Weltweite Vielfalt: Die Eröffnungszeremonie, traditionell mit den Landesflaggen, Tschechien als Gastgeberland im Vordergrund Foto: © Paula Baumgarten

Ein wegweisender internationaler Hebammenkongress, veranstaltet von der International Confederation of Midwives (ICM), fand Anfang Juni in der tschechischen Hauptstadt statt. Das Motto, die weltweite Verbesserung der Frauengesundheit, war so facettenreich gefüllt, dass deutlich wurde, wo heute die globalen Probleme liegen. Als wichtiger denn je zeigten sich umsetzbare Methoden, um so auch der Vision, die weltweit immer noch hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu senken, zeitnah gerecht zu werden.

Nichts ist beeindruckender als der Welthebammenkongress, den der ICM alle drei Jahre ausrichtet: Nach Wien (2002), Brisbane (2005), Glasgow (2008) und Durban (2011) fand der 30. ICM-Kongress vor unserer Haustür in Prag statt. Umso erstaunlicher, dass sich von den rund 3.800 TeilnehmerInnen aus 126 Nationen nur etwa 220 Kolleginnen aus Deutschland auf den Weg gemacht hatten. 689 Euro Eintrittsgeld neben Reisekosten und Verdienstausfall waren zwar ein stolzer Preis. Verglichen mit dem, was Kolleginnen aus ärmeren, weit entfernten Ländern zu schultern hatten, war dieser Einsatz gering. Die Lehrenden der Hochschule für Gesundheit Bochum hatten ein Zeichen gesetzt und waren mit 60 Studierenden gekommen.

Weltweiten Hebammenmangel lösen

ICM-Präsidentin Francis Day-Stirk vom Royal College of Midwives in London begrüßte alle TeilnehmerInnen zum Kongress, der Rekorde gebrochen hatte, was die Zahl der vertretenen Nationen und der BesucherInnen anging. Insbesondere würdigte sie die Kolleginnen aus den wenig entwickelten Ländern, die teilweise beschwerliche Anreisen auf sich genommen und zu Hause „herausfordernde Situationen hinter sich gelassen” hatten. Sie hoffe, sie würden inspiriert vom Kongress zurückkehren und aus Prag neues Fachwissen mitnehmen. „Hebammen retten Leben!”, postulierte sie. Eine Investition in die reproduktive Gesundheit einer Gesellschaft bringe enorme Fortschritte.

Traditionell begann der Kongress, diesmal unter dem Motto: „Hebammen – die Frauengesundheit weltweit verbessern”, am Sonntagmittag mit einer Eröffnungszeremonie der fünf Weltreligionen. Anschließend folgte die offizielle Eröffnungsveranstaltung. Emotionaler Höhepunkt innerhalb eines vielfältigen Rahmenprogramms aus Darbietungen von Gesang, Tanz und Akrobatik war der Einzug der Fahnenträgerinnen aller Delegationen, meist in ihren landestypischen Gewändern, ein bewegendes Symbol für die Gemeinsamkeit, die alle Hebammen in ihrer Vielfalt auf der ganzen Welt verbindet.

Toyin Saraki, Ehefrau eines ehemaligen Governeurs des nigerianischen Bundesstaates Kwara, hielt als Schirmherrin und ideelle Botschafterin des ICM ihre Begrüßungsansprache: Vor 25 Jahren habe sie durch eine persönliche Tragödie die Notwendigkeit erkannt, dass jede Frau Zugang zu einer gut ausgebildeten und qualifizierten Hebamme haben müsse. Immer noch fänden weltweit 45 Millionen Geburten pro Jahr ohne Hebammenbetreuung statt. „Wir müssen den weltweiten Hebammenmangel lösen, um die Müttersterblichkeit zu bewältigen”, forderte sie. Wenn in die Ausbildung von Hebammen investiert würde, sei dies fruchtbar für alle. Sie sei optimistisch, dass die Millenniumsziele 4 und 5 zur Mütter- und zur Kindersterblichkeit erreicht werden könnten, wenn der politische Wille vorhanden sei und die Bedeutung der Hebammen erkannt werde. Sie schloss unter großem Beifall mit einem nigerianischen Sprichwort: „If you want to go fast, go alone. If you want to go far, go together.” „Wenn du schnell gehen willst, geh’ allein. Wenn du weit gehen willst, geh’ gemeinsam!” Sie bete dafür, dass man gemeinsam mit dem ICM sowohl schnell als auch weit vorankommen werde.

