Flyer der Aktion »Architektin, erzähl uns von deinem Geburtserlebnis!« Abbildung: © Angela E. Müller

In Spanien haben Architektinnen ihre Berufskolleginnen nach deren Geburtserfahrungen im Kreißsaal befragt. Sie haben sich auf die Gestaltung von Geburtsstationen spezialisiert, berichten von der aktuellen Entwicklung in spanischen Kliniken und zeigen ihre wegweisenden Entwürfe. 

Was mit einer Gebärenden im Spital passiert, lässt sich mit einem Vorgang der »Entpersonalisierung« vergleichen, wie er für Gefängnisinsassen beschrieben wurde (Goffman, 1992). Da geht es um Organisation und »Handling«, aber auch um die institutionalisierten Räume. Sehr spannend für Architektinnen wie Marta Parra und mich, die wir uns in der Arbeitsgemeinschaft »Arquitectura de Maternidades« seit mehr als 15 Jahren mit Geburtsabteilungen beschäftigen. Ausgehend von dieser Entpersonalisierung lässt sich der Unterschied zwischen zwei räumlichen Konzepten von Geburtsabteilungen und Gebärräumen beschreiben: solche, die uns einschränken, dem Raum unterordnen und auf passive Objekte reduzieren, und solche, die unsere Bewegungsfreiheit und Autonomie für eine aktive Geburt stärken.

Blick vom Eingangsbereich des Geburts‧apartments des Marbella Birth Centers auf die Terrasse Fotos: © Marina Trigos/Marta Parra

Evidenz und Erfahrung

In der Hebammenarbeit heißt es Evidenced Based Practice (EBP), in der Architektur spricht man vom Evidenced Based Design (EBD). Aber nicht alles ist wissenschaftlich belegt, es gibt auch Best Practice Beispiele, denen ein Wert eingeräumt werden muss.

Es gibt viele Beispiele nicht wissenschaftlich belegter Praxis, die jahrzehntelang nie hinterfragt wurden. In der Geburtshilfe könnte man hier die Episiotomie nennen, die in Spanien zur Jahrtausendwende noch bei knapp 90 % lag und erst nach groß angelegten Kampagnen von Frauenorganisationen und im Ausland ausgebildeten Hebammen zu sinken begann. In der Spitalsarchitektur schlug sich das alte Paradigma in Form von einem sequenzierten Geburtsablauf nieder, bei dem die Frau bis zu zehn Mal im Laufe eines Geburtsprozesses den Raum wechseln musste: von der generellen Notaufnahme über einen Wehenraum, einen eigenen Raum für die Verabreichung der PDA und einen Gebärraum bis hin zu einem Post-Gebärraum, in dem sie dann mit mehreren Frauen nach der Geburt getrennt vom Neugeborenen lag. Ein komplett kontraproduktives System, das über ein halbes Jahrhundert lang nicht hinterfragt wurde.

Zusammen mit unseren eigenen Erfahrungen – sieben Geburten aller Art in unterschiedlichsten Settings – beschlossen wir, unsere Energie zu kanalisieren, und die Wut über diese Zustände zur Antriebskraft zu machen, auch über die Architektur für würdigere Geburten zu arbeiten. Ergriffen vom »Birth Activism« lasen wir 200 Geburtserlebnisse und analysierten die Geschichten durch unseren beruflichen Filter. Auch bei Frauentreffen wurde ich als Architektin hellhörig: Lucy musste sich von ihrem gerade verstorbenen Sohn auf einem Krankenhausgang verabschieden, weil es keinen Raum dafür gab. Elena musste durch das Fenster in der Tür des Kreißsaales mitansehen, wie ein Haustechniker auf einer Leiter sie dabei beobachtete, als ihre Tochter geboren wurde. All diese Erzählungen prägten sich ein.

Daraus entstand 2019 die Aktion: »Architektin, erzähl uns dein Geburtserlebnis!« (Titel im Original: »Arquitecta ¡Cuéntanos tu parto!«, siehe Flyer). Wir baten Architektinnen und Designerinnen, uns von den Räumlichkeiten zu erzählen, in denen sie ihre Geburten erlebt haben, um zu analysieren, inwiefern die Geburt davon positiv oder negativ beeinflusst werden kann.

