Nahrung fürs Gehirn
Die Schilddrüse benötigt Jod, damit sie das Hormon Triiodthyronin (T3) und das Prohormon Thyroxin (Tetraiodthyronin, T4) synthetisieren und freisetzen kann. Diese sind wichtig für die Hirnentwicklung: Sie sorgen für die neuronale Proliferation von Axonen, Dendriten, Nervensynapsen und die Migration, die gliale Differenzierung und Myelinisierung des zentralen Nervensystems (Andersson 2022).
Remer bezeichnet Jod als Brain-Nutrient, als Nahrung fürs Gehirn. Ein stark ausgeprägter Mangel verursache neben dauerhaften Hirnschäden bei den Säuglingen auch Störungen im zellulären Stoffwechsel. Zwar werde ein Säuglingsstruma (Kropf) in Deutschland kaum noch beobachtet. Aber schon ein leichter Mangel könne Entwicklungsstörungen nach sich ziehen. Die Folgen seien bisher nur unzureichend untersucht, doch die wenigen Studien würden zeigen: Eingeschränkt sein können Aufmerksamkeit und Orientierung bei Kindern im Alter von sieben Monaten. Mit 13 Monaten blieben die joddefizitären Kinder eher in ihrer kognitiven Entwicklung zurück.
Kretinismus im 19. Jahrhundert
Um 1800 bürgerte sich in den französischen Alpentälern das Wort Kretin ein. Es hat nichts mit dem Jod-Kreatinin-Quotienten zu tun, mit dem man später den Jodstatus im Urin ermittelte. Kretin bedeutet gewissermaßen »Mensch mit niedrigem IQ und starken Fehlbildungen«. Man ahnte damals nicht, dass ein angeborenes Jodmangelsyndrom dahintersteckte. Komischerweise hört man gerade in dem Wort Idiot das für den IQ so wichtige Element, das wissenschaftlich Iod geschrieben wird.
Auch in anderen Alpenregionen sowie im Balkan erhielten Schwangere so wenig Jod über die Nahrung, dass ihre Kinder mit unterentwickelten Gehirnen auf die Welt kamen. Häufig sah man das Vollbild der angeborenen Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): schwerste neurologische Schäden und Fehlbildungen am Skelett wie verkürzte Extremitäten und Minderwuchs, die nicht kompensiert werden konnten, denn auch in der Stillzeit und später unterblieb die hinreichende Versorgung mit Jod. Die Schilddrüsen dieser Kinder wuchsen – auch in milderen Fällen – zu riesigen Gebilden heran. Der geringe Grundumsatz führte oft zu Fettleibigkeit, Sprachstörungen, Schwerhörigkeit, Taubheit, dicker Zunge und trockener Haut, aufgedunsenem Gesicht, Bindegewebsschwäche samt Nabelbruch, verminderter Spannkraft der Muskeln und unkoordinierten Bewegungen. In den 1890ern behandelte ein Arzt in der Steiermark Betroffene erstmals mit Schilddrüsenextrakten.
Als reines Jodid verfügbar war, setzte um 1905 ein Würzburger Psychiater erfolgreich Thyreoidin-Tabletten ein. Die ab 1918 im Mattertal und 1922 gesamtschweizerisch durchgesetzte Vorsorge mit jodiertem Speisesalz hatte weltweiten Pioniercharakter. Dadurch verschwanden die weit verbreiteten Jod-Mangelerkrankungen und Kretinismus (Bürgi, 1990). Der IQ der Menschen in Deutschland und anderswo stieg. »Seit einigen Jahren sieht man nun wieder sinkende Tendenzen. Der Jodmangel könnte hierzu beigetragen haben«, so Remer.
Aktuelle Jod-Versorgung
Deutschland ist fast überall Jodmangelgebiet, vor allem weit entfernt vom Meer. Wie einst das Gletscherwasser nach der Eiszeit, spült heute das Regenwasser das Jod aus den Böden erst in die Flüsse, dann ins Meer. Statt Gemüse ist daher der Verzehr von Seefisch sinnvoll. Andersson: »Stillende Frauen sollten aber keine Algenpräparate einnehmen, weil der Gehalt unkontrolliert und manchmal zu hoch ist.« Im Meersalz ist es nicht enthalten, denn es verfliegt durch die Sonneneinstrahlung in den Meerwassersalinen (Gärtner et al., 2021).
