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Hitzewellen belasten Schwangere und Kinder besonders stark. Es nehmen dabei auch Allergien und andere körperliche Begleiterscheinungen zu. Prävention durch Wissen und Handeln ist wichtiger denn je. Doch auch die psychische Resilienz gilt es durch valide Informationen und das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu stärken.

Die Weltgesundheitsorganisation warnt: »Die Verbrennung fossiler Brennstoffe bringt uns um. Der Klimawandel ist die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit.« (WHO, 2021) Der Klimawandel führt zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen, auf die sich Gesundheitsfachkräfte vorbereiten sollten. Viele sind bereits heute sichtbar und relevant, werden sich in den kommenden Jahren aber noch verschärfen.

Das größte Risiko: Hitze

Seit den 1990er Jahren sind in Deutschland pro Jahr knapp neun »heiße Tage« mit 30 °C oder darüber hinzugekommen. Längere und intensivere Hitzewellen sind die Folge. Dieser Trend wird sich weiter verstärken (Deutsches Klima-Konsortium et al., 2022). Von Hitze sind im dicht besiedelten Deutschland sehr viele Menschen betroffen. Dies betrifft natürlich auch alle, die im Gesundheitswesen und im Rettungsdienst arbeiten, wodurch ein ohnehin massiv belastetes System an seine Grenzen gerät.

Hitze ist die Folge der Erderwärmung, die unserem Gesundheitswesen in den nächsten Jahrzehnten die größten Anstrengungen abverlangen wird (siehe auch Seite 8ff.).

Bei Hitze sind alle Menschen gefährdet – einige vulnerable Bevölkerungsgruppen aber ganz besonders. Hierzu zählen alte Menschen, Schwangere, chronisch Kranke, draußen Arbeitende, Obdachlose und kleine Kinder, aber auch sozial schlechter gestellte Personen, die häufig in schlecht hitzegeschützten Wohnungen leben und wenig Geld für Hitzeschutz ausgeben können.

Im Jahr 2022 gab es in Deutschland rund 4.500 hitzebedingte Todesfälle (Robert Koch-Institut, 2023). Hunderttausende waren arbeitsunfähig, Millionen in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt – in Hitzewellen entsteht erheblicher wirtschaftlicher Schaden.

Mehr Hitze führt auch zu mehr Verdunstung und damit zu mehr Trockenheit, was wiederum das Risiko von Waldbränden und der assoziierten Gesundheitsgefährdung wie massiver Ausbreitung gefährlichen Rauchs erhöht.

Direkte und indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit Illustration: CC BY 4.0; Robert Koch-Institut (nach Hertig et al., 2023)

Hitze belastet den Körper

Menschliche Körper sind nur in einem geringfügigen Ausmaß in der Lage, sich an Hitze anzupassen – es gibt harte biologische Grenzen. Unser Körper besteht zu wichtigen Anteilen aus Proteinen, die bei Hitze denaturieren. Auch das Abkühlen kann die zerstörten Proteine nicht mehr wiederherstellen. Was bei einem gekochten Ei durchaus erwünscht ist, bedeutet für unseren Körper – unter anderem für das in großen Teilen aus Proteinen bestehende Gehirn –, dass eine bestimmte Temperaturgrenze nicht überschritten werden darf. Unsere Körperkerntemperatur sollte bei 37 °C liegen. Eine Überschreitung auf 42 °C über mehr als einige Minuten richtet verheerende Schäden an, die schnell zum Tod führen.

Der menschliche Körper hat zwei Hauptwege, Wärme abzugeben: die direkte Wärmeabgabe von der Haut an die Umgebung und das Schwitzen, also die Erzeugung von Verdunstungskühle. Der erste Weg erfordert eine Dilatation der Hautgefäße, Wärme wird in die Haut transportiert und von dort an die Umgebung abgegeben – was nur funktioniert, solange die Umgebung kühler ist als der Körper. Erforderlich ist eine erhöhte Leistung des Herzens, um das größere Blutvolumen zu durchströmen. Um dies zu erreichen, wird gleichzeitig die Perfusion innerer Organe wie Leber, Nieren und Darm reduziert.

Der zweite Weg, das Schwitzen, funktioniert auch bei Außentemperaturen oberhalb der Körpertemperatur – aber nur, solange die Umgebungsluft nicht zu 100 % mit Wasserdampf gesättigt ist.

