Am Tag der Geburt oder in den ersten Lebenstagen lassen sich bei Neugeborenen verschiedene Hautbefunde erkennen. Es ist wichtig, harmlose Veränderungen von ernsten Erkrankungen unterscheiden zu können. Ein Überblick.
Abbildung 1: Neugeborenen-Ausschlag (Exanthem) Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Am Tag der Geburt oder in den ersten Lebenstagen lassen sich bei Neugeborenen verschiedene Hautbefunde erkennen. Es ist wichtig, harmlose Veränderungen von ernsten Erkrankungen unterscheiden zu können. Ein Überblick.
Die Haut eines Neugeborenen durchläuft nach der Geburt eine Reihe von Anpassungsvorgängen und Veränderungen. Einige Hauterscheinungen unterscheiden sich in ihrer Ausprägung sehr von denen in späteren Lebensphasen. Viele Kinder werden mit physiologischen und teilweise vorübergehenden Hautsymptomen geboren.
Bei über der Hälfte der Kinder tritt in den ersten Lebenstagen der sogenannte toxische Neugeborenen-Ausschlag (Neugeborenen-Exanthem) auf – ein bislang ungeklärtes Phänomen meist bei reiferen Neugeborenen (siehe Abbildung 1). Der Stamm ist hierbei am häufigsten befallen. Vor allem hellhäutige Kinder mit höherem Geburtsgewicht und fortgeschrittenem Gestationsalter nach einer Spontangeburt zeigen diese rötlichen Veränderungen. Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen finden sich dabei nicht.
Abbildung 2: Konnatale (angeborene) Ichthyose Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Bei Neugeborenen allgemein – und speziell bei übertragenen Neugeborenen – schuppt die Haut gelegentlich etwas stärker. Dieser Prozess kann sich bis zu drei Wochen hinziehen. Tritt dieses Symptom sehr früh, also schon am ersten Lebenstag stärker und mit verdickter, gelegentlich auch stark geröteter Haut auf, muss neben einer Übertragung auch an eine konnatale Ichthyose gedacht werden (siehe Abbildung 2).
Hierbei handelt es sich um eine seltene, sehr heterogene Gruppe von genetisch bedingten Verhornungsstörungen. Diese angeborenen Ichthyosen können sich bei der Geburt unterschiedlich zeigen: Zu sehen ist eine diffuse Rötung und lamellenförmige Schuppung, oder beim »Kollodiumbaby« ein eher knittriger, trockener, pergamentpapierartiger Hautüberzug über den gesamten Körper. Nur beim selbstheilenden Kollodiumbaby ist eine Spontanheilung möglich. Andere Ichthyosen können nur gemildert werden.
Recht selten wird in den ersten Lebenstagen die angeborene Soorinfektion mit kleinen Knötchen und Bläschen (Papeln und Vesikeln) am ganzen Stamm sichtbar. Der klassische Mund- und Windelsoor entsteht erst ab der zweiten Lebenswoche, meist durch eine Infektion über die mütterlichen Geburtswege, durch die Hände von Pflegepersonen oder auch durch Gegenstände wie Schnuller.
Eine weitere wichtige angeborene Infektion mit typischen Hautsymptomen ist die Röteln-Infektion. Typische Hautsymptome sind Kapillarblutungen in der Haut, die als bläulich-rote Flecken (Petechien) ab dem ersten oder zweiten Lebenstag sichtbar werden. Die Röteln sind hoch ansteckend und wirken sich auf das Gehirn, die Augen, das Gehör und das Herz aus.
Abbildung 3: Hereditäre Epidermolyse am Bein Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Treten beim Neugeborenen Blasen auf der Haut auf, kann dies verschiedene Ursachen haben. Gelegentlich gibt es harmlose Blasen durch mechanische Belastungen: Saugblasen (Nuckelblasen) sind meist an der Hand zu sehen. Sie entstehen durch kräftiges Saugen bereits intrauterin. Auch können Blasen in der Windelregion beispielsweise nach Beckenendlage auftreten, denn die Haut des Babys besitzt noch eine verringerte Menge an Kollagen und elastischen Fasern und weist schwächere Zellverbindungen auf. So kommt es schneller zu einer Blasenbildung.
