegen? Die aktuelle S2k-Leitlinie »Nicht-hormonelle Empfängnisverhütung« gibt Empfehlungen.

Die natürliche Familienplanung (NFP) umfasst Methoden, mit deren Hilfe eine Schwangerschaft geplant oder vermieden werden kann. Dafür werden typische physiologische Veränderungen im weiblichen Zyklus beobachtet, gemessen und ausgewertet. Ziel aller Methoden ist, das fertile Zeitfenster zu bestimmen und nicht in den natürlichen Zyklus einzugreifen. Die Methoden sind unterschiedlich effektiv.

Bis in die 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts beschränkte sich die natürliche Verhütung meist auf Rechnen und Kalender. Seitdem hat die Suche nach einer idealen Methode ein zunehmendes Verständnis über die Abläufe im Körper der Frau geöffnet und viele unterschiedliche Lösungen hervorgebracht. Erstaunlicherweise finden sich diese inzwischen in der modernen IT-Welt als Computerprogramme, Zykluscomputer und Apps wieder, die weltweit in die Anwendung gehen und sich großer Beliebtheit erfreuen. Oft ist unklar, ob die hinter den Angeboten stehenden NFP-Methoden überhaupt in der Lage sind, die an sie gerichteten Erwartungen zu erfüllen.

Für die Wahl einer Verhütungsmethode sind für unterschiedliche Anwenderinnen in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Prioritäten gegeben: Sicherheit der NFP-Methode, Akzeptanz der Methode, Verfügbarkeit, Einfachheit, Länge der fruchtbaren Zeit.

Sicher und effektiv?

Zum Verhüten ist für Frauen in unseren Breitengraden die Effektivität einer der wichtigsten Faktoren bei der Auswahl der Methode (Madden et al., 2015). Die Sicherheit hängt von zwei Faktoren ab: der Sicherheit der Methode selbst und der Zuverlässigkeit im Gebrauch durch die Anwenderin. Man unterscheidet demnach die Methodensicherheit und die Gebrauchssicherheit.

Unter der Methodensicherheit (Perfect Use Rate) versteht man die Anzahl unbeabsichtigt aufgetretener Schwangerschaften pro 100 Frauen in einem Jahr trotz korrekter Anwendung der Methode. Die Gebrauchssicherheit (Typical Use Rate) beschreibt die Anzahl aller unbeabsichtigten Schwangerschaften pro 100 Frauen in einem Jahr, die bei korrekter oder fehlerhafter Anwendung der Methode auftreten.

Die Einflussfaktoren auf die Gebrauchssicherheit einer Methode sind vielfältig: Motivation, Qualität der Informationsvermittlung, Sexualverhalten im fertilen Fenster wie Abstinenz, Verwendung zusätzlicher alternativer Verhütungsmaßnahmen, zum Beispiel Barrieremethoden oder Coitus interruptus.

Die Effektivität einer Familienplanungsmethode wird üblicherweise mit Hilfe des Pearl-Index angegeben. Dieser bezeichnet die Anzahl der unbeabsichtigten Schwangerschaften, wenn 100 Frauen ein Jahr lang die gleiche Verhütungsmethode anwenden. Oft ist es schwierig zu unterscheiden, ob die angegebene Zahl der Methoden- oder Gebrauchssicherheit entspricht. Da der Pearl-Index viele Ungenauigkeiten beinhaltet, sollte zur Berechnung der Sicherheit der Life Table (für die Gebrauchssicherheit) oder die Berechnung nach Trussell (für die Methodensicherheit) verwendet werden. Beide Verfahren geben ebenfalls die Schwangerschaftsrate pro 100 Frauen pro Jahr an, nur komplexer berechnet (Trussell, 2011; Rötzer, 1978).

Die Methodensicherheit einer Familienplanungsmethode kann nur ermittelt werden, wenn für alle Zyklen in einer Studie erhoben wurde, ob eine korrekte oder inkorrekte Anwendung stattfand (Trussell & Grummer-Strawn, 1990, Trussell & Grummer-Strawn, 1991). Zum Beispiel muss bei NFP-Methoden in den Zyklen aufgezeichnet werden, ob Geschlechtsverkehr (GV) in der selbstbeobachteten fertilen Phase stattfand.

