Darüber hinaus gehört zum Verein eine Jugendgruppe in Malawi, die über HIV und sexuell übertragbare Krankheiten spricht. Außerdem bietet er zahlreiche Workshops an. »Unser Name ist schon sehr bekannt«, freut sich die Hebamme. »Das Projekt lebt.« Und es wächst.
Auch das eigentliche Geburtshaus-Projekt ist gewachsen – fast zu einem Geburtsdorf: Es soll nicht nur das eine Gebäude zum Gebären geben, sondern auch Platz für die Begleiter:innen der Frauen. Denn in Malawi bringt jede Frau einen sogenannten Guardian mit zur Geburt. Es soll auch Raum geben für die älteren Kinder der Gebärenden und die Guardians, Platz zum Wäschewachen und Kochen, ein Toilettenhaus für Besucher:innen, ein Haus für Personal und eines für stille Geburten.
Swantje zeigt Fotos, die das Dorf abbilden, die einzelnen Gebäude. Die Entwürfe hat ein befreundeter Architekt für »einen Appel und ein Ei« gemacht. Alle Formalitäten sind erledigt, sie könnten sofort anfangen zu bauen, lediglich das Geld fehlt. »Der Verein hat genug Geld zusammen, um das eigentliche Geburtshaus zu bauen«, erzählt sie, aber sie will alles auf einmal fertig stellen. Das gehöre jetzt untrennbar zusammen. Manchmal träumt sie von einem Millionär, der sagt: »So bummelige 150.000 Euro, die zahle ich aus der Portokasse.« Oder von einem Privatier, der sagt: »Meine Mama hat mir ein Leben geschenkt. Ich bin nur deshalb gesund, weil sie bei meiner Geburt gut betreut wurde.«
Leben und Tod – und das, was dazwischen liegt
In Malawi schenken die Frauen den Kindern nicht immer Leben. Der Tod ist allgegenwärtig. Der Verein Chikondis möchte das mit dem Haus für stille Geburten würdigen.
»Pakati« bezeichnet in Chichewa, einer Sprache in Malawi, den Zustand zwischen Leben und Tod – und auch den der Schwangerschaft. Die geht fast immer mit der Frage einher: Schafft es die Frau oder schafft sie es nicht? Überlebt das Kind oder überlebt es nicht?
So gehört auch für Swantje der Tod zum Leben. Deshalb macht sie noch ihre vierte Ausbildung: zur Sterbebegleiterin: »Damit hat sich für mich der Kreislauf geschlossen.«
»Meine Work-Life-Balance geht anders«
Den Umständen geschuldet, verbringt sie die meiste Zeit ihres aktuellen Lebens in Berlin, verdient dort ihr Geld für die drei Monate, die sie jedes Jahr in Malawi verbringt. Sie treibt auch in Berlin Projekte voran: »Ich bin als Hebamme ganz vielseitig aufgestellt. Der Beruf bietet so tolle Chancen, sich einzubringen in verschiedenen Facetten eines Lebens, wenn die Frau Lust hat, mich dabei zu haben.«
Sie arbeitet im Familienplanungszentrum. Dort hat sie ein Projekt geschaffen, in dem Frauen mit Fluchthintergrund rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett versorgt werden. Sie bietet Wochenbettbesuche und Vorsorgen an für Frauen mit Flucht- oder Abusus-Geschichte und für Teenager. Außerdem leitet sie Babypflegekurse im Kreativhaus in Berlin. Das klingt nach viel Arbeit – ist es auch. »Ich habe keine Kinder, wohne allein und kann den ganzen Tag arbeiten. Meine Kolleginnen erzählen mir immer was von Work-Life-Balance – aber meine Work-Life-Balance geht anders. Ich arbeite gerne mehr als acht Stunden am Tag.«
Das Geld, das sie hier verdient, braucht sie schließlich für ihre drei Monate Malawi im Jahr. »Meine Energie ziehe ich aus den Monaten in Malawi. Da bin ich zu Hause.« Wenn Swantje in Malawi landet, geht sie gleich am nächsten Tag arbeiten. Denn das macht sie natürlich auch dort: Sie leistet Geburtshilfe in zwei Krankenhäusern und bietet gut betuchten Frauen unter anderem Schwangerenbetreuung und Begleitung an, denn die wenden sich gerne an die Europäerin Marley, wie Swantje dort heißt. Das so verdiente Geld kommt dem Verein zugute.
Wenn das Haus eines Tages gebaut und mit Leben gefüllt ist, dann packt das im Tierkreiszeichen des Löwen geborene Energiebündel seine sieben Sachen und siedelt komplett um. Um gemeinsam mit den dortigen Freunden und Freundinnen im Land der Löwen zu arbeiten.