Eine weitere Gruppe blasenbildender Hauterkrankungen umfasst die seltenen angeborenen, erblichen Epidermolysen (siehe Abbildung 3). Hier führen schon minimale Belastungen und Verletzungen der Haut – teilweise auch der Schleimhäute – zur Blasenbildung. Ursächlich sind Genmutationen der Strukturproteine am Übergang der oberflächlichen zu den tieferen Hautschichten. Der Schweregrad reicht je nach Subtyp von minimalen, spontan heilenden Blasen an den Extremitäten bis hin zur generalisierten Blasenbildung mit verstümmelnder Vernarbung bis hin zum tödlichen Ausgang.
Klinisch lassen sich anhand der ersten Blasen die verschiedenen Untergruppen nicht eindeutig unterscheiden
Blasen, die auf bakterielle Infektionen zurückgehen, gibt es in der Regel erst ab dem zweiten Lebenstag zu sehen. Meist sind es die Infektionen mit Staphylokokken, die ein typisches Bild mit Blasen auf teilweise gerötetem Grund ergeben, unter Umständen mit schweren ausgedehnten Hautablösungen infolge einer Toxinwirkung. Die Therapie besteht aus Antiseptika und systemischen Antibiotika, zusätzlich ist eine strikte Pflege mit Handschuhen und die Isolierung angeraten.
Unter Muttermalen (Nävi) versteht man »Flecken« auf der Haut. Darunter fallen rote (infolge Gefäßveränderungen) und dunklere, pigmentierte Hauterscheinungen.
Kinder aus südosteuropäischen, afrikanischen und asiatischen Regionen zeigen über dem Kreuzbein (sakral), aber auch an anderen Körperstellen, einen sogenannten Nävus coeruleus, der gelegentlich mehrfach auftreten kann. Er wird auch (fälschlicherweise) Mongolenfleck genannt und stellt eine graublaue Hyperpigmentierung infolge vermehrter Melanozyten in der Haut dar. Diese Flecken »verdämmern« im Lauf der ersten Lebensmonate und -jahre.
Eine weitere Hyperpigmentierung im Neugeborenenalter sind die Milchkaffee-Flecken (auch Café-au-lait-Flecken genannt). Es sind homogene, scharf begrenzte, flache Melanin-Ansammlungen. Etwa drei bis vier Prozent aller Neugeborenen weisen einen oder eine geringe Anzahl dieser Flecken auf.
Wenn allerdings mehr als fünf solcher Flecken im Verlauf auftreten und sich später Knötchen im Gehirn, Auge und weiteren Organen herausbilden, sollte an eine Neurofibromatose gedacht werden.
Pigmentierte angeborene Nävi entstehen vor allem durch Vermehrung von Melanozyten, sind mehr oder weniger erhaben und bei etwa jedem 20. Neugeborenen erkennbar. Bereits bei der Geburt können sie in unterschiedlichen Größen vorliegen. Sehr große, sogenannte »Riesen-Nävi« können ein erhöhtes Melanom-Risiko mit sich bringen.
Abbildung 4: Fibroma pendulans am Hals Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Bei sehr jungen Kindern sind angeborene Hauttumoren fast immer gutartig. Das Fibroma pendulans (siehe Abbildung 4) ist eher selten, meist tritt es am Kopf oder Hals auf. Operative Entfernungen sind aus kosmetischen Gründen im ersten Lebensjahr möglich.
Das juvenile Xanthogranulom ist zu 10 % bereits direkt nach Geburt vorhanden. Es lässt sich ein rötlich-, später bräunlich-gelber Tumor in charakteristischer halbkugeliger Form mit einem Durchmesser von einigen Millimetern bis wenigen Zentimetern erkennen. Nach raschem Wachstum erfolgt oft später eine spontane Rückbildung innerhalb von Monaten. Allerdings können auch innere Organe befallen sein, wie Lunge oder Leber und auch die Augen.
Mastozytome können als tumoröse Form einzeln oder mehrfach mit größeren bräunlichen Tumoren in der Haut auftreten. Gelegentlich lassen sich schon bei der Geburt kleinere linsengroße Flecken von rötlicher Farbe mit zunehmender Pigmentierung erkennen. Bei circa einem Zehntel der betroffenen PatientInnen ist auch ein Befall der inneren Organe möglich. Im Extremfall entsteht eine stärkere Blasen- und Quaddelbildung besonders auf mechanische Reize hin.
