Positive Effekte
Im Jahr 2019, in der Implementierungsphase des Konzepts, bewarb sich der LK Sigmaringen für Fördermittel des Landes Baden-Württemberg zur Einrichtung von Gesundheitszentren mit geburtshilflichem Schwerpunkt. Diese wurden bewilligt. Bereits nach einem Jahr erfolgte ein zweiter Förderaufruf des Landes. Der LK bewarb sich erneut erfolgreich und konnte inzwischen ein FGZ an einem dritten Standort aufbauen. Nach Ablauf der Förderphase wird der LK die weitere Finanzierung übernehmen.
Die Evaluation der Gesamtbetreuung in Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität erfolgt nach dem Total Quality Management (TQM) und dem Europäischen Praxismanagement (EPA). Da die Qualitätsansprüche der Hebammenarbeit den Vorgaben nach DIN EN ISO unterliegen und keine Qualitätsindikatoren (QI) für den postpartalen Bereich vorhanden waren, wurden nach der RAND/UCLA Appropriateness Method aus dem EPA entsprechende QI zur Evaluation aus frauenorientierter Sicht entwickelt. Mit der Delphi-Methode konnten die QI nach »Relevanz«, »Praktikabilität« und »Klarheit/Verständlichkeit« validiert werden (Hepner, 2020). Auf Grundlage der erstellten QI wurde ein Fragebogen entwickelt. Nach Abschluss der Betreuung bekommen die betreuten Frauen und Familien eine Einladung zur Teilnahme an einer Online-Befragung.
Das Konzept wird von allen Beteiligten sehr gut angenommen. Abbildung 3 zeigt eine Übersicht über die Betreuungsarten im Jahr 2021. Im Verlauf des Jahres reduzierten sich die Anfragen, da bereits viele Schwangere im Vorfeld über die offenen Hebammensprechstunden vermittelt werden konnten. Die freiberuflichen Hebammen wurden entlastet, die ambulante Betreuung über die Sprechstunden ausgeweitet. Die Ergebnisse der ersten Evaluation (n=9 betreute Personen, 26 bis 39 Jahre) zeigen: Die Öffnungszeiten der FGZ werden durchweg mit »gut« bewertet. Teilnehmende gaben an, die Hebammen informierten »sehr gut« über gesetzliche Leistungsansprüche, Datenschutzbestimmungen, Behandlungsvertrag, Schweigepflicht, Erreichbarkeit und Vertretungsregelung im Akutfall. Die Kommunikation und Miteinbeziehung in Entscheidungen und Aufklärungen wurde mit »sehr gut« bewertet (Ordinalskala: sehr gut bis ungenügend).
Das Angebot wird als bedürfnisorientiert, verständlich und hilfreich beurteilt. Die Auswertungen zeigen, dass mütterliche Beratungsthemen am häufigsten die Milchbildung und das Stillen, Übernahme der Elternrolle, Eingliederung des Kindes in das Familienleben, Organisation des Alltags und Sorgen/Ängste bei der Kinderbetreuung betreffen. Die Bedürfnisse bei kindlichen Beratungsthemen sind die Neugeborenenpflege, Ernährung, Schreien, Schlafen, Wachstums- und Verhaltensentwicklung.
Die erhaltene Hebammenbetreuung wurde mit »sehr gut« bewertet. Die Teilnehmenden fühlten sich in ihren Bedürfnissen und Wünschen respektiert, ihr Selbstvertrauen wurde gestärkt und sie berichteten, dass die Hebammen ausreichend Zeit hatten. Die Anzahl an wechselnden Ansprechpersonen/ Hebammen wird einheitlich mit n=2 angegeben.
Die Beteiligung an der ersten Evaluation war mit n=9 Teilnehmenden gering. Die Mitarbeitenden suchen nach Lösungen, um eine repräsentative Stichprobengröße zu erreichen. Eine Befragung der freiberuflichen Hebammen ist geplant (Hart, 2022).
Betreuungskontinuität und Entlastung
Durch das Konzept »Guter und gesunder Start ins Leben« erreicht der LK Sigmaringen eine bedarfsgerechte Betreuung von Familien, die Hebammenhilfe ist für alle gesichert. Die Effektivität und Effizienz in der Hebammenversorgung und psychosozialen Betreuung konnte gesteigert werden. Durch enge Zusammenarbeit und regelmäßige Austauschtreffen der Professionen erweitert sich das Verständnis der Familiengesundheit durch bedarfsgerechte Weiterbetreuung nach dem Wochenbett. Das Ziel, Hebammen zu entlasten und eine Betreuungskontinuität mit geringem Wechsel der Ansprechpersonen, wurde erreicht. Die attraktiven Arbeitsbedingungen im FGZ erregen großes Interesse. Durch die bereits vorhandene Telemedizinstruktur via Telefonsprechstunde konnte auch in der Pandemie nahtlos auf vorhandene Strukturen zurückgegriffen und diese konnten ausgebaut werden.
Zur Optimierung des Konzepts sind noch einige Herausforderungen zu beachten. Die Umstellung von einer umfänglich aufsuchenden Wochenbettbetreuung auf Sprechstunden nach Ablauf von vier Wochen ist sowohl für Hebammen als auch für die Familien neu und benötigt weiterhin Motivation. Die Rahmenbedingungen für innovative Konzepte sollten in den Gebührenziffern für die Abrechnung entsprechend angepasst werden. Eine weitere Herausforderung ist die Einbindung der niedergelassenen Gynäkologen: innen. Die Zeitressourcen sind aktuell gering und die Netzwerkarbeit wird nicht ausreichend honoriert (Hart, 2022).
Der Ausbau des Konzepts bleibt ein stetiger Prozess. Die Verantwortlichen und Mitarbeitenden sind weiterhin motiviert. Das Projekt »Guter und gesunder Start« wird unterstützt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg.