Die Blutungsmenge richtig einschätzen
Prof. Dr. Holger Maul, Chefarzt der Geburtshilfe dreier Asklepios-Kliniken in Hamburg, erläuterte die weltweit leicht unterschiedlichen Definitionen von noch tolerierbaren Blutungsmengen. Hierzulande gelten 500 ml bei einer vaginalen Geburt, 1.000 ml bei einer Sectio.
Da sich ein Blutverlust ab 500 ml kaum schätzen lasse und man ihn oft unterschätze, weil man zur Verharmlosung neige, riet er dringend, noch mehr auf frühe klinische Anzeichen zu achten. Auch das sei schwierig, da Frauen große Blutverluste bis 1.500 ml ohne eindeutige Schocksymptome tolerieren könnten. Ab einem gewissen Punkt werde es dann aber sehr schnell dramatisch.
Entsprechend der S2k-Leitlinie zu Peripartalen Blutungen erklärte er: Unabhängig vom sichtbaren Blutverlust müsse bei klinischen Zeichen eines hämorrhagischen Schocks (Schock-Index (HF/RRsys) > 0,9) von einer PPH ausgegangen werden. Wenn eine Frau fröstele, kaltschweißig und tachykard sowie unruhig werde, sei bereits ein Blutverlust von 1.500 bis 2.000 ml wahrscheinlich. Das sei bereits ein schwerer hämorrhagischer Schock. Ab einem Blutverlust von 2.000 ml werde eine Frau lethargisch. Dann sei bereits das Gerinnungssystem aktiviert mit der Folge einer Koagulopathie.
Die Koagulation beachten
Man solle immer wachsam sein: Eine Frau müsse nicht immer nach außen bluten, selbst wenn Koagel im Uterus beispielsweise mittels Ultraschalls ausgeschlossen sei, könne sich in der Vagina eine große Menge ansammeln. Eine genaue Untersuchung – auch vaginal – sei unbedingt durchzuführen. Maul erzählte von einer Frau, die postpartal Kreislaufprobleme bekam. Schlechte Beobachtung habe dem zugrunde gelegen: Aus der Vagina wurden schließlich so viele Koagel entfernt, dass eine Nierenschale komplett gefüllt war. »Blood is Coagulation!«, formulierte es kurz darauf passend Dr. Claudius Fazelnia, der mit Fischer an der Uniklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der PMU in Salzburg tätig ist. Er erwähnte auch einen Grund, wann Uterotonika kontraindiziert sind: bei einer Inversio uteri.
Maul verwies auf die 4 Ts (Tonus, Tissue, Trauma, Thrombin) in Bezug auf Risiken – für jeden einzelnen Punkt gebe es eine Zunahme im Vergleich zu vor 30 Jahren:
- Tonus: Mehrlinge, Hydramnion, fetale Makrosomie, vorherige Tokolytika, Chorioamnionitis, Uterus myomatosus
- Tissue: Plazentaretention und -lösungsstörung, Plazentaimplantationsstörungen wie Placenta accreta
- Trauma: vulvovaginale Verletzungen, Weiterreißen der Uterotomie, Uterusruptur, Inversio uteri
- Thrombin: Präeklampsie, HELLP-Syndrom, intrauteriner Fruchttod, vorzeitige Plazentalösung, Fruchtwasserembolie, von Willebrand-Faktor.
Andere Gründe außerhalb der 4 Ts seien: Asiatinnen, Anämie, Einleitung, BMI > 35, hohes Alter.
Um stärkere Blutungen zu vermeiden gelte es, antizipierend zu handeln: sofortige Gabe eines Kontraktionsmittels, sofortige Naht von Weichteilverletzungen, Blase entleeren, Uterusmassage, großzügige Indikationsstellung zur Kürettage bei Verdacht auf unvollständige Plazenta. Die Dosierung eines eventuell möglichen Nalador®-Tropfes müssten alle auswendig können. Der Wirkstoff darin sei Sulproston, ein synthetischer Prostaglandin-E2-Abkömmling, der zu einer Kontraktion der glatten Gebärmuttermuskulatur führt und gleichzeitig die Zervix weitet.