Auszeichnungen

Zum ersten Mal wurde der „Marie Gubran Award” einer männlichen Hebamme überreicht – an Kingsley Musama vom Chikwa Rural Health Centre in Zambia. Der Preis, in Gedenken an die verdienstvolle ehemalige Geschäftsführerin des ICM, Marie Gubran, soll außergewöhnlich engagierte Hebammen aus Ländern mit speziellen Problemen und begrenzten finanziellen Ressourcen auszeichnen. Kingsley Musama erhielt ihn, weil er viele Verbesserungen eingeführt hatte, wodurch die Mütter- und Kindersterblichkeit deutlich gesunken und seine Klinik zwei Jahre hintereinander zur besten der Region ausgewählt worden war. Der „Excellence in Midwifery Award” wurde vom ICM und der Organisation „Save the Children” an zwei Hebammen verliehen, die in Ländern mit der höchsten Neugeborenensterblichkeit Vorkämpferinnen für das Überleben von Neugeborenen sind. Er ging an die Hebammen Pronita Rani Raha aus Bangladesh und Agnes Kasaigi aus Uganda. In Bangladesh, wo der Hebammenberuf bislang noch nicht als autonomer Gesundheitsberuf etabliert ist, sei Pronita Rani Raha als eine der ersten Hebammen ein Vorbild für andere. Agnes Kasaigi widme ihr Leben der Aufgabe, Müttern in einem ländlichen Gesundheitszentrum in Uganda zu helfen. Der „Dorothea Lang Award” würdigt eine außergewöhnliche Hebamme, die sich durch Führungskraft und Vision im Rahmen ihrer Arbeit ausgezeichnet hat. Der Preis wurde Sabera Turkmani aus Afghanistan verliehen. Sie habe nicht nur eine umfassende Fachkompetenz in der Verbesserung der Hebammenausbildung und Entwicklung von Kompetenzen, sondern auch darin, finanzielle Unterstützung zu generieren und Gesundheitskampagnen zu initiieren.

Recht auf reproduktive Gesundheit

Ein Großteil des Kongressprogramms nahm Probleme weniger entwickelter Länder in den Blick. Für TeilnehmerInnen westlicher Länder rückten diese teilweise dramatischen Schwierigkeiten die eigenen Maßstäbe zurecht. Der ICM stellte gemeinsam mit dem United Nations Population Fund (UNFPA) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den zweiten Bericht zur weltweiten Lage der Hebammen vor, der im Internet zum Download verfügbar ist (www.unfpa.org). 73 Länder werden darin genauer analysiert, die einen Anteil an der weltweiten Müttersterblichkeit von 96 Prozent, an der Kindersterblichkeit von 92 Prozent zu tragen haben. Ihnen stünden jedoch nur 42 Prozent des weltweit aktiven Personals an Hebammen und anderer Gesundheitsberufe zur Verfügung. Drei Viertel aller Todesfälle sei vermeidbar. Dr. Laura Laski, Leiterin für den Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit beim UNFPA, appellierte an die Hebammen: „Sie sind an vorderster Front beim Recht auf Frauengesundheit.”

Um das Millenniumsziel 4, die Senkung der Müttersterblichkeit zu erreichen, sei ein „sicherer Schwangerschaftsabbruch” wichtig, dessen Durchführung eine der sieben vom ICM definierten Hebammenkompetenzen ist. Dies wurde in vielen Vorträgen und einer Plenumsveranstaltung in der großen Kongresshalle thematisiert.

Ein Drittel der weltweiten Müttersterbefälle gingen gerade in wenig entwickelten Ländern, aber auch in westlichen Ländern wie den USA, auf das Konto von Komplikationen bei Schwangerschaftsabbrüchen, die Frauen entweder selbst oder bei inkompetenten HelferInnen vornehmen ließen. Hebammen spielten unter den Gesundheitsberufen eine wesentliche Rolle, Frauenleben zu schützen, wenn sie den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch durch die Abgabe von Misoprostol oder mit Hilfe der Absaugmethode durchführten. Die anschließende Nachbetreuung und Abgabe von Kontrazeptiva gehörten zu einem wirkungsvollen Konzept, das Khageshwor Gelal aus Nepal vorstellte.