Nicht nur die Außentemperatur, sondern auch die Luftfeuchtigkeit ist also relevant, um die Gefährlichkeit von heißem Wetter abzuschätzen. Im sogenannten »Hitzeindex«, der »gefühlten Temperatur«, ist beides einbezogen

Hitzeindex-Tabelle Quelle: Physik Libre Illustration: CC BY-SA 4.0 nach Rundel et al., 2019

Auswirkungen auf Organe

Die Vasodilatation der Hautgefäße und die vermehrte Schweißsekretion mit entsprechendem Elektrolytverlust erfordert eine erhöhte Leistung des Herzens und auch der Lunge, über die ebenfalls Wärme abgegeben wird. Dies führt zu erhöhter Herz- und Atemfrequenz, der Blutdruck sinkt (Winklmayr et al., 2023). Durch Flüssigkeitsverlust steigt die Blutviskosität, und Hitze schädigt außerdem direkt das Endothel, was zur Aktivierung des Gerinnungssystems mit Entstehung von Thromben führt (Leyk et al., 2019).

Innere Organe wie Gehirn, Nieren und Leber werden weniger durchblutet. Dies kann zu lokalen ischämischen Zuständen beispielsweise des Darms führen, was die Permeabilität des intestinalen Epithels erhöht und Endotoxine aus dem Darmlumen ins Blut gelangen lässt. Dies triggert das Immunsystem, das Zytokine freisetzt (Bein, 2023).

All diese Mechanismen führen zur Schädigung von Organen. So werden Herzinfarkte genauso wahrscheinlicher wie Lungen- und Nierenversagen und akute psychiatrische Krisen: In Hitzewellen steigen psychiatrische Aufnahmen sowie Suizidraten an. Insbesondere bei vulnerablen Menschen besteht ein hohes Risiko auch für tödliche Verläufe (Winklmayr et al., 2023).

Risiken für Schwangere

In Hitzewellen steigt regelhaft das Risiko für Früh-, Fehl- und Totgeburten, auch mütterliche Erkrankungen wie die Präeklampsie werden wahrscheinlicher. Schwangere und Wöchnerinnen haben ein generell erhöhtes Risiko für Thrombosen und Lungenembolien, dieses steigt bei Hitze weiter an.

Viele pathophysiologische Mechanismen der Auswirkungen von Hitze auf Schwangerschaft sind noch unzureichend verstanden, hier ist weitere Forschung erforderlich (Wang et al., 2024; Wyrwoll, 2023; Jiao et al., 2023, siehe auch Seite 20ff.).

Gefahren für Kinder

Kinder sind besonders hitzevulnerabel. Aufgrund ihrer größeren Körperoberfläche bezogen auf ihr Körpervolumen überhitzen sie schneller als Erwachsene; auch bestehen ein geringeres Reserve-Flüssigkeitsvolumen und noch unausgereifte Kühlmechanismen. Hinzu kommt, dass Kinder dünnere Haut als Erwachsene haben, die Stammzellen liegen dicht unter der Oberfläche. Sie erleiden daher durch Sonnenexposition viel schneller Stammzellschäden als Erwachsene, was Hautkrebs im Verlauf des weiteren Lebens begünstigt.

Bei UV-Strahlung gilt: Die Haut vergisst nicht! Einmal erlittene Stammzellschäden durch zu viel Sonnenlichtexposition bleiben ein Leben lang.

Besonders hitzegefährdet sind Neugeborene, die über noch unreife Kühlmechanismen und ein sehr geringes Körpervolumen verfügen. Hinzu kommt das Risiko der Austrocknung stillender Mütter, was die verfügbare Milchmenge in Hitzephasen verringern und zur Dehydrierung des gestillten Säuglings führen kann.

Generell gilt, dass voll gestillte Säuglinge in Hitzephasen keine zusätzliche Flüssigkeit benötigen, sondern lediglich nach Bedarf (häufiger) gestillt werden sollten. Der Stillerfolg kann durch die Hitzeeinwirkung auf die Mutter aber gefährdet sein (Ashraf et al., 1993).

Direkte Hitzeerkrankungen

Neben der Verschlechterung vorbestehender Grunderkrankungen gibt es auch direkt durch Hitze ausgelöste Erkrankungen. Diese werden in drei Stadien eingeteilt:

  • Hitzestress: leicht erhöhte Temperatur, Muskelkrämpfe, Synkopen
  • Hitzeerschöpfung: bis unter 40 °C, stärkere systemische Reaktion
  • Hitzschlag: schwere nichtinfektiöse Entzündungsreaktion, ≥ 40,6 °C, trockene Haut, Tachykardie, Verwirrtheit, Koma, zerebrale Krampfanfälle, rasch eintretendes Multiorganversagen.