Was bedeutet eine Methodensicherheit von 3?

Eine Methodensicherheit von 3, beziehungsweise eine Effektivität von 97 % bedeutet, dass 3 von 100 Frauen in einem Jahr schwanger werden trotz korrekter Benutzung der Methode. Von den verbliebenen 97 Frauen werden im folgenden Jahr erneut 2–3 Frauen schwanger und so weiter. Das heißt, nach einer fünfjährigen Methodenanwendung sind circa 12–15 % der Anwenderinnen ungeplant schwanger geworden. Deshalb gehört eine Sicherheit von 3 in die Kategorie mittel sicher.

3 Stufen Sicherheit
Familienplanungsmethoden können nach ihrer Methodensicherheit in drei Kategorien eingeteilt werden:

  • Sehr sicher: Schwangerschaftsrate pro 100 Frauen pro Jahr < 1
  • Mittel sicher: Schwangerschaftsrate pro 100 Frauen pro Jahr >1 bis 4
  • Unsicher: Schwangerschaftsrate pro 100 Frauen pro Jahr > 4.

Was bedeutet eine Methodensicherheit von 0,5?

Die Berechnungen zur Effektivität wie zum Beispiel im Pearl-Index gehen davon aus, dass 100 Frauen in einem Jahr 1.300 Zyklen haben. Eine Methodensicherheit von 0,5 (= Schwangerschaftsrate pro 100 Frauen in einem Jahr) bedeutet, dass lediglich eine ungeplante Schwangerschaft in 2.600 Zyklen auftritt (Kategorie: sehr sicher).

Übertragen auf die Methoden der natürlichen Familienplanung fällt auf, dass häufig verschiedene NFP-Methoden hinsichtlich der Sicherheitsfrage gebündelt betrachtet werden. Dabei ist es gerade hier relevant, zu konkretisieren, um welche Form der natürlichen Familienplanung es geht. Es gibt nur einige wenige NFP-Methoden, bei denen Angaben zur Methodensicherheit existieren (siehe Tabelle).

Tabelle: Methoden und Gebrauchssicherheit der im europäischen Raum verwendeten NFP-Methoden Quelle: © Leitlinie »Nicht-hormonelle Empfängnisverhütung«, 2024

Derzeit gibt es europaweit nur eine geprüfte NFP-Methode, die auch von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) sowie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin e.V. (DGGEF) empfohlen wird und nachgewiesenermaßen diese hohen Erwartungen bedienen kann: die symptothermale Methode Sensiplan (Frank-Herrmann et al., 2007).

Verfügbar, einfach und umsetzbar im Alltag?

Natürliche Familienplanung ist im Alltag gut umzusetzen. Vorausgesetzt ist die Bereitschaft, sich mit den Signalen des Körpers auseinanderzusetzen. Die Anwenderin beziehungsweise das Paar benötigt lediglich eine schriftliche Einführung, zum Beispiel ein Buch, und einen Einführungskurs. Daher ist die Methode relativ kostengünstig und in diesem Punkt allen anderen Kontrazeptionsmethoden mit vergleichbar niedrigem Pearl-Index überlegen.

Ziel aller NFP-Methoden ist die Bestimmung des fertilen Fensters im weiblichen Zyklus. Dafür werden verschiedene Parameter zur Beobachtung und Messung herangezogen. Typisch dafür sind die Veränderungen der Basaltemperatur und der Zervixschleimsekretion, gelegentlich auch die Palpation der Zervix durch die Frau.

Die Auswahl des Regelwerks für die Auswertung der einzelnen Parameter bestimmt die Methode und letztendlich die Sicherheit. Es gibt Einzeichenmethoden, die nur einen Parameter in die Auswertung mit einbeziehen, und Zweizeichenmethoden mit zwei Parametern – die symptothermalen Methoden (siehe Tabelle).

