Die ST-Analyse sollte zwar keine Routineüberwachung sub partu darstellen, aber bei CTG-Auffälligkeiten früh genug beginnen.

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Die fetale Strecken-Analyse (STAN) ist eine computergestützte Technik zur kontinuierlichen Überwachung der fetalen Herzaktion unter der Geburt. Auf welchen physiologischen Grundlagen und bei welchen Indikationen funktioniert die Auswertung? Wo liegen die Stärken, Grenzen und Limitationen?

Von Gunnar Schwennicke

Schon seit über hundert Jahren benutzt man den Nachweis der kindlichen Herztöne, um die Vitalität des Feten zu kontrollieren. 1962 gelang Konrad Hammacher erstmals eine kontinuierliche Registrierung der kindlichen Herztöne, damals noch mittels Phonokardiographie (Hammacher, 1962). Die Technik der kontinuierlichen Überwachung wurde dann in den klinischen Alltag überführt, ohne dass der Einsatz nach heutigen Maßstäben ausreichend wissenschaftlich begleitet wurde.

Schon relativ früh wurde über eine Rate falsch-positiver pathologischer CTG-Befunde berichtet (Beard et al., 1971). Bei mehr als 60 % der Feten mit einem pathologischen CTG lag der Geburts-pH bei über 7,25. Diese Grenze der pH-Werte wurde in den 1970er Jahren als Grenzwert einer möglichen Schädigung angesehen. Nach aktuellen Daten wissen wir jedoch, dass die Diagnose einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie einen Geburts-pH von unter 7,0 als Kriterium benötigt. Wenn man die pH-Grenzen somit tiefer ansetzt, erhöht sich die Falsch-positiv-Rate des CTGs dementsprechend.

Auch in der aktuellen Metaanalyse zum Einsatz der kontinuierlichen CTG-Registrierung (CFM) konnte keine Reduktion der schweren Azidosen oder der Cerebralparesen gegenüber der intermittierenden Auskultation ermittelt werden, jedoch ein Anstieg der Sectioraten und der Raten an vaginal-operativen Geburten. Lediglich die Häufigkeit kindlicher Krampfanfälle wurde durch den Einsatz des CTGs reduziert (Alfirevic et al., 2017). So wird auch in der aktuellen S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin festgestellt, dass keine Entscheidung während der Geburt allein auf Grundlage eines CTGs getroffen werden solle. In Deutschland ist die Technik der Fetalblutanalyse etabliert und wird als additive Maßnahme zur Abklärung eines pathologischen CTGs empfohlen und eingesetzt. In Deutschland wenig verbreitet ist die ST-Analyse des fetalen EKGs (STAN) als additive Maßnahme der fetalen Überwachung.

Physiologie des fetalen Elektrokardiogramms (EKG)

Im Rahmen der internen Ableitung der fetalen Herzfrequenz (FHF) wird das kindliche EKG-Signal abgeleitet und registriert. Das EKG-Signal besteht aus der P-Welle, welche die Depolarisation des Vorhofes repräsentiert. Gefolgt von der isoelektrischen PQ-Strecke, die elektrophysiologisch der AV-Überleitung entspricht, kommt es dann zum QRS-Komplex, der die Depolarisation der Ventrikelmuskulatur repräsentiert. Aus dem Zeitintervall zwischen zwei R-Zacken wird die fetale Herzfrequenz ermittelt. Dem QRS-Komplex folgt dann die physiologischerweise erneut isoelektrische ST-Strecke, bis die T-Welle die Repolarisation der Myokardzellen des Ventrikels widerspiegelt (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: EKG-Signal, Terminologie und Begrifflichkeiten

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Die Pumpfunktion des Herzens benötigt Energie. Die Bereitstellung von Energie in der Zelle wird über »Verbrennung« von Glukose zu H2O und CO2 sichergestellt, der sogenannten aeroben Glykolyse. Hierbei wird Glukose über den sauerstoffabhängigen Citratzyklus in mehreren Schritten oxidiert und es entstehen insgesamt 38 Adenosintriphosphat (ATP)-Moleküle, die für die energetischen Prozesse im Körper notwendig sind.