Mary Fjerstad aus den USA schilderte, dass es auch in ihrem Land Gegenden mit sehr schlechter Gesundheitsversorgung gebe, obwohl die USA zu den reichsten Ländern der Erde gehörten. In vielen Regionen würden Hebammen Schwangerschaftsabbrüche durchführen oder Frauen im Umgang mit Misoprostol beraten, da ÄrztInnen häufig dazu nicht bereit seien. Nur in manchen Staaten erlaube die Gesetzeslage Hebammen, offiziell Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.

Alle zwei Sekunden würde auf der Welt eine Frau unter 18 gezwungen, zu heiraten, alle zwei Sekunden würde eine Frau gegen ihren Willen schwanger, machte Jemima Dennis-Antwi aus Ghana den Zuhörerinnen bewusst und forderte: „Jede Schwangerschaft sollte freiwillig sein, eine Frau sollte sicher sein, dass sie die Schwangerschaft überlebt, und sie sollte das Leben leben, das sie leben will.”

In der Industrieausstellung konnten Hebammen eine zum Schwangerschaftsabbruch entwickelte spezielle Absaugpumpe für 25 Dollar erwerben – mit den dazu gehörigen sterilen Kathedern in verschiedenen Größen.

Menschenwürde

Die Veranstaltung „Humans rights – women’s choices” „Menschenrechte – Wahlmöglichkeiten von Frauen” wurde von Karen Guilliland geleitet, der Geschäftsführerin des Neuseeländischen Hebammenverbandes. Es war auffallend, wie häufig das Thema Menschenrechte und Wahlrecht der Frau in den Vorträgen und Veranstaltungen während aller Kongresstage immer wieder aufgegriffen wurde. Die Rechte von Frauen änderten sich nicht, nur weil sie schwanger seien, betonte Guilliland. Die Mutter sei als „Gastgeberin” eine Einheit als Person. Der beste Weg zu einem gesunden Kind sei eine gesunde und stressfreie Mutter.

Die für Menschenrechte und in der Organisation Birthrights (www.birthrights.org.uk) überregional engagierte Anwältin Elizabeth Prochaska aus London hatte durch die Geburten ihrer beiden Kinder ihre Hebammen schätzen gelernt. Als eine von ihnen in Großbritannien durch einen Beckenendlagenprozess in Schwierigkeiten gekommen sei, habe sie sie vor Gericht vertreten und seitdem vielen Hebammen anwaltlich zur Seite gestanden. In ihrem Vortrag „Die Rolle der Gesetzgebung für eine bessere Versorgung von Frauen in der Mutterschaft” bemängelte sie, die Gesetzgebung sei reaktiv – der Fokus liege auf Entschädigungen bei Schadensfällen und führe so zu einer „defensiven Medizin”. Die meisten GeburtshelferInnen hätten geringes Verständnis für die Rechte von Frauen und Kindern und fühlten sich vor allem für ihren eigenen Schutz verantwortlich. Eine Gesetzgebung, die sich an den Menschenrechten orientiere, müsse dagegen proaktiv sein, nicht reaktiv. Auch in einem Schadensfall ginge es um Menschlichkeit und Menschenwürde – auch für die Hebammen – dies sei die moralische und rechtliche Basis. Sie sprach an, dass viele europäische Länder – darunter das Gastgeberland Tschechien – Hebammen in ihrer Arbeit und Frauen in ihrer Selbstbestimmung als Mütter einschränkten. Artikel 3 der Menschenrechtskonvention lautete: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.” Viele Frauen erlebten geburtshilfliche Behandlungen als Missbrauch, prangerte Prochaska an. Den Routineeingriff Episiotomie brandmarkte sie als Genitalverstümmelung, als körperliche Misshandlung und Missachtung der Frau.

Hermine Hayes-Klein, amerikanische Anwältin und Gründerin der Organisation Human Rights in Childbirth (www.humanrightsinchildbirth.com) stellte sich in ihrem Vortrag der Frage „Sind wir vorangekommen oder zurückgefallen, die Menschenrechte für schwangere Frauen weltweit durchzusetzen?” Die Müttersterblichkeit habe zwar von 376.000 Todesfällen im Jahr 1990 auf 293.000 Todesfälle im Jahr 2013 gesenkt werden können. Andererseits sei die Kaiserschnittrate weltweit rasant in die Höhe geschnellt durch profitorientierte Gesundheitssysteme. Der Zugang zu Hebammen sei in vielen Ländern der Welt eingeschränkt, gerade auch in vielen gut entwickelten Ländern, was die Hausgeburtshilfe angehe. Sie forderte das Recht der Frau auf Autonomie, Privatsphäre – auch gegenüber dem Partner – auf spirituelle und kulturelle Selbstbestimmung, auf eine gleichwertige Gesundheitsversorgung für alle ohne Diskriminierung. Die Geburt sei neben einem medizinischen vor allem auch ein sakrales Ereignis.

