Zu Beginn schien die Ausbildung sicher und gut geplant. Im Gegensatz dazu, wirkte das Studium im Aufbau noch etwas undurchdacht. Es hat sich gezeigt, dass im Umbruch beide Ausbildungsformen Vor- und Nachteile haben. Es scheint schwierig zu sein, in diesem Wandel ein stabiles Umfeld für uns Schüler:innen und Student:innen zu bieten.
Lehrkräfte im stetigen Wechsel
Seit Beginn unserer Ausbildung vor zwei Jahren haben wir bis heute vier Schulleitungen gehabt. Zudem hatten wir zwischenzeitlich keine Ansprechpartnerin innerhalb der Hebammenschule, an die wir uns wenden konnten. Nur eine Lehrerin begleitete uns von Anfang an, wobei es zwischenzeitig auch unklar war, ob sie uns weiterhin unterrichten würde.
In unserer Klasse herrschte zeitweise große Unsicherheit zum Fortbestehen der Schule und zur Weiterführung der Ausbildung. Als dann die Nachricht kam, dass uns erneut eine Schulleitung verlassen hatte und mit ihr zwei unserer damaligen Lehrerinnen, malten wir uns gedanklich schon aus, einzeln an sämtliche Hebammenschulen im Land verteilt zu werden.
Die Vorbereitungen für das Examen, die jetzt allmählich beginnen, sind ebenso abenteuerlich wie unser bisheriger Weg. Die Lehrer:innen, die uns prüfen, haben die Themen teilweise nicht selbst unterrichtet. Vieles muss ab- und verglichen werden, um einheitlichen Lernstoff zu erhalten. Hierbei fällt auf, was uns teilweise auch noch an Grundlagen fehlt.
Doch wir profitieren auch vom Lehrer:innenwechsel. Wir lernen viele Sichtweisen kennen, die Lehrer:innen, die uns jetzt unterrichten, sind sehr motiviert und sehr nah am Unterrichtsstoff, da sie diesen neu für uns erarbeitet haben und sich die größte Mühe geben, uns durchs Examen zu bringen.
Schüler:innen und Student:innen im Vergleich
Wir Schüler:innen stehen durch die gemeinsamen Einsatzorte im ständigen Vergleich zu den Student:innen. Schon im Bewerbungsgespräch beginnt die Frage nach dem Warum. Warum haben Sie sich für die Ausbildung entschieden? Warum haben Sie sich nicht für ein Studium entschieden? Möchten Sie nach der Ausbildung noch studieren? Dieses Vergleichen setzt sich im Arbeitsalltag häufig fort. Es passiert nicht selten, dass zwischen uns und den Studentinnen ein Unterschied gemacht wird.
Obwohl wir unseren Berufsweg nahezu gleichzeitig begonnen haben, wurde besonders zu Beginn immer wieder versucht, den Wissens- und Ausbildungsstand der Schüler:innen mit dem der Student:innen zu messen. Diese Situation ist zum Teil bedingt durch unsere verschiedenen Lernsituationen und Erfolge. Häufig durften wir verschiedene Tätigkeiten zu komplett anderen Zeitpunkten ausüben. Dadurch kam viel häufiger die Frage: »Wie war denn das, warst du jetzt schon Studentin oder noch Schülerin? Was dürft ihr denn jetzt schon?«
Auffällig waren auch die Unterschiede in den Anforderungen für unsere praktische Ausbildung. Hebammenschüler:innen haben zum Beispiel keinen Anspruch auf eine Praxisanleitung, das Studium setzt eine Praxisanleitung voraus. Man konnte sich glücklich schätzen, einen Praxisanleiterinnen-Tag mit einer Hebamme zu erleben, denn dies ist zeitlich nicht umsetzbar gewesen. Mit Beginn des Studiums wurden plötzlich Dinge möglich, die bei uns unmöglich schienen.
Wir haben auch erlebt, dass wir Schüler:innen viel häufiger von unseren geplanten Einsatz- und Lernorten abgezogen wurden, um irgendwo in der Klinik den Personalmangel auszugleichen. Die Student:innen wurden von diesem »Vertretungspool« ausgeschlossen und haben so in Krisenzeiten mehr Zeit für ihre eigentlichen Lernprozesse. Dadurch entsteht natürlich bei den Schüler:innen ein bestimmtes Stimmungsbild gegenüber den Student:innen, obwohl wir uns untereinander alle gut verstehen und ständig im Austausch stehen.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind unsere Externatseinsätze, die wir als werdende Hebammen absolvieren müssen. Das Konzept der Externate war bisher immer so, dass die Schüler:innen von freiberuflichen Hebammen mitgenommen werden, ohne dass dies für die Hebammen entlohnt wurde. Durch das Studium erhalten die freiberuflichen Hebammen ein Entgelt, wenn sie einen Praktikumsplatz für Student:innen schaffen. Dadurch ist es für die freiberuflichen Kolleg:innen natürlich attraktiver, ein:e Student:in statt ein:er Schüler:in mitzunehmen. Zusätzlich brauchen die freiberuflichen Hebammen dann aber auch einen Praxisanleiterschein, welcher mit weiteren Kosten und Aufwand verbunden ist.
Es stellt sich die Frage, wo wir als Auszubildende in den Schulen bedacht wurden, als der Umbruch zum Studium begann. Die Umbruchzeit hätte anders gestaltet werden können, um den bestehenden Kursen an den Schulen auch eine gute theoretische Ausbildung zu ermöglichen.