Um einen Geburtsstillstand rechtzeitig zu erkennen, ist ein Partogramm nützlich. Auch eine Wehenpathologie oder ein pathologisches CTG sollte die Hebamme als Warnzeichen sehen. Foto: © Markus Heimbach

Ein Fallbeispiel verdeutlicht die Risiken einer Uterusruptur und das Vorgehen im Notfall: Es kommt zu einem protrahierten Geburtsverlauf nach vorangegangener Sectio, bei dem wegen eines Geburtsstillstandes ein Oxytocin-Tropf nach PDA angehängt wurde. Die maximale Oxytocin-Dosis wurde dabei überschritten, es kam zur folgenschweren Überstimulierung des Uterus. 

Die Uterusruptur (UR) ist eine meist unvorhersehbare, schwere geburtshilfliche Komplikation. Sie tritt am voroperierten Uterus, zum Beispiel nach Sectio caesarea bei 0,7 bis 5,1 von 10.000 Geburten auf. Am nicht voroperierten Uterus kommt sie bei 1 : 5700 bis 1 : 20.000 Schwangerschaften vor. Die mütterliche Mortalität beträgt in den Industrieländern etwa 0,2 %, weltweit liegt sie zwischen 1 und 12 %. Die Notwendigkeit zur Hysterektomie betrifft 14 bis 33 % der Fälle und die perinatale Mortalität 5 bis 6 %. Besonders gefürchtet ist die neonatale hypoxisch-ischämische Enzephalopathie, die im Mittel bei 6 % aller Uterusrupturen eintritt.

Die Hebamme ist häufig die erste Person, die mit einer UR konfrontiert wird. Ihr kommt daher eine Schlüsselrolle in der rechtzeitigen Diagnose und in der Auslösung der »Alarmkette« zu.

Fallgeschichte: Natürliche Geburt gewünscht

Sylvia war mit 38 Jahren das zweite Mal schwanger. Ihr erster Sohn Marco war knapp zwölf Monate zuvor in der 35. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Sie hatte sich zunächst bei Beckenendlage auf eine vaginale Geburt gefreut, es kam aber anders. Bei beginnender Muttermundseröffnung und pathologischem CTG musste eine Sectio durchgeführt werden, diese war aber nicht einfach. Die Entwicklung des Kindes gestaltete sich schwierig, so dass der isthmische uterine Querschnitt »etwas nach oben« erweitert werden musste, wie es im OP-Bericht hieß. Allerdings wurde dieser Sachverhalt weder im Mutterpass noch im Arztbrief an die Frauenärztin dokumentiert. Ansonsten war der Schwangerschaftsverlauf bis zum Termin unauffällig, bis auf eine Gewichtszunahme von 15 kg. Bei einer Körpergröße von 162 cm wog Sylvia jetzt 94 kg. Auch ihr kleiner Sohn wuchs kräftig, das sonografische Schätzgewicht am Termin betrug rund 4.000 g. Dies sind prädiktive Risiken für eine Uterusruptur, die nicht extra vermerkt waren.

Sylvia wünschte sich unbedingt eine »natürliche« Geburt. In dem vorbereitenden Gespräch in der Klinik hatte sie diesen Wunsch der Ärztin gegenüber auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Sylvia und ihr Mann hatten sich dieses Mal für eine andere Geburtsklinik entschieden. Die Assistenzärztin besprach mit den Eltern ausführlich das Für und Wider eines vaginalen Entbindungsversuches versus einer elektiven Re-Sectio und klärte auch über das Risiko einer Uterusruptur und deren Folgen auf. Sie versäumte es aber, den Operationsbericht der vorangegangenen Sectio anzufordern und einzusehen. Sie ging in ihrer Beratung von dem üblichen isthmischen uterinen Querschnitt aus. Auch nach ausführlichem Beratungsgespräch, in der ihr die Ärztin zu einer elektiven Re-Sectio riet, blieb Sylvia bei ihrem Wunsch nach einem vaginalen Entbindungsversuch.

Viel Betrieb im Kreißsaal

Samstagmorgen gegen 8 Uhr, vier Tage über dem errechneten Termin, wachte Sylvia mit krampfartigen Bauchschmerzen auf. Sie spürte, dass das Bettlaken nass war. »Ich glaube, es geht jetzt los«, weckte sie ihren Mann und fügte hinzu: »Wahrscheinlich ist die Fruchtblase geplatzt!« Kurz darauf waren beide auf dem Weg in die Klinik.

