Die Ursachen
In der Regel verschwinden die Beschwerden nach der Geburt, spätestens nach der Stillzeit, wenn die Wassereinlagerungen zurückgehen. Wenn die Beschwerden zu stark werden oder über die Stillzeit hinaus anhalten, sollte nach zusätzlichen Ursachen geschaut werden.
Backheuer: „Wie häufig ein Karpaltunnelsyndrom bei Schwangeren vorkommt, kann ich nicht sagen. Ich denke, dass die Dunkelziffer hoch ist. Die meisten GynäkologInnen kennen wohl das Problem und raten zum Abwarten, was ja auch richtig ist.” Eine holländische Studie von 2015 gibt eine Häufigkeit des KTS mit rund 34 Prozent an, also bei einem Drittel aller Schwangeren. Die meisten hätten geringe oder mittlere Probleme. Betroffen waren zu 48 Prozent Erstgebärende und zu 52 Prozent Mehrgebärende. Insgesamt komme das KTS bei 30 Prozent einseitig vor, bei 70 Prozent beidseitig. Als Ursache werden überwiegend Ödeme angegeben, deswegen wird in der Studie eine konservative Behandlung der Ödeme primär empfohlen (Meems et al. 2015).
Liegt ein Übergewicht vor, könnte hier die Ursache für die Beschwerden liegen. Forschungen des Handchirurgen und Karpaltunnelspezialisten Dr. Peter Nathan am US-amerikanischen Portland Hand Surgery and Rehabilitation Center zeigten, dass Übergewichtige einem deutlich höheren Karpaltunnelsyndrom-Risiko unterliegen als Menschen, deren Jobs einen übermäßigen Einsatz der Hände verlangen. Laut Nathan neigen Übergewichtige dazu, mehr Wasser im Gewebe einzulagern, auch im Bereich des Handgelenks.
Laut dem Sportmediziner Prof. Dr. med. Schnack wird die Handchirurgie zurzeit geradezu überschwemmt von Engpass-Syndromen wie dem Karpaltunnelsyndrom. Denn in vielen Berufen sei eine einseitige, frontale Armarbeit üblich, was zu einer muskulären Dauerbelastung der Arme und Hände führe. Dadurch verspannten und verkürzten sich Muskeln, die dann Druck auf die Nerven ausüben. Das Karpaltunnelsyndrom sei derzeit „der Renner”. Es entstehe in Zusammenhang mit der vorherrschenden Tastenposition am Computer. Dabei werde zusätzlich eine Sehnen-Faszien-Hypertrophie aller Fingersehnen verursacht, die den engen Karpaltunnel schnell ausfüllen und auf den N. medianus drücken. Schnack rät zu Dehnungsübungen, bei denen beispielsweise im Zwei-Stunden-Rhythmus die Hände mit den Fingerspitzen in Richtung Körper auf einen Tisch gelegt und die Faszien auf der Arminnenseite gedehnt werden (Schnack 2016).
Backheuer nennt noch andere Ursachen für ein Karpaltunnelsyndrom: entzündliche Prozesse im Bereich der Sehnenscheiden, Schwellungen der Sehnenscheiden durch rheumatische Erkrankungen oder Überbelastung, Brüche im Bereich der Speiche oder Handwurzelknochen, Arthrose im Handgelenk, Narben, Tumore, Diabetes, Rheuma, Nierenerkrankung, Polyneuropathie, Hypothyreose, Alkoholmissbrauch. Auch außerhalb der Schwangerschaft gilt: In der Regel sind eher Frauen von einem Karpaltunnelsyndrom betroffen. Besonders häufig erkranken Frauen um und nach den Wechseljahren daran. Mit einer Häufigkeit von einem Prozent ist es das häufigste Nerven-Engpasssyndrom.