Im dünn besiedelten Norwegen kommen fast alle Kinder in der Klinik zur Welt, auch dort gibt es Proteste gegen eine weitere Zentralisierung der Geburtshilfe.
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Bieten die Nachbarn im Norden ein Vorbild für die Zentralisierung der Geburtshilfe im Zuge der deutschen Krankenhausreform oder hinkt der Vergleich? Ein Blick auf die Details.
In der Diskussion um Zukunftsmodelle in der Geburtshilfe tauchen Norwegen, Dänemark und Schweden in letzter Zeit gehäuft auf. Die Bundesregierung führt diese Länder immer wieder als Best-Practice-Beispiele an, wenn es um die aktuelle Krankenhausstrukturreform mit ihren kontrovers diskutierten Zentralisierungsbestrebungen geht. Dort werde eine erfolgreiche zentralisierte Geburtshilfe bereits gelebt (Bundestag, 2021, 4).
Deutschland weist laut Bundesgesundheitsministerium eine der höchsten Krankenhaus- und Bettendichten in Europa auf, was Ressourcen verschwendet und dabei nicht zu einer Verbesserung der Gesundheit in der Bevölkerung führt (BMG, 2024). Deshalb zielt die Krankenhausstrukturreform darauf, die stationäre Versorgung in Deutschland durch Entökonomisierung, Entbürokratisierung und Qualitätssicherung zu verbessern. Das beinhaltet einerseits die finanzielle Absicherung von Kliniken durch Vorhaltebudgets (Entökonomisierung), andererseits die Vereinheitlichung von Prozessen zur Entlastung des Klinikpersonals (Entbürokratisierung). Die Qualitätssicherung soll durch Einführung von Leistungsgruppen (LG) und Mindestmengenregelungen geschehen (BMG, 2024).
So legt das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) im Leistungsgruppenkatalog fest, wie Kliniken ausgestattet sein müssen, um gewisse Leistungen erbringen und abrechnen zu dürfen. Begründet wird diese Maßnahme damit, dass Versorgungsqualität durch eine hochwertige Ausstattung und erfahrenes Personal steigen könne. Das bedeutet: Gäbe es in Deutschland für jede LG insgesamt weniger Abteilungen, so würden die einrichtungsinternen Fallzahlen steigen und damit auch die Qualität (Bundestag, 2023, 9).
Vorgaben für Frühgeburten
Deshalb beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Einführung einer Mindestmengenregelung für Frühgeburten in Perinatalzentren (G-BA, 2020). Wissenschaftliche Grundlage der G-BA-Richtlinie ist eine Erhebung von Günther Heller und seinem Team, die eine optimale Reduktion von neonatalen Todesfällen bei 50–60 Frühgeborenen unter 1.250 g Geburtsgewicht erwartet (Bundestag, 2023, 9; Heller et al., 2020, 290). Auch wenn die Studie paradoxe Effekte und ungeklärte Fragen aufweist, ist seit Januar 2024 eine Mindestmenge von 25 Frühgeborenen obligatorisch. Ein von Heller und Kolleg:innen erwarteter Effekt ist, dass viele Perinatalzentren die Mengen nicht erreichen würden und somit schließen müssten. Andere könnten aber auch durch die Umverteilung der Fälle eine Chance erhalten, weiter bestehen zu bleiben und dabei sogar die Qualität zu steigern (Heller et al., 2020, 291–294).
Somit dienen Leistungsgruppen und Mindestmengen als Regulationsmechanismen der Zentralisierung: Sie sollen die Qualität steigern, Ressourcen einsparen und die Effizienz erhöhen. Das ist vor allem aus ökonomischer Perspektive nachvollziehbar, bildet jedoch nur einen Teil der Realität ab. Was sagen Familien und Geburtshelfende dazu?