Assistenzärztin Frauke K. war früh zum Dienst gekommen. Sie und die Hebamme Maria B. hatten an diesem Morgen alle Hände voll zu tun, mehrere Aufnahmen und zwei Geburten. Sylvia und ihr Mann mussten etwas warten, bis Hebamme und Ärztin zu ihnen kamen. Der Blick in den Mutterpass ergab im Risikokatalog A: Schwangere > 35 Jahre, Zustand nach Frühgeburt, Zustand nach Sectio caesarea bei BEL in 35. SSW, dazu der Eintrag der Frauenärztin: Kind männlich, sonografisches Schätzgewicht ca. 4.000 g. Die Assistenzärztin überflog auch die Inhalte des geburtsvorbereitenden Gesprächs, während Sylvia ihr noch einmal klarmachte, dass sie eine vaginale Geburt wünsche, wenn irgend möglich. Die geburtshilfliche Untersuchung gegen 10 Uhr ergab: Muttermund 2 cm, weich, medio-sakral, VT Kopf fest im Beckeneingang, Pfeilnaht quer, nach symphysär abgewichen, Abgang von klarem Fruchtwasser. Die orientierende Ultraschalluntersuchung zeigte einen Jungen in Schädellage, kaum noch Fruchtwasser, regelrechte Vorderwandplazenta. Inzwischen lief auch das CTG, es war unauffällig. »Haben Sie Schmerzen im Narbenbereich? Oder tut es weh, wenn ich auf die Narbe drücke?«, fragte Frau Dr. K.

»Nein, keine Schmerzen!«, antwortete Sylvia.

Die Geburt ging gut voran, das CTG war weiterhin unauffällig. Allerdings konnte Sylvia die Wehen zunehmend schlechter veratmen und wünschte sich eine Periduralanästhesie, die gegen 13.30 Uhr von den diensthabenden Anästhesisten problemlos gelegt wurde. Der Muttermund war inzwischen auf 6 cm eröffnet, der Kopf nach wie vor fest im Beckeneingang, Pfeilnaht im I. Schrägen.

Sylvia freute sich, dass die Geburt offenbar gut voranging. Im Kreißsaal herrschte an diesem Samstag »hektische Betriebsamkeit«, die alle in Atem hielt: notfallmäßige Aufnahmen, eine Sectio wegen vorzeitiger Plazentalösung und eine vaginale Geburt. Sylvia spürte, dass die Wehen deutlich nachließen. Das kontinuierlich abgeleitete CTG zeigte nur noch sporadisch Kontraktionen alle acht bis zwölf Minuten. Hebamme Maria B. hatte das bemerkt und informierte Frau Dr. K. Die Assistenzärztin kam aber erst gegen 15.15 Uhr dazu, Sylvia nochmal zu untersuchen: Muttermund 6 cm, Kopf tief im Beckeneingang, Pfeilnaht nicht sicher tastbar. Sie führte den Geburtsstillstand auf die unzureichende Wehentätigkeit nach PDA zurück.

Notfall – sofortige Sectio

Nach Rücksprache mit dem diensthabenden Oberarzt erfolgt der Entschluss zur Wehenverstärkung mit intravenösem Oxytocin, beginnend mit 8 Milli-Einheiten pro Minute (mE/min). Da sich aber weiterhin keine regelmäßige Wehentätigkeit einstellte, wurde die Oxytocin-Dosis stufenweise auf knapp 30 mE/min. gesteigert. Das CTG war weiterhin unauffällig, keine Schmerzen im Narbenbereich.

Sylvia spürte nun die Wehen wieder zunehmend regelmäßiger und schmerzhafter, die Periduralanästhesie wurde daher auf ihren Wunsch nachgespritzt. Gegen 16.30 Uhr zeigte das CTG einen Wehensturm (Polysystolie), in der Folge dann wiederholte variable Dezelerationen. Hebamme Maria hatte Sylvia inzwischen nochmal untersucht: Muttermund 6 bis 7 cm, Kopf tief im Beckeneingang, Pfeilnaht nicht sicher tastbar. Sie benachrichtigte sofort die Assistenzärztin, die inzwischen mit einer anderen Geburt beschäftigt war. »Stellen Sie sofort den Oxytocin-Tropf ab!«, ordnete Frau Dr. K. an »Und benachrichtigen Sie umgehend Oberarzt Dr. M.!«

Sylvia hatte Angst, war kaltschweißig, hatte starke Schmerzen auch in den kurzen Wehenpausen und dann das Gefühl, als ob etwas »in ihr zerreißen würde«. Hinzukam jetzt eine leicht vaginale Blutung und dann … fielen die kindlichen Herztöne auf etwa 60 pro Minute ab, ohne sich zu erholen (siehe Abbildung 1).