Im Folgenden werden einige Auszüge aus den Regelwerken am Beispiel Sensiplan dargestellt (Arbeitsgruppe NFP, 2021), da es sich um die derzeit am meisten untersuchte und validierte symptothermale Methode handelt. Diese Methode ist auch bei Schichtarbeit, in der Stillzeit sowie bei unregelmäßigen Zyklen anwendbar. Sensiplan ist auch die von der DGGEF empfohlene Methode.

Die Zyklusparameter

1. Basaltemperatur

Die Basaltemperatur ist die morgendliche Aufwachtemperatur, die rektal, vaginal oder oral gemessen wird. Sie steigt um den Eisprung herum leicht an, bleibt in der Phase nach dem Eisprung erhöht und sinkt am Ende des Zyklus wieder ab.

Es ist heutzutage nicht mehr notwendig, täglich und zur selben Uhrzeit zu messen. Die Anwenderinnen beginnen mit den Messungen nach der Periode und beenden sie, wenn das Ende der fruchtbaren Zeit bestimmt ist. Auch Messlücken und Störungen führen zu keiner Sicherheitseinbuße, die Anwenderin lernt diese zu erkennen und in die Auswertung einzubeziehen.

Am Beispiel von Sensiplan ist es so, dass sechs Messwerte in der Temperaturtieflage und drei Werte in der Hochlage für die Auswertung notwendig sind. Liegen »gestörte« Werte dazwischen, werden diese ausgeklammert.

Auswertung:

Die Temperaturauswertung orientiert sich an der Definition des Temperaturanstiegs.

Ein Temperaturanstieg hat dann stattgefunden, wenn sich drei aufeinander folgende Messwerte finden, die alle höher sind als die sechs vorangegangenen Messwerte, wobei die dritte höhere Messung mindestens 2/10 °C über dem höchsten der sechs niedrigen Temperaturwerte liegen muss.

Um die erste höhere Messung zu identifizieren, wird Tag für Tag jeder neue Temperaturwert mit den jeweils sechs vorangegangenen Werten verglichen.

Ausnahmen:

  1. Ist der 3. Temperaturwert keine 2/10 °C höher, muss ein 4. Temperaturwert abgewartet werden. Dieser muss ebenfalls höher als die sechs vorangegangenen Werte sein.
  2. Zwischen den drei erforderlichen höheren Messungen kann eine Messung niedriger oder gleich hoch wie die sechs vorangegangenen Temperaturwerte sein. Dieser Wert wird dann nicht berücksichtigt. Der dritte höhere Wert muss aber mindestens 2/10 °C höher liegen.

Die beiden Ausnahmen dürfen nicht kombiniert werden.

2. Zervixschleim

In der Phase vor dem Eisprung steigt der Östrogenspiegel an. Dadurch kommt es zu einer zunehmenden Produktion und Verflüssigung des Zervixschleims, der in der Zervix gebildet wird. Er rinnt die Scheidenwand entlang zur Vulva und kann äußerlich an der Vulva beobachtet werden. Es ist nicht notwendig, in die Scheide hineinzufassen. Das Zervixsekret ist zunächst weißlich, klumpig, dicklich und wird zunehmend klar und dehnbar/spinnbar, um nach dem Eisprung relativ rasch wieder zu verschwinden.

Auswertung:

Die Interpretation des Zervixschleims orientiert sich an der sogenannten Höhepunktregel.

Der Höhepunkt des Zervixschleims ist der letzte Tag mit der individuell besten Qualität (zum Beispiel glasiger, spinnbarer Zervixschleim).

Anstelle der Zervixschleimbeobachtung kann alternativ die Autopalpation der Zervix eingesetzt werden.

3. Festlegung des fertilen Fensters

Für die Bestimmung des fertilen Fensters muss zum einen festgelegt werden, wann die fruchtbare Phase beginnt, zum anderen, wann sie endet. Je nachdem, wie das Regelwerk einer NFP-Methode diesen Zeitraum festlegt, unterscheidet man Methoden mit und ohne »Double Check«. Im Folgenden die Festlegung am Beispiel Sensiplan:

Das Ende der fruchtbaren Phase:

Der Temperaturanstieg und der Umschwung in der Zervixschleimqualität werden nach dem Prinzip der doppelten Kontrolle ausgewertet. Die unfruchtbare Zeit nach dem Eisprung beginnt entweder am Abend des dritten Tages nach dem Höhepunkt des Schleimsymptoms oder am Abend der abgeschlossenen Temperaturauswertung, je nachdem, welches von beiden später kommt.