In der Gebärwanne

Wir alle werden vom gebauten Raum geprägt, ob bewusst oder unbewusst. Aber Frauen, die sich beruflich mit diesem Thema beschäftigen, können einen Gebärraum möglicherweise aufschlussreicher beschreiben. Eine Architektin, die sich in einem Gebärraum beobachtet fühlt, analysiert unter der Geburt automatisch, warum sie sich beobachtet fühlt. Und ihr Blick wandert zu Details, die anderen wahrscheinlich nicht ins Auge stechen. So fällt ihr zum Beispiel auf, warum ein Raum unruhig wirkt und sie merkt, dass die Platten der abgehängten Decke unregelmässig, d.h. »unruhig« verlegt sind, oder die Fugen der Boden- mit den Wandfliesen nicht zusammenfallen, oder das Farbkonzept eine Farbe beinhaltet, die nicht in die chromatische Gruppe hineinpasst, oder zu viele nicht passende Möbel den Raum überladen und dadurch unstimmig wirken.

Architektinnen erzählen ihr Geburtserlebnis

Mit dem folgenden Text riefen wir auf sozialen Netzwerken zur Teilnahme auf: »Du kannst dich bestimmt gut an alles rund um die Geburt bzw. Geburten erinnern. Die Zeit davor, die Geburt selbst und die Stunden und Tage danach … und die Umgebung. Die Räume, in denen die Geburt stattgefunden hat. Wir laden dich ein, diese Erlebnisse und Erfahrungen zu teilen. Wie diese Geburtsräume aussahen, wie sie sich anfühlten, wie sie rochen, was sie dir übermittelten. Aber nicht nur der eigentliche Geburtsraum, sondern der gebaute Raum im Allgemeinen, wo warst du vor und nach der Geburt, war es die Umgebung, die du in diesem Moment brauchtest, oder hattest du dir etwas anderes gewünscht? Lass deinen Erinnerungen freien Lauf. Uns interessiert vor allem deine berufliche Sichtweise als Architektin und Designerin, die sich den Auswirkungen der gebauten Umwelt bewusst ist.«

Eindrücke vom Geburtsraum und dem angrenzenden Praxisbereich

Daraus entstand das, was wir provokativ »Experienced Based Design« nennen. Denn nicht alles muss evidenzbasiert sein und die Erfahrungen all dieser Frauen aus erster Hand haben einen enormen Wert, einen Schatz, mit dem man arbeiten kann. In Zusammenarbeit mit zwei Wissenschaftlerinnen haben wir die Beiträge gefiltert und eine qualitative Studie erarbeitet, die in Spanien veröffentlicht wurde.

Manche Dinge haben sich dabei bestätigt, andere haben uns überrascht. So ist der erste Eindruck beim Betreten einer Geburtsabteilung wichtiger als gedacht. Auch dem Badezimmer eines Gebärraums sollten wir in Zukunft wesentlich mehr Entwurfsarbeitszeit einräumen. Und die Integration des Außenraumes kann einen grundlegenden Effekt auf den Ablauf einer Geburt haben. Ideal ist ein privater Außenraum, der dem Gebärraum direkt zugeordnet wird, sei es ein Balkon, eine Terrasse oder ein Garten im Innenhof.

Auch die OP-Räume sollten so entworfen werden, dass sie auf eine Gebärende angenehm wirken. Gekachelte Räume, die keine akustischen Anforderungen erfüllen und durch fehlendes Mobiliar die Begleitperson zum Stehen zwingen, sollten dringend überdacht werden. Heutzutage sind ja die meisten Frauen bei einem Kaiserschnitt wach und nehmen ihr Umfeld visuell intensiv wahr. Gleich mehrere Frauen haben von einer Spiegelung im Material der OP-Lampe erzählt, durch die sie direkten Blick auf ihren offenen Bauch hatten.

Lektionen aus der Pandemie

Aber auch die Pandemie war eine gute Lehrmeisterin. Als im März 2020 in Madrid innerhalb einer Woche die Mehrheit der geburtshilflichen Abteilungen geschlossen wurde, brach das Chaos aus. Grund dafür war die gute Ausstattung der Geburtsbereiche mit medizinischen Gasen, der Sauerstoff war damals für Covid-Patient:innen essenziell. Gebärende ohne Covid wurden einfach irgendwo im Spital untergebracht, mussten aber immer noch durch die allgemeine Notaufnahme, wo die Ansteckungsgefahr im ganzen Krankenhaus am größten war. Die Ausstattung der Kreißsäle wurden einfach entsorgt.

