Die passende Hebamme zu finden, wird durch das Kölner Hebammennetzwerk einfacher. Foto: © Kerstin Pukall

Das Kölner Hebammennetzwerk ist in der momentanen Situation eines akuten Mangels an freiberuflichen Hebammen wichtiger denn je. Ein Blick auf einen Verein, der mehr ist als eine reine Vermittlungsorganisation zwischen Frauen und Hebammen.

Das Kölner Hebammennetzwerk führt Frauen und Hebammen zusammen und dient den Kölner Hebammen als Netzwerk. Zurzeit hat der eingetragene Verein etwa 150 aktive Mitglieder, die am „Vermittlungsbetrieb” teilnehmen, und 30 passive „fördernde” Mitglieder. Er finanziert sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und wird getragen vom ehrenamtlichen Engagement vieler Hebammen, die im Laufe von 20 Jahren das Netzwerk aufgebaut haben.

Im persönlichen Kontakt

Das Netzwerk hat ein kleines Büro im Kölner Gesundheitsamt. Dort sitzt jeden Tag eine Hebamme aus einem Team von etwa zehn Kolleginnen und übernimmt den Bürodienst. Am Telefon und am Computer nimmt sie drei Stunden am Tag Anrufe und E-Mails von Frauen aus Köln und den umliegenden Gemeinden wie Frechen, Hürth, Kerpen oder Brühl entgegen. Die meisten Frauen waren bis dahin vergeblich auf der Suche nach einer Hebamme, weil die Kolleginnen keine Zeit mehr hatten oder nur in anderen Stadtteilen arbeiten. Aber auch die Sozialdienste der Kölner Krankenhäuser und Einrichtungen wie die Schwangerenkonfliktberatung des Gesundheitsamtes, die Frühen Hilfen oder Mutter-Kind-Heime wenden sich mit kurzfristigen Wochenbettanfragen ihrer Klientinnen an das Kölner Hebammennetzwerk. Der Verein vermittelt selbst keine Familienhebammen, sondern leitet entsprechende Anfragen an die Frühen Hilfen weiter, deren Büros sich direkt nebenan im Gesundheitsamt befinden. Auch durch diese räumliche Nähe arbeiten die Netzwerkerinnen eng mit SozialarbeiterInnen oder Familienhebammen zusammen.

Das Hebammennetzwerk hat einen Überblick darüber, wo die angegliederten Hebammen arbeiten und welche Betreuungen sie übernehmen können. Nachdem die Daten der suchenden Frau in die digitale Datenbank aufgenommen wurden, liefert dieses den Namen einer zeitlich und örtlich passenden Hebamme, soweit verfügbar. Diese benachrichtigt die Netzwerkmitarbeiterin dann über die Anfrage der betreffenden Frau und gibt deren Kontaktdaten durch. Die Hebamme meldet sich bei ihr und informiert das Netzwerk über die gelungene Kontaktaufnahme.

Die reine Hebammensuche könnte auch eine passend programmierte Internetseite übernehmen. Da jedoch viele Frauen zunächst eine Beratung über die angebotenen Hebammenleistungen benötigen, wollen die Netzwerkerinnen diese persönlichen Kontakte am Telefon auch in Zukunft nicht durch ein Internettool ersetzen. So können sie dazu beitragen, Frauen schon frühzeitig in der Schwangerschaft in eine Hebammenbetreuung zu bringen und bekannt zu machen, dass Hebammen neben Geburtsvorbereitungskursen auch bei Schwangerschaftsbeschwerden helfen und Vorsorge anbieten. Jährlich werden auf diese Weise etwa 3.000 Frauen erfolgreich an betreuende Hebammen vermittelt. Durchschnittlich drei Frauen am Tag suchen über das Netzwerk akut noch eine Hebamme für die Betreuung. Im Kölner Umland arbeiten leider viel zu wenige freiberufliche Kolleginnen, so dass das Netzwerk oft die letzte Hoffnung für die Frauen ist, wenigstens eine Wochenbetthebamme zu finden. Um die Situation zu verbessern, startet das Netzwerk momentan ein Projekt mit dem Ziel, mehr Hebammen aus den umliegenden Gemeinden einzubinden. In den ersten beiden Jahren arbeitete das Hebammennetzwerk noch mit Karteikarten. Inzwischen erhält es täglich durchschnittlich 30 Anrufe und 10 E-Mails. Für die Bearbeitung nutzen die Mitarbeiterinnen ein eigens geschriebenes PC-Programm, das inzwischen vier Mal überarbeitet wurde. Das Programm hilft nicht nur bei der Vermittlung einer Hebamme, sondern auch dabei, die Frauen gleichmäßig auf alle Kolleginnen zu verteilen. Die neueste Version erlaubt darüber hinaus das automatische Einlesen von E-Mails und wird in Zukunft auch automatische SMS an die Kolleginnen mit der Anfrage der Frau senden, so dass die Kolleginnen weniger Zeit am Telefon verbringen müssen.