Abbildung 5: Ein roter Fleck in der Haut mit Haarbüschel (Hypertrichose) in der Mittellinie; es handelt sich um eine sogenannte dysraphische Störung, hier als Encephalocele. Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Zu beachten sind bei den Nävi und Tumoren immer auch die Kombination mit weiteren, tieferliegenden Problemen. Besondere Beachtung verdienen Hautsymptome in der Mittellinie sowie eine verstärkte Behaarung. Dies sind oft Hinweise auf Spaltbildungen (siehe Abbildung 5) wie versteckte Formen von Enzephalozelen oder einer Spina bifida (siehe Seite 46ff.).
Um auch die schleichende Symptomatik beispielsweise eines »Tethered Cord« – also neurologische Symptome durch eine krankhafte Anheftung des Rückenmarks am Ende des Spinalkanals – nicht zu übersehen, empfiehlt sich immer eine frühe bildgebende Untersuchung mit Sonografie und Kernspintomografie (NMR).
Diese Gruppe von Hautveränderungen und -erkrankungen ist recht häufig, es lassen sich vaskuläre Tumoren (Hämangiome), vaskuläre Malformationen beziehungsweise Nävi sowie Fehlbildungen der Lymphgefäße abgrenzen. Meist sind diese gutartig.
Säuglingshämangiome sind gutartige Gefäßtumoren. Sie kommen bei etwa 12 % aller Neugeborenen und damit relativ häufig vor, vermehrt bei Mädchen und Frühgeborenen. Sie können bereits bei der Geburt zu finden sein, meist bilden sie sich jedoch in den folgenden Lebenstagen und -wochen heraus und können gelegentlich sehr rasch größer werden (siehe Abbildung 6). Initial besteht gelegentlich ein rötlicher Fleck oder Kapillargefäßerweiterungen.
Bei einem schnellen Wachstum können unterschiedliche Funktionsstörungen wie Ulzerationen oder Superinfektionen, sehr selten auch Blutungen auftreten. Üblicherweise ist eine Rückbildung der Hämangiome im Schulalter zu erwarten. Bei störender Lokalisation, funktioneller Beeinträchtigung, bei Obstruktion oder bei Ulzerationsgefahr vor allem im Gesicht, in Augennähe und im Windelbereich wird eine frühe Kälte-, Betablocker-, ganz selten auch eine Laser- oder operative Therapie eingeleitet.
Finden sich mehrere Hämangiome auf der Haut, erfordert dies eine Sonografie von Kopf, Leber und Herz, vor allem zum Ausschluss weiterer Hämangiome in den inneren Organen mit eventuell nachfolgender Herz- und Schilddrüseninsuffienz.
Bekannt als Storchenbiss ist der Nävus simplex beziehungsweise Nävus flammeus medialis. Er ist vor allem im Nacken lokalisiert, kann aber auch im Gesicht auftreten. Im Verlauf des ersten Lebensjahres blasst er meist ab. Er ist harmlos und entsteht vermutlich durch eine umschriebene verzögerte Ausreifung der Gefäßnerven, so dass anfangs eine Aufweitung der Kapillaren verbleibt.
Der Portwein-Nävus (Feuermal oder Nävus flammeus lateralis, siehe Abbildung 7) ist gelegentlich mit weiteren Fehlbildungen kombiniert: im Gesicht als Teil des Sturge-Weber-Syndroms mit weiteren Veränderungen im Zentralnervensystem und als Teil des Klippel-Trenaunay-Syndroms mit Skelettveränderungen, vor allem an den Extremitäten. Daher sind in diesen Fällen weitere neuropädiatrische beziehungsweise orthopädische Untersuchungen erforderlich.
Fehlbildungen der Lymphgefäße sind ebenfalls angeborene tumoröse Fehlbildungen, die langsam wachsen und häufig schon bei Geburt sichtbar sind. Sie erscheinen als Geschwulste von eher weichem Charakter, teils mit zystischen oder auch hämorrhagischen Anteilen. Ihre Bedeutung liegt entweder in der Verdrängung wichtiger Gewebsanteile oder ihrem kosmetisch als störend empfundenen Eindruck.