Wenn stärkere Blutungen auftreten, dürfe es zu keiner Zeitverzögerung kommen. Maul betonte nochmals, wie wichtig es sei, dass Geburtshelfer:innen operieren können. Um zu verhindern, dass eine Frau verblute, müssten sie im Notfall auch eine Hysterektomie beherrschen. Das heiße nicht, dass man sich unter optimierten Bedingungen nicht den Besten/die Beste im Team dazuholen sollte. Maul erklärte auch den Teufelskreis der Verbrauchskoagulopathie: Gerinnungsfaktoren würden auch kontraktil wirken. Wenn sie also weniger werden, würde auch die Atonie stärker.
Wichtig sei, rechtzeitig in der Schwangerschaft eine Anämie auszuschließen. Der Grenzwert sei ein Hämoglobin-Wert von 11 g/dl Blut. Eisenmangel werde definiert ab einem Ferritin-Wert unter 30 ng/ml. Aufhorchen solle man auch, wenn die Frau über häufiges Nasenbluten klage. Möglicherweise liege dann die Gerinnungsstörung Von-Willebrand-Syndrom vor, so Prof. Dr. Daniel Surbek, Leiter der Geburtshilfe und fetomaternalen Medizin am Inselspital Bern, im anschließenden Experten-Gespräch auf dem Podium.
Da die Interdisziplinarität auf diesem Kongress betont wurde, gab es auch einen Vortrag von einem Anästhesisten: Prof. Dr. Thierry Girard, Chef der Anästhesie vom Uniklinikum Basel, erklärte, dass man auch bei den 70 % Frauen ohne ein größeres Risiko für eine PPH prophylaktisch denken müsse. Er plädierte für einen venösen Zugang, es könne auch der kleinstmögliche sein, wie etwa ein rosa Venflon, den man am besten in der rechten Hand lege. Dort lasse sich nämlich im Notfall – wenn man zwei Verweilkatheter benötige – nur schwer ein Zugang legen.
Und er stellte EMMA vor. Das ist kleiner Rollwagen mit dem nötigsten Zubehör für eine PPH. Die Idee fand unter den Zuhörenden breite Zustimmung.
Carbetocin zur Vorbeugung einer Uterusatonie
Im Lunch-Symposium von der deutschen Tochtergesellschaft der Ferring Holding in der Schweiz ging es um das von ihr entwickelte Medikament Carbotecin. Es wurde kurz vorgestellt von deren Mitarbeiterin Dr. Lisa Thomas, Global Medical Director im Maternal Health Project »Family: Safe Birth«.
Das Oligopeptid Carbetocin wurde 2006 von der Ferring Holding unter dem Handelsnamen Pabal® auf dem Markt eingeführt: zur Vorbeugung einer Uterusatonie nach Sectio. Die Wirkung nach einer Vaginalgeburt war damals noch nicht untersucht. Inzwischen ist es auch dafür zugelassen. 100 μg (1 ml) können i.m oder i.v. gegeben werden.
Schlembach wies daraufhin, dass Carbetocin bei einer intravenösen Verabreichung nicht als Bolus gegeben werden sollte, sondern als Kurzinfusion, weil es dann verträglicher sei. Aber bis heute gelte: Es darf nicht zur Wehenauslösung eingesetzt werden.
Carbetocin stammt aus der Gruppe der Oxytocin-Agonisten und bindet wie Oxytocin selektiv an Oxytocin-Rezeptoren in der glatten Muskulatur des Uterus. Es stimuliert rhythmische Kontraktionen des Uterus, steigert die Frequenz bereits vorhandener Kontraktionen und erhöht so den Tonus der Uterusmuskulatur. Da es eine lange Halbwertszeit von 40 Minuten hat, hat es in manchen geburtshilflichen Abteilungen bereits das Oxytocin als Uterustonikum nach der Geburt abgelöst – wie in der von Prof. Dr. Daniel Surbek, Leiter der Geburtshilfe und feto-maternalen Medizin am Inselspital Bern.
