Asylsuchende sind stärker als andere in Deutschland gefährdet, an Tuberkulose zu erkranken. Die Diagnose ist bei den Infizierten nicht einfach und die Therapie dauert lange. Hebammen sollten bei erkrankten Müttern und Säuglingen dafür sorgen, dass sie nicht unnötig getrennt oder am Stillen gehindert werden.

Bei allen Überlegungen, wie eine Frau mit einer seltenen Erkrankung zu betreuen ist, steht das Wohlergehen von Mutter und Kind im Vordergrund. Foto: © Michael Plümer

Ein Drittel der Menschheit ist nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem Tuberkulose-Erreger infiziert. Das sind etwa zwei Milliarden Betroffene. Von ihnen erkranken fünf bis zehn Prozent an Tuberkulose (www.lungenaerzte-im-netz.de).

Allgemeinbevölkerung nicht gefährdet

Die Tuberkulose gehört neben HIV und Malaria zu den weltweit häufigsten Infektionserkrankungen. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen: tuberculum bedeutet kleiner Knoten. Die Krankheit wird durch das Mycobacterium tuberculosis ausgelöst. Mycobakterien sind unbewegliche, nichtsporenbildende Stäbchenbakterien. Sie lassen sich nur unter Einsatz heißer Farblösungen anfärben und können dann auch nicht mit einer Salzsäure-Alkohol-Mischung wieder entfärbt werden. Deshalb werden sie als säurefeste Stäbchen bezeichnet. Die Mycobakterien werden in aller Regel durch das Einatmen von infektiösen Tröpfchen (Aerosolen) von Mensch zu Mensch übertragen. Die Tuberkulose betrifft mit 76 Prozent meistens die Lunge. Sie kann aber auch in jedem anderen Organ auftreten. Eine ausschließlich extrapulmonale Tuberkulose manifestiert sich meist in den Lymphknoten, das betrifft 24 Prozent der Fälle.

In Deutschland lag die Häufigkeit im Jahr 2014 bei 5,6 Neuerkrankungen pro 100.000 EinwohnerInnen. Nach einem langjährigen Abwärtstrend steigen die Zahlen in den letzten Jahren an. Im Erwachsenenalter sind mehr Männer als Frauen betroffen. Die Häufigkeit bei ausländischen Staatsbürgern ist 13 Mal so hoch wie in der deutschen Bevölkerung (Inzidenz 33,6 zu 2,5). Dieser Unterschied hat sich gegenüber dem Vorjahr weiter verstärkt. Im Kindesalter und bei jungen Erwachsenen war er besonders deutlich (Robert Koch-Institut 2015).

Weiter verschärft haben wird sich die Lage im Jahr 2015 durch die hohe Zahl an Asylsuchenden – hierfür liegen noch keinen Zahlen vor. Diese sind grundsätzlich durch die gleichen Infektionskrankheiten gefährdet wie die ansässige Bevölkerung. Aufgrund der Migration unter belastenden Bedingungen, eines möglicherweise fehlenden oder unvollständigen Impfschutzes und der Enge in den Aufnahmeeinrichtungen sind sie jedoch anfälliger für Infektionen. Damit sind die Asylsuchenden eher eine gefährdete Gruppe als eine, von der für andere eine Infektionsgefahr ausgeht. Das Robert Koch-Institut (RKI) sieht derzeit keine erhöhte Infektionsgefährdung der Allgemeinbevölkerung durch die Asylsuchenden (Deutsches Ärzteblatt 2015). Tuberkulose gehört zu den meldepflichtigen Erkrankungen: Laut Infektionsschutzgesetz (IFSG) muss der behandelnde Arzt oder das Krankenhaus eine Erkrankung oder den Tod namentlich dem zuständigen Gesundheitsamt melden. Das Gesundheitsamt veranlasst nach der Meldung eines Falles von Tuberkulose eine Umgebungsuntersuchung. Auch ist zu melden, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose leiden, eine Behandlung verweigern oder abbrechen.

Das heißt für die Praxis der Hebamme, dass sie eine Klientin bei Verdacht auf Tuberkulose zum Hausarzt oder Lungenfacharzt schicken muss und bei der Betreuung auf die Medikamenteneinnahme achten sollte.