Bei Hitzestress genügt es, den Körper abzukühlen und oral Flüssigkeit und Elektrolyte zuzuführen. Hitzeerschöpfung rechtfertigt oft eine stationäre Aufnahme und die intravenöse Gabe gegebenenfalls gekühlter Flüssigkeit.

Bei Verdacht auf einen Hitzschlag besteht immer eine Indikation zur umgehenden stationären Versorgung mit schnellstmöglicher Kühlung (Eiswasser-Wanne, kalte Infusionen). Ein Hitzschlag führt bereits nach 30 Minuten zu relevanten Organschäden, so dass die Aufnahme auf eine Intensivstation indiziert ist. Leider sind deutsche Intensivstationen noch nicht flächendeckend auf die rasche Kühlung mehrerer Menschen mit Hitzschlägen vorbereitet.

Zu beachten bei allen Hitzeerkrankungen ist, dass zur Senkung der Temperatur stets physikalische Kühlung einzusetzen ist; Antipyretika wie Paracetamol oder Metamizol verbieten sich.

Der Hitzschlag ist ein absoluter Notfall. Umgehende wirksame Kühlung ist die einzige ursächliche Behandlung. Einmal verlorene Zeit kann nicht mehr aufgeholt werden. Prävention und rechtzeitige Beendigung der Hitzebelastung sind besser als jeder Therapieversuch (Bein, 2023).

Hitzeschutz

Prävention übermäßiger Hitzebelastung ist die wichtigste Maßnahme. Hierfür sollten Warnungen beachtet und große Hitze gemieden werden. In Hitzephasen sollte die Trinkmenge gesteigert und salzig, aber leicht gegessen werden. Innenräume sollten in den frühen Morgenstunden gelüftet und dann vor Hitze geschützt werden, um 26 °C möglichst nicht zu überschreiten. Zur Abkühlung können auch feuchte Tücher und kalte Fußbäder genutzt werden.

Im Außenbereich kühlen Bäume die unmittelbare Umgebung um bis zu 10 °C ab, während über versiegelten Flächen an Hitze­tagen leicht 50–60 °C erreicht werden – daher sollten sich die Menschen im Freien möglichst im Grünen aufhalten (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, siehe Link).

Vorerkrankte und Schwangere sollten möglichst bereits vor Hitzewellen mit ihren betreuenden Ärzt:innen beziehungsweise Hebammen den Umgang mit Hitzephasen besprochen haben. Zahlreiche Medikamente sind besonders zu beachten: So sind beispielsweise Insulin und Adrenalin hitzeinstabil; subkutan injizierte Medikamente wie Insulin, aber auch transdermale Formulierungen wie Fentanyl-Pflaster führen bei Hitze zu einem rascheren Anfluten der Medikamente, mit entsprechenden unerwünschten Wirkungen. Weitere Informationen zu Medikamenten bei Hitze liefert beispielsweise die Heidelberger Hitze-Tabelle (Universitätsklinikum Heidelberg, 2024). Mehr zum Hitzeschutz ist auf hitze.info zu finden.

Strukturelle Anpassung

Der Klimawandel erfordert umfangreiche strukturelle Klimaanpassung. Hierzu zählen zum Beispiel Hitzeschutzpläne für Krankenhäuser, Seniorenheime und Kindergärten, aber auch Verringerung der Hitzebelastung durch beispielsweise Entsiegelung, mehr Grünflächen oder Windkanäle. Auch öffentliche Abkühlungsmöglichkeiten sowie die breitflächige, niederschwellige Information der Bevölkerung über Hitze werden in den kommenden Jahren immer wichtiger (Winklmayr et al., 2023; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, 2017).

Weitere Gesundheitsrisiken des Klimawandels

Allergien und Luftverschmutzung

Der häufigste Auslöser allergischer Reaktionen wie Heuschnupfen und Asthma sind die in Pollen enthaltenen Allergene. Durch die Klimakrise verlängert sich die Vegetationsperiode und damit die Pollenflugsaison. In warmen Wintern können heutzutage bereits ab November Haselpollen nachgewiesen werden, während parallel noch die letzten Gräserpollen fliegen. Hinzu kommen die steigende CO2-Konzentration, die als Wachstumsfaktor zu mehr Pollenbildung führt, und die Verbreitung neuer Pollen-produzierender Pflanzen aufgrund der Erwärmung. Hierzu gehört zum Beispiel die sehr stark allergieauslösende Ambrosia (Bergmann et al., 2023).

