Ein Brustkrebs im Frühstadium sollte nach der Biopsie möglichst rasch operativ entfernt werden. Eine Analyse des US-Krebsregisters SEER in Breast Cancer Research zeigt, dass bei einer Verzögerung um mehrere Wochen oder Monate das Risiko auf einen Tod am Brustkrebs ansteigt.
Die Behandlungsergebnisse des Mammakarzinoms haben sich gebessert. Im lokoregionalen Frühstadium liegen die Behandlungschancen heute bei weit über 80 % – vorausgesetzt, der Tumor wird frühzeitig entfernt. Bislang gingen viele Forscher:innen davon aus, dass keine übertriebene Eile geboten ist.
Das Mammakarzinom wächst langsam: Nach den Ergebnissen einer schwedischen Analyse von Mammografien vergehen im Durchschnitt 1,7 Jahre, bis ein Tumor von 1 cm Durchmesser seine Größe verdoppelt hat.
Das Sterberisiko könnte jedoch früher ansteigen. Ein Team um Takemi Tanaka von der Universität in Oklahoma City hat hierzu die Daten des US-Krebsregisters SEER (»Surveillance, Epidemiology, and End Results«) für Senioren ausgewertet. Dabei konnten sie auf die Daten der staatlichen Gesundheitsversorgung für Senioren Medicare zurückgreifen, die die Zeitpunkte der Diagnose durch eine Feinnadelbiopsie und der Operation enthalten.
Die Forschenden haben die Dauer zwischen Diagnose und Operation mit der Brustkrebs-spezifischen Mortalität verglichen. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass das Sterberisiko bei einer Verzögerung der Operation schneller ansteigt als erwartet.
Besonders deutlich war der Zusammenhang beim Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom. Hier kam es bereits ab dem 42. Tag nach der Biopsie zu einem exponentiellen Anstieg. Bei einem Intervall von 60 Tagen lag das Sterberisiko am Brustkrebs um 21 % höher, bei einem Intervall von 90 Tagen stieg das Risiko um 79 % und bei einem Intervall von 120 Tagen um 183 %.
Da die Prognose von Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinomen sehr gut ist, steigt das absolute Risiko relativ gering an. Tanaka ermittelt für die 120 Tage-Verzögerung einen Anstieg der kumulativen Sterberate am Brustkrebs nach 5 Jahren um 3,1 %.
Beim HER2-positiven Mammakarzinom und beim Triple-negativen Mammakarzinom kam es »nur« zu einem linearen Anstieg des Sterberisikos. Da diese beiden Tumore aber aggressiver sind, stieg die kumulative 5-Jahres-Mortalität am Mammakarzinom am Ende deutlich an, um 4,1 % beim HER2-positiven Mammakarzinom und um 4,8 % beim Triple-negativen Mammakarzinom.
Der Grund für den im Vergleich zum relativen Wachstum des Mammakarzinoms raschen Anstieg des Sterberisikos ist unklar. Tanaka vermutet, dass die Feinnadelbiopsie im Tumor eine Wunde hinterlässt, die die Bildung von Metastasen fördert.
In Cell Reports Medicine (2023; DOI: 10.1016/j.xcrm.2023.101330) hatte die Forscherin hierzu experimentelle Befunde vorgestellt, nach denen die Behandlung mit einem Cyclooxygenase-Hemmer den Prozess stoppen könnte. Klinische Erfahrungen hierzu gibt es allerdings noch nicht.
Quelle: Leslie, M., Pathak, R., Dooley, W. C., Squires, R. A., Rui, H., Chervoneva, I., & Tanaka, T. (2024). Surgical Delay-Associated Mortality Risk Varies by Subtype in Loco-Regional Breast Cancer Patients in SEER-Medicare. Research square, rs.3.rs-4171651. https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-4171651/v1 · Deutsches Ärzteblatt, 22.4.2025 · DHZ