Infektion und Ansteckung

Wenn es nach der Infektion der Immunabwehr des Körpers gelingt, die Erreger nach dem ersten Kontakt erfolgreich einzudämmen, liegt eine latente tuberkulöse Infektion vor. Diese Reaktion auf eine Infektion führt dann nicht zu einem klinisch fassbaren Krankheitszustand. Sie tritt in 90 bis 95 Prozent der Infektionsfälle auf. Es bildet sich eine zelluläre Immunität im Sinne einer Allergie. Diese zelluläre Immunreaktion kann im Tuberkulintest für diagnostische Zwecke verwendet werden, der Nachweis gelingt meist sechs bis acht Wochen nach Kontakt. Ein positiver Tuberkulin-Hauttest bedeutet aber noch nicht, dass die Betroffenen auch an Tuberkulose erkrankt sind. Er sagt lediglich aus, dass einmal eine Infektion mit Tuberkulose-Bakterien stattgefunden hat. Auch nach der sogenannten BCG-Impfung ist der Tuberkulin-Hauttest positiv.

Durch die Ausbildung von Abkapselungen (Granulomen) werden die Bakterien meist nur eingedämmt, aber nicht völlig abgetötet. Da diese granulomatöse Gewebsreaktion typisch für eine Tuberkulose ist, spricht man von einer „spezifischen Entzündung”.

Kommt es dagegen – insbesondere bei Immunschwäche – direkt im Anschluss an eine Infektion zur Ausbildung eines tuberkulösen Entzündungsherdes, so liegt eine Primärtuberkulose vor. Über den Blutweg können die Erreger dann auch in andere Organe gestreut werden. Auch viele Jahre nach einer Infektion kann es noch zur Entwicklung einer behandlungsbedürftigen, aktiven Tuberkulose kommen (Postprimärtuberkulose). Zu dieser Reaktivierung kann es immer dann kommen, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Dennoch ist das Risiko, eine behandlungsbedürftige Tuberkulose zu entwickeln, in den ersten zwei Jahren nach einer Infektion am höchsten.

Von einer offenen Lungentuberkulose spricht man, wenn der Krankheitsherd Anschluss an die Luftwege hat und somit auch potenziell ansteckend (infektiös) ist. Die Ansteckungsgefahr ist dann groß, wenn der Gesunde einem hustenden Tuberkulose-Kranken dicht gegenüber steht und dessen Ausatemluft unmittelbar einatmet. Die Mycobakterien sind gegenüber Umwelteinflüssen sehr widerstandsfähig. Sie können noch viele Minuten und länger in der Luft schweben und möglicherweise zur Ansteckung führen (www.lungenarztpraxis-tegel.de/tbc). Deshalb sollten die Räume, in denen sich ein an offener Tuberkulose Erkrankter aufhält, gut gelüftet werden.

Noch keine effektiven Schutzimpfungen

Die Rolle der so genannten BCG-Impfung ist umstritten. Bei der Impfung wird ein abgeschwächt-virulentes (attenuiertes) Bakterium verwendet. Dieses wurde von den Franzosen Albert Calmette und Camille Guérin aus dem Wildtyp des Mycobakteriums (Mycobacterium bovis) gezüchtet, daher der Name: Bacille Calmette-Guérin (BCG). Die Impfung schützt nicht sicher vor einer Ansteckung mit Tuberkulose-Bakterien. Allenfalls entsteht eine partielle Immunreaktion, die eventuell die schlimmsten Folgen verhindert, etwa eine tuberkulöse Hirnhautentzündung im Kindesalter. Aber dieser Schutz hält nur wenige Jahre an. Die BCG-Impfung schützt weder Kinder noch Erwachsene vor der häufigsten Form der Tuberkulose, der Lungentuberkulose. Deshalb konnte die Tuberkulose weltweit bisher nicht eingedämmt werden. Da sich Mycobakterien intrazellulär verbergen, werden sie von Antikörpern nicht erreicht. Bei einer erfolgreichen Impfung kommt es jedenfalls zu einer positiven Tuberkulinreaktion, so dass dieser Test dann für die Frühdiagnose entfällt.