Plötzlich war das Krankenhaus nicht mehr der sichere Ort, der uns immer verkauft wurde. Krankenhäuser wurden zu einem Un-Ort, an den viele gesunde schwangere Frauen nicht mehr gehen wollten, zumal es nur spärliche Information gab, welche Geburtsabteilungen noch offen hatten. Dann entstanden in Madrid insgesamt 13 medikalisierte Hotels, um alle Covid-Patient:innen medizinisch betreuen zu können. Unsere Kampagne für ein Geburtenhotel in Madrid scheiterte leider an der letzten politischen Ebene, nachdem wir bereits vier Hotels und mehrere Hebammen dafür begeistern konnten.

Trotzdem gibt es seit der Pandemie viele positive Entwicklungen für die Hebammen und die Infrastruktur. Zwei öffentliche Wettbewerbe wurden für Geburtshäuser ausgelobt, in Mallorca und in Valencia. In beiden Fällen handelt es sich um eigenständige Häuser, die aber auf Krankenhausareal stehen und eine kurze Verbindung mit der bestehenden Infrastruktur anbieten.

Zeitgleich läuft in Katalonien in der Region um Barcelona ein Projekt, um in mehreren öffentlichen Spitälern sogenannte »Birth Centers« zu eröffnen. Bei einem durften wir mitarbeiten und es hat sich zu einer regelrechten Oase entwickelt. Nicht nur das Ambiente ist auf die Frauen abgestimmt, auch die Organisation geht viel besser auf die Bedürfnisse von Frauen und Kindern ein (siehe Fotos und Link).

Die leitende Kraft dahinter ist die Hebamme Lucy Alcaráz. Sie hat jahrelang Hausgeburten in und um Barcelona betreut und wollte zurück ins Spital, aber unter anderen Bedingungen. Mit ihr und in Zusammenarbeit mit IKEA richteten wir das Birth Center ein. Man entspannt sich sofort, wenn man dort hineingeht, weil das Ambiente einfach ein anderes ist, auch wenn man mitten im Spital ist. Und falls ein Kaiserschnitt notwendig sein sollte, hat man durch eine Tür direkten Zugang zur allgemeinen Geburtsabteilung.

Generell geht es darum, allen in Spanien gebärenden Frauen Optionen zu schaffen, in den Spitälern und auch außerhalb. Räume, die Optionen ermöglichen für eine selbstbestimmte Geburt, die die Familie wirklich integrieren können, die Komfort bieten und ein Ambiente einer gewissen Normalität schaffen, die es in solchen Momenten unbedingt braucht. Denn ohne Privatheit und Sicherheit im Raum wird Gebären für eine Frau unheimlich schwer.

Erfreulich: Die Kaiserschnittrate in Spanien stagniert – zumindest im öffentlichen System. In den öffentlichen Spitälern, wo die meisten Geburten stattfinden, liegt sie derzeit bei 21,9 %, im privaten System bei 37 %. Der Mittelwert liegt bei 24,59 %.

Im nationalen Schnitt liegt die Kaiserschnittrate unter der von Deutschland, Österreich, Schweiz oder Italien. Leider ist der Prozentsatz der Instrumentalgeburten nach wie vor sehr hoch, hier teilt sich Spanien weiterhin mit Irland den letzten Platz, mit knapp über 14,4 % (Aguilar & Sánchez, 2022).

Neue Gestaltung im Hospital Punta Europa in Algeciras

Das Spital Punta Europa in Algeciras bei Cádiz, Andalusien, liegt auf einem Hügel mit prominentem Blick auf den Hügel der Affen und die Meeresstraße von Gibraltar. Seit 40 Jahren, also fast seit seiner Gründung, wurde die Geburtsabteilung dieses Spitals nicht verändert oder modernisiert. Nicht weit entfernt von modernen touristischen Hochburgen findet man hier eine komplett andere Realität.

Auf Bitte des Geburtshelfers Antonio waren wir zum ersten Mal 2013 dort und konnten nicht glauben, unter welchen Umständen dort die Frauen gebären und wie die Hebammen ihre Arbeit verrichten. Die Infrastruktur machte es fast unmöglich, eine moderne Geburtsbetreuung zu organisieren. Kleine, innenliegende Wehenzimmer ohne Tageslicht oder natürliche Belüftung, ohne Dusche, eine Toilette für jeweils zwei Gebärende. Kein Platz, keine Privatsphäre. Mit Schiebetüren, die sich nicht schließen ließen. Mehrere als Operationssäle ausgestattete, viel zu kleine Kreißsäle setzten die Entwicklung der sequenziellen Entbindung fort. Das Hebammenteam hatte einen Schreibtisch als zentralen Kontrollpunkt zur Verfügung, in einem Gang ohne visuelle Kontrolle des Eingangsbereichs oder der Abteilung an sich. Bei der Bestandsaufnahme zählten wir 14 kleine Lagerräume, die überall waren, nur nicht dort, wo man sie brauchte.