Es sei leider teurer als das übliche Syntoconin (synthetisches Oxytocin). Surbek erklärte: Da alle Schwangeren ein gewisses Risiko für eine PPH hätten, bekämen in seiner Klinik alle zur Prävention nach der Geburt des Kindes Carbetocin. In anderen Kliniken, so auch bei Prof. Maul, werde weiterhin standardmäßig 3–5 IE Oxytocin gegeben. Man müsse nicht zuwarten, bis die Nabelschnur auspulsiert sei, so Schlembach. Wichtig sei: Carbetocin wirkt nicht stärker, sondern nur länger als Oxytocin. Daher sei es in Situationen zu bevorzugen, in denen ein verzögertes Auftreten von Atonien einige Stunden nach der Geburt zu befürchten sei, beispielsweise bei Gemini, Makrosomie, Polyhydramnion oder nach protrahierten Geburten oder länger dauernder Einleitung.
Ein weiterer Vorteil von Carbetocin: Von der Firma Ferring wurde eine hitzestabile (heat-stable) Variante von Carbetocin für heiße Klimazonen in »Low and middle income countries« (LMIC) entwickelt. Oxytocin, das bei maximal 8 °Celsius im Kühlschrank aufbewahrt werden muss, kann wegen mangelnder medizinischer Ausstattung in vielen ärmeren Ländern mit heißem Klima oft nicht in der nötigen Qualität gegeben werden, etwa wegen fehlender Möglichkeit zur richtigen Kühlung. Nach einer Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Pharmaunternehmen Merck Sharp & Dohme (MSD) und deren Initiative »MSD for Mothers« wurde heat-stable Carbetocin als globales Gesundheitsprodukt zugelassen. Es steht nun auf der Liste für unentbehrliche Arzneimittel der WHO (Model List of Essential Medicines, EML).
Zugeschaltet wurde in Berchtesgaden ein Vortrag von Prof. Dr. Hadiza Galadanci vom African Centre of Excellence in Population Health and Policy in Kano, Nigeria. Dort wird bereits das heat-stable Carbotecin eingesetzt – mit großem Erfolg. Galadanci erläuterte, dass mehr Politiker:innen in den LMIC überzeugt werden sollten, dieses Medikament für die Geburtshilfe zu bestellen. Nur so wäre eine optimale Behandlung möglich, die verhindert, dass weiterhin in diesen Ländern alle sechs Minuten eine Mutter an einer postpartalen Blutung (PPH) stirbt. Das Risiko dafür betrage in den Ländern des globalen Südens 1:1.000 Geburten – in den Industrieländern etwa 1:100.000.
Pathophysiologie: Plazentare Invasivität
Mehrfach auf dem Kongress ging es um die gestörte Plazentalokalisation, vornehmlich im Zusammenhang mit vorausgegangenen Sectiones. Surbek mutmaßte in einem persönlichen Gespräch, dass es dazu käme, weil die Dezidua danach einfach überall geschädigt sei. Aber ungeklärt blieb die Frage, warum es außerdem so häufig zu einer Placenta praevia käme.
Als Hebamme hat man immerhin gelernt: Normalerweise spielen sich Nidation und Plazentaentwicklung in der oberen Hälfte der Plazenta ab. Warum also die Wanderung in die untere Hälfte und zur Einnistung bei der Sectionarbe? Schlembach erläuterte, der Grund sei die Nischenbildung der Narbe, wo sich ein Ei gern einniste.
Ein Vortrag von Prof. Dr. Angela Köninger, Ordinaria für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Regensburg an der Barmherzige Brüder Klinik St. Hedwig, ging dann am zweiten Tag näher auf die Pathophysiologie ein: Sie erklärte, dass die Plazenta eine Affinität zur Hypoxie habe. Dazu ein Blick in die Literatur während der Pause: Prof. Dr. Heinrich Husslein, seinerzeit Oberarzt an der Klinik für Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien, fasste bereits 2010 zusammen, dass eine reduzierte Sauerstoffsättigung für die Differenzierung und Proliferation des Trophoblasten physiologisch wichtig sei. Im Gegensatz zu den meisten anderen Zellformen scheine dies die Mitoseaktivität innerhalb der Zytotrophoblastzellen zu steigern. »Nur unter diesen sauerstoffarmen Bedingungen kommt es zu einer Invasion des Zytotrophoblasten in das Endometrium und später zu einer Arrosion der Spiralarterien, so dass sich zwischen Schwangerschaftswoche (SSW) 10 und 12 ein Blutfluss im intervillösen Raum und damit der utero-plazentare Kreislauf entwickeln kann.«
Diese physiologische Hypoxie ist im Narbengewebe noch größer, denn es ist nahezu gefäßfrei. Der Trophoblast kann dadurch an dieser Stelle länger invasiv wachsen und die physiologische Penetrationsgrenze überschreiten. Es komme laut Husslein mitunter zu Placenta accreta oder gar percreta. Husslein gibt auch den Hinweis, dass die Plazenta bis zur 35. Schwangerschaftswoche eine Tendenz habe, in Richtung Fundus uteri zu wandern, so dass sich das Problem mitunter von selbst löse (Husslein, 2010). Es sei also sinnvoll, das Wachstum der Plazenta nach einer Sectio stets per Ultraschall im Auge zu haben, wie auf dem Kongress mehrfach betont wurde.