Aufgrund der epidemiologischen Situation in Deutschland, der nicht sicher belegbaren Wirksamkeit der BCG-Impfung und der nicht seltenen Nebenwirkungen des BCG-Impfstoffs (Abszesse, Lymphknotenschwellungen, Knochen- und Knochenmarksentzündungen, selten auch Meningitis) wird die Impfung von der ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) seit März 1998 in Deutschland nicht mehr empfohlen. Das entspricht den Vorgaben der WHO, die diese Impfung nur in Gebieten mit hoher Erkrankungsrate empfiehlt. Weltweit wird an neuen Impfstoffen geforscht. Verschiedene Vakzine gegen die Tuberkulose befinden sich in klinischer Prüfung. Erschwert wird die Entwicklung von Impfstoffen dadurch, dass es noch viele offene Fragen in den grundsätzlichen Mechanismen der Erkrankung gibt (Deutsches Ärzteblatt 2015).

Krankheitssymptome und Diagnose

In ihrem Anfangsstadium macht die Tuberkulose meist keine besonders auffälligen Symptome oder für sie charakteristischen Beschwerden. Die PatientInnen klagen im Allgemeinen über Husten, manchmal über Appetitlosigkeit und Müdigkeit, leichtes Fieber, besonders in den Nachmittagsstunden, und Nachtschweiß. Diese Beschwerden sind unspezifisch. Selten und erst nach längerer Zeit können Blutbeimengungen im Hustenauswurf dazu kommen. Generell gilt: Sollte ein Husten länger als drei Wochen andauern, muss ein Arzt aufgesucht werden.

Die Diagnose einer Tuberkulose über den früher genutzten Tuberkulin-Hauttest ist schwierig, da damit eine Erkrankung nicht sicher festgestellt werden kann.

Mit dem neueren g-Interferon-Test (Quantiferon-Test, Tb-Gold) wird Interferon-g nachgewiesen. Bei einer Tuberkulose-Infektion werden Erreger durch antigenpräsentierende Zellen aufgenommen, wodurch eine Aktivierung von T-Lymphozyten ausgelöst wird, die als Reaktion mit der Ausschüttung von Interferon-g beginnt. Diese Antigene sind spezifisch für Mycobacterium tuberculosis und fehlen nach einer BCG-Impfung. Es kann aber auch hier zu falsch negativen Reaktionen kommen, etwa bei schweren Tuberkuloseformen oder geschwächter Abwehrlage wie in der Schwangerschaft. Auch hier ist eine Unterscheidung zwischen Infektion und Erkrankung nicht möglich. Mit einer Röntgenaufnahme der Lunge kann der Verdacht erhärtet werden. Die Diagnose Tuberkulose kann man aber nur mit Sicherheit stellen, wenn man Tuberkulose-Bakterien unterm Mikroskop oder durch Anlegen einer Kultur nachweisen kann.

Therapie der Tuberkulose

Ohne Behandlung sterben auch heute noch etwa 50 Prozent der Erkrankten an ihrer Tuberkulose. Etwa 25 Prozent erleiden einen Rückfall, und nur bei etwa 25 Prozent der Erkrankten kommt die Tuberkulose zum Stillstand. Die Behandlung ist unabhängig davon notwendig, ob eine offene oder geschlossene Tuberkulose vorliegt. Sie beginnt in der Regel mit mindestens drei oder vier verschiedenen Medikamenten. Diese Medikamente greifen an verschiedenen Stellen an. Dies ist notwendig, um alle Bakterien zu erreichen und Resistenzen zu vermeiden. Die gebräuchlichen Medikamente sind Isoniazid (INH), Rifambicin (RMP) Pyrazinamid (PZA) und Ethambutol (EMB), als Reserve Streptomycin (SM). Die Behandlung dauert sehr lange und muss auch bei subjektiver Beschwerdefreiheit weitergeführt werden: Die Initialphase beginnt mit drei oder vier Medikamenten über acht Wochen, gefolgt von einer Therapie mit zwei Medikamenten über vier Monate und gegebenenfalls einer weiteren Behandlung insgesamt über ein Jahr.

Ein Problem sind Resistenzen: Tuberkuloseerkrankungen, bei denen mehr als zwei der genannten Antituberkulostatika nicht mehr wirksam sind, werden als mehrfach- oder polyresistente Tuberkulose bezeichnet. Von Multiresistenz spricht man, wenn eine Resistenz gegenüber den beiden wirksamsten Antituberkulostatika INH und RMP vorliegt. In diesem Fall müssen Zweitrangmedikamente eingesetzt werden. Die Behandlung dauert dann aufgrund der geringeren Wirksamkeit bis zu zwei Jahre.