Das dem Salz zugefügte Jod stammt heute hauptsächlich aus einer Salzschicht – vom Urmeer – in Chile. Eine Markterhebung der Universität Gießen von 2021 zeigte, dass die Lebensmittel-Hersteller in den vergangenen Jahren weniger jodiertes Salz verwendet haben. Denn in vielen EU-Ländern gibt es keine Pflicht, dem Speisesalz Jod beizumengen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung beklagt das. Gesetzlich geregelt ist in Deutschland nur die Jodmenge, die dem Salz zugegeben werden darf: derzeit 15 bis 25 mg/kg (BfR, 2021).
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt an, dass eine Erhöhung des maximalen Jodgehalts in Salz auf 30 mg/kg als sachgerecht angesehen werden könne, wenn der Verwendungsgrad von Jodsalz über alle Lebensmittel hinweg mindestens 36 % beträgt und 42 % nicht wesentlich übersteigt.
In der Schweiz wurde 2014 die Dosis von 20 auf 25 mg/kg erhöht, denn laut der Eidgenössischen Ernährungskommission (EEK) reichten die Maßnahmen zur Jodversorgung nicht mehr aus.
Produktion in der Schilddrüse
Jod wird im oberen Dünndarm resorbiert. 70–80 % der rund 10–20 mg im Körper Erwachsener befinden sich in der Schilddrüse (Gärtner et al., 2021), wo es durch die Natrium-Jodid-Symporter (NIS) aufgenommen wurde – das sind Transporter, die simultan verschiedene Substanzen befördern.
Bei einem Mangel an T3 und T4 (Hypothyreose) wird im Hypophysenvorderlappen vermehrt Thyreotropin (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, TSH) gebildet, um Wachstum, Jodaufnahme und Hormonproduktion der Schilddrüse anzuregen. TSH ist ein Wert im Blut, der als erster für eine Diagnose der Schilddrüsenfunktion ermittelt wird. Ist er zu hoch oder niedrig, wird die freie (f) – nicht an Eiweiße gebundene – Form von T3 und T4 im Blut gemessen: fT3 und fT4. Sie lassen sich besser auswerten.
Maria Andersson, die kürzlich einen wissenschaftlichen Artikel über die Rolle von Jod bei Stillenden und Säuglingen publiziert hat, erläutert: »Die fetale Schilddrüse produziert etwa nach 20 Schwangerschaftswochen Hormone, T4 von der Mutter ist aber weiterhin wichtig. 30–60 Minuten postnatal steigt das Serum-TSH beim Kind sprunghaft auf 60 bis 80 milli International Units pro Milliliter (mIU/ml) an, fällt nach drei bis fünf Tagen und bleibt dann stabil. Die T4 – und T3-Werte sind 24 Stunden nach der Geburt am höchsten, fallen dann ab und bleiben fünf bis sieben Tage stabil. Säuglinge produzieren dreimal mehr T4 als Erwachsene (5–6 µg/kg/d gegenüber 1,5 µg/kg/d). Ihre minimalen Jodspeicher (~ 300 µg) reichen aber nur wenige Tage. Daher muss Jod über die Muttermilch (oder Säuglingsnahrung) zugeführt werden. Bis zum Kindesalter fällt dann die T4-Produktion ab.«
Hormone und Jod in der Milch
Eine aktuelle Studie in Pécs, Ungarn, ergab, dass Schilddrüsenhormone in der frühen Laktation in höheren Mengen in der Muttermilch vorhanden sind. Der Gehalt an TSH war darin bei den Müttern von Termingeborenen und Frühgeborenen ähnlich, der von Thyroxin war bei Stillenden mit Termingeborenen höher. In der Muttermilch der Frühgeborenen waren in den Monaten drei bis sechs niedrigere TSH- (-30,2 %) und Thyroxinwerte (-29,2 %). In Spendermilch waren die Konzentrationen von TSH (-73,8 %) und Thyroxin (-22,4 %) durch Pasteurisierung gesunken (Vass et al., 2022), in Formula gab es keine.