Untergruppen sind das oberflächliche kleinzystische und seltener das tiefe Lymphangiom, auch als zystisches Hygrom bekannt.
Am häufigsten sind diese Lymphangiome im Gesicht, am Hals und am Nacken lokalisiert. Therapeutisch kann zunächst abgewartet werden oder – wie bei den Hämangiomen – operativ bei kosmetisch oder funktionell störenden Lymphangiomen eingegriffen werden.
Bei dem sogenannten Van-Lohuizen-Syndrom sind bereits bei der Geburt Hautveränderungen mit einzelnen Atrophien sowie netzförmigen Gefäßstrukturen zu sehen, die sich auch bei Druck oder Wärme nicht verändern (siehe Abbildung 8).
Es handelt sich um eine vaskuläre Malformation mit weiteren Anomalien wie Skelettveränderungen, angeborenem grünen Star (Glaukom), Epilepsien und vielem mehr. Im Verlauf stellt sich dann eine leichte Rückbildung der Gefäßsymptome ein, oft auch eine gewisse Verschmälerung der befallenen Extremität.
Gelegentlich finden sich kleinere oder größere Defekte der Haut, die als isolierte Befunde oder als Teil eines Syndroms auftreten können und unter Narbenbildung abheilen. Die Aplasia cutis congenita ist relativ selten und meistens am Kopf lokalisiert, oft von runder oder ovaler Form (siehe Abbildung 9). Diese Defekte können weit in die Tiefe reichen. Glücklicherweise besteht meist eine gute spontane Heilungstendenz. Vor allem geht es therapeutisch darum, sekundäre Infektionen oder eine funktionelle Beeinträchtigung durch Narbenstränge zu verhindern. Bei tieferen Defekten kann später auch eine plastische Abdeckung vorgenommen werden.
Einige Früh- und Neugeborene zeigen leichte Fehlbildungen der Haut wie eine zusätzliche Brustdrüse (akzessorische Mamille), Ohranhängsel und überzählige, meist rudimentäre Finger. Letztere sollten wegen möglicher späterer Nervenwucherungen nicht mehr einfach abgebunden, sondern operativ entfernt werden. Außerdem finden sich gelegentlich Grübchen, Zysten oder kleinere Öffnungen als Hinweis auf Halsfisteln im ehemaligen Kiemenbereich.
Hinweis:
Leitlinien der AWMF
Diagnostik und Therapie der Ichthyosen (Register-Nr. 013 – 043 Stand: 19.6.2016, gültig bis 18.06.2021)
Hämangiome im Säuglings- und Kleinkindalter (Register-Nr. 006 – 100 Stand: 28.2.2015, gültig bis 27.2.2020)
Mastozytose (Register-Nr. 013/058, in Überarbeitung)
Melanozytäre Nävi (Stand: Ende 2012, in Überarbeitung)
Abbildung 6: Hämangiom mit störender Lokalisation und funktioneller Beeinträchtigung im Gesicht am Oberlid Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Abbildung 7: Großes Feuermal im Gesicht (Portwein-Nävus) – mögliches Sturge-Weber-Syndrom Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Abbildung 8: Van-Lohuizen-Syndrom (Cutis marmorata teleangiectatica): livide, vaskuläre Hautveränderungen mit einzelnen Atrophien sowie netzförmigen Gefäßstrukturen Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
Abbildung 9: Aplasia cutis congenita – Defekt am Kopf, der weit in die Tiefe reichen kann Foto: © Dr. Ulrich Mutschler
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Conlon JD et al: Skin lesion in the neonate. Pediatr Clin N Am 2004. 51: 863–888
Has C, Bruckner-Tuderman L: Epidermolysis bullosa – Diagnostik und Therapie. Hautarzt 2011. 62: 82–90
Höger PH: Kinderdermatologie. 3. Aufl. Schattauer 2011
Koller J: Pigmentnävi bei Kindern. Hautarzt 2010. 61: 443–52
Küster W: Ichthyosen: Vorschläge für eine verbesserte Therapie. Dtsch Ärztebl 2006. 103(24): B-1437
Mutschler U: Blickdiagnose Van-Lohuizen-Syndrom. hautnah dermatologie 2008. 5
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