Terminale Bradykardie nach wiederholten variablen Dezelerationen bei Uterusruptur

Nun ging alles ganz schnell: Oberarzt M. erfasste die Situation sofort. Während eine Notfalltokolyse gespritzt wurde, palpierte er kurz das Abdomen. Der Kopf des Kindes war aus der Führungslinie nach suprasymphysär abgewichen. Es zeigte sich eine deutliche Abwehrspannung besonders im Bereich der Narbe, Sylvias Blutdruck war inzwischen auf 80/60 mmHg abgefallen, Herzfrequenz 120 Schläge pro Minute.

Um 17.05 Uhr stellte der Oberarzt die Indikation zur sofortigen Sectio. Um 17.15 Uhr wurde der kleine Carlo in deprimiertem Zustand in Anwesenheit des Kinderarztes geboren: Apgar nach einer Minute: 3, nach fünf Minuten: 5, Nabelschnur-pH: 7,0, BE: –12 mmol/l, Kindsgewicht: 4.150 g.

Eine schwierige Operation

Die Operation gestaltete sich schwierig: komplette Uterusruptur im Bereich der alten Narbe mit Weiterreißen in das rechte, an die Gebärmutter angrenzende Bindegewebe (Parametrium), dazu sternförmiger Einriss im Bereich des Corpus uteri, frisches Blut und Blutkoagel im Abdomen, diffuse, schwer zu kontrollierende Blutungen aus dem Uterus. Hinzu kam jetzt noch, wie der Anästhesist signalisierte, eine beginnende Kreislaufinstabilität bei weiterem Blutverlust. Dem Oberarzt blieb keine Zeit für eine Rücksprache mit dem Ehemann, ob noch weiterer Kinderwunsch bestehe. Er entschloss sich zur Hysterektomie.

Sylvia hatte Glück, Operation und Wochenbettverlauf waren unauffällig. Es blieb aber ein erhebliches psychisches Trauma aufgrund der Notfallsituation, Todesangst und des Verlustes der Gebärmutter. Bei der Verarbeitung half ihr eine Psychologin. Sylvia wurde am elften Tag postpartum entlassen.

Der kleine Carlo erholte sich nach anfänglichen Adaptationsstörungen und vorübergehender Beatmung gut. Neurologische Auffälligkeiten oder andere neonatale Komplikationen zeigten sich bis zur Entlassung nicht.

Risiken erkennen

Es ist wichtig, immer wieder zu betonen: Narben können sich nicht so dehnen wie normales Gewebe. Grundsätzlich zu unterscheiden ist die gedeckte Uterusruptur mit Erhalt des Bauchfells, das den Uterus und andere Organe bedeckt (viszerales Peritoneum), bei der mit geringer oder gar keiner klinischen Symptomatik zu rechnen ist (»stille Ruptur«). Dagegen kommt es bei der inkompletten oder kompletten Uterusruptur zu variabler klinischer Symptomatik: Bei einer kompletten Ruptur treten Kindsteile in die Peritonealhöhle aus.

Das Risiko für eine Uterusruptur beträgt bei tiefem uterinen Querschnitt und spontaner Wehentätigkeit 0,5 bis 0,9 %. Es erhöht sich bei korporalem Längsschnitt oder – wie im beschriebenen Fall – bei umgekehrtem T-Schnitt signifikant auf 4 bis 9 %. Bei Sylvia war daher ein vaginaler Entbindungsversuch kontraindiziert. Entsprechend den Leitlinien-Empfehlungen sollte daher vor einem vaginalen Entbindungsversuch die uterine Schnittführung der vorangegangenen Sectio bekannt sein. Daher ist es wichtig, den OP-Bericht anzufordern und einzusehen, was in diesem Fall unterblieb.

Bei einer Geburtseinleitung mit Oxytocin liegt das Risiko für eine Ruptur zwischen 0,7 und 1,2 % und nach Anwendung von Prostaglandinen zwischen 0,4 und 2,8 %, im Mittel sind es 1,4 %. Misoprostol ist in diesen Fällen absolut kontraindiziert, denn dadurch steigt das Risiko im Mittel auf 6,2 %.