Der Jodbedarf der Mütter steigt während der Stillzeit, da die Natrium-Jodid-Symporter (NIS) in der basolateralen Membran der alveolären Epithelzellen aktiv Jod in die Muttermilch einlagern (Peng & Pearce, 2022). Andersson: »Die NIS werden am Ende der Schwangerschaft und während der Laktation durch Oxytocin hochreguliert. Durch Östrogen, Prolaktin und Insulin und etwas durch TSH werden sie moduliert, und durch niedrigere Oxytocinspiegel runterreguliert.«
Der Jodgehalt ist im Kolostrum am höchsten. Die Jodkonzentration in der Milch (Breastmilk Iodine Concentration, BMIC) hängt laut Andersson stark von der Jodaufnahme der Mutter einige Stunden vor dem Stillen ab. Und sie spiegelt die Jodkapazität der Mutter offenbar besser wider als die Jod-Konzentration im Urin (urinary iodine concentration, UIC). Denn bei geringer Zufuhr von Jod wird es verstärkt in die Muttermilch abgegeben (Dold, 2017). Andersson arbeitet dazu gerade an einer Studie. Daten von Ländern mit obligatorischer Salz-Jodierung und adäquater Versorgung der Bevölkerung, wie China, zeigen einen breiten BMIC-Referenzbereich von 60–465 μg/kg bei ausschließlich stillenden Frauen (Dold, 2017).
Daten aus verschiedenen Ländern deuten darauf hin, dass Konzentrationen in der Muttermilch im Bereich von 150 μg/L während der ersten sechs Monate ausreichend sind (Dror et al., 2018). Es gibt keinen wissenschaftlichen Konsens über die optimale BMIC, die den Jodbedarf von Säuglingen deckt. Der vom amerikanischen Food and Nutrition Board des Institute of Medicine festgelegte Wert für eine angemessene Zufuhr beträgt 110 μg/d für Säuglinge von 0–6 Monaten und 130 μg/d für Säuglinge von 6–12 Monaten. Die WHO empfiehlt eine Zufuhr von 90 μg Jod pro Tag bis zum Alter von zwei Jahren (Dror et al., 2018).
Der UIC-Wert der Säuglinge korreliert offenbar stark mit den Muttermilchwerten, so Mia Stråvik von der Chalmers University of Technology in Gothenburg, Schweden. Sie empfiehlt für ihr Land ein allgemeines Screening von Frauen und Kleinkindern, da die Aufnahmen unter der empfohlenen Zufuhr lagen. Das dürfte ziemlich schwierig werden, so Andersson: »Man müsste jeweils zehn Urinproben von der Mutter überprüfen und es gibt keine angemessenen Biomarker.« Ein internationaler Konsens über die empfohlene Jodzufuhr bei stillenden Frauen und Säuglingen sei nicht vorhanden, die Qualität der Daten sollte anhand neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüft und harmonisiert werden. »Klar ist nur, dass der Bedarf hoch ist.« (Andersson et al., 2022)
Appell an Schwangere und Stillende
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (European Food Safety Authority, EFSA) legt für Erwachsene eine dauerhafte Tageshöchstmenge von 600 μg Jod fest, das US-amerikanische Institut of Medicine (IOM) eine von 1.100 μg, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine geringere mit 500 μg. Erwachsenen sollten demnach zwischen 180–200 μg Jod pro Tag aufnehmen. 230 μg/d gilt für Schwangere und 260 μg/d für Stillende. – Laut WHO sind es für Schwangere und Stillende 250 μg/d. Bei einer unzureichenden Jodzufuhr über die Nahrung sollten sie ergänzend zu Jodsalz Jodid in Tablettenform (100–200 μg/d) einnehmen (Koletzko, 2016).
