Hebammen sollte im wahrsten Sinne des Wortes der Schuh nicht drücken. Worauf es bei gutem Schuhwerk ankommt, schildert die Beauftragte für die Hebammen in der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege.
Hebammen legen bei ihrer Arbeit jeden Tag lange Strecken zurück. Selten muss es dabei so schnell gehen. Doch das Schuhwerk sollte für den Notfall geeignet sein. Foto: © Mo Lensing. www.leben-dokumentieren.de
Hebammen sollte im wahrsten Sinne des Wortes der Schuh nicht drücken. Worauf es bei gutem Schuhwerk ankommt, schildert die Beauftragte für die Hebammen in der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege.
„Richtiges“ Schuhwerk für Hebammen – kann es das überhaupt geben? Hebammen sind ständig auf den Beinen. Entweder im Kreißsaal, auf der Wochenstation oder als Freiberuflerin zur Betreuung von Schwangeren, zur Geburt oder zur Nachbetreuung der Wöchnerin. Sie legen im Laufe eines Arbeitstages manchmal mehrere Kilometer zu Fuß zurück und sind mit dem Auto unterwegs. Für all das benötigen sie einen sicheren Arbeitsschuh.
Der Schuh sollte vorne und hinten geschlossen sein. Vorne, um die Zehen zu schützen, hinten bringt die Fersenkappe eine höhere Standfestigkeit. Außerdem gibt sie seitlichen Halt und verhindert das Umknicken. So werden Bänder, Sehnen und Gelenke geschützt. Riemen an der Ferse bieten dagegen nicht genug Sicherheit, auch wenn sie verstellbar sind.
Sinnvoll ist ein Modell mit Klettverschluss oder Schnüren. So kann der Schuh passend eingestellt werden, damit der Fuß nicht ins „Schwimmen“ kommt. Gleichzeitig sollte das Fußbett bequem sein und genügend Platz zum Abrollen bieten. Wichtig ist außerdem, dass die Sohle rutschhemmend und großflächig ist. Das trägt zur Standfestigkeit bei, auch auf feuchten Fußböden. Ferner sollte die Sohle an der Ferse leicht gedämpft sein. Das entlastet die Wirbelsäule und die Gelenke. Allerdings darf die Dämpfung nicht so stark ausfallen, dass das Gefühl für den Bodenbelag leidet und beim Gehen ein „schwammiges“ Gefühl auftritt.
Als Sohlenmaterial gut geeignet sind Kunststoff wie Ethylenvinylacetat (EVA) oder Polyurethan (PU). Ein Korkfußbett dagegen hat meist nur eine minimale Dämpfung und verliert diese bereits nach wenigen Wochen.
Ebenso kommt es auf die richtige Absatzhöhe an. Der Schuh sollte flach sein, damit sich das Körpergewicht gleichmäßig verteilt und die Wirbelsäule entlastet wird. Ein zu hoher Absatz kann durch eine falsche Beckenstellung zum Hohlkreuz führen. Die Ober- und Futtermaterialien bestimmen das Klima für den Fuß. Sie sollten die beim Tragen entstehende Feuchtigkeit aufnehmen und nach außen transportieren. Socken aus Mikrofaser oder Wolle unterstützen diese Wirkung.
Es empfiehlt sich, zwei Paar Schuhe im Wechsel zu tragen, denn die Schuhe brauchen nach einem Arbeitstag fast einen ganzen Tag, um wieder zu trocknen.
Die Verantwortung von ArbeitgeberInnen und Beschäftigten für die Sicherheit im Beruf ist im Arbeitsschutzgesetz (ArbSCHG) geregelt. § 3 bestimmt die Grundpflichten der ArbeitgeberInnen: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls an sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.“
§ 15 regelt die Pflichten der Beschäftigten: „Die Beschäftigten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechend Satz 1 haben die Beschäftigten auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.“
Erst im 19. Jahrhundert kam es zu einer Schuhreform. Georg Hermann von Meyer (1815–1892), Professor für Anatomie an der Eidgenössischen Hochschule in Zürich, verfasste 1858 „Die richtige Gestalt der Schuhe. Eine Abhandlung aus der angewandten Anatomie für Aerzte und Laien geschrieben“. Er betonte: „Die Hauptsache ist, dass die große Zehe ihre richtige Lage haben kann. Dafür muss sie aber so liegen, dass ihre Mittellinie nach hinten verlängert in den Mittelpunkt der Ferse trifft.“ Diese Mittellinie, die später nach ihm „Meyerische Linie“ genannt wurde, beschrieb er als zentrale Achse des Fußes. Wenn die Großzehe aus ihrer natürlichen Lage gedrängt würde, werde in einer Kettenreaktion zugleich diese Linie unterbrochen, über die sich die Bewegung „abwickle“. In der Folge käme es auch zur Schiefzehe, die der Volksmund fälschlicherweise Gichtknoten oder Frostballen nannte. Meyers Verdienst bestand darin, dass er auf Basis anatomisch-funktioneller und mathematischer Überlegungen einen Weg fand, asymmetrische, fußgerechte Brandsohlen zu konstruieren. Die Aufgabe der Schuhmacher war es, auf diesen Sohlen einen neuen, „rationellen“ (vernunftgemäßen) Schuh aufzubauen. Meyers Schrift wurde in fast alle europäischen Sprachen übersetzt und zunächst vom Militär aufgegriffen.
Von Meyers Interesse an der funktionellen Anatomie führte 1867 auch zur seiner Entdeckung der Architektur der Knochenbälkchen (spongiosa). Dass die Bälkchen im Knocheninneren der Gewichtsersparnis dienen, war damals bereits bekannt. Der Anatom zeigte nun allerdings, dass ihre Anordnung den Druck- und Zugkräften unter Belastung entspricht. Damit konnte er die Struktur der Spongiosa beispielhaft als das Ergebnis einer funktionellen Anpassung erklären. 1867 hielt von Meyer in Zürich einen Vortrag darüber. Unter den Zuhören befand sich Karl Eugen Culmann, der überrascht feststellte, dass die von Meyerschen Berechnungen genau seinen eigenen statischen Berechnungen von konstruierten Kurven in Bauteilen entsprachen, nach denen sich im Inneren von belasteten Trägern Druck und Zug verteilen. Nach diesen Regeln entwarf später ein Schüler Culmanns, Maurice Koechlin, den Plan zum Eiffelturm. Koechlin verwendete dafür quasi eiserne Spongiosa, die mit „einem Minimum von Material nur die mechanisch beanspruchten Linien aufführt und das Maximum von Tragfähigkeit erreicht.“ Es gab sogar Versuche, einen Hallus Valgux etwa durch originelles „Schuhwerk mit mehreren Zehenkammern“ zu verhindern, das nun allerdings wiederum Druckstellen an allen Zehen bedingte.
Birgit Heimbach, DHZ
Hinweis: Der Artikel basiert auf Informationen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Sie gibt unter www.bgw-online.de/goto/schuhe ausführliche Hinweise und Tipps zur Auswahl von Arbeitsschuhen für Pflegekräfte, die sich zum großen Teil auch auf den Hebammenberuf übertragen lassen.