Gut ausgelastet

Für die angegliederten Hebammen bedeutet die Arbeit des Netzwerkes zum einen eine Sicherung ihrer Arbeitsauslastung, aber auch Entlastung, wenn ihre Kapazitäten erreicht sind. Durch die Vertretungssuche über das Netzwerk ist es außerdem leicht möglich, auch noch kurzfristig eine zuverlässige Vertretung für arbeitsfreie Zeiten zu finden. Das Netzwerk soll jedoch mehr sein als eine reine Vermittlungsstelle. Neben den Bürodiensten organisieren die Hebammen einen monatlichen Ringvortrag. Zu wechselnden Themen halten DozentInnen aus verschiedenen Fachgebieten eineinhalbstünde Vorträge. Für Mitglieder sind diese kostenlos, für alle anderen kosten sie fünf Euro. Auch melden sich immer wieder Kolleginnen mit Fragen zu besonderen Abrechnungssituationen oder schwierigen Betreuungssituationen. Manchmal können die Netzwerkerinnen direkt helfen, sonst leiten sie die Kolleginnen an eine passende Stelle weiter. Vor allem jungen Kolleginnen oder zugezogenen Hebammen kann das den Einstieg in die freiberufliche Hebammenarbeit sehr erleichtern.

Mit Rundmails verbreitet das Netzwerk Informationen über Fortbildungen, freie Stellen, Gesuche von Hebamme zu Hebamme oder auch Hilfsanfragen zu Abschlussarbeiten und ähnlichem. Über diesen Kanal laufen auch Urlaubs- oder Krankheitsvertretungsanfragen von Hebammen. Auf der jährlichen Mitgliederversammlung wird der Vorstand entlastet, die Kasse geprüft, über aktuelle Herausforderungen oder Aufgaben gesprochen und neue Ideen für die Weiterentwicklung des Netzwerkes gesammelt. Ein aktuelles Projekt ist beispielsweise, für die Netzwerkmitglieder einen Service anzubieten, bei dem ein Prüfer oder eine Prüferin zu bestimmten Terminen in die Zentrale kommt, um die Geräte der Kolleginnen kostenfrei zu kontrollieren, die geeicht werden müssen. Dank guter Haushaltsführung und den Mitgliedsbeiträgen des Vereins ist das Projekt finanziell unabhängig und steht auf soliden wirtschaftlichen Füßen. Mit den Überschüssen können Angebote für die Hebammen wie die Ringvorträge ermöglicht werden.

Herausforderungen bei der Gründung

Wie in vielen anderen Städten gab es in Köln eine „Hebammenliste”. Jedoch wurde diese mit der stetig steigenden Zahl an Kolleginnen immer unübersichtlicher. Da die Kölner Hebammen viele Absagen erteilen mussten, weil Angebot und Nachfrage nicht zusammenpassten, bestand die Sorge, dass einige Frauen aufgeben, bevor sie eine Hebamme finden. So kam die Idee aus dem Kreisvorstand, ein Hebammennetzwerk zu gründen, das den Frauen die Suche nach der gewünschten Leistung erleichtern sollte. In den Jahren 1995/1996 gründeten etwa zehn Hebammen das Kölner Hebammennetzwerk in Form eines eingetragenen Vereins. Zu Beginn standen ungefähr 30 Hebammen für die Telefonvermittlung bereit. Dabei bestand der Vorstand des Hebammennetzwerks aus den gleichen Kolleginnen wie der Kreisvorstand. Aufgrund der steigenden Arbeitsbelastung wurde dies jedoch später getrennt. Seitdem ist das Hebammennetzwerk Köln unabhängig vom Deutschen Hebammenverband (DHV).