Auch wenn sie an einer offenen Tuberkulose erkrankt sind, gelten PatientInnen nach einer wirksamen medikamentösen Kombinationstherapie von zwei bis drei Wochen (in Abhängigkeit von der Ausdehnung der Erkrankung) meist nicht mehr als infektiös (Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, www.pneumologie.de).

Schwangerschaft und Stillzeit

Ist eine Schwangere an einer Tuberkulose erkrankt und wird sie nicht behandelt, kann es zu einer angeborenen Infektion des Säuglings durch eine vertikale Übertragung kommen. Zum Beispiel sind transplazentare Übertragungen durch Nabelvenen auf die fetale Leber und Lunge beschrieben worden oder durch Aspiration und Schlucken von infiziertem Fruchtwasser in der Gebärmutter oder auch intrapartum verursacht. Transplazentare Infektionen treten spät in der Schwangerschaft auf, Aspiration von Fruchtwasser dagegen in der Perinatalperiode (Mittal et al. 2014).

Eine an Tuberkulose erkrankte Schwangere kann genauso behandelt werden wie jede andere Frau, lediglich Streptomycin ist kontraindiziert. Bei Gabe von Isoniazid sollte zusätzlich Pyridoxin (Vitamin B6) eingenommen werden, um neurologischen Nebenwirkungen vorzubeugen. Bei den Neugeborenen von Müttern, die während der Schwangerschaft mit antituberkulösen Medikamenten behandelt worden waren, wurden keine erhöhten Fehlbildungsraten beobachtet. Die Durchführung einer Tuberkulosebehandlung ist in keinem Stadium der Schwangerschaft ein Grund für einen Abbruch.

Bei an Tuberkulose infizierten Neugeborenen wird am häufigsten von einer horizontalen Ausbreitung in der Postpartalzeit durch Tröpfcheninfektion über die Mutter oder andere nicht diagnostizierte Familienmitglieder ausgegangen. Eine Übertragung von Tuberkulose durch die Muttermilch erfolgt nicht!

Das Erkrankungsrisiko nach einer Infektion ist bei Kindern deutlich höher als bei Erwachsenen, vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern. So erkranken nach einer Infektion 30 bis 40 Prozent der betroffenen Kinder. Eine der Ursachen dafür ist, dass die zelluläre Abwehr insbesondere in den ersten beiden Lebensjahren noch nicht vollständig ausgebildet ist. Deshalb ist auch die Gefahr komplizierter Erkrankungsformen, wie der Miliartuberkulose und der tuberkulösen Meningitis, im Rahmen der Primärinfektion im Kleinkindalter besonders hoch. Wenn die stillende Mutter hoch ansteckend ist, wird deshalb meist empfohlen, das Kind von ihr zu trennen, zumindest für die ersten 14 Tage der Therapie. Dann kann zumindest abgepumpte Muttermilch gefüttert werden. Die Medikamente sind stillverträglich und gefährden das Kind nicht. Formulanahrung wäre in jedem Fall die schlechtere Variante (Schaefer et al. 2012).

Dennoch sind unterschiedliche Empfehlungen zu finden. Die „Frauenärzte im Netz” schreiben: „Bei einigen Infektionskrankheiten wird vom Stillen abgeraten, da die Erreger über die Milch weitergegeben werden können. Hierzu gehören HIV-Infektionen sowie offene Tuberkulose, die noch keine zwei Wochen behandelt wurde.” (www.frauenaerzte-im-netz.de/de_stillen-bei-erkrankungen_1143.html) Hingegen liest man bei der Nationalen Stillkommission (NSK) am Robert Koch-Institut: „Erkrankungen der Mutter stellen in den meisten Fällen kein Stillhindernis dar. Jedoch gibt es einige Infektionskrankheiten, von denen ein Risiko für den Säugling ausgeht. … Dagegen kann bei Erkrankung der Mutter mit Tuberkulose oder Masern in der Regel weiter gestillt werden.” (www.bfr.bund.de/de/stillen_und_erkrankungen_der_mutter-54288.html). Auch das deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) schreibt: „Während einer Therapie mit den Standardmedikamenten kann gestillt werden, da die mit der Milch vom Säugling aufgenommenen Substanzkonzentrationen zu gering sind, um unerwünschte Wirkungen zu erzeugen. Streptomycin wird nach der Aufnahme durch die Muttermilch vom Kind nicht resorbiert und kann allenfalls einen Einfluss auf die kindliche Darmflora haben. Bei gleichzeitiger antituberkulöser Therapie von Mutter und Kind sind die erhöhten Wirkstoffspiegel beim gestillten Kind zu berücksichtigen.” (Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (2001)