Jodtabletten, die es rezeptfrei in der Apotheke gibt, werden von den deutschen Krankenkassen nicht mehr erstattet. Remer appelliert an Schwangere und Stillende, die Kosten selbst zu übernehmen. Formula und Fertigbreie seien meist ausreichend mit Jod versetzt, aber man solle auf die Zutatenliste achten. Da ein Zusalzen im ersten Lebensjahr nicht empfohlen wird, sollte bei selbst hergestellter Breinahrung täglich eine halbe Jodtablette (50 μg ) gegeben werden (Remer et al., 2022). Die Politik müsse aufklären und für Prävention sorgen.
Frühe Diagnose bei Neugeborenen und Stillenden
0,2 ‰ aller Neugeborenen haben eine Hypothyreose. Neben schwerem mütterlichem Jodmangel in der Schwangerschaft gibt es weitere Ursachen: etwa eine fehlende oder insuffizient angelegte Schilddrüse (Aplasie oder Dysplasie), mütterliche Schilddrüsenfehlfunktionen, Antikörper über die Plazenta oder Anomalien in der Hypophyse. Da eine frühe Diagnose wichtig ist, ist ein Hypothyreose-Screening bei Neugeborenen zwischen dem 2. und 5. Lebenstag gesetzlich vorgeschrieben. Ein erhöhter TSH-Spiegel deutet auf eine Unterfunktion der Schilddrüse hin. Behandelt wird dann mit L-Thyroxin. Andersson: »Der physiologische Anstieg des TSH-Wertes kurz nach der Geburt sollte nicht mit einer angeborenen Hypothyreose verwechselt werden.«
Bei 5–7 % der Wöchnerinnen kommt es zu Schilddrüsenfunktionsstörungen. Symptome sind etwa Kälteunverträglichkeit, trockene Haut, Energiemangel, Verstopfung und Konzentrationsschwäche (Arbeitskreis Jodmangel, 2022). Bei Müttern mit Stillschwierigkeiten sollte die Schilddrüsenfunktion überprüft werden, denn Schilddrüsenprobleme führen häufig zu Schwierigkeiten bei der Milchproduktion (Peng & Pearce, 2022). Frauen mit Risiko für eine postpartale Thyreoiditis sollten einem Screening unterzogen werden (Andersson, 2022).
Gesundheitspolitik
Remer und andere Wissenschaftler:innen betonen, dass die Politik das Bewusstsein der Lebensmittelindustrie und der Verbraucher:innen für die Bedeutung einer besseren Jodversorgung schärfen müsse. Erforderlich sei nicht nur eine verstärkte Verwendung von Jodsalz bei der Herstellung von Lebensmitteln, sondern auch eine verstärkte Jodanreicherung beim Salz.
Expert:innen warnen, dass trotz der freiwilligen Programme zur Jodanreicherung in vielen europäischen Ländern bis zu 50 % aller Neugeborenen einem leichten Jodmangel ausgesetzt seien. Die zu erwartenden niedrigeren IQ-Werte in Teilen der Bevölkerung würden die Wirtschaftsleistung ganzer Nationen beeinträchtigen und die öffentlichen Gesundheitssysteme erheblich belasten, so Prof. Dr. med. Henry Völzke, Koordinator des Projektes EUthyroid an der Universitätsmedizin Greifswald. Völzke: »EUthyroid hat nachgewiesen, dass das deutsche Jodmangelpräventionsprogramm inzwischen ineffektiv ist, so dass die durchschnittliche Bevölkerung wieder einen Jodmangel aufweist. Dieser ist besonders bei jungen Frauen nachweisbar. Dies unterstreicht die Bedeutung von zusätzlicher Jodzufuhr in dieser Gruppe, spätestens in der Frühschwangerschaft.«
Dabei stellten jodierte Lebensmittel eine etablierte und kosteneffiziente Maßnahme dar. Seit Jahrzehnten fordert die WHO eine regelmäßige Kontrolle der Jodversorgung in der Bevölkerung (Monitoring), um entsprechende Maßnahmen zu treffen. Nur acht Länder in der EU erfüllen diese Anforderung.
