Plakate wie dieses weisen auf die gesellschaftliche Relevanz der Hebammenarbeit hin. Foto: © Hebammenprotest

Eine der 15 Initiatorinnen von »Hebammenprotest« berichtet von ihrer Initiative, die sich für eine bessere Bezahlung und mehr politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit für den Hebammenberuf einsetzt – auch im Rahmen einer Petition.

Hebammenprotest. So haben wir uns genannt. Unsere Idee – unsere Bewegung. Im Februar entstand die Idee im Kleinen, auf die schlechte Bezahlung der Hebammen aufmerksam zu machen. Nach und nach wurden wir eine feste Gruppe von 15 Hebammen und der Hebammenprotest nahm Gestalt an.

Wir sind über die ganze Bundesrepublik verteilt. Wir arbeiten als Hebammen, manche freiberuflich, andere angestellt und einige von uns studieren nebenberuflich. Wir sind eine bunte Gruppe und ich kann sagen, dass ich stolz bin, Teil davon zu sein.

Zum Hebammenprotest gehören Theresa Orlob, Susan Küpper, Franziska Junge, Anja Pannek, Laura Ikvai-Szabo, Eva Glave, Clara-Mareika, Ana Luca Dreßler, Lilian Nowak, Lisa Herrmann, Tina Lüpertz, Jana Dahms, Jessica Andreas, Sarah Bartenschlager und Fabienne Schröder.

Unsere Motivation war und ist, mediale Aufmerksamkeit für unseren Beruf, für die schlechte Bezahlung und die Arbeitsbedingungen der Hebammen zu erreichen. Darüber hinaus auch die Aufmerksamkeit in der Gesellschaft. Unsere Ziele und Forderungen umfassen:

  • Eine angemessene Vergütung und bessere Arbeitsbedingungen
  • Versorgungssicherheit für Schwangere und ihre Familien
  • Beschleunigung der Gebührenverhandlungen mit dem GKV Spitzenverband
  • Ein verbindlicher Personalschlüssel für angestellte Hebammen
  • Schutz des Berufsbildes vor Drittanbietern
  • Etablierung einer eigenen Lobby mit fester Interessenvertretung in der Politik.

Wir sind von Herzen gerne Hebammen und lieben unseren Beruf, aber bei all der Leidenschaft bleibt es doch ein Beruf. Ein Beruf, von dem wir leben müssen und mit dem wir unsere Familien ernähren wollen.

Was nur wenige wissen

Geburtshilfe geht alle etwas an. Alle sind geboren worden. Auch wenn man selbst keine Kinder bekommt, hat man vielleicht Nichten, Neffen, beste Freund:innen mit Kindern oder einen anderen Bezug dazu. Und doch wissen die wenigsten etwas über den Beruf der Hebamme. Die wenigsten wissen, dass bei einer Geburt eine Hebamme anwesend sein muss. Dass Ärzt:innen eine Hinzuziehungspflicht zu jeder Geburt haben.

Was hätte das für eine Bedeutung für die Geburtshilfe, wenn wir Hebammen unseren Beruf nicht mehr ausüben würden?

Hebamme ist mit Sicherheit einer der ältesten Berufe der Welt. Wir tragen Tag für Tag eine riesige Verantwortung für das Leben, für gesunde Mütter und ihre Babys. Wir geben oft mehr als unsere Kraft zulässt und dafür kriegen wir so wenig Geld, dass wir unter Mindestlohn verdienen.

Wir stellen die Frage: Was ist den Krankenkassen, der Politik und der Gesellschaft eine gesunde Zukunft wert? Ich kann sagen: eindeutig zu wenig. Für mich persönlich ist das darüber hinaus eine feministische Frage: Schwangerschaft und Kindergebären ist doch in den allermeisten Fällen eine Frauenkraft. Unsere Arbeit besteht darin, Frauen zu stärken und zu begleiten. Würden Männer Kinder gebären, bräuchten wir wahrscheinlich gar keinen Hebammenprotest. Es würde niemand über die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen reden, weil sie angemessen wären. Jetzt sind jedoch die meisten Hebammen Frauen und dadurch müssen wir noch mehr kämpfen. Wir kämpfen einen feministischen Kampf für alle Mütter da draußen.

Der Hebammenprotest hat für mich weitaus mehr Bedeutung als nur für eine bessere Bezahlung zu kämpfen und auf uns aufmerksam zu machen. Nein, wir machen auf die unangenehmen Probleme aufmerksam, die sich auch schon seit Jahren in die Länge ziehen. Wir machen uns damit nicht überall beliebt, aber wir sind der festen Überzeugung, dass es sich lohnt.

Mediale Kampagne

Um unsere Interessen nach außen zu tragen, haben wir eine mediale Kampagne gestartet. Zum diesjährigen Internationalen Hebammentag am 5. Mai startete unsere Aktionswoche, die bis zum Muttertag am 12. Mai lief.

In der Aktionswoche haben wir auf unserer Instagram-Seite und unserer Website verschiedene Aktionen gepostet. Viele Familien haben uns rührende Videos geschickt, in denen sie uns erzählen, wie wertvoll ihre Erfahrungen mit ihrer Hebamme waren. Auch gab es dort Videos von Hebammen, die von ihrer Arbeitssituation berichten.

Wir haben viele Interviews geführt mit Radiosendern und Zeitungen. So dass wir tatsächlich eine große mediale Reichweite erzielen konnten. In so kurzer Zeit hat sich so viel bewegt und ist so viel ins Rollen gekommen, wie ich es in den vergangenen zehn Jahren noch nicht erlebt habe.

Unsere Visionen sind groß und wir hoffen, dass wir es schaffen, weiter die Aufmerksamkeit auf die Hebammenarbeit zu lenken. Den Menschen klar zu machen, wie wichtig das Hebammenhandwerk ist, und dass wir endlich eine angemessene Bezahlung für unsere Arbeit bekommen.

Wir hoffen, dass die Verhandlungen ein Ende finden und sich die Hebammenverbände und der GKV-Spitzenverband einigen.

Für uns ist es wichtig, dass die vorbehaltene Hebammentätigkeit ihren Status behält und wir nicht von Berufsgruppen ohne Qualifikation, die unsere schlechte Situation ausnutzen, übergangen werden – und das ohne Konsequenzen. Unsere Arbeit, unser Handwerk ist uns wichtig und muss in Hebammenhänden bleiben.

Petition für Hebammenversorgung

Wir haben eine Petition ins Leben gerufen und bitten weiter darum, diese zu unterzeichnen: > www.change.org/p/versorgungssicherheit-für-familien-durch-hebammen-gewährleisten

Wir freuen uns über Kolleg:innen, die sich uns anschließen möchten! Wir sitzen alle in einem Boot und ich bin davon überzeugt, dass es so viel einfacher wäre, wenn wir alle in eine Richtung paddeln würden. Wir rufen zu Solidarität und Unterstützung seitens der gesamten Hebammengemeinschaft auf. Nur so können wir unsere Situation verbessern.

Kontakt

hebammenprotest@gmail.com; www.hebammenprotest.de

Zitiervorlage
Dreßler, A. L. (2024). Hebammenprotest: Unsere Arbeit, unser Handwerk. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 76 (7), 80–81.
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