Es gibt viele gute Gründe, zu Gleitmitteln zu greifen. Trockenheit der Vulvina ist nur einer davon. Die große Bandbreite der verwendeten Inhaltsstoffe eröffnen eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungsgebiete und individueller Vorlieben.
»Gerade in der Zeit nach der Geburt kann ein Gleitmittel das sexuelle Erleben verbessern.« Foto: © White bear studio/stock.adobe.com
Es gibt viele gute Gründe, zu Gleitmitteln zu greifen. Trockenheit der Vulvina ist nur einer davon. Die große Bandbreite der verwendeten Inhaltsstoffe eröffnen eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungsgebiete und individueller Vorlieben.
Viele Frauen haben nach der Geburt zunächst eine trockenere Vulva als sonst, da die Hormone der Schwangerschaft und gegebenenfalls die Stillhormone die Sudation der Scheidenschleimhaut herabsetzen können – was nicht unbedingt bedeutet, dass sie weniger Lust haben. Spucke ist das einfachste und billigste Gleitmittel, das jede/r zur Verfügung hat. Viele Paare greifen gerne und großzügig zu Gleitmitteln aus dem Spender, um es leicht und »flutschig« zu haben und sich keine Sorgen über ausreichend Feuchtigkeit oder Schmerzen durch übermäßige Reibung machen zu müssen. Gerade nach einer ausgeheilten, aber noch empfindlichen Dammverletzung kann das ein sehr wichtiger Punkt sein.
Etliche Frauen möchten in der Postpartal- und Stillzeit keine hormonellen Verhütungsmittel benutzen und verwenden deshalb lieber Kondome oder ein Diaphragma. Während des Wochenflusses und außerhalb langjähriger monogamer Partnerschaften ist das Kondom außerdem ein guter Schutz vor Kontaktinfektionen wie HIV oder Chlamydien. Diese hauchdünnen Hüllen aus Naturkautschuklatex sind vom Hersteller in der Regel meist schwach befeuchtet, was aber nicht allen Frauen ausreicht. Sie nehmen außerdem mit der Zeit einen Teil der Feuchtigkeit der Vagina auf und sind oft angenehmer in der Anwendung, wenn die höhere Reibung durch das Material mit etwas mehr Gleitmittel ausgeglichen wird. Auch Kondome aus Materialien wie synthetischem Polyisopren (künstlicher Latex ohne Eiweißstoffe), Polyurethan oder Vinyl können zusätzliche Feuchtigkeit gebrauchen. Gleitmittel schützen Kondome eher vor dem Reißen, wobei dies bei den in Deutschland erhältlichen, geprüften Kondomen ohnehin extrem selten passiert. Wird reichlich Gleitmittel verwendet, steigt dafür die Gefahr, dass das Kondom unbemerkt vom Penis rutscht. Wer also gerne viel Gleitmittel benutzt, sollte ab und an überprüfen, ob das Kondom noch gut sitzt. Entscheidender dafür ist aber vor allem die richtige Auswahl der Kondomgröße. Außerdem sollte kein zusätzliches Gleitmittel auf die Kondom-Innenseite (zwischen Kondom und Penis) gebracht werden.
Werden Gleitmittel primär für Sex jeglicher Art verwendet, kommt es eher auf die Gleitfähigkeit und deren Dauer an. Ob das Gleitmittel eher dünn- oder etwas dickflüssiger sein sollte, ist eine Frage der individuellen Vorlieben und der Stärke und Dauer der Reibung. Dünnflüssigere Mittel sind »flutschiger«, können aber unter Umständen schneller aufgebraucht sein. Für orale Vergnügen ist auch der Geruch und Geschmack wichtig und es können aromatisierte Mittel zum Einsatz kommen. Vielen Menschen werden hierfür Mittel aus natürlichen Stoffen ohne chemische Bestandteile sympathischer sein.
Viele, die erst einmal die Vorteile von Gleitmitteln kennengelernt haben, empfinden sie auch ohne Kondom als eine Bereicherung für ihr Liebesspiel. Es gibt eine große Auswahl an sogenannten Lubricants in Apotheken, Drogerien, Sexspielzeug- oder Onlineshops. Die Zusammensetzung der angebotenen Gleitmittel ist sehr unterschiedlich, und so variieren auch ihre Eigenschaften und Einsatzgebiete. Empfindliche Menschen sollten ein neues Gleitmittel zunächst in der Armbeuge oder in kleinen Mengen auf der Schleimhaut testen. Die meisten Lubricants sind farblos, manche können jedoch Flecken auf der Wäsche hinterlassen. Einige Lubricants haben einen sauren pH-Wert, was dem sauren Milieu der Vagina zugutekommt (für eine gesunde Scheidenflora ist ein pH-Wert von etwa 4,5 günstig). Nicht jedes Gleitmittel kann zusammen mit den üblicheren Latex-Kondomen oder einem Latex-Diaphragma verwendet werden, da die Mittel mit dem Material reagieren können. Das gilt insbesondere für alle fett- und ölbasierten Mittel, die die Mehrheit aller Produkte am deutschen Markt ausmachen. Fette verursachen mikroskopisch kleine Risse im Latex. Silikone und Vaseline gehören ebenso dazu wie Butter oder Backfette – letztere sind ohnehin Substanzen, die dem Milieu der Vagina nicht zuträglich sind. Es gibt fettfreie Gleitmittel auf Wasserbasis, die teilweise als vegan gekennzeichnet sind. Mittel auf Wasserbasis waren in einer Studie der US-amerikanischen Indiana University mit fast 2.500 Frauen besser verträglich als silikonbasierte Mittel (Herbenick et al. 2011).
Gleitmittel können durch den pH-Wert die Chance einer Befruchtung reduzieren. Wenn Paare wieder schwanger werden wollen, gibt es inzwischen sogar dafür spezielle Gleitmittel, die angeblich in klinischen Tests gezeigt haben, dass sie die Spermien nicht negativ beeinflussen. Gerade in der Zeit nach der Geburt kann Gleitmittel eine gute Möglichkeit bieten, um das Sexleben angenehm zu gestalten. Hebammen können die jungen Eltern dazu beraten und ihnen die verschiedenen Möglichkeiten der Lubricants nahelegen.