Kritik an der Reform
Der Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) kritisiert, die Zentralisierung widerspreche dem Grundrecht der freien Wahl des Geburtsortes. Auch überlaste die Zentralisierung Kliniken und Personal, weshalb es gehäuft zu Kreißsaalabmeldungen komme. Dies gefährde die Sicherheit von Familien, die nun häufiger an der Pforte abgelehnt würden und somit gezwungen seien, weite Wege auf sich zu nehmen. Besonders betroffen seien Schwangere in ländlichen Gegenden und vulnerable Klientel (DHV, 2023, 2). Die qualitative Erhebung von Anja Alexandra Schulz und ihrem Team bestätigt diese Argumente und äußert, dass nicht nur im Ländlichen die Unterversorgung steige, sondern dass auch die zunehmende Arbeitsbelastung in großen Kliniken ein Problem darstelle (Schulz et al., 2021, 6). Folge seien Stellenreduzierungen und Berufsaustritte, die den schon bestehenden Fachkräftemangel erheblich verschärften.
Geburtshelfende erleben also bereits, dass die bisherigen Zentralisierungsbestrebungen Familien gefährden – und das, obwohl der Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist. Der Traum der Bundesregierung, durch Zentralisierung alle Probleme lösen zu können, zerplatzt damit wie eine Seifenblase. Dennoch ist zunehmende Zentralisierung die Realität. Welche Strukturen können eine zukunftsgerichtete Zentralisierung begünstigen?
Skandinavische Vorreiter
Hier kommen die skandinavischen Länder als Positivbeispiele und Vorreiter für eine Zentralisierung ins Spiel (Bundestag, 2021). Dänemark, Norwegen und Schweden bilden mit weiteren nordischen Ländern den Zusammenschluss der Nordic-Co-Operation, auch »Norden« genannt. Nach eigener Aussage arbeitet diese Gruppe daran, bis 2030 zu den nachhaltigsten Staaten der Welt zu werden. Ein Teil davon sei die Entwicklung von Best-Practice-Lösungen in der Gesundheitsversorgung (Nordic Co-operation, o.J.a).
Dänemark
So wenden sich Schwangere in Dänemark laut Norden zunächst an ein:e ärztliche Lots:in. Diese Person sei auf der Versichertenkarte festgelegt – es besteht also keine Wahlfreiheit. Gemeinsam mit dieser Person werde dann der Begleitungsprozess in der Schwangerschaft besprochen. Dabei ist gemäß Norden eine festgelegte Anzahl an ärztlichen und Hebammenvorsorgen vorgegeben, diese können jedoch nach Bedarf variieren (Nordic Co-operation, o.J.a).
Recherchen des Bundestags besagen, dass der Großteil der Geburten in der Klinik stattfindet, 2,9 % jedoch auch außerklinisch. Die Kaiserschnittrate liege unter 20 %. Alle geburtshilflichen Leistungen, auch außerklinische Geburten, würden über Steuern finanziert (Bundestag, 2021, 7–8).
Norwegen
Die geburtshilfliche Versorgung in Norwegen werde ebenfalls von einer Fachperson organisiert und durchgeführt, so Norden. Schwangere könnten frei wählen, ob sie sich an eine ärztliche Person oder Hebamme wenden (Nordic Co-operation, o.J.b).
Der Bundestag ergänzt, dass über 99 % aller Geburten in der Klinik unter ausschließlicher Hebammenbetreuung stattfinden. Ungeplante Hausgeburten und Geburten auf dem Verlegungsweg lagen 2019 bei unter 0,5 % (Bundestag, 2021, 8–9). Norden merkt an, dass Familien geplante Hausgeburten privat finanzieren müssten, weshalb in Norwegen kaum welche stattfänden. Eine nationale Versicherung trage alle anderen geburtshilflichen Leistungen (Nordic Co-operation, o.J.b).
Schweden
Schweden steuert die geburtshilfliche Versorgung über regionale Maternal Health Centres (MHC), so Norden. Es gebe in jeder Region mehrere davon, so dass Schwangere die freie Wahl hätten, in welches MHC sie gehen möchten. Für die Vorsorgen existieren geregelte Vorgaben: Gemäß Norden plant die betreuende Hebamme des MHC die Betreuung anhand der individuellen Bedarfe und führt die weitere Versorgung durch (Nordic Co-operation, o.J.c).