Polysensibilisierte Pollenallergiker:innen leiden heute fast ganzjährig an allergischen Symptomen. Wichtig ist, allergische Erkrankungen immer ernst zu nehmen. Aus Heuschnupfen kann Asthma bronchiale werden, das lebensbedrohlich verlaufen kann.

Besonders ungünstig ist die Kombination von Pollen und Luftverschmutzung. Letztere entsteht durch die Verbrennung von Kohle, Öl, Gas und Holz, aber auch durch Reifenabrieb. Die kleinen Partikel gelangen in den ganzen Körper und können Lungen- und Herzerkrankungen, Demenz und viele andere Erkrankungen (mit-)verursachen. Die Europäische Umweltagentur beziffert die jährliche Zahl vorzeitiger Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung in Europa auf rund 400.000 (Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit, o.J.).

Einige Schadstoffe binden an Pollenallergene – die Kombination verstärkt allergische Reaktionen erheblich. Bei Hitze kann außerdem sogenannter Sommersmog entstehen: bodennahes Ozon. Dieses hat ungünstige Atemwegseffekte, besonders in Kombination mit Pollenallergenen.

Bei anhaltender Dürre kommt es zudem vermehrt zu Feinstaubbelastungen durch Waldbrände und das Aufwirbeln ausgetrockneter Böden. All diese Faktoren verstärken die Atemwegsbelastung sensibilisierter Menschen erheblich (Breitner-Busch et al., 2023).

Luftverschmutzung ist das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa – durchgreifender Klimaschutz verbessert die Luftqualität.

Vektorübertragene Erkrankungen

Da die Winter im Klimawandel immer kürzer und wärmer werden, verlängert sich die Aktivitätsphase von Zecken und Mücken. Sie überleben den Winter häufiger und vermehren sich schneller. Zudem verbreiten sich zunehmend neue Vektoren bei uns, etwa die Tigermücke oder die Hyalomma-Zecke.

In den vergangenen Jahren sind immer mehr Landkreise zum Frühsommer-Meningoenzephalitis-Risikogebiet (FSME-Risikogebiet) erklärt worden. Die Erkrankung kann bei Betroffenen zu schweren neurologischen Symptomen und zum Tod führen und nicht ursächlich behandelt werden. Die Fallzahlen steigen und mittlerweile tritt die Erkrankung ganzjährig auf.

Das FSME-Virus wird unmittelbar beim Einstich übertragen, so dass auch früh entfernte Zecken es übertragen. Der ab dem ersten Lebensjahr zugelassenen FSME-Impfung kommt daher eine zunehmende Bedeutung zu.

Auch bei der ebenfalls von Zecken übertragenen Borreliose, die antibiotisch behandelt werden kann, wird mit zunehmenden Fallzahlen gerechnet. Da das Bakterium Borrelia burgdorferi im Darm der Zecke sitzt und erst nach etwa 8–12 Stunden übertragen wird, hilft frühzeitiges Entfernen der Zecke gegen eine Infektion. Die Einstichstelle sollte einige Wochen beobachtet werden, um ein Borreliose anzeigendes Erythema chronicum migrans nicht zu übersehen: ein rötlicher, wachsender Ring – die sogenannte Wanderröte.

Bei steigenden Temperaturen wird damit gerechnet, dass neben neuen Vektoren auch unsere bislang recht harmlosen einheimischen Mücken relevante Erkrankungen übertragen können. Das West-Nil-Fieber ist in Deutschland bereits endemisch geworden, weitere Tropenkrankheiten wie Dengue werden folgen. Der Schutz vor Mückenstichen durch lange Kleidung, Insektengitter oder Repellents wird an Bedeutung zunehmen. Außerdem werden die Diagnose und Therapie von Erkrankungen wie Zika-Virus-Infektionen in den Fokus rücken, die vor allem bei Schwangeren gefürchtet sind, weil sie zur Mikrozephalie des Feten führen können (Beermann et al., 2023).