Die Hebammen waren es müde, in diesen Räumen weiterzuarbeiten, aber mühten sich weiterhin um Verbesserungen. Es war ein ganz spezielles Team, das unter anderem durch selbst gebastelte Übersetzungstafeln mit Piktogrammen für ausländische Frauen bekannt wurde.

Die Lage der Abteilung war perfekt, nämlich zwischen Neonatologie und OP-Bereich, aber die Abteilung selbst überholt.

2019 war es endlich so weit. Wir begannen mit dem einzigen sinnvollen Ansatz: den Bereich komplett zu entkernen. Dann legten wir die wichtigsten Grundsätze fest, die wir einarbeiten wollten: Die gesamte Geburtsbetreuung zusammenfassen, indem auch die Erstaufnahme in diese Abteilung aufgenommen wird und die Frauen nicht mehr durch die allgemeine Notaufnahme gehen müssen. Das heißt, es wurden zwei Räume dazu genommen, in denen eine erste Versorgung stattfinden kann, die aber auch als Pufferzone dienen, wenn alle Gebärräume belegt sind:

  • Ein zentraler Stützpunkt mit visueller Kontrolle über den ganzen Bereich.
  • Alle Geburtsräume mit Tageslicht, natürlicher Belüftung, Blick aufs Meer und privatem Bad mit Dusche.
  • Ein eigener Raum für die Wassergeburt, zugänglich von zwei der vier Gebärräume.

Jeder der vier Geburtsräume ist anders in Größe, Form und Farbe der Materialien, die den Kreißsaal dekorativ in Szene setzen und in Zonen unterteilen. Diese Abwechslung ist auch gut für jene, die täglich dort arbeiten; das Ambiente fühlt sich nicht so seriell an wie in anderen Krankenhäusern.
Die medizinische Ausstattung wurde gezielt in den Hintergrund verlegt und Elemente zur Unterstützung der physiologischen Geburt in den Vordergrund gestellt.
Der Bereich verfügt auch über einen integrierten Sectio-OP, der direkt an die Geburtsräume anschließt, sowie die notwendigen Nebenräume. Das Personal hat jetzt einen eigenen Bereich mit neuen Umkleiden und Waschräumen, einem Aufenthaltsraum und einem getrennten Dienstzimmer für die Nachtschichten. Die verstreuten Lagerräume wurden an vier zentralen Orten zusammengelegt.
Ästhetisch lehnten wir uns an das nicht weit entfernte Meer an. Mit Bullaugen holten wir Tageslicht durch die außen liegenden Räume ins Innere der Station. Farblich entschieden wir uns für freundliche Blautöne und als Kontrast dazu ein Altrosa und Braunschattierungen. Kontrolliert in reduzierten Flächen kamen auch farbige Fliesen zum Einsatz, ohne aber den akustischen Komfort außer Acht zu lassen.
Das Projekt verwandelte einen veralteten Bereich so komplett, dass er als Maßstab für die Humanisierung andalusischer Krankenhäuser gelten darf. Die Geburtsbetreuung kann jetzt nicht nur in zeitgemäßen Räumen stattfinden, sondern erhöht vor allem durch die neue Funktionalität der Abteilung die Sicherheit. Die integrierte Erstaufnahme und der eigene Sectio-OP sind nur ein paar Beispiele dafür. Bereits innerhalb des ersten Jahres wurde ein Anstieg der Geburten verzeichnet. Auch die Fluktuation der Hebammen wurde geringer.
Die Gebärräume dienen jeder Art von vaginaler Geburt, auch mit Instrumentaleinsatz. Sie sind aber nicht für Sectiones gedacht, das heißt im Falle eines Kaiserschnitts muss die Frau verlegt werden. Aber durch den eigenständigen internen Sectio-OP bedeutet das einen kurzen Weg im selben Bereich und die Sicherheit, dass dieselbe Hebamme im OP dabei ist und die Frau danach wieder in den Gebärraum zurückkommt, den sie bereits kennt, nach dem Prinzip »Continuity of Care«. Das erhöht die Sicherheit für alle. Erste Ergebnisse nach eigenen Angaben des Hebammenteams im Hospital Punta Europa:

  • Die Zahl der Geburten stieg von 987 Geburten 2020 auf 1.099 Geburten 2021, neun Monate nach dem Umbau.
  • Der Anteil medikalisierter Geburten sank von 17,49 % im Jahr 2018 auf 12,71 % im Jahr 2021.