Forschungsprojekt EUthyroid
2015 startete ein Forschungsprojekt, das seit 2020 mit drei Millionen Euro von der EU gefördert wird: EUthyroid – Towards a euthyroid Europe! (siehe Links). Als gesamteuropäische Initiative sammelt es Daten zur Jodversorgung der europäischen Bevölkerung. Biomarker (Urin-Iodid, TSH, f T3, f T4 ) können zur Vergleichsprüfung ins EUthyroid Zentrallabor in Helsinki geschickt werden und der neuer Biomarker Thyroglobulin soll validiert werden. Völzke: »Wir gehen von einem milden bis schweren Jodmangel bei rund 350 Millionen Menschen in Europa aus.« (s. Links). 2018 präsentierten EUthyroid und andere Wissenschaftler:innen im polnischen Krakau erste Ergebnisse. Mit ihrer »Krakauer Erklärung zu Jod« forderten sie Entscheidungsträger in Europa dringend auf, politische Maßnahmen zur Prävention zu ergreifen (> www.iodinedeclaration.eu).
Iodine Global Network
EUthyroid kooperiert mit Iodine Global Network, eine gemeinnützige, nichtstaatliche, internationale Organisation zur Beseitigung des Jodmangels weltweit – vernetzt mit Wissenschaftler:innen, internationalen Organisationen, WHO/UNICEF und der Salzindustrie. Vorsitzender ist Prof. Dr. Michael Zimmermann, Leiter des Lehrstuhls für Humanernährung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich und außerordentlicher Professor für Endokrinologie und Diabetes am Universitätsspital Zürich, Schweiz. Andersson ist eine enge Mitarbeiterin. Sie berichtet, dass 2020 in 124 Ländern per Gesetz Salz obligatorisch jodiert wird, in 21 Ländern sei dies freiwillig.
Die Zahl der Länder mit ausreichender Jodzufuhr habe sich seit 2003 bis 2020 auf 118 fast verdoppelt, so Zimmermann. In 13 Ländern sei die Jodzufuhr derzeit zu hoch aufgrund von zu viel Jod im Grundwasser oder übermäßig iodiertem Salz. 21 Länder hätten einen Jodmangel, darunter Deutschland – mit dem Median der UIC von 89 µg/L, gemessen zwischen 2014 und 2017. Nur sieben Länder haben demnach schlechtere Werte als Deutschland (Zimmermann et al., 2021).
Chemikalien und atomare Gefährdung
Die Politik muss sich auch in anderer Hinsicht um den Schutz der Schilddrüse bemühen: Laut Prof. Dr. Barbara Demeneix, Endokrinologin am Forschungszentrum des National Museum of Natural History in Paris, behinderten viele Chemikalien, die den Hormonhaushalt stören, auch die Rezeptoren für die Schilddrüsenhormone.
Im März 2022 teilte Michael Zimmermann im Newsletter The Iodine Blog mit, dass besonders Kinder in diesen unruhigen Zeiten einen guten Jodstatus haben müssten und dass wegen der wachsenden öffentlichen Sorge über das Risiko eines nuklearen Notfalls der Ausschuss für öffentliche Gesundheit der Europäischen Schilddrüsenvereinigung (ETA) bereits Leitlinien herausgegeben habe. Das bei Nuklearunfällen freigesetzte radioaktive Jod werde von der Schilddrüse aufgenommen und erhöhe das Risiko für Schilddrüsenkrebs. Die besonders gefährdeten Schwangeren, Säuglinge und Kleinkinder sollten dann auf Anweisung der Behörden einmalig eine Kaliumiodidtablette einnehmen. Sie enthält 165 mg Jod – das ist viel im Vergleich zur sonstigen Dosis von rund 100 µg /pro Tag.
Deutschland, das den Atomausstieg bis Ende 2022 geplant hat, hatte 2019 bereits 190 Millionen dieser hoch dosierten Jodtabletten bestellt. Auch bei optimaler Jodzufuhr ist so eine Tablette nötig, aber vor allem schützt sie diejenigen ohne ausreichende Zufuhr – bis zu einem gewissen Grad.