Köninger zeigte in ihrem Vortrag ein beeindruckendes Video von einem Kaiserschnitt bei einer Placenta percreta in der Vorderwand des Uterus. Nach Schnitt im Fundus und Entwicklung des Kindes entfernte sie durch ein äußerst schnelles Führen des Skalpells die Placenta samt betroffener Uterushaftfläche. Es blutete extrem stark, aber inzwischen habe sie genug Erfahrung mit dieser Operation und behalte die Nerven.
Auch bei einem so schweren Eingriff könne man organerhaltend operieren und die Frau könne erneut schwanger werden, betonte sie. Natürlich wäre dann eine erneute Sectio nötig. Es gebe auch keinen Grund, eine Narbenschwangerschaft abzubrechen. Störende Plazentagefäße könnten zudem schwangerschaftserhaltend durch Embolisation von Radiolog:innen verschlossen werden. Für ihre Forschung zu solchen Behandlungsmöglichkeiten erhielt Köninger 2020 den mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis der Holm-Schneider-Stiftung für vorgeburtliche Therapie.
Der neue DACH-Algorithmus
Während des Kongresses wurde immer wieder auf die S2k-Leitlinie »Peripartale Blutung – Diagnostik und Therapie« Bezug genommen, die vor ein paar Monaten überarbeitet wurde. Neben Ramsell waren auch einige andere Kongress-Referenten daran beteiligt: neben Girard, Helmer, Surbek und Maul der Anästhesist Dr. Heiko Lier von der Uniklinik Köln. Auch ein aufgefrischter interdisziplinärer PPH-Behandlungsalgorithmus sei in der Leitlinie zu finden (siehe Download). Er ist übersichtlich strukturiert und im Notfall schnell anwendbar. Schlembach, der federführende Leitlinienautor, freute sich darüber. Der Algorithmus entstand in der ersten Version zwischen 2009 und 2011 in den ersten länderübergreifenden PPH-Fortbildungen mit Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH) am Wörthersee. Er basiere auf den bisherigen Leitlinien der jeweiligen Fachgesellschaften (Anästhesiologie und Intensivmedizin, Geburtshilfe). Neben etablierten Leitlinien sei der Nutzen solch standardisierter Therapiealgorithmen belegt.
In der Leitlinie steht nun auch als Basiswissen: »Bei der vaginalen Geburt zeigen das frühzeitige Abklemmen und Durchtrennen der Nabelschnur unmittelbar nach der Geburt des Kindes und der kontrollierte Zug an der Nabelschnur keinen Effekt zur Verminderung der postpartalen Hämorrhagie und sind zu unterlassen.«
Stopfen oder saugen?
In den Leitlinien steht nun zudem erstmals eine medizinische Behandlung etwa bei einer Atonie, die Maul vor rund zehn Jahren entwickelt hatte und die inzwischen offiziell anerkannt wurde – auch von der WHO: Mit einer Tamponade, die mit einer hämostatischen Komponente (Chitosan) beschichtet ist, wird der Uterus »gestopft«. Ursprünglich wurde sie als blutstillende Wundauflage für die Notfall- und Militärmedizin entwickelt.