Mande Limbu, ebenfalls Anwältin aus den USA und Aktivistin der White Ribbon Alliance, sprach über „Die Menschenrechte in westlichen wie in afrikanischen Ländern und die verschiedenartigen rechtlichen Antworten in anderen Kulturen”. Sie berichtete von Fällen aus Afrika, wo Frauen von ihrer Hebamme geschlagen worden seien, sich zu mehreren ein Entbindungsbett hätten teilen müssen und keine Privatsphäre gehabt hätten. Sie forderte Respekt für die Würde von Frauen. Beispielsweise seien TBA (Traditional Birth Attendents) in Afrika meist nicht erlaubt. Viele Frauen wünschten eine Geburt bei sich zu Hause, hätten aber keine Hebamme für eine Hausgeburt. Sie müssten stattdessen ihre Familien verlassen und ein weit entferntes Krankenhaus aufsuchen, wo sie oft von männlichen Ärzten behandelt würden. Mande Limbu forderte ein Betreuungsmodell auf Basis der Menschenrechte für Hebammen und gebärende Frauen, das auf Partnerschaft, Vertrauen und gegenseitigem Respekt basiere.

Lesley Page, Gastprofessorin am Londoner King’s College und an der Universität Sydney in Australien, sah die Menschenrechte als fundamentalen Bestandteil professioneller Hebammenarbeit, sie seien keine Zugabe. Sie schilderte den Fall der ungarischen Hebamme Ágnes Geréb, die sich in Budapest nach Gefängnisaufenthalt und langem Hausarrest nun zwar wieder frei bewegen dürfe. Ihr sei es jedoch nicht erlaubt, schwangere Frauen zu treffen. Als der Prozess gegen sie lief, habe man während ihrer Präsidentschaft im Royal College of Midwives diskutiert, ob man eine Frau unterstützen könne, die nicht als Hebamme registriert sei. In Ungarn habe es aber – neben den Krankenhäusern mit ihren hohen Interventionsraten – kein System von Regulation und Registrierung für freie Hebammen gegeben. Sie verlangte, wenn etwas falsch gelaufen sei, eine Beurteilung des Schadensfalls außerhalb der Kriminalgerichtsbarkeit. Auch müsse die Justiz die spezielle Situation von Hebammen berücksichtigen, die nicht nach dem Mainstream arbeiteten. „Stop blaming midwives!”, forderte Lesley Page.

Das Hebammenwissen erweitern

In vielen wissenschaftlichen Vorträgen wurden aktuelle Studien zu geburtshilflichen Fragestellungen aus Hebammenperspektive vorgestellt. Geburtseinleitungen bei gesunden Frauen am und kurz nach dem „voraussichtlichen Geburtsdatum” innerhalb der physiologischen Schwangerschaftsdauer von 42 Wochen war das Thema des Vortrags von Christiane Schwarz, einer der Referentinnen aus Deutschland. Sie sprach für eine Arbeitsgruppe von Hebammenwissenschaftlerinnen aus mehreren Hochschulen (Medizinische Hochschule Hannover, Hochschule für Gesundheit Bochum, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, Freie Universität Witten/Herdecke), die Daten von mehr als fünf Millionen Geburten aus der bundesdeutschen Perinatalerhebung von 2005 bis 2012 ausgewertet hatten. In diesem Zeitraum sei die Rate an Geburtseinleitungen und Kaiserschnitten signifikant gestiegen. Jedoch sei dieser Trend weder von einer geringeren Rate an perinatalen Todesfällen insgesamt, noch an Totgeburten begleitet worden. Nach Aussagen der Leitlinie zur Termin­überschreitung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) wäre dies allerdings zu erwarten gewesen. Stattdessen habe sich die Zahl der Neugeborenen erhöht, bei denen eine komplizierende Diagnose dokumentiert worden sei. Die Wissenschaftlerinnen folgerten daraus, dass bis zur Klärung der wirklichen Ursachen für fetale Todesfälle keine großzügige Indikation zur Geburtseinleitung am und über den errechneten Entbindungstermin gestellt werden sollte. Als Ursachen für fetalen Fruchttod würden seit Jahren in Studien unterschiedliche Risiken diskutiert. Die Terminüberschreitung oder gar echte Übertragung als Ursachen des intrauterinen Fruchttodes spielten – wenn überhaupt – eine untergeordnete Rolle. In zahlreichen Workshops konnten Hebammen ihr praktisches Wissen erweitern. Die Kompetenz, Beckenendlagen vaginal zu entwickeln, war ein gefragtes Thema mehrerer Veranstaltungen. Beispielsweise gab Betty-Anne Daviss aus Kanada ihr Wissen zum Geburtsmechanismus und den richtigen Handgriffen an mehr als 100 interessierte Hebammen weiter. Sie habe viel von Frank Louwen, Leiter der Geburtshilfe und Pränatalmedizin am Uniklinikum Frankfurt, gelernt – insbesondere über die Beckenendlage im Vierfüßlerstand. Beispielsweise „Frank’s nudge”, einen kleinen Stupser mit den Daumen in Höhe der beiden Schlüsselbeine, den Louwen zur Unterstützung des Austritts des Kopfes propagierte, wenn das Kind schon fast geboren ist. Weil das Wissen in dieser Geburtsposition noch so begrenzt sei, würde sie bei jeder Geburt alle Beobachtungen exakt notieren, um herauszufinden, ob es ein bestimmtes Muster gebe. Sie wundere sich über die Angst vor der vaginalen Beckenendlage, wo man doch heute mit Hilfe des Ultraschalls so viel vorab wissen könne.