Wenn die Sauerstoffmenge in der Zelle nicht ausreicht, um die Schritte der aeroben Glykolyse zu ermöglichen, kann die Zelle Energie über den Weg der anaeroben Glykolyse gewinnen. Dabei wird das Glukosemolekül in Laktat umgewandelt und es fallen lediglich zwei ATP-Moleküle an, es ist also ein Stoffwechselweg mit einer deutlich geringeren Effizienz. Weiterhin wird Säure produziert, was durch eine pH-Verschiebung des intrazellulären Milieus zu einer Verschlechterung der Proteinfunktionen führen kann.

Im EKG kann die Energiebilanz der Myokardzellen über die ST-Strecke dargestellt werden. Die Repolarisation der Myokardzellen ist ein energetisch aufwendiger Prozess, da über Pumpsysteme Ionen entgegen eines Gradienten über die Zellmembranen transportiert werden müssen. Bei einer negativen Energiebilanz laufen diese Prozesse gestört ab, was zu einer Veränderung der gesamten ST-Strecke führt.

Die physiologisch isoelektrische ST-Strecke kann schwankende Verläufe annehmen, sogenannte biphasische ST-Strecken bis hin zu Negativierungen der T-Welle. Der hypoxische Stress führt dann zu einer Adrenalinfreisetzung, wodurch die Glykogenfreisetzung aus den Speichern der Muskelzelle unterstützt wird. Damit wird ausreichend Substrat für den Weg der anaeroben Glykolyse bereitgestellt. So kann die Energiebilanz der Zelle wieder in den positiven Bereich verschoben werden und es kommt zu einer Stabilisierung der ST-Strecke.

Durch die Freisetzung von Glykogen fallen jedoch auch Kalium-Ionen an, die aus der Zelle über die Transportsysteme entfernt werden müssen. Dies kann man in einer Erhöhung der T-Welle im EKG ablesen. Die Energiebilanz der Zelle ist also von zwei Substraten abhängig, Glukose und Sauerstoff. Da die Glukoseversorgung des Herzens nahezu immer sichergestellt ist, ist die Verfügbarkeit von Sauerstoff die entscheidende Stellgröße der Energiebilanz.

Im EKG kann man über die biphasischen Veränderungen die unzureichende Energiebilanz und damit verbundene Störung der Zellfunktion erkennen. Dies geschieht jedoch nur sehr kurzfristig, da über die Reaktionsmechanismen auf den hypoxischen Stress rasch durch die Glykogenutilisierung und die anaerobe Glykolyse die Energiebilanz ausgeglichen werden kann. Man erkennt diese Kompensationsmechanismen an der Erhöhung der T-Welle.

Analyse des fetalen EKGs sub partu

Um das fetale EKG aufzuzeichnen, braucht es eine interne Ableitung des EKG-Signals über eine Kopfschwartenelektrode. Hiermit kann über ein Ein-Kanal-EKG das fetale EKG aufgezeichnet werden. Da hierüber jedoch auch die maternalen EKG-Signale registriert werden, bedarf es einer maternalen EKG-Elektrode, typischerweise am maternalen Oberschenkel befestigt, um die maternalen EKG Impulse »herauszurechnen«.

Über die Software des STAN wird aus 30 fetalen EKG-Komplexen ein Durchschnittswert ermittelt, der zur Analyse verwendet wird. Bei einer durchschnittlichen Herzfrequenz von 120 bpm stehen somit 4 EKG-Komplexe zur Analyse zur Verfügung. Die Mittelwertanalyse reduziert den Einfluss von Artefakten, die bei der Registrierung durch kindliche oder maternale Bewegungen anfallen. Diese Bewegungen erzeugen Muskelpotenziale, die dann als Artefakte aufgezeichnet werden.