Lebensmittel- und wasserübertragene Erkrankungen

Höhere Temperaturen führen bereits heute zu mehr Infektionen mit bakteriellen Erregern wie Salmonellen und Campylobacter, die gefährliche Durchfallerkrankungen verursachen können. Dies liegt einerseits an der rascheren Vermehrung dieser Erreger bei wärmerer Umgebung, andererseits am menschlichen Verhalten bei Wärme: Bei sommerlichen Temperaturen wird häufiger gegrillt und es werden mehr Lebensmittel verzehrt, deren Kühlkette länger unterbrochen war oder die nicht ausreichend erhitzt wurden.

Wasserknappheit in Dürresommern wird in kommenden Jahren auch zur vermehrten Feldbewässerung mit Abwässern führen (Dietrich et al., 2023).

Im Wasser vermehren sich Erreger wie Cyanobakterien (Blaualgen) und Vibrionen bei höheren Temperaturen schneller. Kommt es zur starken Vermehrung von Blaualgen, sollte der Kontakt mit dem Wasser gemieden werden, da es Vergiftungen und Hautreizungen auslösen kann; insbesondere Hunde können tödliche Vergiftungen erleiden. Vibrionen vermehren sich insbesondere in der Ostsee ab Wassertemperaturen von 18 °C sprunghaft. Sie können Durchfälle, schwere Wundinfektionen und bei Immunsupprimierten auch septische Verläufe mit tödlichem Ausgang verursachen. Die Internetseiten der Bundesländer zur Wasserqualität sollten beachtet werden – auch, da Vibrionen nach dem Abkühlen des Meerwassers nicht direkt wieder verschwinden (Dupke et al., 2023).

Starkregenereignisse führen häufig zum Überlaufen von Abwasserleitungen, so dass Abwasserkeime wie Noroviren, Rotaviren oder Hepatitis A in sauberes Wasser gelangen können. Nach einem Starkregenereignis sollte das Schwimmen in Freigewässern vermieden werden; bei Überschwemmungen sollten behördliche Anweisungen zum Umgang mit Trinkwasser befolgt werden. Die Hepatitis A-Impfung schützt über Jahrzehnte vor einer Infektion; unter Umständen wird diese Impfung in Zukunft auch in Deutschland an Bedeutung gewinnen.

Extremwetterereignisse und Pandemien

Extremwetterereignisse und Pandemien werden im Zuge der Erderhitzung häufiger werden. Hierauf müssen wir uns vorbereiten (siehe auch Seite 8ff.). Die Erderhitzung begünstigt die Verbreitung von Zoonosen – Pandemien sind in der Regel ursprünglich Zoonosen und werden daher wahrscheinlicher. Klimaschutz dient also auch dazu, zukünftige Pandemien weniger wahrscheinlich zu machen (Carlson at al., 2022).

Psychische Belastung

Die Beschäftigung mit dem Klimawandel triggert negative psychische Reaktionen. Dies ist zunächst nicht pathologisch – hierdurch können aber psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen und Traumastörungen getriggert werden.

Da die psychosozialen Versorgungsstrukturen in Deutschland jetzt schon überfordert sind, kommt der Prävention besondere Bedeutung zu (Heinz et al., 2022).

Psychische Prävention für die Erderhitzung lässt sich durch ehrliche – weder überzogen dramatische noch unangebracht beschwichtigende – Kommunikation fördern. Verdrängung ist nicht hilfreich, da die ökologische Katastrophe zunehmend sichtbarer wird und zur Verdrängung daher immer mehr Energie aufgebracht werden muss, bis das Konstrukt schließlich kollabiert.

Die beste psychische Prävention ist das Erleben von Selbstwirksamkeit, insbesondere gemeinsam mit anderen Menschen. Dies kann durch die unterschiedlichsten Maßnahmen erreicht werden – vom gemeinsamen vegetarischen Kochen über das Pflanzen von Bäumen bis zur Teilnahme an Demonstrationen gibt es unzählige Möglichkeiten, das Selbstwirksamkeitserleben zu stärken. Oder um es mit der Psychotherapeutin Katharina van Bronswijk zu sagen: »Kollektive Selbstwirksamkeit ist das Gegengift gegen Klimaangst.« (van Bronswijk, 2022).

Links
Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V.: > https://hitze.info/
Zitiervorlage
Micudaj, S.-M. (2024). Der Klimawandel ist eine Gesundheitskrise. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 76 (12), 14–19.
Literatur
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Wyrwoll C. S. (2023). RISING STARS: The heat is on: how does heat exposure cause pregnancy complications?. The Journal of endocrinology, 259(1), e230030. https://doi.org/10.1530/JOE-23-0030

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