Schneller als geplant
Laut Projektkonzept sollte die Zentrale nach etwa sechs Monaten mit der Hebammenvermittlung beginnen. Doch bereits nach viereinhalb Monaten war die Arbeit so weit vorangeschritten, dass die Zentrale eröffnet werden konnte. Am 19. August war es so weit: Alle ermittelten Kolleginnen der Region Hannover wurden zu einer Auftaktveranstaltung eingeladen. Dort wurden ihnen das Konzept und die neue Internetseite vorgestellt. Auch konnte hier die Frage geklärt werden, was das Team in den vergangenen Monaten gemacht hatte, denn viele Kolleginnen hatten erwartet, dass die Vermittlung gleich mit Aufnahme der Arbeit an dem Projekt beginnen konnte. Womit die seitdem vergangenen Monate verbracht wurden, zeigt die Grafik.
Daten selbst eingeben
Der pointierte Spruch der Postkarte, die der Außendarstellung der Hebammenzentrale dient, gibt das Problem gut wieder: Es wurden und werden Hebammen gesucht. Und das nicht nur von den Frauen, sondern auch von der Hebammenzentrale. Ohne Kolleginnen, die ihre Arbeit über die Zentrale anbieten, kann das Projekt nicht funktionieren. In den ersten vier Wochen registrierten sich etwa 70 Kolleginnen auf der Seite und konnten vermittelt werden. Täglich kommen neue Kolleginnen hinzu. Sie können ihre Daten auf der Internetseite eigenständig einpflegen und verwalten. Ihr Account wird allerdings erst dann freigeschaltet, wenn ihre Hebammenurkunde der Zentrale vorliegt.
An die Aktualisierung der Daten werden die Hebammen, die sich bei der Zentrale registriert haben, einmal im Monat per Mail erinnert. In dem Newsletter werden sie auch über die aktuelle Arbeit der Zentrale informiert. Bei Problemen mit dem Umgang mit der Internetseite unterstützen die Hebammen der Zentrale die Kolleginnen.
In ihrem Profil können die Hebammen ihren Arbeitsbereich auf den Stadt- oder Regionsteil genau angeben, ihre Sprechzeiten einfügen, es wird auf ihre eigene Homepage verlinkt, ihre Telefonnummer und auf Wunsch E-Mail-Adresse sowie freie Kapazitäten und originäre Hebammenleistungen sowie Fremdsprachen aufgenommen. Auch ob sie Externats- und Praktikumsplätze anbieten, wird abgefragt. Ebenso kann die Hebamme Rückbildungs- und Kursangebote einfügen, mit allen dazugehörigen Angaben. Das ist bei der Erstanmeldung ein ganz schönes Stück Arbeit. Wenn die Hauptdaten aber erst einmal eingegeben sind, können sie mit wenigen Klicks angepasst werden. Die kleinteilige Angabe der Verfügbarkeiten war aber ein Punkt, der den TesterInnen der Seite sehr wichtig war: Hebammen, die zwar keine Zeit für Wochenbettbesuche haben, können schließlich dennoch freie Kapazitäten bei der Stillberatung haben. Auf diese Rückmeldung hin wurde die Internetseite entsprechend angepasst – das soll im Laufe der Zeit auch immer wieder dann erfolgen, wenn Verbesserungsvorschläge kommen, die sinnvoll sind und sich umsetzen lassen.
Eine Sondereinstellung in jedem Hebammenprofil der Internetseite ist die Angabe »Zusätzlich freie Kapazitäten«. Diese können tageweise angeben werden und sind nur von den Mitarbeiterinnen der Zentrale einsehbar. Über diese Angaben sollen zum Beispiel bei Bedarf Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen vermittelt werden. Auch für Frauen, die aus Terminknappheit nicht durchgängig von einer Hebamme betreut werden können, soll mit diesen zusätzlichen Kapazitäten eine Betreuung vermittelt werden, die auf mehrere Hebammen aufgeteilt wird. Das wird von vielen Kolleginnen noch kritisch gesehen, scheint aber für die Versorgung von Frauen zukünftig notwendig zu sein, da einfach zu wenig Hebammen freiberuflich tätig sind. Wie genau die praktische Umsetzung dazu aussehen soll, wird derzeit in der Zentrale erarbeitet.
Telefonische und persönliche Beratung
Ein großer Teil der Arbeit der Hebammenzentrale läuft ganz von allein: Besucherinnen der Internetseite können auf der Seite selbstständig nach einer Hebamme suchen und direkt mit dieser in Kontakt treten oder sich für Rückbildungs- und Geburtsvorbereitungskurse anmelden. Wer auf der Website nicht fündig wird, kann während der telefonischen Sprechzeiten in der Zentrale anrufen. Täglich werden zwei telefonische Sprechzeiten von jeweils drei Stunden angeboten, zwei davon sogar am frühen Abend. Die Mitarbeiterinnen der Hebammenzentrale bieten allerdings keine fachliche Beratung an, sondern sind nur vermittelnd tätig und das ausschließlich telefonisch.
Frauen, die auch über die Zentrale keine Hebamme finden können, werden auf die Sprechstunden in der Region aufmerksam gemacht, die nichtaufsuchende Wochenbettbetreuung für Frauen ohne Hebamme anbieten. Ebenso werden die Frauen gebeten, sich auf der »Seite der Unterversorgung« einzutragen (siehe Link).
Vor-Ort-Termine gibt es bislang nur für Hebammen. Kolleginnen, die in die Freiberuflichkeit (wieder-)einsteigen wollen, können sich zum Beispiel kostenlos im Rahmen eines individuellen Gespräches beraten lassen. Dabei ist es egal, ob die Fragen Versicherungen für den Berufsalltag, Rentenversicherungspflicht oder die Organisation der Arbeitstage betreffen. Zudem gibt es für neue Kolleginnen in der Region Hannover ein Angebot zu einem ungezwungenen Austausch in der Hebammenzentrale.
Ab 2020 sollen auch regelmäßig Infoabende für Frauen und Paare in der Hebammenzentrale angeboten werden, die über den gesetzlichen Anspruch auf Hebammenhilfe und die praktische Umsetzung informieren.
Den Hebammenmangel erfassen
Ein wichtiger Punkt ist auch die Evaluation des Projektes, denn bislang existieren keine Daten zum Hebammenmangel in der Region Hannover. Jedes geführte Gespräch mit Frauen, Hebammen oder anderen Berufsgruppen wird daher in eine Statistik aufgenommen und ausgewertet. Nutzerinnen der Internetseite werden überdies gebeten, an einer Umfrage teilzunehmen, die Auskunft darüber geben soll, ob die Frauen eine Hebamme gefunden haben und wie sie an diese gelangt sind. Auch die teilnehmenden Hebammen werden regelmäßig befragt, wie viele Frauen sie über die Hebammenzentrale vermittelt bekommen haben.
In kurzer Zeit hat es eine Idee geschafft, praktisch umgesetzt zu werden, um in der Zukunft zu einem wirkungsvollen Instrument für die Versorgung schwangerer Frauen zu werden und freiberuflichen Hebammen zu helfen, ihre Arbeit einfacher zu strukturieren. Ein Modell, dass sich so auch in anderen Städten Deutschlands etablieren könnte.