Da der absolute Wert der T-Amplitude richtungsabhängig ist, wird nicht die absolute Höhe der Amplitude verwendet, sondern es wird ein Quotient aus der Höhe der Amplitude des QRS-Komplexes und der T-Welle gebildet, der sogenannte T/QRS-Quotient. Durch diesen Quotienten erhält man einen dimensionslosen, vektorunabhängigen Wert, der weniger störanfällig ist. Weiterhin wird das Durchschnittssignal auf das Vorhandensein biphasischer ST-Strecken analysiert, wobei letztere in drei Grade eingeteilt werden. Der Wert des T/QRS-Quotienten wird auf dem CTG-Streifen unterhalb des Tokogrammes durch ein Kreuz auf einer Skala aufgetragen. Biphasische ST-Strecken werden entsprechend ihres Grades als Zahlen unterhalb der Skala angezeigt (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Beispiel einer unauffälligen ST-Analyse sub partu

Quelle: © Gunnar Schwennicke

In der Analyse geht es nicht um den absoluten Zahlenwert des T/QRS-Quotienten, sondern vielmehr um relative Veränderungen, entsprechend der Pathophysiologie. Die Schwellenwerte sind die Abweichungen nach oben, von der Basislinie aus gemessen. Die T/QRS-Werte der Basislinie sind individuell unterschiedlich, die Abweichungen nach oben werden dann gemessen und bei Überschreiten definierter Werte angezeigt.

Nach Anlage der ST-Analyse ermittelt das Gerät eine Basislinie des T/QRS-Quotienten. Alle weiteren Veränderungen und Anstiege des Quotienten werden in Relation zur Basislinie gemessen. Die Auswertung erfolgt kontinuierlich durch das Gerät. Wenn signifikante Veränderungen registriert werden, wird dies als ein ST-Event auf dem Ausdruck und im Gerät angezeigt. Es existieren entsprechend der Pathophysiologie drei Arten von ST-Events:

  1. Episodischer ST-Strecken-Anstieg: Es kommt hierbei zur Erhöhung des T/QRS-Quotienten, der sich innerhalb von 10 min wieder normalisiert. Wenn ein definierter Grenzwert von mehr als 0,1 überschritten wird, wird dies als ein ST-Event angezeigt. Ein episodischer Anstieg zeigt somit eine vorübergehende Zellhypoxie an, die eine vermehrte Glykogenolyse notwendig macht zur Aufrechterhaltung des Energiehaushaltes der Zelle.
  2. T/QRS-Basislinien-Anstieg: Hierbei kommt es zu einem Anstieg der Basislinie der T/QRS-Komplexe über einen Zeitraum von mehr als 10 min. Wenn hierbei der Grenzwert von 0,05 überschritten wird, wird dies als ST-Event angezeigt. Zu einem Basislinienanstieg der T/QRS-Komplexe kommt es bei einer anhaltenden Hypoxie der Myokardzelle mit der Notwendigkeit einer anaeroben Glykolyse und fehlender Möglichkeit zur Erholung. Es können jedoch auch Basislinien-Anstiege verzeichnet werden, wenn es aus anderen Gründen zu einer Katecholaminfreisetzung und daraus resultierender Glykogenverwertung kommt (siehe Abbildung 3).
  3. Biphasische ST-Strecken: Wenn es zu kontinuierlichen biphasischen ST-Strecken über eine Dauer von mehr als 2 min oder wiederholten höhergradigen biphasischen ST-Strecken kommt, wird auch dies als ein ST-Event vermerkt. Die biphasischen Veränderungen können ein Hinweis sein auf eine myokardiale Hypoxie mit fehlender Kompensationsmöglichkeit des Feten durch eine Störung der Glykogenutilisation. Weitere mögliche Ursachen sind Infektionen oder auch ein Erschöpfen der Glykogenspeicher.

Abbildung 3: Pathologische ST-Events bei Zeichen der fetalen Dekompensation

Quelle: © Gunnar Schwennicke

Der Wert der ST-Strecken-Veränderungen ist immer in Abhängigkeit der CTG-Veränderungen zu beurteilen. Wenn bei einem unauffälligen CTG ST-Events verzeichnet werden, sind diese kein Hinweis auf eine fetale Hypoxie. Gerade biphasische ST-Strecken-Veränderungen können auch bei unauffälligem CTG registriert werden oder Basislinienanstiege bei anderer Ursache einer Katecholaminfreisetzung. Die Signifikanz von ST-Strecken-Veränderungen ist abhängig vom Ausmaß der CTG-Veränderungen. Dies wurde in Abhängigkeit der Beurteilung nach dem FIGO-Score eingeteilt. So können bei suspekten CTG-Veränderungen höhere ST-Strecken-Abweichungen toleriert werden als bei pathologischen CTG-Veränderungen. Eine Richtlinie zum Vorgehen zeigt die Tabelle.