Die Wehenverstärkung mit Oxytocin gilt als signifikanter unabhängiger Risikofaktor für eine Uterusruptur. Nach spontanem Wehenbeginn und anschließender Wehenverstärkung mit Oxytocin ist das Ruptur-Risiko dosisabhängig im Vergleich zu spontanen Wehen um das 2,4- bis 5,6-fache erhöht. Es liegt dann bei 0,9 bis 1,9 %. Dabei besteht eine annähernd lineare Korrelation zwischen der maximalen verabreichten Oxytocin-Dosis und dem Risiko einer Uterusruptur. Bei Überschreiten einer Oxytocin-Dosierung von 20 mE/min erhöht sich das Ruptur-Risiko signifikant: Bei 21 bis 30 mE/min liegt es bei 3,9 %; bei 31 bis 40 mE/min dagegen bei 4,6 %. Bei Sylvia wurde die empfohlene maximale Oxytocin-Dosis von 20 mE/min deutlich überschritten.

Als weitere Risikofaktoren für eine Uterusruptur, die auch bei Sylvia vorlagen, werden diskutiert:

  • mütterliches Alter > 35 Jahre (Risikoerhöhung um das 1,4- bis 1,8-fache)
  • sonografisches Schätzgewicht des Kindes > 4.000 g (Risikoerhöhung um das 1,6- bis 1,8-fache)
  • mütterliche Körpergröße < 164 cm
  • Intervall zwischen vorangegangener Sectio und Folgeschwangerschaft < 12 Monate (Ruptur-Risiko bis 4,8 %)
  • Frühgeburt < 37. SSW in vorangegangener Schwangerschaft (Risikoerhöhung um das 2-Fache)
  • Ohne vorangegangene vaginale Geburt vermindern sich einerseits die Erfolgsaussichten auf eine vaginale Geburt (mit vorangegangener vaginaler Geburt ca. 90 %, ohne < 70 %, abhängig von der Zervixreife), andererseits verdoppelt sich das Risiko für eine Uterusruptur.

Keine evidenzbasierte Prognose

Die sonografische Messung des unteren Uterinsegmentes oder der Myometriumdicke vor einer geplanten vaginalen Geburt wird derzeit klinisch erforscht. Aber sie ist derzeit noch keine standardisierte, evidenzbasierte Methode zur Vorhersage der Uterusruptur nach vorangegangener Sectio. Jedenfalls sind Narbenschmerzen sowohl antenatal als auch unter der Geburt weder ein sensitiver noch ein spezifischer Parameter.

Hinweise für eine bevorstehende Uterusruptur

  • uterine Überstimulierungen/Polysystolien in den letzten zwei Stunden vor der Geburt in 20 % der Fälle
  • pathologisches CTG (wiederholte variable und/oder späte Dezelerationen, terminale Bradykardie) in den letzten ein bis zwei Stunden vor der Geburt bei 55 bis 87 % der betroffenen Frauen. Die plötzlich einsetzende terminale Bradykardie wie im beschriebenen Fall ist ein Spätsymptom. Sie tritt meist bei bereits rupturiertem Uterus auf, mit einer Häufigkeit von 30 bis 70 %.
  • zunehmende Schmerzsymptomatik, keine Erholungsphasen in der Wehenpause, Druckdolenz des unteren Uterinsegmentes auch außerhalb der Wehentätigkeit
  • protrahierter Geburtsverlauf/Geburtsstillstand bei fest im Beckeneingang fixiertem vorangehendem Teil, abnorme Wehentätgkeit ab 6 bis 7 cm Muttermundsweite im Vergleich zu Frauen ohne Uterusruptur und erfolgreicher vaginaler Geburt
  • Notwendigkeit zum Nachspritzen der Periduralanästhesie innerhalb von 90 min (»frequent epidural dosing«).
  • zunehmende innere Unruhe, Angstzustände
  • gelegentlich: Hämaturie.

Die häufigste Kombination sind ein pathologisches CTG und zunehmender Abdominalschmerz, wie in rund 50 % der Fälle zu beobachten.