Der Bundestag informiert, dass Geburten in Schweden fast ausschließlich in der Klinik stattfänden und die Finanzierung geburtshilflicher Leistungen dabei Aufgabe der Regionen sei. Diesen stehe demnach auch offen, darüber zu entscheiden, ob sie Hausgeburten finanziell unterstützen oder nicht (Bundestag, 2021, 9–10).
Auch ergänzt der Bundestag, dass die Staaten festgestellt hätten, dass die Komplexität der Fälle steige, gerade durch zunehmende Migration. Deshalb äußerten die jeweiligen Regierungen Entwicklungsbedarf für entsprechende Versorgungskonzepte (Bundestag, 2021, S. 8–9).
Deutschland im Vergleich
Auf den ersten Blick gibt es keinen großen Unterschied zum deutschen System: Deutschland bietet auch eine kontinuierliche (zumindest ärztliche) Schwangerenvorsorge nach den Mutterschaftsrichtlinien an. Ebenfalls werden geburtshilfliche Leistungen über ein Versicherungssystem gedeckt. Zudem zeigen die Quellen, dass steigende Arbeitsanforderungen in allen Ländern ein bekanntes Phänomen sind, denn auch in Norwegen protestieren kritische Stimmen gegen noch mehr Klinikschließungen (Bundestag, 2021, 8).
Dennoch weist beispielsweise die niedrige Kaiserschnittrate der Länder auf gute Qualität hin (siehe Tabelle). Auch sei der Hebammenfachkräftemangel in Skandinavien weniger stark ausgeprägt. So steige in Dänemark und Schweden die Zahl der Hebammen kontinuierlich an. In Norwegen sinke die Zahl der Hebammen in den Kliniken seit 2017 zwar, dafür stelle man aber einen starken Anstieg von Hebammen in der Primärversorgung fest (Bundestag, 2021, 9).
Folglich scheint Zentralisierung kein zwangsläufiger Auslöser für den Attraktivitätsverlust des Hebammenberufes zu sein. Was also steigert die Attraktivität? Ein Aspekt anhand des norwegischen Beispiels scheint die Förderung von Hebammen in der Primärversorgung zu sein. Und die Ergebnisse von Günther Schulz lassen darauf schließen, dass die würdige Gestaltung der Arbeit von Hebammen eine Rolle spielt (Schulz et al., 2021).
So sind die Empfehlungen der wissenschaftlichen Dienste der Bundesregierung – nämlich die Delegation von hebammenfremden Tätigkeiten und die Schaffung finanzieller Anreize – ein guter Ansatzpunkt, um die Situation zu verbessern (Bundestag, 2021, 6).
Doch wo befindet sich der Break-even-Point effektiver Zentralisierung? Wie weit kann zentralisiert werden, um Qualität zu verbessern, ohne Sicherheit einzubüßen? Und welche Begleitentwicklungen braucht es? Eine Beurteilungsmöglichkeit, um den Grad der Zentralisierung zu messen, ist die Betrachtung der durchschnittlichen Geburtenzahlen. Verteilte man in Deutschland alle in Kliniken geborene Kinder auf die vorhandenen Kliniken, erhielte man einen Durchschnittswert von 1.062,7 Kindern pro Klinik (siehe Tabelle). Errechnet man diesen fiktiven Wert ebenfalls für die drei skandinavischen Länder, dann stellt man fest, dass Deutschland aktuell bereits fast das Zentralisierungsniveau von Norwegen erreicht hat. Schweden und Dänemark hingegen weisen im Durchschnitt etwas mehr als die doppelten Geburtenzahlen pro Klinik auf. Es ist also davon auszugehen, dass Deutschland sich bei weiterer Verschärfung durch das KHVVG dem Zentralisierungsniveau von Schweden und Dänemark annähern wird.
