Die Süddeutsche Zeitung schrieb kürzlich über die Fragwürdigkeit homöopathischer Behandlungen durch Hebammen. Fazit: Es habe sich unter den meisten Hebammen herumgesprochen, dass Globuli Placebos sind – und daher nicht als ernst zu nehmende Medikamente ausgegeben werden sollten. Es komme aber noch immer mal vor, dass wichtige Behandlungen verzögert würden, wenn Hebammen Kügelchen verteilten. Es gibt jedoch keine Zahlen dazu.
Das größere Problem für die Gesundheit von Müttern und Kindern sehe ich aber in der zunehmenden Überversorgung mit Interventionen, die messbare negative gesundheitliche Folgen hat. 2023 wurden in Deutschland 34,8 % Sectiones durchgeführt. Das ist die höchste je erfasste Kaiserschnittrate!
Der öffentliche Aufschrei: blieb aus. Einzig die Kaufmännische Krankenkasse veröffentlichte die Zahl, ließ aber gleich durch ihre »Expertin für Kinder- und Frauengesundheit« erklären: »Zu den Gründen können ein erhöhtes Alter der Gebärenden, Vorliegen von Begleit- oder Vorerkrankungen sowie Geburtspositionen des Ungeborenen wie Beckenendlage zählen.« Kritisches Hinterfragen der Faktoren, die die Geburtshilfe betreffen: Fehlanzeige. Abrechnungsvorteile, Fehldiagnosen, Angst vor juristischen Folgen, schlechte Ausbildung, Personalmangel, Raumnot oder fehlende Implementierung der S3-Leitlinie »Vaginale Geburt am Termin«, die auch eine Senkung der Sectiorate zum Ziel hat, werden nicht mal in Betracht gezogen. Eine systematische Analyse der Gründe: gibt es nicht.
Die Ignoranz der Tatsache, dass die seelische und körperliche Unversehrtheit von Frauen und Kindern in der Geburtshilfe aktuell ganz offensichtlich nicht ausreichend geschützt wird, ist strukturell verankert. Sie ist Ausdruck von systematischem Desinteresse, vom tief verankerten Sexismus der Gesellschaft, von Missachtung von Kinderrechten. Und nicht zuletzt der schlechten Angewohnheit, Frauen selbst die Schuld daran zu geben, wenn ihnen Geringschätzung und Gewalt widerfahren.