Hinweise und Diagnose

Bei eintretender Uterusruptur findet sich neben einem Abfall der fetalen Herzfrequenz (fetale Hypoxie) in 14 % der Fälle ein plötzliches Sistieren der Wehen nach vorher schmerzhafter Wehentätigkeit. Die Schwangere hat das Gefühl, »als ob etwas zerreißt«. Hinzu kommen häufig sich steigernde abdominale Abwehrspannung und eine vaginale Blutung, die in 28 % der Fälle eintritt. Darauf folgt hämodynamische Instabilität (hypovolämischer Schock) bei einem Hämoperitoneum.

Bei der Narbenruptur sind vaginale Blutungen, diffuse Abwehrspannung/Peritonismus sowie Blutverlust mit Zeichen des hypovolämischen Schocks meist weniger ausgeprägt als bei einer Ruptur des nichtvoroperierten Uterus. Gedeckte oder inkomplette Rupturen können klinisch »stumm« verlaufen. Hinweise in diesen Fällen liefert häufig nur ein (unspezifisches) pathologisches CTG.

Palpatorisch weicht der vorangegangene Kindsteil aus der Führungslinie ab und/oder es sind Kindsteile direkt unter der Bauchdecke zu tasten. Im Zweifelsfall kann eine notfallmäßige Ultraschalluntersuchung im Kreißbett die Diagnose sichern.

Die Entscheidung, ob der Uterus wiederhergestellt und erhalten werden kann, oder ob eine Hysterektomie notwendig ist, erfordert von den GeburtshelferInnen klinische Erfahrung und operative Expertise. Dabei sollte, wenn immer möglich, der weitere Kinderwunsch der Schwangeren berücksichtigt werden. Bei Sylvia war aufgrund der Ausdehnung und Komplexität der Uterusruptur, der nicht beherrschbaren Blutung und der beginnenden Kreislauf­instabilität die Indikation zur Hysterektomie gegeben.

Die Aufgaben der Hebamme

Die wichtigsten Aufgaben der Hebamme sind: den Notfall erkennen und sofort ärztliches Personal anfordern! Aus einer landesweiten niederländischen Erhebung geht hervor, dass etwa 60 % aller Uterusrupturen außerhalb der Regeldienstzeit auftreten, also häufig bei knapper personeller Besetzung. Die Hebamme ist oftmals die erste, die mit der akuten Situation einer Uterusruptur konfrontiert wird. Bei vaginalem Geburtsversuch nach vorangegangener Sectio ist eine kontinuierliche Betreuung der Schwangeren durch eine erfahrene Hebamme erforderlich. Dabei kommt es darauf an, den Geburtsverlauf richtig einzuschätzen. Um einen mangelnden Geburtsfortschritt oder Geburtsstillstand rechtzeitig zu erkennen, ist ein Partogramm nützlich. Auch eine Wehenpathologie oder ein pathologisches CTG sollte die Hebamme als Warnzeichen sehen. Alle diese Informationen muss sie schnell an das ärztliche Personal weitergeben. Bei Sylvia wurde – wahrscheinlich aufgrund der Überlastungssituation im Kreißsaal – der Geburtsverlauf falsch eingeschätzt. Die »Vorboten« der drohenden Uterusruptur, die die Hebamme kennen sollte, wurden deshalb nicht erkannt.

Wichtig ist, den Zustand der Schwangeren genau zu kontrollieren und Veränderungen in ihrem Verhalten wie Unruhe oder zunehmende Ängstlichkeit zu beobachten. Das gilt vor allem für die oft zunehmende Schmerzsymptomatik, auch in Wehenpausen. Die Indikation zur Wehenverstärkung mit Oxytocin wie auch die Steigerung der Oxytocin-Dosierung obliegt in jedem Fall den GeburtshelferInnen. Die Maximal-Dosis von 20 mE/min sollte nach vorangegangener Sectio nicht überschritten werden.

Bei Einsetzen einer Uterusruptur kommt der raschen und koordinierten Zusammenarbeit von GeburtshelferInnen und Hebammen maßgebliche Bedeutung zu: Unter anderem geht es dabei um die Vorbereitung der Not-Sectio, die Benachrichtigung von Blutbank, Notfalllabor und Kinderarzt, gegebenenfalls auch der Anästhesie, und die Beschaffung von Blutprodukten. Entscheidend sind klare Absprachen, wer, wann was zu tun hat nach einem im Kreißsaal etablierten Notfallplan. Die Abläufe sollten alle beteiligten Berufsgruppen regelmäßig in »Echtzeit« trainieren.

Zitiervorlage
Rath W: Uterusruptur bei Zustand nach Sectio: Die Vorboten erkennen. DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 2017. 69 (10):
44–49
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