Der Anfang der fruchtbaren Phase:

Die unfruchtbare Phase am Zyklusanfang wird ebenfalls nach dem Prinzip der doppelten Kontrolle bestimmt. Sie besteht aus der Zervixschleimbeobachtung und der sogenannten Minus-8-Regel beziehungsweise 5-Tage-Regel.

Der letzte unfruchtbare Tag am Zyklusanfang ist der Tag der frühesten ersten höheren Messung aus mindestens 12 Temperaturzyklen minus 8 Tage (die sieben Tage vor dem Temperaturanstieg werden hier als fruchtbar betrachtet). Sollte jedoch bereits vorher Zervixschleim beobachtet werden, so beginnt ab diesem Zeitpunkt die fruchtbare Zeit. Dem Prinzip der doppelten Kontrolle entsprechend gilt hier: »Was zuerst kommt«.

Für den Übergang im ersten Anwendungsjahr gilt üblicherweise die 5-Tage-Regel. Hier werden die ersten 5 Tage im Zyklus in doppelter Kontrolle mit dem Zervixschleim als unfruchtbar angenommen.

Abbildung: Einteilung der nicht-hormonellen Methoden adaptiert nach WHO
(Family Planning, a global handbook for providers, 2018). Sehr effektive
Methoden (< 1 ungeplante Schwanger schaft von 100 Frauen innerhalb der ersten 12 Monate), sehr geringe Effektivität (> 20 unge plante Schwanger -
schaften innerhalb der ersten 12 Monate). Gebrauchssicherheit (typische
Anwendung mit Anwendungsfehlern, in runden Klammern) sowie was die
Methode bei idealer Anwendung erreichen könnte [in eckigen Klammern]. Quelle: Leitlinie »Nicht-hormonelle Empfängnisverhütung«, DGGG,
2023

NFP-Methoden in der Leitlinie

Zur ausführlichen Darstellung und Bewertung der in der S2K-Leitlinie zur nicht-hormonellen Empfängnisverhütung (DGGG, 2023) aufgeführten Methoden der NFP sollten die folgenden Kriterien erfüllt sein:

Deshalb wird auf folgende Methoden (und weitere nicht genannte) in der Leitlinie nicht näher eingegangen:

  1. Ausreichende Breite und Akzeptanz der Anwendung im europäischen Raum
  2. Publizierte kontrollierte Studien insbesondere zur kontrazeptiven Effektivität.
    • Kalendermethoden (zum Beispiel Knaus/Ogino oder Standard Days Method – SDM)
    • Die Temperaturmethoden (TM): Die Verwendung der alleinigen TM ist heute weitestgehend obsolet (zum Beispiel nach Döring oder Vollmann).
    • NFP-Methoden, die überwiegend in außereuropäischen Ländern Anwendung finden: bestimmte Varianten der symptothermalen Methoden (STM), wie die Methode der Couple-to-Couple-League oder die Methode nach Thyma. Zervixschleimmethoden wie die Creighton-Methode, die Two-days-Method oder die Modified Mucus Methods.
Vorteile der natürlichen Familienplanung
Besondere Situationen:

Nach Operationen am Gebärmutterhals (zum Beispiel Konisation) kann die Zervixschleim­beobachtung je nach Verlust der sekretorischen Einheiten eingeschränkt sein. Das liegt daran, dass es durch die Operation zu einer Entfernung der sogenannten Krypten kommt. Die Krypten sind Vertiefungen im Bereich des Gebärmutter­halskanals und bilden den Zervixschleim

Einschränkungen:

  • Keine Nebenwirkungen, nicht hormonal, nicht invasiv
  • Bei Verwendung von symptothermaler Methode mit hoher Effektivität: sichere Verhütung für Risikopatientinnen möglich
  • Kostengünstig
  • Individuelles Erleben des Zyklusgeschehens, Stärkung des Körperbewusstseins
  • Anwendung auch bei unregelmäßigen Zyklen möglich
  • Anwendung einzelner Methoden auch bei Sondersituationen wie z.B. Schichtdienst möglich
  • Für besondere Lebensphasen (Postpartum, Stillzeit, Prä-und Perimenopause) existieren je nach NFP-Methode Sonderregeln (Arbeitsgruppe NFP, 2021)
  • Nahtloser Übergang und Unterstützung des Kinderwunsches: Erkennen des Fertilitätsoptimums (wichtigster Parameter: Zervixschleim)
  • Intensivere Einbindung der Patientin in die medizinische Diagnostik und Therapie, Qualifizierung im Sinne von Körper- und Zyklus-Kompetenz.
  • Bei Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung), die nicht postpartal bedingt ist, ist die NFP nicht anwendbar.
  • Bei Risikosituationen (z.B. Einnahme teratogener Medikamente) ist die Anwendung von NFP nur möglich, wenn die Anwenderin die Methode konsequent benutzt, ansonsten ist sie nicht die Kontrazeptionsmethode der ersten Wahl.
  • Wie bei allen anwenderabhängigen Verhütungsmethoden sind Methoden der N

Relevante Methoden in Europa

Billings-Methode
Die Zervixschleimmethode nach Billings (Billings Ovulation Method, OM) stellt eine Einzeichenmethode dar. Sie wurde vom australischen Ärzteehepaar Billings in den 70er Jahren entwickelt. Die fruchtbare Zeit wird ausschließlich durch Beobachtung der zyklischen Veränderungen des Zervixschleims am Scheideneingang bestimmt. Das Regelwerk ist komplex. Es liegen korrekt berechnete Daten zur Methoden- und Gebrauchssicherheit aus einer internationalen WHO-Studie vor (Trussell & Grummer-Strawn, 1990; Trussell & Grummer-Strawn, 1991; WHO, 1981). Bedingt durch die in Industrieländern festgestellte mittlere bis unsichere Effektivität ist die Billings-Methode im deutschsprachigen Raum wenig verbreitet.

Rötzer-Methode
Die Methode nach Rötzer gehört in die Gruppe der symptothermalen NFP-Methoden. Sie ist weltweit die erste beschriebene symptothermale Methode, publiziert im Jahre 1965 von dem österreichischen Arzt Josef Rötzer. Der Datenlage zur Rötzer-Methode liegen retrospektive Untersuchungen aus den 1960er und 1970er Jahren zugrunde (Rötzer, 1968; Rötzer, 1978). Die Methodik erfordert die Anwendung vieler und teilweise komplizierter Regeln, was eine Einschränkung der Gebrauchssicherheit zur Folge haben könnte. Da es keine prospektiven Daten gibt und die Methodensicherheit außerdem nicht korrekt (nach Trussell) berechnet wurde, wird sie in der Leitlinientabelle nicht angegeben (siehe Tabelle).

CLER-Methode
Die Methode des Centre de Liaison des Équipes de Recherche sur l’amour et la famille (CLER) stellt eine symptothermale Methode dar, die den Beginn des fertilen Fensters mit nur einem Zeichen festlegt, dem Zervixschleim. Das Regelwerk ist kompliziert. Die Methodensicherheit ist unklar, die Gebrauchssicherheit ist mit 17 ungeplanten Schwangerschaften pro Jahr angegeben (Ecochard et al., 1998; European Multicenter Study of Natural Family Planning, 1999; Prospective European Multi-Center Study of Natural Family Planning, 1993).

Sensiplan-Methode
Die symptothermale Methode Sensiplan folgt dem Prinzip der doppelten Kontrolle (Double-Check) für das Festlegen des Beginns als auch des Endes des fertilen Fensters. Es wurde eine Methodensicherheit von 0,4 sowie eine Gebrauchssicherheit von 1,8 ermittelt (European Multicenter Study of Natural Family Planning, 1999; Frank-Herrmann et al., 1991; Frank-Herrmann et al., 1997; Frank-Herrmann et al., 2007; Prospective European Multi-Center Study of Natural Family Planning (1993)).