Das Projekt wurde auf der European Healthcare Design Conference (EHD) 2022 ausgezeichnet. Zum ersten Mal gewann eine spanische Arbeit nicht nur den ersten Preis in der Kategorie »Gesundheit und Wellness«, sondern auch den zweiten in der Kategorie »Innovations- und Transformationsdesign« Awards.

Zusammenarbeit im Marbella Birth Center

In Andalusien sind die privaten Krankenhäuser stark im Marketing für ihre Geburtshilfe, aber viele benutzen nicht mal die einzige Gebärwanne, für die sie werben, und Frauen gebären weiterhin liegend auf dem Rücken. Immer größer ist daher auch hier die Nachfrage nach einer zeitgemäßen und respektvollen Geburtsbetreuung. Und die kann nicht in einem OP-Bereich wie ein medizinischer Vorgang abgewickelt werden, sondern bedarf einer neuen Architektur.

2023 öffnete dann das Marbella Birth Center seine Türen (siehe Link). Die neue Direktorin und leitende Hebamme ist Marina Trigos, eine andalusische Hebamme, die nach ihrer Ausbildung in England zunächst in der von uns entworfenen ersten spanischen Birth Unit im Spital HM Nuevo Belén in Madrid arbeitete. Dann machte sie sich selbstständig und ging zurück in ihre Heimatregion Andalusien.

Auf der Suche nach einem geeigneten Ort fand sie 2022 das Hospital Ceram in Marbella (siehe Link). Marina Trigos bekam einen Bereich im Gebäudes zugeteilt und durfte einen kleineren Umbau vornehmen.

Mit dem kleinstmöglichen Budget halfen wir, um auch uns einen kleinen Traum zu erfüllen: endlich ein Geburtsraum mit einem großzügigen Balkon und einem Doppelbett. Marina arbeitet dort eigenständig in angemieteten Räumlichkeiten. Dadurch hatten wir für die Möblierung und Dekoration alle Freiheiten. Der erste bereits bezogene Geburtsraum hat ein Bad mit Tageslicht, viel Bewegungsraum und weckt auch sonst eher Assoziationen mit einem Hotelzimmer als mit einem Geburtsraum.

Nachgefragt

Birgit Heimbach: Gibt es für die hohen Raten der Instrumentalgeburten in Spanien eine Erklärung?

Angela Müller: Ich fürchte, eine der Erklärungen ist, dass in vielen Spitälern die Sectiorate zu Lasten der Instrumentalgeburten reduziert wurde. Hinzu kommt, dass die Datenerhebung in Spanien sehr dürftig ist, meist werden nur die Zahl der Geburten und die Sectiorate veröffentlicht, dadurch fällt die hohe Instrumentalgeburtsrate weniger auf. Erzählungen von Hebammen bestätigen, dass für viele Geburtshelferinnen auch die Episiotomie nicht als Instrumentalgeburt zählt.

Ist Besserung in Sicht?

Es gibt viele Krankenhäuser, die alle Outcomes betrachten und analysieren und den richtigen Weg vorgeben! Mittlerweile werden die Geburtsabteilungen, die dementsprechend arbeiten, auch gut beworben. Seit einigen Jahren besteht für die Frauen in Spanien die freie Wahl des Krankenhauses und auch das trägt dazu bei, dass sich die Situation verbessert. So manche Geburtenabteilung im privaten Sektor hat schon wegen fehlender Geburten geschlossen, bei anderen Spitälern muss erweitert werden, da bereits eine Mehrzahl der Frauen nicht aus dem Einzugsgebiet kommt.


Hinweis: Die Projekte wurden in Zusammenarbeit mit Virai Arquitectura erarbeitet und durchgeführt.


Zitiervorlage
Müller, A. E. (2024). Gebären mit Meerblick. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 76 (5), 72–77.
Literatur
Aguilar, A.R., Sánchez, R. (2022). El mapa de las cesáreas en España: los hospitales que abusan de los partos quirúrgicos. (dt.: Die spanische Kaiserschnittkarte: Krankenhäuser, die chirurgische Entbindungen missbrauchen. elDiario.es (Spanische Zeitung), 6.10.2022, aktualisiert am 26.01.2023 https://www.eldiario.es/sociedad/mapa-tasa-cesareas-espana-hospitales-abusan-partos-quirurgicos_1_9545161.html.

Müller, A. (2016). Lasst Räume sprechen. Deutsche Hebammen Zeitschrift, 11. www.dhz-online.de/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/lasst-raeume-sprechen/

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