ST-Analyse nicht zur Routineüberwachung

Da die ST-Analyse eine interne Ableitung der kindlichen Herztöne notwendig macht, sollte es keine Routineüberwachung sub partu darstellen. Denn zum einen werden eine Amniotomie und weiterhin eine kontinuierliche Überwachung notwendig , da ansonsten die relativen Veränderungen nicht registriert werden können. Andererseits sollte bei CTG-Auffälligkeiten früh genug mit der Analyse der ST-Strecke begonnen werden. Denn die Sauerstoffversorgung des Myokards wird nicht direkt gemessen, sondern es werden Kompensationsmechanismen der Herzmuskelzelle ausgewertet, die abhängig sind von der Glykogenverwertung. Wenn die Hypoxie in der Zelle bereits weit fortgeschritten ist, besteht die Möglichkeit, dass der Großteil der Glykogenspeicher bereits entleert ist und sich somit keine relativen Veränderungen der ST-Strecke mehr ermitteln lassen. Idealerweise sollte in der Eröffnungsperiode, spätestens in der passiven Austreibungsperiode mit der Anlage der ST-Analyse begonnen werden. Weiterhin sollte aus dem CTG-Verlauf sichergestellt sein, dass nicht bereits Zeichen der fetalen Dekompensation auf die Hypoxiereize bestehen.

Hieraus folgen noch weitere Kontraindikationen für eine ST-Analyse. Zum einen sollte die ST-Analyse nicht bei Frauen mit weniger als 36 Schwangerschaftswochen erfolgen. Die relative Unreife des Myokards in der Frühgeburtlichkeit führt einerseits zum gehäuften Auftreten biphasischer Episoden in der Analyse, andererseits sind die Kompensationsmechanismen des Myokards auf Hypoxiereize ebenfalls noch nicht komplett ausgereift. Dies ist auch der Grund für die geringere Hypoxietoleranz des Frühgeborenen im Vergleich zum Reifgeborenen.

Eine weitere Kontraindikation zur ST-Analyse ist die Chorioamnionitis. Hierbei tritt zum einen ein anderer Schädigungsweg auf, die sogenannte Neuroinflammation, wodurch eine cerebrale Schädigung unabhängig von Hypoxiereizen entstehen kann. Zum anderen kann durch den Weg der Inflammation die Kompensation auf hypoxische Reize gestört sein und somit ebenfalls nicht in den ST-Strecken auffallen. In der Literatur wurde über ein 78-fach erhöhtes Risiko einer neonatalen Enzephalopathie beim gemeinsamen Auftreten einer Chorioamnionitis und einer Hypoxie berichtet im Vergleich zur Hypoxie allein (Grether & Nelson, 1997).

Aus diesen Gründen sollte eine ST-Analyse bei Zeichen der Chorioamnionitis nicht durchgeführt werden. Des Weiteren sollten aufgrund der Tatsache, dass die ST-Analyse nur die vermehrte Glykogenverwertung registriert, Feten mit Nachweis des Bildes einer chronischen Hypoxie vor Geburtsbeginn von einer ST-Analyse ausgenommen werden. Bei diesen Feten besteht die Möglichkeit, dass die myokardialen Glykogenreserven bereits vor Geburtsbeginn erschöpft sind und somit auch hier keine Veränderungen der ST-Strecke mehr registriert werden können.

CTG suspekt CTG pathologisch Präterminales CTG
Episodischer ST-Anstieg >0,15 >0,10 Sofortige Entbindung unabhängig von ST-Veränderungen
ST-Basislinienanstieg >0,10 >0,05
Biphasische ST-Strecken >5 min oder 3 Episoden >2 min oder 2 Episoden

Tabelle: Richtlinie zum Vorgehen bei ST-Events

Vor- und Nachteile der ST-Analyse

Die Vorteile der ST-Analyse zur Abklärung von hypoxieverdächtigen CTG-Veränderungen ergeben sich aus dem kontinuierlichen Monitoring der fetalen ST-Strecke. Es gelingt hierbei über die episodischen Veränderungen der ST-Strecke frühzeitig zu erkennen, welche Dezelerationen zu Kompensationsreaktionen des kindlichen Myokards führen. Die kontinuierliche Überwachung des Kindes ist ein klarer Vorteil gegenüber der diskontinuierlichen Überwachung über die Mikroblutuntersuchung (MBU).