Mit dieser geringen Versagerquote zählt die symptothermale Methode Sensiplan zu den sehr sicheren Familienplanungsmethoden und ist deshalb auch eine Option für Risikopatientinnen. Es ist zu beachten, dass diese Zahlen an Kollektiven erhoben wurden, die die Methode nach einer standardisierten Beratung erlernt haben. Zur kontrazeptiven Sicherheit des Kollektivs der autodidaktisch oder durch andere Quellen informierten Frauen sind keine Zahlen bekannt. Zum Erlernen der Methode existiert in vielen Ländern ein Netzwerk von zertifizierten, nach Standards ausgebildeten Sensiplan-Berater:innen mit regelmäßiger Weiterbildungspflicht. Supervidiert wird diese Qualitätssicherung und Ausbildung von der Arbeitsgruppe NFP der Malteser (> https://www.sensiplan.de).

Fazit für die Praxis

Die Kenntnis über Methoden der natürlichen Familienplanung und die physiologischen Vorgänge, die diesen Methoden zugrunde liegen, sind nicht nur für die Familienplanung relevant, sondern auch für die »Fertility Awareness«.

Die Zyklusaufzeichnung stellt ein diagnostisches Tool dar. Sie liefert Informationen darüber, ob ein Zyklus ovulatorisch war, das heißt ob ein Eisprung stattgefunden hat. Zudem kann eine Aussage über den Zeitpunkt des Eisprungs (Ovulation) und über den Konzeptionszeitpunkt (Empfängnis) getroffen werden. Bei Frauen mit Oligomenorrhoe, also zu seltener Regelblutung (Abstand > 35 Tage) kann eine protrahierte Follikelreifung (verlängerte Eireifungsphase) erkannt werden. Weiterhin sieht man, ob Hinweise auf eine Lutealinsuffizienz (verkürzte hypertherme Phase < 10 Tage) oder Anovulation (fehlender Eisprung) bestehen. Gerade für Anwenderinnen mit bekannter Oligomenorrhoe führt die Kenntnis der Zyklusveränderung und die Möglichkeit der Festlegung des fertilen Fensters zu einer Stärkung des Körperbewusstseins. In einer Studie fand sich bei Frauen mit gut gelernter Methode eine gleichbleibende Methodensicherheit und eine etwas verringerte Gebrauchssicherheit (Gebrauchssicherheit 4). Durch die methodisch bedingte Verlängerung der potenziell fertilen Phase fand in dieser Studie häufiger ungeschützter Verkehr im selbstbeobachteten fertilen Fenster statt (Raith-Paula & Frank-Herrmann, 2020).

Frauen mit Kinderwunsch ermöglichen qualifizierte NFP-Methoden darüber hinaus, das Fertilitätsoptimum (spinnbarer Zervixschleim) im individuellen Zyklus selbst zu erkennen.

Sofern die Anwenderin die Methode gut gelernt hat (qualifizierte NFP-Beratung) und in der fertilen Phase keinen ungeschützten Geschlechtsverkehr hat, kann sie mit evidenzbasierten NFP-Methoden sehr sicher verhüten (Schwangerschaftsrate < 1).

Zusammenfassend sieht man, dass das Angebot an Methoden der natürlichen Familienplanung sehr groß ist, dass aber in der Wertigkeit je nach Intention deutliche Unterschiede existieren. Für den Einsatz einer hochsicheren Familienplanungsmethode steht aktuell die NFP-Methode Sensiplan zur Verfügung. Sie kann auch Risikopatientinnen zur Empfängnisverhütung empfohlen werden. Es ist unzulässig, die Ergebnisse zur Sensiplan-Methode auf andere NFP-Methoden zu übertragen, da diese in der Methodik selbst und ihrer schriftlichen Darstellung und Vermittlung erhebliche Unterschiede aufweisen.

Zitiervorlage
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Literatur
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