Derzeit gibt es europaweit nur eine geprüfte NFP-Methode, die auch von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) sowie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin e.V. (DGGEF) empfohlen wird und nachgewiesenermaßen diese hohen Erwartungen bedienen kann: die symptothermale Methode Sensiplan (Frank-Herrmann et al., 2007).
Verfügbar, einfach und umsetzbar im Alltag?
Natürliche Familienplanung ist im Alltag gut umzusetzen. Vorausgesetzt ist die Bereitschaft, sich mit den Signalen des Körpers auseinanderzusetzen. Die Anwenderin beziehungsweise das Paar benötigt lediglich eine schriftliche Einführung, zum Beispiel ein Buch, und einen Einführungskurs. Daher ist die Methode relativ kostengünstig und in diesem Punkt allen anderen Kontrazeptionsmethoden mit vergleichbar niedrigem Pearl-Index überlegen.
Ziel aller NFP-Methoden ist die Bestimmung des fertilen Fensters im weiblichen Zyklus. Dafür werden verschiedene Parameter zur Beobachtung und Messung herangezogen. Typisch dafür sind die Veränderungen der Basaltemperatur und der Zervixschleimsekretion, gelegentlich auch die Palpation der Zervix durch die Frau.
Die Auswahl des Regelwerks für die Auswertung der einzelnen Parameter bestimmt die Methode und letztendlich die Sicherheit. Es gibt Einzeichenmethoden, die nur einen Parameter in die Auswertung mit einbeziehen, und Zweizeichenmethoden mit zwei Parametern – die symptothermalen Methoden (siehe Tabelle).
Im Folgenden werden einige Auszüge aus den Regelwerken am Beispiel Sensiplan dargestellt (Arbeitsgruppe NFP, 2021), da es sich um die derzeit am meisten untersuchte und validierte symptothermale Methode handelt. Diese Methode ist auch bei Schichtarbeit, in der Stillzeit sowie bei unregelmäßigen Zyklen anwendbar. Sensiplan ist auch die von der DGGEF empfohlene Methode.
Die Zyklusparameter
1. Basaltemperatur
Die Basaltemperatur ist die morgendliche Aufwachtemperatur, die rektal, vaginal oder oral gemessen wird. Sie steigt um den Eisprung herum leicht an, bleibt in der Phase nach dem Eisprung erhöht und sinkt am Ende des Zyklus wieder ab.
Es ist heutzutage nicht mehr notwendig, täglich und zur selben Uhrzeit zu messen. Die Anwenderinnen beginnen mit den Messungen nach der Periode und beenden sie, wenn das Ende der fruchtbaren Zeit bestimmt ist. Auch Messlücken und Störungen führen zu keiner Sicherheitseinbuße, die Anwenderin lernt diese zu erkennen und in die Auswertung einzubeziehen.
Am Beispiel von Sensiplan ist es so, dass sechs Messwerte in der Temperaturtieflage und drei Werte in der Hochlage für die Auswertung notwendig sind. Liegen »gestörte« Werte dazwischen, werden diese ausgeklammert.
Auswertung:
Die Temperaturauswertung orientiert sich an der Definition des Temperaturanstiegs.
Ein Temperaturanstieg hat dann stattgefunden, wenn sich drei aufeinander folgende Messwerte finden, die alle höher sind als die sechs vorangegangenen Messwerte, wobei die dritte höhere Messung mindestens 2/10 °C über dem höchsten der sechs niedrigen Temperaturwerte liegen muss.
Um die erste höhere Messung zu identifizieren, wird Tag für Tag jeder neue Temperaturwert mit den jeweils sechs vorangegangenen Werten verglichen.
Ausnahmen:
- Ist der 3. Temperaturwert keine 2/10 °C höher, muss ein 4. Temperaturwert abgewartet werden. Dieser muss ebenfalls höher als die sechs vorangegangenen Werte sein.
- Zwischen den drei erforderlichen höheren Messungen kann eine Messung niedriger oder gleich hoch wie die sechs vorangegangenen Temperaturwerte sein. Dieser Wert wird dann nicht berücksichtigt. Der dritte höhere Wert muss aber mindestens 2/10 °C höher liegen.
Die beiden Ausnahmen dürfen nicht kombiniert werden.
2. Zervixschleim
In der Phase vor dem Eisprung steigt der Östrogenspiegel an. Dadurch kommt es zu einer zunehmenden Produktion und Verflüssigung des Zervixschleims, der in der Zervix gebildet wird. Er rinnt die Scheidenwand entlang zur Vulva und kann äußerlich an der Vulva beobachtet werden. Es ist nicht notwendig, in die Scheide hineinzufassen. Das Zervixsekret ist zunächst weißlich, klumpig, dicklich und wird zunehmend klar und dehnbar/spinnbar, um nach dem Eisprung relativ rasch wieder zu verschwinden.
Auswertung:
Die Interpretation des Zervixschleims orientiert sich an der sogenannten Höhepunktregel.
Der Höhepunkt des Zervixschleims ist der letzte Tag mit der individuell besten Qualität (zum Beispiel glasiger, spinnbarer Zervixschleim).
Anstelle der Zervixschleimbeobachtung kann alternativ die Autopalpation der Zervix eingesetzt werden.
3. Festlegung des fertilen Fensters
Für die Bestimmung des fertilen Fensters muss zum einen festgelegt werden, wann die fruchtbare Phase beginnt, zum anderen, wann sie endet. Je nachdem, wie das Regelwerk einer NFP-Methode diesen Zeitraum festlegt, unterscheidet man Methoden mit und ohne »Double Check«. Im Folgenden die Festlegung am Beispiel Sensiplan:
Das Ende der fruchtbaren Phase:
Der Temperaturanstieg und der Umschwung in der Zervixschleimqualität werden nach dem Prinzip der doppelten Kontrolle ausgewertet. Die unfruchtbare Zeit nach dem Eisprung beginnt entweder am Abend des dritten Tages nach dem Höhepunkt des Schleimsymptoms oder am Abend der abgeschlossenen Temperaturauswertung, je nachdem, welches von beiden später kommt.
Der Anfang der fruchtbaren Phase:
Die unfruchtbare Phase am Zyklusanfang wird ebenfalls nach dem Prinzip der doppelten Kontrolle bestimmt. Sie besteht aus der Zervixschleimbeobachtung und der sogenannten Minus-8-Regel beziehungsweise 5-Tage-Regel.
Der letzte unfruchtbare Tag am Zyklusanfang ist der Tag der frühesten ersten höheren Messung aus mindestens 12 Temperaturzyklen minus 8 Tage (die sieben Tage vor dem Temperaturanstieg werden hier als fruchtbar betrachtet). Sollte jedoch bereits vorher Zervixschleim beobachtet werden, so beginnt ab diesem Zeitpunkt die fruchtbare Zeit. Dem Prinzip der doppelten Kontrolle entsprechend gilt hier: »Was zuerst kommt«.
Für den Übergang im ersten Anwendungsjahr gilt üblicherweise die 5-Tage-Regel. Hier werden die ersten 5 Tage im Zyklus in doppelter Kontrolle mit dem Zervixschleim als unfruchtbar angenommen.