Kriterium | Dänemark | Norwegen | Schweden | Deutschland |
Fläche | 43.094 km² | 323.802 km² | 450.295 km² | 357.022 km² |
Bevölkerungsdichte | 146 Personen/km² | 15 P./km² | 26 P./km² | 238 P./km² |
Kindsgeburten gesamt | 60.937 (2020) | 55.539 (2019) | 104.734 (2022) | 738.819 (2022) |
Zahl der Geburtsstationen | 23 in Kliniken
k.A. zu HG/HgE |
43 in Kliniken
5 freie HgE |
40 in Kliniken | 682 in Kliniken
112 HgE 678 HG-Hebammen |
Ø Geburten pro Klinik | 2.572,6 | 1.284,8 | 2.592,2 | 1.062,7 |
Geburtsorte und Begleitung | 97,1 % Klinik
Davon 3,9 % HKS; 2,9 % HG/GH |
99,4 % Klinik (meist HKS);
0,18 % HG (privat); 0,48 % ungeplante HG/ auf Verlegungsweg |
99 % Klinik (HKS, Gyn. nur bei Bedarf);
Keine verlässliche HG-Statistik |
98,1 % Klinik (keine verlässliche HKS-Statistik);
1,9 % HG/HgE |
Sectiorate | 18,9 % | 16 % | 17 % | 31,9 % (2022) |
Mindestmengenregelung | nein | nein | nein | ja |
Faktencheck Geburtshilfe: Skandinavien im Vergleich zu Deutschland Legende: HG = Hausgeburt, HgE = Hebammen-geleitete Einrichtung, HKS = Hebammenkreißsaal; GH = Geburtshaus
Quellen: Bundestag, 2021; 2023; Destatis, 2022; folkehelseinstituttet, 2024; Loytved & Schäfers; Nordic Co-operation, o.J.a, o.J.b, o.J.c; NUTRICIA; Socialstyrelsen; Statista GmbH, a, b; Statista Inc.; Statistische Ämter des Bundes und der Länder; Statistisches Bundesamt
Regionale Unterschiede
Beim Vergleich von Schweden und Dänemark fällt auf, dass Schweden eine zehnmal größere Landesfläche aufweist, dabei aber nur doppelt so viele Geburtshilfestationen hat. Legitimiert wird dieser Unterschied durch die Bevölkerungsdichte: In Schweden leben nur 26 Menschen/km², in Dänemark 146 Menschen/km². Im Vergleich mit Deutschland, das eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 238 Menschen/km² aufweist, ist Schweden also insgesamt sehr gering besiedelt (Destatis, 2022).
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine lockere Verteilung von Kliniken in Schweden notwendig ist, um Personalressourcen effizient zu verteilen. Diese Regel gilt auch für Norwegen, wo nur 15 Menschen/ km² leben. Einzig Dänemark bietet einen Vergleichskontext für Deutschland, wobei dieser bundeslandspezifisch stark variiert (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2024). Das zeigt, dass die Bedarfe für Versorgungskapazitäten und -modelle in Deutschland regional unterschiedlich sind. Auch die Notwendigkeit geplanter Zentralisierung wird so deutlich: Es können nur dann ausgewählte Klinikstandorte abgebaut werden, wenn ein paralleler Aufbau ambulanter Strukturen passiert, um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden. Die Bevölkerungsdichte lässt nämlich darauf schließen, dass in Deutschland auch an dezentralen Standorten viele junge Familien leben. Das birgt die Gefahr, dass vor allem der Rettungsdienst durch geburtshilfliche Transporte verstärkt beansprucht wird und dass sich auch mehr Geburten auf dem Transportweg ereignen werden.
Empfehlungen
Somit wird klar, dass die skandinavische Geburtshilfe sich nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen lässt. Möchte man hierzulande ebenso erfolgreich zentralisieren, müssen die deutschlandspezifischen Rahmenbedingungen mehr in den Fokus gerückt werden. Dennoch: Unsere Nachbarn sind uns einige Schritte voraus und wir können viel von ihnen lernen (siehe Schaubild: Lerneffekte).