Inzwischen wurde Mauls Methode in verschiedenen Kliniken in mehreren tausend Fällen erfolgreich eingesetzt, aber bis vor kurzem im Off-Label-Use. Nun hat der Hersteller sie mit Unterstützung der Klinik für Geburtsmedizin der Charité für die Geburtshilfe zugelassen. Die Tamponade wird häufig kombiniert mit einer Uteruskompressionsnaht, für die allerdings ein Bauchschnitt nötig ist. Dass die Tamponade direkt aus einer unsterilen Packung entnommen würde, werde von einigen Hebammen bemängelt, schilderte eine Teilnehmerin. Aber dieses Problem ist in der nun zugelassenen Variante gelöst.
Unbefriedigend beantwortet wurde im persönlichen Gespräch mit einem der Redner die Frage, ob sich freiberufliche Hebammen nach einer entsprechenden Schulung solche Tamponaden namens Celox® nicht für den Notfall zulegen sollten, denn diese könnten doch auch bei einem schweren Dammriss die Blutung erstmal stoppen und seien im Internet zu bestellen. Eine klare Antwort gab dann später Maul: »Das Präparat gehört in jeden Hebammenkoffer. Es wurde schließlich für die Außerklinik beziehungsweise Präklinik entwickelt – und zwar für das Schlachtfeld!«
Neben der Uterustamponade gibt es noch die Methode eines intrauterinen aufblasbaren Ballons, etwa den Bakri-Ballon, der eine Kompression der Aa. uterinae sowie des Myometriums und der Spiralarterien bewirkt. Maul selbst betrachtete beide Methoden insofern kritisch, dass beide den ohnehin überdehnten, atonen Uterus weiter dehnen und das eigentliche Problem, nämlich die mangelnde Kontraktion, gerade nicht optimal lösen.
Er sah Vorteile in einer anderen Methode, die auch schon in einigen Kliniken angewendet werde: das Saugen. Durch einen Unterdruck würden die Uterusflächen so stark aneinander gesogen, dass die Blutung gestoppt würde. Die Saugmethode führe nicht nur zu einer Verkleinerung des Uterus über dem Vakuum, sondern auch zu einer besseren Überlappung der Muskelfasern, einem Kollaps der zuführenden Blutgefäße und einem Verschluss der Lymphspalten. Insofern sei es plausibel, wenn im Anschluss Uterotonika besser wirken könnten, erneute Blutungen seltener würden und auch die Infektionsraten durch aufsteigende Bakterien abnähmen. Für die Saugmethode wurden vor rund fünf Jahren Kanülen aus Metall beschrieben, deren Wände durchlöchert sind, um mittels einer Pumpe einen Unterdruck im Uterus zu erzeugen : genannt »Panicker´s Device«. Maul erklärte, dass der Name zurückgehe auf den indischen Gynäkologen Dr. Vasudeva Panicker. Die eigentliche Idee gehe aber wiederum auf dessen indischen Kollegen Dr. Hemmanur Samartha Ram zurück, sie müsste eigentlich nach ihm benannt sein. Der Streit über Panickers Plagiat lässt sich im Internet sehr spannend nachlesen.
In den USA wurde 2020 das ähnlich funktionierende Jada-System zugelassen: ein perforierter Ring aus Plastik, der in den Uterus eingeführt wird und ebenfalls mit Unterdruck arbeitet. Maul erwähnte eine erfolgreiche Studie dazu von Dr. Mary D`Alton (D‘Alton, 2021). Hierzulande sei die Methode noch nicht zugelassen und deshalb auch nicht verfügbar. Mit einer Zulassung in Deutschland sei voraussichtlich 2024 zu rechnen.
Einfach mal ausprobieren!
Die Beiträge aus dem Podium zeigten: Manche Kliniker:innen behelfen sich hierzulande damit, am Ende des Bakri-Ballons einen Unterdruck aufzubauen. Manche kamen sogar auf die Idee, ihn an das Vakuumgerät der Saugglocke zu hängen. Maul ermutigte andere dazu und gab ihnen den Rat: Einfach mal ausprobieren!
Immer wieder wurde an die Möglichkeit der Kompression der Aorta hingewiesen – auch wenn dies bei adipösen Frauen extrem schwierig sei. Bis zu 20 min könne die Aorta komprimiert werden – das schaffe Zeit, um optimierte Rahmenbedingungen zu schaffen, Hilfe zu holen und Blutprodukte zu organisieren.
Eine zentrale Aussage des Kongresses: »Time is Blood!«, so Fazelnia. »Verlieren Sie keine Zeit!«