Die Räume im Gesundheitsamt konnte das Netzwerk zunächst kostenlos beziehen, inzwischen zahlt es einen kleinen Beitrag für Telefon und Miete. Immer wieder gab es die Überlegung, in Räume umzuziehen, in denen die Hebammen mehr Präsenz zeigen und so das Straßenpublikum an ihre Leistungen zu „erinnern”. Diesen Vorschlag hat der Vorstand aufgrund steigender Kosten bisher jedoch verworfen.

Um sich erst einmal bekannt zu machen, wurden Anzeigen in Elternzeitschriften geschaltet sowie Werbung in den Krankenhäusern und bei Organisationen wie der Caritas gemacht. Viele der Hebammen übernahmen anfangs „Patenschaften” und besuchten regelmäßig die niedergelassenen GynäkologInnen und Kliniken, um das neue Netzwerk vorzustellen. Auch aktuell versorgt wieder eine Kollegin die Frauenarztpraxen und Kliniken im Einzugsgebiet mit Flyern und Visitenkarten.

Über die Jahre ist das Netzwerk so bekannt geworden, dass viele Schwangerenberatungsstellen, Krankenhäuser und GynäkologInnen die Frauen direkt weiter verweisen. Auch unter den Kölner Frauen ist das Hebammennetzwerk so populär, dass viele gar nicht erst selbst suchen, sondern direkt anrufen. Immer mehr Frauen fragen beim Netzwerk an – und dies immer früher in der Schwangerschaft. Die Anzahl der Kolleginnen bleibt seit Jahren stabil.

Hürden und Hindernisse

Durch die begrenzten Kapazitäten der Kölner Hebammen stößt der Vermittlungsdienst auch an Grenzen. Immer wieder sind fast alle Kölner Mitgliedshebammen als „voll” gemeldet, so dass auch das Netzwerk der Frau keine Hebamme mehr vermitteln kann. In diesen Fällen wird die Frau an ihre Krankenkasse verwiesen. Um einen Überblick zu bekommen, führt das Netzwerk eine Statistik über „nicht vermittelte” Fälle. Insbesondere die anhaltend hohe Nachfrage nach Beleggeburten kann nicht bedient werden. Aber immer mehr Frauen müssen sogar ohne Wochenbettbetreuung auskommen. Dies ist vor allem in den Sommerferien, in der Weihnachtszeit, in abgelegenen Stadtteilen und bei „akuten” Betreuungen der Fall. Die Netzwerkerinnen versuchen dem entgegenzusteuern, indem sie die Kolleginnen regelmäßig über die Orte und Zeiten mit größerem Bedarf informieren und auch neue Kolleginnen dahingehend beraten, wo noch dringend Hebammen gebraucht werden.

Hin und wieder macht auch die Unzuverlässigkeit einiger Kolleginnen zusätzliche Arbeit. So gehen Rückmeldungen für gelungene Vermittlungen manchmal nicht rechtzeitig ein oder Frauen werden trotz Zusage der Kollegin nicht betreut. Für die versetzten Frauen ist dies eine Enttäuschung und für die Netzwerkkolleginnen bedeutet es erneute Telefonate. Immer wieder fordern auch die Frauen eine Art Qualitätskontrolle der Hebammen. Dies können die Mitglieder nicht leisten. Sie führen zwar eine Art Beschwerdeheft und bemühen sich gerade um die Möglichkeit eines Ausschlussverfahrens für Extremfälle – wie die einzelnen Kolleginnen arbeiten, liegt jedoch in ihrer Hand. Und soll es auch bleiben.

Blick über den Netzwerkrand

Innerhalb von Köln konnte das Netzwerk einen hohen Bekanntheitsgrad bei den Institutionen der Frühen Hilfen, „Jung und Schwanger”, Caritas, GynäkologInnen und Frauen erreichen und kann so Hebammenleistungen bekannter machen.

Es macht meist Spaß, das Projekt zu organisieren und neben der täglichen Hebammenarbeit auch einmal andere Tätigkeiten auszuführen. Die Möglichkeit, das Netzwerk weiter aktiv aufzubauen und mitzugestalten, ist inspirierend. Es trägt zur Gesundheit der Kölner Familien und der besseren Arbeitsorganisation der Hebammen bei. Besonders stolz sind die Aktiven, dass sie im vergangenen Jahr einige Netzwerke in anderen Städten bei ihrer Neugründung über formelle und praktische Dinge beraten konnten.

Zitiervorlage
Hammer-Arkov C, Peters M: Kölner Hebammennetzwerk: Kollegial verbunden. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2016. 68 (1): 50–52 
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