So ergeben sich aus dem Vergleich mit Skandinavien folgende Lerneffekte:
Kontrollierte Standort-Reduktion
Da der deutsche Zentralisierungsprozess bereits fortgeschritten ist, muss die weitere Reduktion von Krankenhäusern geplant und gemäßigt erfolgen, um Qualität zu erhöhen, ohne Sicherheit zu gefährden. Alle zentralen Kliniken sollten sowohl über Maximalversorgung als auch hebammengeleitete Geburtshilfe verfügen. Vor allem für dezentrale Standorte entwirft die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) eine sinnvolle Ergänzung: Diese empfiehlt die Etablierung von hebammengeleiteten »Satelliten-Geburtshilfe-Standorten« um geburtshilfliche Zentren herum (DGGG et al., 2023, 7–10). Alle diese Maßnahmen und der Erhalt außerklinischer Geburtshilfe sind zentrale Voraussetzung für die gesetzlich verankerte Wahlfreiheit des Geburtsortes (§ 24f SGB V).
Bedarfsgerechte Versorgungskonzepte
Um Regionen bedarfsgerecht zu versorgen, müssen passende Konzepte entwickelt und implementiert werden. Auch das Nationale Gesundheitsziel fordert dies, um Gesundheit zu fördern und Versorgungsgerechtigkeit zu verbessern (BMG, 2017, 22; 2017, 7). Für dicht besiedelte Regionen bedeutet das, die Abläufe in zentralen Kliniken zu optimieren. Dafür müssen geburtshilfliche Abteilungen vergrößert und Stellenschlüssel aufgestockt werden. In dezentralen und ländlichen Gegenden ist vor allem der Ausbau von Infrastruktur und ambulanten Strukturen anzustreben. Es ist der DGGG zuzustimmen, dass der Rettungsdienst eine Schlüsselrolle erhalten und um geburtshilfliches Personal ergänzt werden müsse (DGGG et al., 2023, 6).
Vernetzungskonzepte
Die Krankenhausstrukturreform kann die stationäre Versorgung nur verbessern, wenn der ambulanten Versorgung die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt und ein geeignetes intersektorales Schnittstellenmanagement etabliert wird.
Finanzielle und personelle Ressourcen
Wie umfangreich der Bedarf an Ressourcen ist, lässt sich ohne konkrete Planung nur schwer abschätzen. Es ist zu erwarten, dass nicht nur die Projektierung der Versorgungskonzepte, sondern auch die Aus- und Weiterbildung des planenden und ausführenden Personals den Finanzierungsrahmen von 120 Mio. Euro pro Bundesland sprengen dürften (BMG, 2024).
Neue Tätigkeitsprofile und Qualifizierungen
Neue Prozesse und Entwicklungen erfordern sowohl die Entwicklung neuer Tätigkeitsprofile für Hebammen, als auch entsprechender Qualifizierungsmaßnahmen. Diese dienen dazu, den steigenden Anforderungen an den Hebammenberuf gerecht zu werden. Sie leisten auch einen wichtigen Beitrag, um die Attraktivität des Hebammenberufes zu steigern, wie das norwegische Primärversorgungsbeispiel zeigt. Hier bietet der Ausbau von »Advanced Practice Midwife« (APM)-Profilen aufgrund der Vielseitigkeit des Begriffes eine besondere Chance (Goemaes et al., 2016, 34).
Ein optimistischer Ausblick
All dies macht deutlich, dass es starke Initiativen braucht, um die Zentralisierung erfolgreich zu gestalten. Der Zeitrahmen und die finanziellen Ressourcen stellen dabei eine besondere Herausforderung dar. Projekte wie etwa die im Jahr 2020 etablierten geburtshilflichen Primärversorgungszentren in Baden-Württemberg oder mobile Kliniken, die in strukturschwachen Regionen gute Dienste leisten, zeigen jedoch, dass es diese Initiativen bereits gibt (ÄrzteZeitung, 2021; Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg, 2020). Es ist also möglich!
Wenn Entscheidungstragende und Geburtshelfende hier anknüpfen und es schaffen, gemeinsam bedarfsgerechte Konzepte umzusetzen, die alle in der Geburtshilfe Beteiligten einschließen, können die Versorgungsqualität und -gerechtigkeit in Deutschland nachhaltig verbessert werden. Und das nicht nur trotz der Zentralisierung, sondern vielleicht auch gerade ihretwegen.