So empfiehlt es auch die WHO (WHO 1998). Dabei wird berücksichtigt, die Mutter-Kind-Bindung zu ermöglichen. Ist die Mutter ansteckend, muss das Kind mit Isoniazid und Vitamin B6 mitbehandelt werden. Dabei ist zu bedenken, dass ein voll gestillter Säugling ein Drittel der therapeutischen Dosis über die Muttermilch erhält und die Dosis entsprechend zu reduzieren ist (Schaefer et al. 2012). Die Mutter sollte bei Kontakt mit ihrem Säugling einen Mundschutz tragen und – damit das Gesichtsschema von kleinen Säuglingen dennoch erkannt werden kann – Lippen und Nasenlöcher mit Lippenstift auf den Mundschutz aufmalen.

Wenn die Mutter vor der Diagnose schon länger Kontakt mit dem Säugling hatte, ist es ohnehin notwendig, diesen mit zu behandeln, aber beide nicht zu trennen.

Vorbeugende Maßnahmen

Auch in Deutschland sollte bei länger anhaltendem Husten oder anderen unspezifischen Symptomen an die Möglichkeit einer Tuberkulose gedacht werden. Ist ein Fall von Tuberkulose bekannt geworden, muss eine Umgebungsuntersuchung von Kontaktpersonen des oder der Erkrankten erfolgen. Zu den Zielgruppen der Prävention gehören darüber hinaus Personen aus Ländern mit einer hohen Erkrankungshäufigkeit an Tuberkulose, wie Asylsuchende, Flüchtlinge, Aussiedler, MigrantInnen und Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko wie Obdachlose, Drogenabhängige, Gefängnisinsassen oder HIV-Positive.

Ausblick

Um ihre KlientInnen fachlich korrekt zu betreuen, ist es für Hebammen notwendig, sich auch mit seltenen Erkrankungen zu befassen. Bei allen Überlegungen steht das Wohlergehen von Mutter und Kind im Vordergrund. Zu berücksichtigen ist, dass es für erkrankte stillende Mutter meist einfacher ist, weiter zu stillen. Aus Unkenntnis das Stillen und die Mutter-Kind-Bindung zu unterbrechen, ist leider oft noch Alltag. Durch bessere Information können Hebammen es vermeiden.

Die Hebamme muss bei einem Verdacht die Mutter zu einem Arzt schicken und sollte ihm ihren Verdacht telefonisch mitteilen. Dennoch sollte die Hebamme die Wochenbettbetreuung weiter durchführen und sich gegebenenfalls mit einem Mundschutz und Händedesinfektion schützen.

Informationen des Robert Koch-Instituts

Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt Empfehlungen, die auf die besondere Situation von Asylsuchenden zugeschnitten sind. Diese stehen auf den Internetseiten des RKI zum Lesen oder zum Download bereit. Die Website des RKI bietet dabei einen sehr umfassenden und praxisnahen Überblick auch für Hebammen, die geflüchtete Frauen und ihre Familien betreuen, um sich über Infektionskrankheiten, ihre Erkennung und Behandlung zu informieren.

Einen umfangreichen und praxisnahen Überblick über die Infektionskrankheiten, ihre Erkennung und den Umgang damit gibt ein 21-seitiges Dokument unter dem Titel „Management von Ausbrüchen in Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende.” Hier geht es – neben der Auflistung der Erkrankungen durch gastroenterische Erreger oder respiratorische Erreger und allgemeinen Angaben zu Erregern, Übertragbarkeit und Klinik – um die Zuständigkeit bei Ausbruchsuntersuchungen, Vorgehen in dieser Situation, Schutz der Beschäftigten und die gesetzlichen Meldepflichten.