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, dass bei der Analyse der ST-Strecke ein entscheidendes zentrales Organ des Kindes überwacht wird, wohingegen bei der MBU kapillares Blut aus der Kopfhaut analysiert wird: ein Gewebe, das im Rahmen der Geburt einer Kreislaufzentralisation unterliegen kann und somit ursächlich sein kann für die Falsch-positiv-Rate der MBU in der Detektion der fetalen Azidose (Chandraharan & Wiberg, 2014).

Der Vorteil der MBU ist ein klar definierter Messwert, der somit als Grenzwert fungieren kann. Die Veränderungen der ST-Strecken sind immer nur relativ im Vergleich zu den Vorwerten zu sehen. Die große Schwäche der ST-Analyse liegt in der Abhängigkeit vom CTG-Score, welches nach dem alten FIGO-Score eingeteilt wird. Schon lange ist die große Inter- und Intraobservervariabilität des CTG bekannt (Chauhan et al. 2008; Ayres-de-Campos et al., 2011).

Somit kann die Fehleinschätzung eines CTG einerseits zu einem fehlerhaften Missachten eines signifikanten ST-Ereignisses führen mit fatalen Konsequenzen für den Feten. Andererseits kann das Auftreten von nicht signifikanten ST-Events zu einer frühzeitigen und eventuell nicht notwendigen operativen Entbindung führen, im Sinne eines falsch-positiven Resultates eines Testes. Diese Abhängigkeit der Bewertung der ST-Veränderungen von der FIGO-Score-Einteilung eines CTG in normal/suspekt/pathologisch ist die Achillesferse der ST-Analyse und wird mitverantwortlich gemacht für den bislang fehlenden Nachweis des klinischen Benefits der ST-Analyse (Blix et al., 2024; Chandraharan 2023).

Auch ist eine gründliche Schulung vor Einführung der Technologie notwendig. Exemplarisch hierfür wurde die Einführung der ST-Analyse in einer großen Londoner Klinik publiziert, die nach Einführung keine Änderung ihrer Asphyxie-Raten oder Sectioraten feststellen konnte (Doria et al., 2007). Daraufhin wurden intensive Schulungs- und Trainingsprogramme durchgeführt und anschließend konnte die Rate an hypoxisch-ischämischen Encephalopathien um den Faktor 8 gesenkt werden (Chandraharan et al., 2013). Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig intensive Begleitung und Schulung während und nach Einführung der Technologie in den klinischen Alltag ist.

Die ST-Analyse darf nicht fehlerhaft als ein »Autopilot« gesehen werden, der nach Anlage dann unabhängig vom CTG anzeigt, wann ein Kind entbunden werden muss. Ihre Stärke kann die ST-Analyse in Kombination mit der Interpretation des CTG unter physiologischen Gesichtspunkten ausspielen. Zur physiologischen CTG-Interpretation sei auf die Arbeiten von Dr. Sophia Andres aus der Ulmer Arbeitsgruppe verwiesen (siehe auch DHZ 7/2022, Seite 26ff.).

Die ST-Analyse dient als eine Rückversicherung über die fetalen Kompensationsmöglichkeiten, gerade bei den sich langsam entwickelnden Hypoxien. Hier kann die ST-Analyse helfen, unnötige Interventionen zu vermeiden und die Grenzen der fetalen Kompensationsmöglichkeiten aufzuzeigen. Algorithmen für den Einsatz der ST-Analyse mit der physiologischen CTG-Beurteilung wurden von der Londoner Arbeitsgruppe um Edwin Chandraharan und Susana Pereira entwickelt und vom Hersteller Neoventa Medical auch für den deutschen Sprachraum adaptiert (siehe Abbildung 4). In diesem Zusammenhang kann die ST-Analyse hilfreich sein, um unnötige Interventionen für Mutter und Kind zu vermeiden und das Risiko metabolischer Azidosen zu verringern.

Abbildung 4: Leitfaden für das klinische Management zur physiologischen Interpretation des CTG mit der fetalen ST-Analyse

Quelle: © MedCare Visions/Neoventa Medical

Zitiervorlage
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Literatur
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