Wiedersehen in Toronto

Wie immer bei solch großen Kongressen war man vom Reichtum der Angebote, der Flut neuer Informationen, der großen Industrieausstellung, den Ständen zur Selbstdarstellung verschiedener Organisationen und den vielen persönlichen Gesprächen in diesen fünf Tagen überwältigt. Diejenigen die nicht zum Kongress hatten kommen können, wurden über Twitter mit über 22.000 Tweets auf dem Laufenden gehalten. Immer wieder sah man Hebammen, die während der Vorträge Kurznachrichten in ihren Tablet-Computer eingaben.

Bei der Abschlussveranstaltung am Donnerstagmittag berührte die kleine filmische Zusammenschau aus den intensiven Eindrücken vom Kongress sicher jede Hebamme – spätestens beim Gesang der afrikanischen Hebammen, die sich vor Beginn des Kongresses mit Kolleginnen aus aller Welt im Prager Kampa Park getroffen hatten, um gemeinsam zu singen. Ihre unglaublichen Stimmen waren auf der großen Leinwand noch einmal mitreißend. Zum Abschluss luden die kanadischen Hebammen ebenfalls mit einer anrührenden gesanglichen Darbietung alle Hebammen zum nächsten Kongress 2017 nach Toronto ein. Der Kongress 2020 wird auf Bali in Indonesien stattfinden. >

Foto: © Paula Baumgarten

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Vorgestellt

Der ICM (International Confederation of Midwives) unterstützt, repräsentiert und stärkt weltweit professionelle Hebammenverbände. Er vereinigt 116 Hebammenverbände aus 102 Nationen. Zusammen vertreten diese Verbände an die 300.000 Hebammen auf allen fünf Kontinenten. Hauptsitz des ICM ist in Den Haag in den Niederlanden. Alle drei Jahre trifft sich der „Council” in voller Besetzung für vier Tage unmittelbar vor jedem Kongress – ein Rat, zu dem jeder der 116 Verbände zwei Delegierte entsendet. Dort werden unter anderem Positionspapiere, Statements, Leitlinien und Hebammenstandards verabschiedet.

Nach Ende des ersten Weltkriegs war der ICM 1919 in Antwerpen in Belgien gegründet worden. Bereits zuvor hatte es Bemühungen von Hebammen gegeben, sich zusammenzuschließen und auszutauschen, beispielsweise bei einem internationalen Hebammenkongress in Berlin mit mehr als 1.000 Teilnehmerinnen im Jahr 1900. Der ICM hat die Vision einer Welt, in der jeder gebärenden Frau Hebammenbetreuung für sich und ihr Kind zur Verfügung steht.

Weitere Informationen finden sich unter www.internationalmidwives.org.

Foto: © Paula Baumgarten

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Zitiervorlage
Baumgarten K: 30. ICM-Kongress in Prag: “Willst du weit gehen, gehe gemeinsam”. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2014. 66 (7): 68–71
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