Außerdem sind im Epidemiologischen Bulletin 38/2015 des Robert Koch-Instituts vom 21.9.2015 unter dem Thema „Für medizinisches Personal: Akut behandlungsbedürftige, für Deutschland ungewöhnliche Infektionskrankheiten, die bei Asylsuchenden auftreten können” die seltenen Infektionskrankheiten tabellarisch gelistet und hinsichtlich ihrer Symptome und Epidemiologie erklärt. Aufgeführt sind hier Malaria, Läuserückfallfieber, Fleckfieber/Flecktyphus, Typhus, Amöbenleberabszess, Viszerale Leishmaniose, Lassafieber, Krim-Kongo-Fieber, Meningitis, Leptospirose, Tetanus, Tuberkulöse Meningitis und andere bakterielle Meningitiden wie beispielsweise das Haemophilus influenzae b.

Des Weiteren widmet sich das Epidemiologische Bulletin 42/2015 vom 12.10.2015 unter dem Titel „Konzept zur Umsetzung frühzeitiger Impfungen bei Asylsuchenden nach Ankunft in Deutschland” der Frage des Impfstatus der Asylsuchenden und wie ein ausreichender Impfschutz in Deutschland sichergestellt werden kann.

Diese Materialien und noch andere mehr finden sich unter dem Themenfeld „Asylsuchende und Gesundheit” auf der Homepage des RKI unter www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GesundAZ/Content/A/Asylsuchende/Asylsuchende.html.

Zu beachten

  • Menschen mit einer Verdachtsdiagnose (beispielsweise Husten länger als drei Wochen) zum Arzt/Facharzt schicken
  • Melden einer Tuberkulose beim zuständigen Gesundheitsamt
  • Maßnahmen zur Verringerung der Infektionsgefahr durch rasche Identifikation infektiöser Erkrankter (Expositionsprophylaxe)
  • Betreuung von Erkrankten über den gesamten Zeitraum der Behandlung zur Sicherstellung einer vollständigen und erfolgreichen Therapie
  • Durchführung von Umgebungsuntersuchungen
  • Anwendung von Antituberkulostatika, wenn Kontakt zu einer Person mit ansteckungsfähiger Lungen-Tuberkulose bestanden hat, um zu verhindern, dass es zu einer Infektion kommt. Diese Regel gilt insbesondere für Kinder und Personen mit Abwehrschwäche
  • Anwendung von Antituberkulostatika bei infizierten, aber noch nicht erkrankten Personen, um zu verhindern, dass es zu einer manifesten Tuberkulose-Erkrankung kommt
  • Aufklärung und gezielte Screening-Maßnahmen von Hochrisikogruppen sowie Sicherstellung des Zugangs zu medizinischer Versorgung
  • Ausreichendes Lüften der Räumlichkeiten
  • Tragen eines Mundschutzes im Umgang mit Erkrankten einer offenen Tuberkulose.

Quelle: www.gbe-bund.de

Zitiervorlage
von der Ohe G: Tuberkulose: Stillen ist unbedenklich. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2016. 68 (3): 40–44
Literatur

Beermann S et al: Asylsuchende und Gesundheit in Deutschland: Überblick über epidemiologisch relevante Infektionskrankheiten. Dtsch Arztebl 2015. 112 (42)

Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose: Was man über die Tuberkulose wissen soll, Eine Informationsschrift für Patienten und ihre Angehörigen. 6. ergänzte Auflage. www.pneumologie.de

Grunert D: Tuberkulosevakzinen: „Blackbox, die wir noch nicht verstehen”. Dtsch Arztebl 2015. 112 (12)

Mittal H, Das S, Faridi MMA: Management of newborn infant born to mother suffering from tuberculosis: Current recommendations & gaps in knowledge. Indian J Med Res 2014. Jul; 140(1): 32–39. PMCID: PMC4181157

Robert-Koch-Institut/RKI: Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2014. Berlin 2015

Schaefer et al: Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit. 8. Auflage 2012

Schaberg T et al: Richtlinien zur medikamentösen Behandlung der Tuberkulose im Erwachsenen- und Kindesalter. Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK). Pneumologie 2001. 55:494–511

WHO: Breastfeeding and Maternal Tuberculosis 1998 www.who.int/entity/maternal_child_adolescent/documents/pdfs/breastfeeding_and_maternal_tb.pdf

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